L 11 R 3832/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 504/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3832/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Auch die Berufung gegen einen Gerichtsbescheid kann gemäß § 158 SGG durch Beschluss als unzulässig verworfen werden, obwohl in diesem Fall weder vor dem SG noch vor dem LSG eine mündliche Verhandlung stattfindet. Es genügt, wenn der Kläger im Gerichtsbescheid zutreffend darüber
belehrt wurde, dass er die Möglichkeit hat, mündliche Verhandlung vor dem SG zu beantragen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 15.10.2019 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines orthopädischen Büroarbeitsstuhles zu Lasten der Beklagten als Leistung der Teilhabe am Arbeitsleben (LTA).

Der 1956 geborene Kläger arbeitet in Vollzeit als technischer Angestellter mit überwiegender Bildschirmarbeit und wurde bereits 1997 und 2007 mit orthopädischen Büroarbeitsstühlen als LTA versorgt.

Am 21.03.2016 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines orthopädischen Büroarbeitsstuhles entsprechend des Kostenvoranschlages vom 03.03.2016 iHv 635,46 EUR brutto. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.03.2016 ab, da ein ergonomischer Büroarbeitsstuhl, welcher vom Arbeitgeber zu stellen sei, ausreichend sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2017 zurück.

Am 20.2.2017 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Das SG hat zunächst die behandelnden Fachärzte für Orthopädie Dr. H. und Dr. R. schriftlich vernommen und anschließend beim Facharzt für Orthopädie Dr. E. ein Gutachten eingeholt. In seinem Gutachten vom 05.04.2019 hat dieser ausgeführt, der vom Kläger innegehaltene Büroarbeitsplatz entspreche den gesundheitlichen Einschränkungen. Eine erhebliche Gefährdung oder bereits geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers sei nicht festzustellen. Es bestehe auch nicht die Notwendigkeit, den Arbeitsplatz mit einem orthopädischen Büroarbeitsstuhl auszustatten. Die Ausstattungsmerkmale eines ergonomischen Büroarbeitsstuhles, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sitzkissens, seien ausreichend.

Nach entsprechender Ankündigung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.10.2019 im Hinblick auf die Darlegungen des Gutachters Dr. E. abgewiesen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers bezogen auf seinen zuletzt ausgeübten Beruf als technischer Angestellter sei weder gemindert noch erheblich gefährdet, so dass die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 10 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Gewährung von weiteren LTA in Form der Ausstattung des Arbeitsplatzes mit einem orthopädischen Büroarbeitsstuhl nicht erfüllt seien. Ebenso wenig komme ein Anspruch auf Gewährung von LTA-Maßnahmen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bzw nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Betracht. Die Entscheidung sei nicht berufungsfähig, da der Streitwert von 635,46 EUR brutto (auch unter Berücksichtigung der Preissteigerungen seit 2016) für das begehrte Modell Tango die maßgebliche Berufungssumme von 750,00 EUR nicht erreiche. In der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheides ist der Kläger auf die Möglichkeit einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung bzw eines Antrags auf mündliche Verhandlung hingewiesen worden.

Gegen den seinem Klägerbevollmächtigten am 17.10.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.11.2019 Berufung beim Landesozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt, ohne diese näher zu begründen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 15.10.2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2017 zu verpflichten, ihm als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben die Anschaffung eines orthopädischen Büroarbeitsstuhles des Modells Tango zu gewähren.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Parallel zu seiner Berufung hat der Kläger am 04.12.2019 NZ (NZB) beim LSG eingereicht (L 11 R 4108/19 NZB). Als Begründung ist dargelegt worden, der Gerichtsbescheid weiche von der Rechtsprechung ab. Die Leistungen seien im vorliegenden Fall entgegen dem Gutachten erforderlich. Es sei auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gegeben, da eine abschließende BSG-Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liege. Hilfsweise werde ein Verfahrensfehler geltend gemacht, dass die Auffassung des Gutachters vom SG übernommen worden sei, ohne dass sich das SG rechtlich mit den Voraussetzungen für das Vorliegen des beantragten Bürostuhles auseinandergesetzt habe. Soweit zunächst eine Berufung eingelegt worden sei und nicht eine NZB, sei die Berufung als Beschwerde auszulegen. Die genaue Überprüfung der Voraussetzungen werde von der Berufungsabteilung in Stuttgart vorgenommen, während die Berufung noch von der Geschäftsstelle in Ulm eingelegt worden sei. Die Akten hätten sich erst am 19.11.2019 in Stuttgart befunden, als die Frist bereits abgelaufen gewesen sei.

