S 48 SO 520/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
48
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 48 SO 520/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beigeladene wird verurteilt, an die Klägerin in dem Hilfefall des am 17.07.19xx geborenen Herrn Richard R. für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.10.2014 einen Betrag i.H.v. 49.153,77 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beigeladene trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 54.164,09 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Kostenerstattung in dem Hilfefall des am 17.07.19xx geboren Herrn Richard R. (im Folgenden: Hilfeempfänger) für den Zeitraum ab dem 01.08.2010, welche die Klägerin für eine Unterbringung des Hilfebedürftigen im Carl-Sonnenscheinhaus erbracht hat.

Der Hilfeempfänger wurde am 17.07.19xx in A.–P. (Österreich) geboren. Er besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und leidet an den Folgen einer Neurolues mit hirnorganischem Psychosyndrom bei einer Halbseitensymptomatik rechts. Aufgrund dessen sind seit Juli 1990 ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie das Merkzeichen "G" zuerkannt. Bis zu seinem dritten Lebensjahr lebte er bei seiner Mutter. Sein Vater wurde 1945 als vermisst gemeldet und gilt als verschollen. Während seines fünften Lebensjahrs verstarb seine Mutter. Seitdem war der er ausschließlich in verschiedenen Kinderheimen untergebracht, zuletzt im Kinderheim K.-P., wo er seinen Volksschulabschluss machte. Im Jahre 1962 bestand er in D. die Prüfung zum Matrosen und arbeitete anschließend auf verschiedenen Binnenschiffen. 1974 wechselte er zur K. S. AG in D. und arbeitete dort bis 1983 als Maschinist. Aus einer am 20.04.19xx vor dem Standesamt D.–R. geschlossenen Ehe gingen zwei in den Jahren 19xx und 19xx geborene Töchter hervor. Durch Urteil des Landgerichts D. vom 29.06.19xx (Az. 9 R xxx/77) wurde die Ehe geschieden. Am 06.04.1983 erteilte die Beklagte eine Kostenzusicherung für das "Haus am Hafen" ab dem 17.02.1983 gem. § 72 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG).

Seit dem 26.01.1987 lebt der Hilfeempfänger C.–S.-Haus des Caritas Männerwohnheim e.V. in O. In seinem Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten bei dem C.–S.-Haus am 26.01.1987 gab er an, vom Beruf Binnenschiffer zu sein. In dem Feld "Beschäftigungsverhältnisse in den letzten drei Jahren" gab er "Binnenschifffahrt, M. (Bayern)" an. In dem Feld "Aufenthaltsverhältnisse der letzten drei Monate" gab an, in verschiedenen Einrichtungen, zuletzt in D. in einem Biwak gelebt zu haben.

Ausweislich eines am 28.10.1988 im C.–S.n-Haus erstellten Sozialberichts war der Hilfeempfänger seit 1986 arbeitslos. Zu der geschiedenen Ehefrau sowie zu den Kindern bestehe kein Kontakt. Eine Untersuchung des behandelnden Arztes, Herrn Dr. D., habe ergeben, dass bei ihm ein bleibender Schaden in Gestalt einer chronischen organischen Psychose vorliege. Er sei nicht in der Lage, ohne fremde Hilfe seine täglichen Bedürfnisse ausreichend zu regeln. Eine Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung sei nicht notwendig. Ein Verbleib in der Einrichtung und eine dauernde ärztliche Kontrolle und Behandlung seien angemessen und ausreichend.

Mit Bescheid vom 21.07.1989 bewilligte die Landesversicherungsanstalt R. dem Hilfeempfänger ab dem 01.02.1989 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gem. § 1247 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Ab dem 01.09.1989 wurde die Rente unmittelbar an das C.–S.-Haus abgeführt.

