L 8 R 2066/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1310/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 2066/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der erforderliche Vollbeweis des Eintritts des Leistungsfalls einer Erwerbsminderungsrente ist im Hinblick auf das Vorliegen einer HIV-Infektion nicht erbracht, wenn diese soweit medikamentös unter Kontrolle ist, dass von einem normal funktionierenden Immunsystem ohne erhöhte Infektanfälligkeit auszugehen ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16.05.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1966 geborene Kläger, der den Beruf eines Landwirtschaftsgehilfen erlernt und sich zum staatlich geprüften Wirtschafter für Landbau weitergebildet hat, war letztmalig im März 2012 als Produktionshelfer bei einer Zeitarbeitsfirma tätig (Bl. 17 VA ärztlicher Teil). Im Reha-Entlassungsbericht vom 26.11.2012 über die auf Veranlassung der Beklagten im Oktober und November 2012 durchgeführte Reha-Maßnahme in der Reha-Klinik K. (Bl. M1 abgeschlossene VA und M7 VA ärztlicher Teil) wurden Anpassungsstörungen, eine Panikstörung sowie eine nicht näher bezeichnete HIV-Krankheit diagnostiziert und ein Leistungsvermögen von 3 bis un-ter 6 Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ange-nommen. Die Beklagte bewilligte daraufhin dem Kläger eine befristete Erwerbsminderungsrente für die Zeit vom 01.09.2012 bis 31.12.2015. Für den Kläger ist seit ca. 2013 (Bl. 31 ärztlicher Teil) eine Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rente, Sozialhilfe, Unterhalt, Pflegeversicherung, für die Gesundheitsfürsorge, für den Schrift-wechsel mit Ämtern, Behörden und Dienststellen und für die Vermögensvorsorge einschließlich Wohnungsangelegenheiten bestellt (Bl. 50 SG-Akte).

Auf seinen Antrag vom 18.08.2015 auf Weitergewährung der befristeten Rente wegen Erwerbs-minderung über den 31.12.2015 hinaus (Bl. 3 VA) veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch die Fachärztin für Psychiatrie M ... Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 11.12.2015, beruhend auf einer ambulanten Untersuchung am 02.12.2015 (Bl. 29 VA ärztlicher Teil), eine Panikstörung und eine HIV-Krankheit. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des all-gemeinen Arbeitsmarktes überwiegend im Stehen, im Gehen und im Sitzen in Tages-, Früh- und Spätschicht 6 Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben. Die Gutachterin empfahl Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Mit Bescheid vom 29.12.2015 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf Weiterzahlung der Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.01.2016 ab, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen würden (Bl. 51 VA) und wies den hiergegen erho-benen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.05.2016 (Bl. 41 VA RMG) aus denselben Gründen zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 15.06.2016 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben, mit der sein Begehren weiterverfolgt hat. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachver-ständige Zeugen schriftlich einvernommen. Der Internist und Hämatoonkologe D., zugleich Lei-ter des HIV-Schwerpunktes im Medizinischen Versorgungszentrum K., hat unter dem 22.11.2016 (Bl. 40 ff. SG-Akte) über die regelmäßige ambulante Betreuung der HIV-Infektion des Klägers seit April 2007 berichtet. Unter der medikamentösen Therapie sei kein HI-Virus nachweisbar und das Immunsystem normal, was bedeute, dass nur eine sehr geringe Infektiosität und keine erhöhte Infektanfälligkeit bestehe. Die Neurologin und Psychiaterin Dr. T. hat gleich-falls unter dem 22.11.2016 (Bl. 47 SG-Akte) über eine beim Kläger bestehende Alkoholabhän-gigkeit – der Kläger gebe einen Alkoholkonsum von 10 Flaschen Bier am Tag an – und eine Angststörung berichtet, aufgrund derer dieser nur noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von unter 6 Stunden zu verrichten.