Mit Schreiben vom 23.03.2020 hat der Senat eine Entscheidung nach § 158 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Aussicht gestellt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist nicht statthaft und daher gemäß § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Der Senat macht von dem ihm in § 158 Satz 2 SGG eingeräumten Ermessen dahingehend Gebrauch, dass die Entscheidung vorliegend durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung ergeht. Der Kläger ist hierzu angehört worden. Nach den Grundsätzen über die Gewährung rechtlichen Gehörs ist der Berufungskläger vor der Entscheidung darauf hinzuweisen, dass die Berufung unzulässig sein könnte, aus welchem Grund dies der Fall und dass eine Entscheidung durch Beschluss beabsichtigt ist. Ihm ist hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (s hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 158 Rn 8 mwN). Dies ist vorliegend mit dem Schreiben des Gerichts vom 23.03.2020 erfolgt.

Dem steht nicht entgegen, dass damit weder in der ersten noch in der zweiten Instanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Zwar gebietet es das Recht auf eine mündliche Verhandlung auch mit Blick auf Art 6 Abs 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) im Grundsatz, von einer Entscheidung durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG abzusehen, wenn sich die Berufung gegen einen Gerichtsbescheid richtet, auch wenn dies in § 158 Satz 2 SGG – anders als in § 153 Abs 4 Satz 1 SGG – nicht ausdrücklich geregelt ist (ständige Rspr, vgl BSG vom 30.10.2019, B 14 AS 7/19 B; vom 08.11.2005, B 1 KR 76/05 B, SozR 4-1500 § 158 Nr 2 Rn 7 ff; vom 12.07.2012, B 14 AS 31/12 B, SozR 4-1500 § 105 Nr 3 Rn 5; vom 08.04.2014, B 8 SO 22/14 B). Auf der anderen Seite ist in der Rspr des BSG anerkannt, dass eine Entscheidung nach § 158 Satz 2 SGG ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn sicher feststeht, dass in der Sache noch eine mündliche Verhandlung vor dem SG stattfinden wird (BSG, Beschluss vom 30.10.2019 aaO mwN). Auch wenn vorliegend keine mündliche Verhandlung vor dem SG mehr stattfinden wird, ist das Recht des Klägers auf eine mündliche Verhandlung gewahrt, weil er - entsprechend der zutreffenden Belehrung im Gerichtsbescheid vom 15.09.2019 - die Möglichkeit hatte, mündliche Verhandlung zu beantragen und damit seinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung durchzusetzen. Dass der Kläger von dieser Möglichkeit tatsächlich keinen Gebrauch gemacht hat, liegt allein in seinem Verantwortungsbereich und führt dazu, dass er sich auf eine Verletzung seines Rechtes auf mündliche Verhandlung nicht berufen kann. Insofern ist auch in diesem Fall eine Entscheidung durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG statthaft (so auch LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.05.2019, L 11 AS 13/19; LSG Berlin-Brandenburg vom 18.06.2010, L 10 AS 779/10; Keller in Meyer-Ladewig ua aaO § 158 Rn 6; Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 158, Rn 6; offengelassen in BSG vom 12.07.2012 aaO und vom 30.10.2019 aaO; aA Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Auflage 2014, § 158, Rn 9).