Nach einer Stellungnahme des Gesundheitsamtes der Klägerin vom 05.12.1989 sollte der Hilfeempfänger aufgrund seiner psychischen Behinderung in einem Wohnheim betreut werden. Eine Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt sei nicht notwendig. Als geeignet könne das C.–S.-Haus betrachtet werden, wo der Hilfeempfänger wohne und auch an arbeitstherapeutischen Maßnahmen teilnehme.

Hierauf beantragte die Klägerin am 28.12.1989 bei dem Beigeladenen die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe für den Hilfeempfänger und führte unter Hinweis auf die amtsärztliche Stellungnahme vom 05.12.1989 an, dass dessen weitere Betreuung erforderlich sei und eine Unterbringung in einer anderen Einrichtung ausscheide. Der Hilfeempfänger nehme im C.–S.-Haus unter anderem an arbeitstherapeutischen Maßnahmen Teil und werde seinen Bedürfnissen entsprechend betreut.

Der Beigeladene forderte hierauf im März 1990 telefonisch eine weitere amtsärztliche Stellungnahme an. Hierauf übersandte die Klägerin dem Beigeladenen mit Schreiben vom 11.04.1990 eine amtsärztliche Stellungnahme ihres Gesundheitsamtes vom 28.03.1990. Ausweislich derer sei der Hilfeempfänger zuletzt im November 1989 körperlich und psychiatrisch untersucht worden. Er leide an einer erheblichen geistig–psychischen Behinderung auf dem Boden einer chronischen, nicht rückbildungsfähigen Gehirnerkrankung und zähle zum Personenkreis des § 39 BSHG. Aufgrund seiner Behinderung habe er früher im Nichtsesshaften–Milieu gelebt und habe seit Januar 1987 erfolgreich im C.–S.-Haus in einem gewissen Rahmen sozial integriert werden können. Auf diese Weise habe die Auswirkung der geistig–psychischen Behinderung bislang in erfreulichem Maße begrenzt werden können. Die Herausnahme des Hilfeempfängers aus dem Heim und die anschließend aller Voraussicht nach drohende Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung für schwer chronisch psychisch Kranke unter Abbruch der in den vergangenen drei Jahren erfolgreich geknüpften psycho–sozialen Kontakte würde das Ausmaß der Behinderung zweifelsohne deutlich verstärken und somit dem Auftrag des § 39 Abs. 3 und 4 BSHG strikt entgegenwirken. Aus ärztlicher Sicht sei daher in dem Sonderfall die Unterbringung des Hilfeempfängers im C.–S.-Haus als Eingliederungshilfe im Sinne der §§ 39, 40 BSHG in jeder Hinsicht zu befürworten.

Mit Bescheid vom 30.05.1990 lehnte der Beigeladene die Übernahme der Betreuungskosten des Hilfeempfängers im C.–S.-Haus als Leistungen der Eingliederungshilfe gem. den §§ 39 ff. BSHG ab. Zur Begründung führte er an, dass aus den ärztlichen Unterlagen nicht hervorgehe, dass die Notwendigkeit einer behinderungsspezifischen Unterbringung erforderlich sei. Ferner sei das C.–S.-Haus prinzipiell nicht dazu in der Lage, eine behinderungsspezifische Betreuung zu leisten.