Das SG hat daraufhin von Amts wegen eine Begutachtung durch Dr. Di., Facharzt für Neurolo-gie und Psychiatrie, veranlasst. Dr. Di. hat in seinem Gutachten vom 31.05.2017 (Bl. 64 ff. SG-Akte), gestützt auf eine ambulante Untersuchung am 30.05.2017, beim Kläger ein Abhängig-keitssyndrom von Alkohol bei gegenwärtigem Substanzgebrauch, eine Alkoholintoxikation, ei-nen Verdacht auf Angst und depressive Störung gemischt und rezidivierende Synkopen unklarer Ätiologie diagnostiziert. Es habe eine Verschiebung in Bezug auf das psychiatrische Krankheits-bild stattgefunden, so dass nun die Alkoholproblematik eindeutig im Vordergrund stehe. Der Kläger sei aktuell durch die Alkoholabhängigkeit so beeinträchtigt, dass er einer Berufstätigkeit auch unter "Minimalbedingungen" nicht nachgehen könne. Im Falle einer suchtspezifischen Be-handlung mit Entgiftung und anschließender Entwöhnungstherapie bestehe aber durchaus die Möglichkeit, dass beim Kläger innerhalb von 6-12 Monaten wieder ein Leistungsvermögen von arbeitstäglich 6 Stunden eintrete.

In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 28.06.2017 (Bl. 88 SG-Akte) hat Dr. N., Facharzt unter anderem für Psychiatrie und Psychotherapie, Zweifel am Nachweis eines über-dauernden leistungsmindernden Krankheitsbildes wegen der Alkoholerkrankung geäußert. Dem Gutachten könnten auch keine Hinderungsgründe entnommen werden, weshalb der Kläger nicht durch eine suchtspezifische Behandlung mit entsprechender Nachsorge sein Leistungsvermögen wiedererlangen könne, weshalb eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens, die vom Sachverständigen angenommen werde, so nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden könne. Der Kläger hat im Erörterungstermin vom 08.11.2017 (Bl. 91 SG-Akte) auf dortige ausdrückliche Nachfrage eine weitere Behandlung, insbesondere eine Suchtrehabilitation, abgelehnt.

In seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 14.12.2017 hat der Sachverständige auch in Ansehung der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. N.s an seiner Einschätzung festgehalten (Bl. 96 SG-Akte). In gleicher Weise hat Dr. N. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.01.2018 (Bl. 103 SG-Akte) an seiner Beurteilung festgehalten.

Der Arzt D. hat auf Ersuchen des SG die Ergebnisse seiner Laboruntersuchungen seit August 2016 vorgelegt (Bl. 105 ff. SG-Akte). Die vorgelegten Laborwerte würden, so Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 15.03.2018 (Bl. 142 SG-Akte), Auffälligkeiten für Leberwerte am 09.11.2017 dokumentieren, während am 07.06.2017 die Gamma-GT und ALT-Werte im Norm-bereich gelegen hätten und am 01.02.2018 sämtliche Leberwerte unauffällig gewesen seien. Auch auf Grundlage dieser Werte könne aus psychiatrisch-sozialmedizinischer Sicht nicht zwei-felsfrei auf eine wesentliche Suchterkrankung rückgeschlossen werden. Auch nach Auffassung der Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin und Rettungsmedizin Dr. P. vom 16.03.2018 (Bl. 143 SG-Akte) würden die Laborwerte keine Hinweise auf eine bereits bestehende Leberzir-rhose geben. Dagegen würden die Laborwerte belegen, dass sich der Kläger in einer stabilen Si-tuation mit voll supprimierter Virusreplikation bei normalem Immunstatus befinde.

Mit Urteil vom 16.05.2018 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom selben Tag hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Der Sachverständige Di. habe ein Abhängigkeitssyndrom von Alkohol, einen gegenwärtigen Substanzgebrauch, eine Alkoholinto-xikation und einen Verdacht auf Angst und depressive Störung gemischt diagnostiziert. Es bleibe nach dem Gutachten jedoch unklar, inwieweit tatsächlich aufgrund des Trinkverhaltens des Klä-gers auf ein fehlendes Leistungsvermögen geschlossen werden könne. Denn die Leberwerte wür-den gegen einen durchgängigen Alkoholmissbrauch sprechen. Gegen die vom Sachverständigen angenommene quantitative Einschränkung spreche auch, dass der Sachverständige an anderer Stelle davon ausgehe, dass die Alkoholabhängigkeit innerhalb von 6 Monaten überwunden wer-den könne und damit keine dauerhafte Leistungsminderung vorliege. Auch seien wesentliche alkoholbedingte Folgeerkrankungen bislang nicht bekannt geworden. Selbst wenn eine erhebli-che Alkoholerkrankung vorliegen sollte, wäre damit eine rentenrelevante Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens des Klägers nicht nachgewiesen. Dies wäre erst dann der Fall, wenn trotz adäquater Behandlung davon auszugehen wäre, dass der Kläger die psychischen Ein-schränkungen dauerhaft nicht überwinden könne weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher und/oder therapeutischer Hilfe. Insoweit schließe sich die Kammer den Ausführungen des Sach-verständigen an, der ausgeführt habe, dass die Alkoholabhängigkeit in einem überschaubaren Zeitraum behandelbar sei.