Vorliegend war die Berufung zu verwerfen, weil sie mangels Erreichens der Berufungssumme nicht statthaft ist. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nach § 144 Abs 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes bestimmt sich nach dem Umfang, in dem das SG dem Begehren des Rechtsmittelführers nicht gefolgt ist und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird. Im hier anhängigen Berufungsverfahren hat der Kläger bisher keinen Antrag gestellt. Zur Bestimmung der Beschwer kann der Senat daher nur auf den Antrag im erstinstanzlichen Verfahren zurückgreifen. Ausdrücklich hat der Kläger im Klageschriftsatz vom 16.03.2017 die Übernahme der Kosten für "einen neu zu beschaffenden orthopädischen Bürostuhl" begehrt. Das SG hat diesen Antrag dahingehend ausgelegt, beantragt werde die Anschaffung eines orthopädischen Büroarbeitsstuhles des Modells Tango. Diese Auslegung des klägerischen Antrags hält der Senat für zutreffend. Für die Auslegung prozessualer Anträge bzw Begehren gilt § 123 SGG, wonach das Gericht über die erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei der Auslegung von Erklärungen ist nach den §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht allein an ihrem Wortlaut zu haften. Vielmehr sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die dafür von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BSG vom 05.09.2019, B 8 SO 20/18 R; vom 08.12.1993, 10 RKg 19/92, SozR 3-1300 § 34 Nr 2).

Auch wenn der Kläger sich in seinem schriftlichen Antrag im erstinstanzlichen Verfahren zunächst nicht auf ein bestimmtes Bürostuhlmodell festgelegt hat, hat er ergänzend im Schreiben vom 19.06.2017 dargelegt, das begehrte Modell, das standardmäßig mit einem patentierten 360 Grad schwenkbaren Sitzfläche ausgestattet sei, sei ein "Löffler Tango 245". Auch das Vorgängermodell sei ein "Löffler Tango" gewesen, wie sich aus dem Angebot aus 2016 ergebe. Im Hinblick auf die Worte "das begehrte Modell" und auch den Verweis auf den eingereichten Kostenvoranschlag hält der Senat die Auslegung des SG, der Kläger beantrage eine Versorgung mit einem orthopädischen Bürostuhl des Modells Tango, für sachgerecht. Wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass der Kläger nicht etwa nur die Erstattung der von ihm für einen Ersatzstuhl aufgewendeten Kosten in Höhe von 365,33 EUR (Rechnung vom 21.11.2017, Bl 102 SG-Akte) begehrt, da dieser Ersatzstuhl nicht über eine verkürzte Sitzfläche verfügt und damit den Ansprüchen des Klägers nicht gänzlich genügt. Doch letztlich ist der Beschwerdewert von mehr als 750 EUR unter keinem Gesichtspunkt erreicht: Das vom Kläger ursprünglich gewollte Modell kostete laut Kostenvoranschlag vom 03.03.2016 lediglich 535,46 EUR, und das aktuelle Modell Tango 245 kostet auch heute nur 659,43 EUR (unverbindliche Preisempfehlung, vgl www.loeffler-moebel.de, Stand 17.04.2020) und damit weniger als die notwendige Berufungssumme. Gleiches gilt, wenn der Kläger lediglich die Erstattung der Kosten verlangte, die er für einen Ersatzstuhl aufgewendet hat. In diesem Fall betrüge die Beschwer sogar nur 365,33 EUR.

Auch stehen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr nicht im Streit. Das SG hat die Berufung auch nicht zugelassen, sondern ausdrücklich in den Urteilsgründen darauf hingewiesen, die Berufungssumme sei nicht erreicht. Dementsprechend ist auch die zutreffende Rechtsmittelbelehrung angefügt worden.