Mit Schreiben vom 02.12.1996 bat die Klägerin den Beigeladenen erneut um Prüfung, ob Maßnahmen der Eingliederungshilfe angezeigt seien. Beigefügt waren ein Sozialbericht des C.–S.-Hauses vom 04.06.1996 sowie eine amtsärztliche Stellungnahme vom 26.11.1996. Ausweislich des Sozialberichts sei aufgrund eines ärztlichen Gutachtens der Versicherungsanstalt R. vom 23.03.1989 die Einrichtung einer Pflegschaft empfohlen worden, mit den Rechten der Aufenthaltsbestimmung und der Vermögensverwaltung. Dieser Empfehlung sei am 16.05.1989 durch das Amtsgericht O. entsprochen worden. Am 02.11.1994 sei die Betreuung durch des Amtsgerichts O. wieder aufgehoben worden. Aufgrund seiner Erkrankung sei der Hilfeempfänger nicht in der Lage, einzelne, für seinen Lebensunterhalt erforderliche Tätigkeiten zu verrichten. Ein Verbleib in dem C.–S.-Haus und damit verbunden eine konstante sozialarbeiterische Betreuung und ärztliche Kontrolle seien angemessen und erforderlich. Ausweislich der amtsärztlichen Stellungnahme wurde der Hilfeempfänger am 29.10.1996 erneut beim Gesundheitsamt der Klägerin neurologisch–psychiatrisch untersucht. Der psychische Befund habe sich gegenüber den Voruntersuchungen im Wesentlichen unauffällig gezeigt. Der Hilfeempfänger habe sich für seine Verhältnisse im C.–S.-Haus psychisch und sozial gut stabilisiert und integriert. Aufgrund seiner Behinderung mit deutlichen Defiziten des kognitiven–strukturellen Denkens und eingeschränkter sozialer Adaptionsfähigkeit erscheine der Hilfeempfänger auf Dauer nicht in der Lage, in einem eigenständigen Haushalt oder einer Maßnahme des betreuten Wohnens zurechtzukommen. Eine Heimunterbringung erscheine langfristig notwendig. Aufgrund der speziellen Sozialisation im Nichtsesshaften–Milieu sei aus ärztlicher Sicht eine weitere Versorgung im C.–S.-Haus zu empfehlen. Zwar gebe es auswärtig auch andere geeignete Einrichtungen, jedoch wäre damit zu rechnen, dass der Hilfeempfänger auf einen Umzug und eine entsprechende Milieuveränderung in seiner bisherigen positiven psychosozialen Entwicklung erheblich beeinträchtigt werde.

Mit Schreiben vom 11.12.1996 teilte die Beigeladene der Klägerin mit, dass die Kosten für die Unterbringung des Hilfeempfängers im C.–S.-Haus nicht im Rahmen der Eingliederungshilfe übernommen werden könnten, da das C.–S.-Haus konzeptionell nicht dazu in der Lage sei, eine behinderungsspezifische Betreuung zu leisten.

Ausweislich eines Vermerks in der Sozialhilfeakte der Klägerin vom 11.12.1996 zeigten sich die Auswirkungen der psychischen Erkrankung des Hilfeempfängers darin, dass er mit der Bewältigung alltäglicher Verrichtungen wie Aufräumen, Hygiene und Tagesablauf regelmäßig auf die Unterstützung und die Begleitung angewiesen sei. Er brauche Anweisungen, damit er wisse, was zu tun sei. Hinzu komme eine Form der Kaufsucht, so dass sein Geld eingeteilt werden müsse und ihm nur in kleinen Beträgen ausgezahlt werden könne. Der Hilfeempfänger sei zu einem selbstständigen Leben nicht in der Lage, woraus folge, dass die Unterbringung dauerhaft erfolgen müsse. Der Aufenthalt im C.–S.-Haus gestalte sich positiv, da er sich dort zu Hause fühle. Es sei auch möglich, ihm kleinere Beschäftigungen aufzutragen, wodurch er Selbstbestätigung erfahre. Das C.–S.-Haus sei die geeignete Einrichtung, weil er sich dort wohl fühle und keine weiteren Hilfemaßnahmen erforderlich seien. Er benötige lediglich den beschützenden Rahmen einer Einrichtung.

Mit Schreiben vom 16.10.1998 beantragte die Klägerin bei dem Beigeladenen die Kostenerstattung unter Hinweis auf § 103 BSHG für die Unterbringung des Hilfeempfängers i.H.v. 22.197,36 DM und bat um Zustimmung, künftige Aufwendungen unmittelbar zulasten des Beigeladenen erbringen zu dürfen. Zur Begründung führte sie an, dass der Hilfeempfänger bis August 1986 seinen Wohnsitz in D. gehabt habe. Am 26.01.1987 sei er im C.–S.-Haus aufgenommen worden. Für den Zwischenraum sei weder ein Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt feststellbar.