Gegen das dem Kläger am 06.06.2018 zugestellte Urteil hat dieser am 08.06.2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß (vgl. Antrag vor dem SG, Bl. 148 SG-Akte),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 16.05.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29.12.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 13.05.2016 zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfs-weise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, über den 31.12.2015 hinaus zu ge-währen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat von Amts wegen den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychothera-pie, Dr. S. mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.10.2019, beruhend auf einer ambulanten Untersuchung am 27.09.2019, beim Kläger eine Alkoholabhängigkeit mit gegenwärtigem Substanzgebrauch diagnostiziert, bezüglich derer der Kläger durch eigene Willensanspannung mit den zur Verfügung stehenden Behand-lungsmaßnahmen in einem überschaubaren Zeitraum von 6 Monaten Abstinenz erlangen könnte. Es liege dagegen keine über die Alkoholabhängigkeit hinausgehende psychische Störung von Krankheitswert vor. Der Kläger sei in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich einer regelmäßi-gen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Gefahren für die Gesundheit nachzuge-hen. Er sei darüber hinaus in der Lage, viermal 500 m in weniger als 20 zurückzulegen, wobei er sich auch öffentlicher Verkehrsmittel bedienen könne.

Der Senat hat ferner im Hinblick auf die mit Bescheid des Landratsamts K. vom 25.02.2016 (Bl. 66 Versorgungsakte) erfolgte Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen der Merkzeichen B ("Notwendigkeit ständiger Begleitung") und G ("erhebliche Gehbehinderung") die Schwerbe-hindertenakte des Klägers beim Landratsamt K. beigezogen. Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, es sei angesichts des Gutachtens des Dr. S. nicht nachvollziehbar, warum das Landratsamt K. dem Kläger das Merkzeichen B zuerkannt habe. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit im ren-tenrechtlichen Sinne liege jedenfalls nicht vor. Der Kläger hat vorgetragen, nachdem ihm die Merkzeichen G und B sowie ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 zuerkannt worden seien, sei das vorliegende Gutachten des Dr. S. nicht nachvollziehbar und müsse deshalb falsch sein.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachver-halts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die beigezogene Verwaltungsakte der Be-klagten sowie auf die beigezogene Schwerbehindertenakte des Landratsamts K. verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet. Denn der Kläger hat über den 31.12.2015 hinaus weder einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, noch auf die hilfsweise begehrte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Bei einem Antrag, eine befristet bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung weiterzuzahlen, be-darf es keines Nachweises, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen im Sinne von § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gegenüber denen, die der Bewilligung zugrunde lagen, eingetreten ist. Die Entscheidung, ob dem Versicherten nach Ablauf des Bewilligungszeit-raums der Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit weiterhin eine solche Leistung zusteht, ist nicht bloß die Verlängerung einer früher bereits dem Grunde nach anerkannten Sozialleistung, sondern stellt die eigenständige und vollinhaltlich erneute ("wiederholte") Bewilligung der bean-tragten Rente dar. Bei der Zuerkennung einer Rente auf Zeit richtet sich der Wille des Versiche-rungsträgers von vornherein nur auf die Gewährung von Rente für diese Zeit und es fehlt infol-gedessen für die darüber hinausreichende Zeit an jeder für den Versicherten positiven Regelung durch den Versicherungsträger (BSG, Urteil vom 26.06.1990 – 5 RJ 62/89 –, juris).

Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollen-dung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbs-minderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Ar-beitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzun-gen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens 6 Stunden täglich - bezogen auf eine 5-Tage-Woche - ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da er unter den übli-chen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der von der Beklagten und im ge-richtlichen Verfahren durchgeführten Beweiserhebung, insbesondere aufgrund des Gutachtens des Dr. S., fest.