Das Begehren des Klägers kann nicht als NZB ausgelegt oder in eine solche umgedeutet werden. Hier hat der durch den V. sachkundig vertretene Kläger mit Schreiben 12.11.2019 ausdrücklich "Berufung" gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt, obwohl im angefochtenen Gerichtsbescheid die fehlende Berufungsfähigkeit begründet und in der Rechtsmittelbelehrung die Voraussetzungen für eine NZB im Einzelnen erläutert worden sind. Im nachfolgenden Schriftsatz schaltete sich eine andere interne Stelle des V., die Berufungsabteilung, in das "anhängige Berufungsverfahren" ein. Gründe für eine Zulassung der Berufung wurden bis zu diesem Zeitpunkt an keiner Stelle geltend gemacht. Nach dem objektiven Erklärungswert ist daher kein Raum für eine Auslegung seiner Berufung als NZB, zumal grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Beteiligter das Rechtsmittel einlegen will, das er konkret bezeichnet hat (s hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig ua aaO vor § 143 Rdnr 15 b). Erst nach Hinweis durch das Gericht, eine Berufung sei unzulässig, wird nun argumentiert, soweit zunächst eine Berufung eingelegt worden sei und nicht eine NZB, sei die Berufung als Beschwerde auszulegen. Die genaue Überprüfung der Voraussetzungen werde von der Berufungsabteilung in Stuttgart vorgenommen, während die Berufung noch von der Geschäftsstelle in Ulm eingelegt worden sei. Die Akten hätten sich erst am 19.11.2019 in Stuttgart befunden, als die Frist bereits abgelaufen gewesen sei. Es liegt auf der Hand, dass solche internen Zuständigkeitsvereinbarungen nicht zu einer Verlängerung von Fristen bzw zu einer anderen Auslegung eindeutiger Erklärungen führen können.

Auch eine Umdeutung kommt nicht in Betracht. Der Begriff der Umdeutung wird im Gesetz für fehlerhafte Verwaltungsakte (vgl § 43 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X], § 47 Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVfG]) und für nichtige Rechtsgeschäfte verwendet (vgl die Überschrift zu § 140 BGB in der seit 01.01. 2002 geltenden Fassung). Da es sich bei einem unzulässigen Rechtsmittel weder um das eine noch um das andere handelt, ist bei der Annahme von Umdeutungsmöglichkeiten Zurückhaltung geboten (s hierzu und zum Folgenden ausführlich BSG vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R, SozR 4–1500 § 158 Nr 1 mwN). Dennoch ist insbesondere für den Zivilprozess anerkannt, dass in besonderen Konstellationen eine unzulässige Prozesshandlung und ausnahmsweise auch eine Rechtsmittelerklärung in ein nach Intention und rechtlicher Wirkung vergleichbares Pendant umzudeuten ist, wenn dessen Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Prozessgegners entgegensteht (BSG vom 20.05.2003 unter Verweis auf Bundesgerichtshof [BGH] vom 01.06.1983, IVb ZR 365/81, FamRZ 1983, 892; BGH vom 25.11.1986, VI ZB 12/86, NJW 1987, 1204). Für das Verhältnis von Berufung und NZB kann das aber schon wegen der unterschiedlichen Zielrichtung der beiden Rechtsmittel nicht gelten. Beide zielen zwar im Ergebnis auf eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch die höhere Instanz. Unmittelbar richtet sich die NZB aber nicht gegen den Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens, sondern gegen eine prozessuale Teilentscheidung; dementsprechend ist der Prüfungsgegenstand ein anderer als im Berufungsverfahren. Infolgedessen lässt sich die Vergleichbarkeit in Intention und rechtlicher Wirkung nicht von vornherein bejahen. Es ist auch nicht in allen Fällen als selbstverständlich anzunehmen, dass die Umdeutung dem Beteiligtenwillen entsprechen würde. Vielmehr erscheint es zumindest denkbar, dass der Rechtsmittelführer den zusätzlichen Aufwand einer NZB auf sich genommen hätte, wenn ihm die Unzulässigkeit der Berufung und der die Unzulässigkeit begründende geringe Beschwerdewert bewusst gewesen wäre. Hinzu kommt nach der Rspr des BSG, dass im Verwaltungsprozess und speziell im sozialgerichtlichen Verfahren die Umdeutung eines unzulässigen Rechtsmittels in das zulässige auch wegen der allen anfechtbaren Entscheidungen beizufügenden Rechtsmittelbelehrung ausscheidet, durch Irrtümer oder Verwechslungen bei der Bezeichnung des Rechtsmittels weitgehend ausgeschlossen sind (BSG vom 20.05.2003 aaO).

Nach alledem handelt es sich bei dem als "Berufung" bezeichneten Rechtsmittel des Klägers auch tatsächlich um eine solche. Mangels Erreichens der Berufungssumme ist diese aber nicht statthaft und war folglich als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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