Mit Schreiben vom 21.10.1998 bat die Beigeladene um Übersendung eines Nachweises, aus dem hervorgehe, dass der Hilfeempfänger im rechtserheblichen zwei Monatszeitraum vor Aufnahme in die Einrichtung am 26.01.1987 ohne gewöhnlichen Aufenthalt gewesen sei. Sofern dies aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht feststellbar sein sollte, bat der Beigeladene, den Hilfeempfänger durch die Einrichtung befragen zu lassen, wo bzw. an welchen Orten er sich vor Aufnahme in das C.-S.-Haus aufgehalten habe.

Mit Schreiben vom 03.11.1998 übersandte die Klägerin dem Beigeladenen als Nachweis, dass der Hilfeempfänger im Zeitraum vor der Aufnahme in das C.–S.-Haus oder gewöhnlichen Aufenthalt gewesen sei, einen Auszug aus dem Melderegister. Ausweislich dessen wurde Hilfeempfänger zum 13.08.1986 unter der Anschrift W.straße Hausnummer xx abgemeldet.

Der Beigeladene teilte hierauf der Klägerin mit Schreiben vom 09.11.1998 mit, dass melderechtliche Auskünfte kostenerstattungsrechtlich irrelevant seien, da es sich bei der Begründung bzw. Aufgabe eines gewöhnlichen Aufenthaltes um einen formalen Tatbestand handle, der keine Wohnsitzbegründung oder polizeiliche Meldung voraussetze. Die Tatsache, dass ein Hilfeempfänger ohne festen Wohnsitz sei, sei nicht geeignet, seine Nichtsesshaften-Eigenschaft nachzuweisen. Es komme nur auf die tatsächlichen Aufenthaltsverhältnisse des Hilfeempfängers an. Die Auskunft aus dem Melderegister besitze daher lediglich eine eingeschränkte Aussagekraft. Der Beigeladene bat erneut um Übersendung eines Nachweises, dem zu entnehmen sei, wo sich der Hilfeempfänger in den zwei Monaten vor Aufnahme in das C–S-Haus tatsächlich aufgehalten habe.

Hierauf übersandte die Klägerin dem Beigeladenen mit Schriftsatz vom 16.02.1999 ein Schreiben des C–S-Hauses vom 11.02.1999, wonach der Hilfeempfänger erklärt habe, dass er sich vor dem 26.01.1987 in D. ohne festen Wohnsitz aufgehalten habe.

Mit Schreiben vom 23.02.1999 lehnte der Beigeladene den Antrag auf Kostenerstattung ab und führte zur Begründung an, dass sich der Hilfeempfänger ausweislich der Stellungnahme des C.–S.-Haus vom 11.02.1999 vor Aufnahme dort ausschließlich in D. aufgehalten habe. Der Hilfeempfänger habe somit seinen gewöhnlichen Aufenthalt im rechtserheblichen Zeitraum vor Aufnahme in die Einrichtung in D. gehabt.

Mit Schreiben vom 11.05.1999 lehnte auch die Beklagte einen ihr gegenüber geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ab. Zur Begründung gab sie an, dass sie dem Schreiben des Beigeladenen vom 23.02.1999 entnommen habe, dass die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes des Hilfeempfängers im Stadtgebiet der Beklagten lediglich aus der Stellungnahme des C.–S.-Hauses vom 11.02.1999 geschlossen werde. Danach habe der Hilfeempfänger erklärt, sich bis zur Aufnahme im C.–S.-Haus im Stadtgebiet der Beklagten ohne festen Wohnsitz aufgehalten zu haben. Dem Sozialbericht des C.–S.-Hauses vom 04.06.1996 sei jedoch zu entnehmen, dass der Hilfeempfänger von 1983 bis 1986 in der Binnenschifffahrt tätig gewesen sei, 1986 arbeitslos und seit März 1989 berufsunfähig sei. Aus den Unterlagen bezüglich der Arbeitslosigkeit aus dem Jahre 1986 müsse sich gegebenenfalls ermitteln lassen, unter welcher Anschrift der Hilfeempfänger Stadtgebiet der Beklagten postalisch zu erreichen gewesen sein. Ein gewöhnlicher Aufenthalt in Stadtgebiet der Beklagten sei bislang nicht nachgewiesen.