Danach steht mittlerweile beim Kläger eine Alkoholabhängigkeit ganz im Vordergrund, so über-einstimmend die beiden gerichtlichen Sachverständigen, wobei dahingestellt bleiben kann, ob angesichts des seit früher Jugend geschilderten Alkoholmissbrauchs tatsächlich eine Verschie-bung in Bezug auf das psychiatrische Krankheitsbild eingetreten ist, nachdem noch im Reha-Entlassungsbericht vom Dezember 2015 und auch im Gutachten der Ärztin M. aus dem selben Monat die Panikstörung die vorrangige Diagnose gewesen ist.

Den beiden gerichtlichen Sachverständigen Dr. Di. und Dr. S. folgend geht auch der Senat vom Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit beim Kläger aus. Insbesondere Dr. S. hat, gestützt auf eine sorgfältige Aktenanalyse und den von ihm erhobenen Befund, das Vorliegen einer solchen Er-krankung überzeugend herausgearbeitet. Eine Alkoholabhängigkeit wird insbesondere in der Störung der Kontrolle über den Substanzgebrauch beim Kläger deutlich, der immer wieder trinkt und auch in sozial unangemessen Situationen wie vor Begutachtungen oder selbst währenddessen Alkohol konsumiert. Beim Kläger liegt ein starkes Verlangen bzw. ein Zwang zum Trinken vor. Die Schilderung des Klägers, dass er auch nachts trinke und mit einem nassen, durchgeschwitz-ten T-Shirt aufwache, welches er wechseln müsse, weist gemeinhin auf nächtliche Entzugser-scheinungen hin (Bl. 38 Senatsakte). Anhand der geschilderten Menge des konsumierten Alko-hols, der vertragen wird, ohne dass deutliche Störungen des Stand- und Gehvermögens erkennbar waren, ist auch von einer entsprechenden Toleranzentwicklung auszugehen. Das gesamte Leben des Klägers hat sich nach dessen Schilderungen auf den Substanzgebrauch und die Substanzbe-schaffung eingeengt. Beim Kläger kann damit mit Sicherheit eine Alkoholabhängigkeit gemäß den Kriterien der ICD-10 festgestellt werden, so zu Recht Dr. S ...

Soweit ersichtlich wird diese Diagnose auch von Dr. N. in seinen sozialmedizinischen Stellung-nahmen im Klageverfahren nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr wendet sich dieser gegen die Einschätzung des Dr. Di., wonach der Kläger aktuell nicht mehr in der Lage sei, selbst leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden arbeitstäglich zu verrich-ten. Die diesbezügliche Kritik am Gutachten des Dr. Di. ist auch berechtigt. Denn Anhaltspunkte für wesentliche alkoholbedingte Folgeerkrankungen, wie beispielsweise ein Korsakow-Syndrom, eine Demenz oder eine Wernicke-Enzephalopathie, finden sich weder in der Aktenlage, so zu-recht Dr. N., noch konnten Dr. Di. oder Dr. S. solche feststellen. Auch den vom Arzt D. erhobe-nen Laborwerten ließen sich, worauf Dr. N. zu Recht hinweist, keine Anhaltspunkte für eine we-sentliche Suchterkrankung entnehmen. So waren die Leberwerte am 07.06.2017 (in zeitlicher Nähe zur eine Woche zuvor stattgefundenen Begutachtung durch Dr. Di.) und am 01.02.2018 jeweils unauffällig, während lediglich am 09.11.2017 Auffälligkeiten dokumentiert waren und fanden sich keine Hinweise auf eine bereits bestehende Leberzirrhose. Andererseits wurde die Alkoholabhängigkeit im Rahmen der Begutachtung eindeutig aggraviert (Dr. S.). So hat der Klä-ger zur Begutachtung bei Dr. S., wie zuvor bereits bei Dr. Di., in seiner Tasche ausreichend Bier-flaschen mitgebracht und eine Flasche hiervon auch während der Begutachtung geöffnet und einige kräftige Schlucke Bier genommen. Nach langjähriger Beobachtungen des Dr. S. trinken Alkoholabhängige vor einer Begutachtung regelmäßig aber nicht, weshalb dann häufig bei der Begutachtung Entzugserscheinungen auftreten. Nachvollziehbar hat deshalb der derart offenkun-dige und hervorgehobene, regelrecht zur Schau gestellte Alkoholeinsatz des Klägers (Bl. 40 Se-natsakte) beim Sachverständigen den Eindruck hervorgerufen, dass eine zweifellos vorhandene Alkoholproblematik vor dem Hintergrund des laufenden Rentenverfahrens in deutlich aggravie-render Weise instrumentalisiert werden sollte. Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat, Dr. N. und Dr. S. folgend nicht mit der nötigen Sicherheit von einer quantitativen Leistungsein-schränkung aufgrund des Alkoholmissbrauchs zu überzeugen.