Die Klägerin forderte hierauf einen Versicherungsverlauf des Hilfeempfängers bei der Landesversicherungsanstalt R. an. Ausweislich des von dort an die Klägerin übersandten Versicherungsverlaufs vom 25.10.1999 wurden in dem Zeitraum vom 01.08.1985 bis zum 31.12.1985 Pflichtbeiträge i.H.v. 7.348,08 DM entrichtet und vom 01.01.1986 bis zum 20.01.1986 ein Pflichtbeitrag i.H.v. 718 DM. Ab dem 24.03.1987 wurde der Hilfeempfänger in dem Versicherungsverlauf als arbeitslos geführt.

Mit Schreiben vom 23.11.1999 wandte sich die Klägerin erneut an den Beigeladenen und führte an, dass der Hilfeempfänger von 1983 bis 1986 in der Binnenschifffahrt tätig gewesen sei. Es gebe keinen Hinweis auf ein Beibehalten des Wohnsitzes in D., weshalb die Beklagte ihre Kostenerstattungspflicht bestreite. Aus dem Rentenkonto sei ersichtlich, dass die tatsächliche Arbeitslosigkeit nicht zu einer Meldung beim zuständigen Arbeitsamt geführt habe. Die Meldung sei erst nach Aufnahme in das C.–S.-Haus erfolgt. Die Aktenvorgänge des Arbeitsamtes aus jener Zeit seien zwischenzeitlich vernichtet. Es lasse sich demnach nicht mehr ermitteln, wo der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in das Carl–Sonnenschein-Haus gehabt habe.

Hierauf wandte sich der Beigeladene mit Schreiben vom 08.12.1999 an das C.–S.-Haus und bat um nochmalige Befragung des Hilfeempfängers zu dessen Aufenthaltsverhältnissen vor Aufnahme in das C.–S.-Haus.

Mit Schreiben vom 21.01.2000 übersandte das C.–S.-Haus dem Beigeladenen eine Erklärung des Hilfeempfängers über dessen Aufenthalt in dem Zeitraum ab 1970. Hiernach habe der Hilfeempfänger von 1970 bis November 1980 in D.–L. unter der Anschrift K.straße Hausnummer xx gewohnt. Von Dezember 1980 bis 1982 habe er einer betreuten Einrichtung "H. am H." in D. gelebt. Von 1982-1986 habe er eine Schlafstelle in der W.straße in D. gehabt und sei dort auch gemeldet gewesen. Seit Januar 1987 lebe er im C.–S.-Haus in Oberhausen.

In der Folge übersandte der Beigeladene der Klägerin diese Mitteilung des C.–S.-Hauses und führte an, dass der Hilfeempfänger ausweislich dieser Mitteilung vor dem 26.01.1987 zweifelsfrei seinen Lebensmittelpunkt unter der Anschrift W.straße in D. gehabt habe.

Mit Schreiben vom 10.10.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass in der Zwischenzeit die Aufenthaltsverhältnisse des Hilfeempfängers in D. hätten geklärt werden können. So sei dieser bis zum 13.08.1986 in der Obdachlosenunterkunft W.straße Hausnummer xx a gemeldet gewesen. Danach sei er nach unbekannt abgemeldet worden. Erst ab dem 26.01.1987 sei er wieder im C.–S.-Haus wohnhaft gewesen. Die Zeit von August 1986, sowie aufgrund der Abmeldung nach unbekannt gegebenenfalls auch der Zeitraum davor, seien ungeklärt. Da es möglich sei, dass der Hilfeempfänger in jener Zeit einen neuen, anderweitigen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe, könne ein Kostenanerkenntnis nicht abgegeben werden.

Mit Schreiben vom 12.11.2001 wandte sich die Klägerin erneut an den Beigeladenen und teilte mit, dass die Beklagte eine Kostenerstattungspflicht ablehne, da sich nach wie vor nicht ermitteln lasse, wo der Hilfeempfänger vor der Aufnahme in das im C.–S.-Haus seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe.

Hierauf erwiderte der Beigeladene mit Schreiben vom 10.12.2001, dass sich der Hilfeempfänger ausweislich seiner Erklärung vom 21.01.2000 ausnahmslos in D. aufgehalten habe, weshalb kein Zweifel an seinem gewöhnlichen Aufenthalt in D. bestehe. Der Umstand, dass der Hilfeempfänger nach dem 13.08.1986 in D. abgemeldet worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis, da melderechtliche Gesichtspunkte bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes ebenso wenig eine Rolle spielten wie die Art der Unterkunft.

Mit Schreiben vom 24.11.2008 wandte sich die Klägerin an den Beigeladenen und teilte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG NRW vom 07.04.2008 (L 20 SO 53/06) mit, dass es nicht darauf ankomme, ob eine Einrichtung für die Eingliederungshilfe entsprechende Verträge abgeschlossen habe, sondern vielmehr darauf, ob in derselben im einzelnen Hilfefall faktisch eine entsprechende Hilfe geleistet werde, die ihren Inhalten und Zielsetzungen entsprechend eine der Eingliederungshilfe darstelle. Im Fall des Hilfeempfängers sei es zweifelsfrei so, da dieser durch Sozialarbeiter begleitet werde. Es handele sich nicht lediglich um eine Gewährung von Unterkunft und Verpflegung seitens der Einrichtung, sondern um stationäre Eingliederungshilfe.

Mit Bescheid vom 14.05.2009 übernahm der Beigeladene Kosten des Aufenthalts des Hilfeempfängers ab dem 01.01.2009.

Mit weiterem Schreiben vom 10.12.2009 teilte der Beigeladene dem im C.–S.-Haus mit, dass die Kostenzusage bis zum 31.07.2010 begrenzt sei, da der Hilfeempfänger zu jenem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr vollende. Daher sei rechtzeitig in Antrag bei dem örtlichen Träger der Sozialhilfe zu stellen.

Im Juli 2010 überprüfte die Klägerin ihre Zuständigkeit für eine Hilfegewährung nach den §§ 67 ff. SGB XII. Ausweislich eines Vermerks in der Sozialhilfeakte vom 13.07.2010 sei eine weitere Hilfegewährung nach den §§ 67 ff. SGB XII ausgeschlossen, da der Hilfeempfänger bereits über mehrere Jahre Hilfen nach § 67 SGB XII erhalten habe und die besonderen sozialen Schwierigkeiten nicht mehr zu mildern oder zu beseitigen seien. Insoweit käme allein Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen "als Altfall" in Betracht.

Am 05.08.2010 unterzeichnete der Hilfeempfänger einen Antrag auf Sozialhilfe bei der Klägerin. Dabei gab er unter dem Punkt "Aufenthaltsverhältnisse" an, am 11.02.1987 von K. zugezogen zu sein.

Mit Schreiben vom 17.03.2011 meldete die Klägerin einen eine Kostenerstattung unter Hinweis auf § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII bei dem Beigeladenen an. Dabei gab sie an, dass der Hilfeempfänger vor der erstmaligen Aufnahme in das C.-S.-Haus ohne festen Wohnsitz gewesen sei. Die letzte Meldeanschrift sei die W.straße Hausnummer xx a in D. gewesen. Dabei habe es sich um eine Obdachlosenunterkunft gehandelt, welche der Hilfeempfänger am 13.08.1986 verlassen habe. Danach habe er sich, ohne einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen, unter anderem in K. und anderen Städten Nordrhein-Westfalens aufgehalten, bis er am 11.02.1987 in das im C.–S.-Haus aufgenommen worden sei. Da ein gewöhnlicher Aufenthalt vor Aufnahme in die stationäre Einrichtung nicht zu ermitteln sei, werde ein Kostenerstattungsanspruch angemeldet.