Im Übrigen erwächst, so zutreffend Dr. S., aus der Alkoholabhängigkeit des Klägers auch des-halb keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens, weil die Störung in einem überschaubaren Zeitraum durch die Inanspruchnahme der zur Verfügung stehenden Behand-lungsmaßnahmen zu bessern und zu stabilisieren ist. Psychische Erkrankungen sind nämlich erst dann von rentenrechtlicher Relevanz, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, thera-peutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe überwinden kann (BSG, Urteil vom 12.09.1990 – 5 RJ 88/89 – und vom 29.02.2006 – B 13 RJ 31/05 R ¬¬–, jeweils in juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2016 – L 5 R 459/15 – und Beschluss vom 14.03.2018 – L 5 R 1863/17 –, jeweils in juris, m.w.N.). Denn seelisch bedingte Störungen – hierzu gehört auch eine Alkoholabhängigkeit – scheiden für die Begrün-dung einer Erwerbsminderung aus, wenn sie der Betroffene bei der ihm zumutbaren Willensan-strengung aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe (BSG, Urteil vom 21.10.1969 – 11 RA 219/66 –, juris) sogleich oder innerhalb eines halben Jahres überwinden kann (BSG, Urteil vom 01.07.1964 – 11/1 –, juris), wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist.

Dr. S. hat, auch insoweit für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, dargelegt, dass die Alko-holabhängigkeit des Klägers grundsätzlich in einem überschaubaren Zeitraum von 6 Monaten behandelbar ist und es durch die Inanspruchnahme der zur Verfügung stehenden Behandlungs-maßnahmen möglich ist, in diesem Zeitraum zu Abstinenz zu gelangen und durch Fortführung der Behandlung (beispielsweise das Aufsuchen einer Suchtberatungsstelle, durch Suchtselbsthil-fegruppen und ambulante Richtlinienpsychotherapie) und in Einzelfällen durch rückfallverhü-tende Medikamente diese Abstinenz aufrechtzuerhalten. Nur in absoluten Einzelfällen, so der Sachverständige, ist von einer Abstinenzunfähigkeit auszugehen, welche dann auch Einfluss auf das quantitative Leistungsvermögen hätte. Von dem Seltenheitsfall einer solchen Abstinenzunfä-higkeit ist beim Kläger jedoch nach zutreffender Einschätzung des Sachverständigen nicht aus-zugehen. Anhaltspunkte hierfür, beispielsweise ausreichend dokumentierte, erfolglose stationäre und ambulante Entwöhnungsbehandlungen, liegen nicht vor. So sind beim Kläger keine Alkoho-lentwöhnungsmaßnahmen aktenkundig dokumentiert und diente die letzte Reha-Maßnahme in der Reha-Klinik K. der Therapie der dort diagnostizierten Anpassungs- und Panikstörung. Über vage Angaben des Klägers, "mal" bei den Anonymen Alkoholikern gewesen zu sein, hinaus, gibt es keinerlei Belege für eine suffiziente Behandlung, beispielsweise Berichte von Suchtberatungs-stellen etc. Im Einklang mit dieser Einschätzung des Sachverständigen hat auch Dr. N. angesichts fehlender Hinweise auf eine unzureichende Abstinenzfähigkeit und auch unter Verweis auf die Begutachtung durch Gutachterin M. Dezember im 2015, die keine Alkoholintoxikation beschrie-ben hat, keine Hinderungsgründe dafür gesehen, dass der Kläger innerhalb überschaubarer Zeit durch eine suchtspezifische Behandlung mit Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungs-therapie mit entsprechender Nachsorge erfolgreich therapiert werden könnte. Letztendlich ist auch Dr. Di. in seinem Gutachten und seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme von der Zumutbarkeit einer suchtmedizinischen Behandlung beim Kläger und der Aussicht, dass sich dessen Leistungsvermögen durch eine stationäre Entgiftungsbehandlung mit anschließender Entwöhnungstherapie wieder bessern lässt, ausgegangen. Der Senat folgt Dr. S. und Dr. N. des-halb auch insoweit, als diese angesichts einer – durch eigene Willensanspannung des Klägers und die zur Verfügung stehenden Behandlungsmaßnahmen ¬– innerhalb von 6 Monaten wiederher-stellbaren Abstinenz eine quantitative Leistungseinschränkung verneint haben.