Mit Schreiben vom 24.03.2011 teilte der Beigeladene mit, dass sich die von der Klägerin im Schreiben vom 17.03.2011 dargelegten Aufenthaltsverhältnisse des Hilfeempfängers nicht mit den Angaben deckten, die der Hilfeempfänger anlässlich der Einrichtungsaufnahme am 26.01.1987 gemacht habe. Danach habe er seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in D. gehabt, wo er bis Mitte 1986 in der W.straße lebte. Der Umstand, dass es sich dabei um eine Obdachlosenunterkunft gehandelt habe, stehe der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes nicht entgegen.

Mit einem weiteren Schreiben vom 10.05.2011 teilte der Beigeladene der Klägerin mit, dass nach erneuter Prüfung der Sachlage festzustellen sei, dass der Hilfeempfänger seinen Lebensmittelpunkt jedenfalls bereits 1970 in D. begründet habe. Seit 1980 habe er dort im "H. am H.", in der Notunterkunft auf W.straße" sowie zuletzt ohne festen Wohnsitz im Freien gelebt. Die Notunterkunft W.straße habe er zwar Mitte 1986 verlassen. Der Umstand, dass der Hilfeempfänger nach einer relativ kurzzeitigen Phase des Umherziehens wieder nach D. zurückgekehrt sei, bevor er im C.–S.-Haus aufgenommen worden sei, zeige, dass er in D. nach wie vor seinen Lebensmittelpunkt gesehen haben dürfte, wo er insgesamt immerhin 16 Jahre lang gelebt habe. Die Tatsache, dass er in D. zuletzt offenbar nicht die Unterkunftsmöglichkeit städtischer Obdächer bevorzugt habe, sondern ohne festen Wohnsitz ("im Biwak") gelebt habe, stehe der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht entgegen, da dieser bekanntlich nicht mit einer Wohnung im üblichen Sinne verbunden sei. Es genüge lediglich eine irgendwie geartete Behausungsmöglichkeit. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass der Hilfeempfänger bei der Abgabe der Erklärung vom 21.01.2000 die kurzzeitige Phase seines Umherziehens nach Verlassen der Duisburger Notunterkunft offenbar nicht für relevant gehalten habe. Bei dieser Sachlage werde an der Ablehnung einer Kostenerstattung festgehalten.

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 17.05.2011, dass der Hilfeempfänger die Notunterkunft in der W.straße bereits am 13.08.1986 verlassen habe. Die genauen Aufenthaltsverhältnisse seit diesem Zeitpunkt bis zur Aufnahme in das C.–S.-Haus seien nicht mehr zweifelsfrei zu klären. Selbst wenn sich der Hilfeempfänger seit diesem Zeitpunkt nur in D. aufgehalten habe, stehe dies dem Verlust eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht entgegen.

Mit Schreiben vom 29.11.2011 lehnte auch die Beklagte eine Kostenerstattung ab. Zur Begründung führte sie an, dass für die Zeit vom 14.08.1986 bis zum Aufnahmetag im C.–S.-Haus die von dem Beigeladenen gezogene Schlussfolgerung, der Hilfeempfänger habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt in D. begründet, so nicht gezogen werden könne. Vielmehr sei von einer Nichtsesshaftigkeit des Hilfeempfängers für den Zeitraum von August 1986 bis Januar 1987 auszugehen. Aus den Sozialberichten ergebe sich eindeutig, dass der Hilfeempfänger über keinerlei Bindungen oder Kontakte außerhalb des C.–S.-Hauses verfüge, so dass nicht zwingend davon ausgegangen werden könne, dass er sich im Zeitraum von August 1986 bis Januar 1987 ausschließlich in D. aufgehalten habe. Der Hilfeempfänger sei in dieser Zeit umhergezogen, habe seine Aufenthaltsorte gewechselt, ohne eine Wohnung zu haben. Er könne selbst nicht sagen, wo er sich in dem maßgeblichen Zeitraum aufgehalten habe. In dem von ihm unterzeichneten Sozialhilfeantrag vom 05.08.2010 habe er angegeben, von K. nach O. gekommen zu sein. Das Umherziehen sei ein Resultat der Bindungslosigkeit und der sich daraus ergebenden unsteten Lebensführung gewesen.