Eine über die Alkoholabhängigkeit hinausgehende psychische Störung mit Krankheitswert kann beim Kläger nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden, so übereinstimmend die beiden Sachverständigen Dr. Di. und Dr. S ... Dr. Di. wollte zwar nicht ausschließen, dass in früherer Zeit eine Panikstörung beim Kläger im Vordergrund gestanden hat. Eine solche wurde im Rahmen des Reha-Aufenthalts im Dezember 2015 diagnostiziert und auch die Gutachterin M. ist von einer fortbestehenden Panikstörung, wobei die Symptomatik trotz wenig intensiver psy-chiatrischer Behandlung nicht zugenommen habe, ausgegangen. Letztlich hat sich bereits im Rahmen dieser Begutachtung die Panikstörung einigermaßen kompensiert gezeigt, worauf Dr. Di. zu Recht hinweist. Soweit der Kläger gegenüber Dr. Di. über das intermittierende Auftreten von Ängsten berichtet hat, hat er in diesem Zusammenhang ausgesprochen infantil-regressiv und auch nicht durchgehend authentisch gewirkt (Bl. 80 SG-Akte). Weiterhin fällt auf, dass der Klä-ger seine Angststörung zunächst als eine Panikstörung mit plötzlich auftretenden Angstattacken geschildert hat, während zuletzt im Rahmen der Begutachtung durch Dr. S. eine agoraphobe Symptomatik mit Ängsten davor, das geschützte Zuhause zu verlassen, sich unter viele Men-schen zu begeben oder über Brücken zu gehen, geschildert worden ist. Zu berücksichtigen ist aber vor allem, so zu Recht Dr. S., dass bei einer aktiven Alkoholabhängigkeit ohne ausreichend lange Abstinenzphase grundsätzlich keine weitere psychische Störung von Krankheitswert diag-nostiziert werden sollte (Bl. 38 Senatsakte). Denn die langanhaltende Alkoholeinwirkung im Gehirn kann alle möglichen psychischen Störungen imitieren, weshalb bei einem aktiv trinken-den Menschen, der, wie der Kläger, noch dazu zumeist nur unter aktiven Alkoholeinfluss unter-sucht werden kann, die sichere Diagnose einer weiteren psychischen Störung von Krankheitswert kaum gelingen kann. So kann der aktive Alkoholeinfluss jammerig-depressive Zustände verbun-den mit Ängsten (insbesondere beim relativen Entzug) imitieren, die manchmal wie eine schwere depressive Episode imponieren mögen.

Zu diesen besonderen Schwierigkeiten der Diagnostik einer weiteren psychischen Störung bei andauernder Alkoholeinwirkung tritt hinzu, dass es auch bei nicht alkoholabhängigen Menschen ausgesprochen schwierig ist, eine Angststörung zu diagnostizieren, so zu Recht der Sachverstän-dige. Denn diese sind dadurch gekennzeichnet, dass in den Zeiten zwischen Angstattacken und Angstzuständen psychopathologisch keinerlei Auffälligkeiten bestehen, an denen die Diagnosen festgemacht werden können. Um eine psychiatrische Diagnosezuordnung nicht ausschließlich aufgrund der Selbstschilderungen eines möglicherweise interessegeleiteten Patienten vornehmen zu müssen, ist eine Objektivierung dieser Störungen zu verlangen, so Dr. S ... Regelhaft ist bei Menschen mit einer echten Panikstörung zu beobachten, so der Sachverständige, dass Notarztein-sätze verzeichnet sind und stationäre Aufnahmen in Kliniken erfolgen, da eine Panikstörung mit Herzrasen, Herzängsten, Schweißausbrüchen etc. einhergeht, weshalb die Betroffenen meist ei-nen Herzinfarkt befürchten. Deshalb ist regelmäßig bei Menschen mit einer echten Panikstörung zu beobachten, das Herzkatheteruntersuchungen erfolgen und sie auf Chest Pain Units aufge-nommen werden. Beim Kläger sind solche notfallmäßigen Behandlungen, Untersuchungen oder stationäre Aufnahmen in keiner Weise aktenkundig, weshalb unabhängig von der Alkoholer-krankung die sichere Diagnose einer relevanten Angsterkrankung nicht in Betracht kommt, da es dafür außer der Selbstschilderung des Klägers keinerlei Belege gibt. Diese Selbstschilderung des Klägers ist vorliegend indes im besondere Maße zu hinterfragen, da sich sowohl im Rahmen der Begutachtung durch Dr. Di. wie auch durch Dr. S. ein deutliches Aggravationsverhalten mit nicht authentischen Darstellungsweisen gezeigt hat. So hat der Kläger im Rahmen der Begutach-tung durch Dr. S. versucht, Ängste darzustellen. Er hat beispielsweise bei der körperlichen Un-tersuchung erklärt, er habe Angst sich untersuchen oder sich sonst berühren zu lassen. Diese Be-hauptung wirkte, so Dr. S., aufgesetzt und unecht; insbesondere kann eine solche Angst bei kei-ner echten Angststörung beobachtet werden. Aus diesem Grund kann auch der abweichenden Einschätzung der Dr. T. nicht gefolgt werden.

Ohne dass es hierauf nach dem Vorstehenden noch ankäme, vermag – die damaligen dortigen Diagnosen einer Anpassungsstörung und einer Panikstörung als zutreffend unterstellt – auch die Leistungseinschätzung im Reha-Entlassungsbericht vom Dezember 2015, welche der befristeten Rentengewährung zu Grunde lag, nicht zu überzeugen, so zu Recht Dr. S ... Denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass jemals eine ernsthafte Behandlung der Angststörung unternommen wurde. Es fehlen weiterhin psychopathologische Auffälligkeiten nicht nur während der Begut-achtungen durch Dr. Di. und Dr. S., sondern auch während der stationären Behandlung in der Reha-Klinik K., ebenso wie Notfallbehandlungen in internistischen Kliniken als regelhaft einer nervenfachärztlichen Behandlung einer Angststörung vorhergehende Maßnahmen. Die Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung, zumal vor dem Wissen um eine gute Behandelbar-keit in überschaubarer Zeit ist deshalb, so Dr. S., nicht nachvollziehbar. Die weiterhin dort diag-nostizierten Anpassungsstörungen kennzeichnen gemäß ICD-10 ein Störungsbild, welches ein geringeres Ausmaß als eine leichte depressive Episode ausmacht und vermögen gleichfalls keine quantitative Leistungsminderung zu begründen (Dr. S.).

Das Vorliegen der vom Kläger behaupteten rezidivierenden Hustensynkopen "mit Schwarzwer-den vor den Augen und gelegentlicher kurzer Bewusstlosigkeit", über die Dr. T. in ihrer sachver-ständigen Zeugenaussage berichtet hat und die auch Dr. Di. in seinem Gutachten unter der Diag-nose "rezidivierende Synkopen unklarer Ätiologie" aufgenommen hat, kann, auch insoweit folgt der Senat der gutachterlichen Einschätzung von Dr. S., nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Während der Kläger gegenüber Dr. Di. noch angegeben hat, er habe bei einem solchen "Husten-anfall" auch schon mal Urin verloren oder sich auf die Zunge gebissen, was auf einen möglichen epileptischen Anfall hinweisen würde, hat er diese Darstellung gegenüber Dr. S. nicht wieder-holt. Er hat gegenüber dem Sachverständigen vielmehr ein heftiges Husten, einhergehend mit einem roten Kopf, demonstriert und erklärt, dass nun eine solche Synkope auftrete und der Sach-verständige ihm helfen müsse, da er ansonsten umfalle. Nachdem der Sachverständige indes kei-ne Anstalten gemacht hat, ihm zu helfen, und stattdessen das Geschehen nur beobachtet hat, hat der Kläger offensichtlich willkürlich diesen "Hustenanfall" wieder beendet. Diese "Hustenatta-cke" war, so der Sachverständige, eindeutig aufgesetzt und simuliert. Nachdem aber keine sons-tigen Belege oder fremdanamnestischen Angaben für ein Anfallsgeschehen vorliegen und auch das vom Sachverständigen geschriebene Hirnstrombild (EEG) keine epileptiformen Potenziale gezeigt hat, können für die Annahme von Synkopen ausschließlich die Selbstangaben des Klä-gers herangezogen werden. Diese sind aber, wie die nicht stringenten Angaben des Klägers zum Anfallsgeschehen und insbesondere der gegenüber dem Sachverständigen simulierte Hustenan-fall zeigen, nicht ausreichend glaubhaft, um hierauf eine sichere Diagnose zu stützen, so voll-kommen zurecht Dr. S ... Im Übrigen hat auch Dr. Di. aus der von ihm gestellten Diagnose von rezidivierenden Synkopen lediglich qualitative Einschränkungen (Vermeidung von Tätigkeiten, die mit einer besonderen Unfall- und Absturzgefahr verbunden sind) abgeleitet.

Aus der HIV-Infektion resultieren gleichfalls keine quantitativen Einschränkungen. Vielmehr liegt beim Kläger nach Angaben des Arztes D. unter medikamentöser Therapie ein normales Immunsystem ohne Nachweis des HI-Virus mit nur sehr geringer Infektiosität und ohne erhöhte Infektanfälligkeit vor, so dass die HIV-Infektion beim Kläger mit keinerlei Einschränkungen im Berufsleben verbunden ist.

Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht ausnahmsweise daraus, dass der Kläger aus gesund-heitlichen Gründen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts wegen eines nur eine Teilzeit erlaubenden Erwerbsvermögens oder wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung keine Tätig-keit finden würde (vgl. dazu nur BSG [GS], Urteil vom 19.12.1996 – GS 2/95 – und vom 10.12.2003 – B 5 RJ 64/02 R –, jeweils in juris, m.w.N.). Neben der zeitlich ausreichenden Ein-setzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit dabei insbesondere auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG GS 19.12.1996, a.a.O.). Eine Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass ein Versicherter gehindert ist, 4 Mal am Tag Wegstrecken von über 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und 2 Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Eine Ein-schränkung der Wegefähigkeit des Klägers ist danach nicht festzustellen. Dass bei dem Kläger Gesundheitsstörungen vorliegen, die seine Wegefähigkeit einschränken, ist nicht der Fall. Solche lassen sich weder dem Gutachten der Ärztin M. noch demjenigen des Dr. Di. oder des Dr. S. ent-nehmen. Soweit beim Kläger mit Bescheid vom 25.02.2016 des Landratsamts K. das Vorliegen der Voraussetzungen der Merkzeichen G und B festgestellt worden ist, beruhte dies auf einer Stellungnahme der Dr. T. vom 08.01.2016, in welcher diese von einer sozialen Phobie und Ängs-ten berichtet hat, welche sich auf das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel und das Überqueren von Brücken beziehe. Wie aber vorstehend bereits ausgeführt worden ist und worauf verwiesen wird, kann das Vorliegen einer Angststörung, zumal in einem solchen Ausmaß, nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt und somit auch nicht zur Begründung einer Wegeunfähigkeit herangezogen werden.

In qualitativer Hinsicht bedingt die Alkoholabhängigkeit den Ausschluss von Tätigkeiten in der Bier- und Spirituosenproduktion sowie im Gastronomiegewerbe mit Griffnähe zu Alkohol (Dr. S.). Dr. Di. hat darüber hinaus schwere körperliche Tätigkeiten sowie Tätigkeiten, die mit einem besonderen Zeitdruck verbunden sind, insbesondere Akkordtätigkeiten oder taktgebundene Tä-tigkeiten, sowie Tätigkeiten in Nacht- und/oder Wechselschicht für unzumutbar erachtet. Die Gutachterin M. und der Arzt D. gehen aufgrund der HIV-Infektion – vor dem Hintergrund der Verneinung von Einschränkungen im Berufsleben durch die HIV-Infektion seitens des Arztes D. nicht völlig schlüssig – von einer Beschränkung auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Ar-beitsmarktes aus. Der Kläger ist nach alledem jedenfalls im Stande, körperlich leichte Tätigkei-ten unter Berücksichtigung der weiteren, oben genannten, qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von arbeitstäglich 6 Stunden und mehr auszuüben.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl. § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Da der Kläger nach dem Stichtag geboren ist, scheidet ein Anspruch schon von vornherein aus.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben zu-sammen mit den Gutachten der Ärztin M., von Dr. Di. und Dr. S. dem Senat die für die richterli-che Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 Zivilprozessordnung).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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