Mit Schreiben vom 16.01.2012 wandte sich die Klägerin erneut an den Beigeladenen und teilte mit, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt des Hilfeempfängers vor Aufnahme im C.–S.-Haus nicht nachweisbar und aufgrund des Gesundheitszustandes des Hilfeempfängers und der Erinnerungslücken nicht mehr zu klären sei.

Mit Schreiben vom 06.02.2012 bat der Beigeladene das C.–S.-Haus um eine erneute Befragung des Hilfeempfängers, wo er sich vor der Aufnahme dort aufgehalten habe bzw. wo er seinen Lebensmittelpunkt gehabt habe.

Mit Schreiben vom 05.03.2012 teilte das C.-S.-Haus hierauf mit, dass der Hilfeempfänger infolge einer erneuten Befragung mitgeteilt habe, dass er sich noch daran erinnern könne, dass er bis einen Tag vor der Vorsprache C.–S.-Haus die Wochen nach dem Verlassen der Notunterkunft in der W.straße in einem Zelt/Biwak in D. auf der Straße gelebt habe. Er habe dann von der Polizei in D. von dem C.–S.-Haus erfahren und habe sich dann bewusst nach O. begeben, um nach einer Aufnahme zu fragen und seinen Lebensmittelpunkt nach O. zu verlegen.

Mit Schreiben vom 12.03.2012 übersandte der Beigeladene der Klägerin die Stellungnahme des C.–S.-Hauses vom 05.03.2012 und führte aus, dass der Hilfeempfänger entgegen der Mutmaßungen der Beklagten nicht von Ort zu Ort umhergezogen sei. Für die Annahme, dass der Hilfeempfänger vor der Aufnahme in die Einrichtung ohne gewöhnlichen Aufenthalt gewesen sei bzw. ein solcher nicht ermittelbar sei, bleibe kein Raum.

Mit Schreiben vom 25.04.2012 teilte die Beklagte mit, dass in Anbetracht der sehr knappen Niederschrift durch den zuständigen Sozialarbeiter des C.–S.-Hauses bezüglich der Befragung des psychisch erkrankten Hilfeempfängers D. nicht eindeutig als letzter gewöhnlicher Aufenthalt festgestellt werden könne. So habe der Hilfeempfänger bei der Aufnahme des Sozialhilfeantrags am 05.08.2010 angegeben, als Obdachloser aus K. kommend zugezogen zu sein.

Die Klägerin hat am 02.12.2014 Klage erhoben. Das Gericht hat Landschaftsverband R. mit Beschluss vom 23.11.2015 beigeladenen. Eine weitere, von der Klägerin am 20.12.2014 gegen den Beigeladenen für den Zeitraum 01.08.2010 bis 31.12.2010 zum Zwecke der Hemmung der Verjährung erhobene Klage ist Gegenstand des bei der Kammer geführten Parallelverfahrens S 48 SO xxx/14.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis zum 31.10.2014 die Beklagte erstattungspflichtig sei. Soweit keine Verpflichtung der Beklagten bestehe, sei gem. § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII der Beigeladene als überörtlicher Träger der Sozialhilfe erstattungspflichtig. Alternativen zu einer Unterbringung des Hilfebedürftigen hätten nicht bestanden. Maßgeblich für den Erstattungsanspruch sei ferner allein der Umstand, dass der Hilfebedürftige einen Anspruch auf die gewährte Leistung habe, wobei nicht entscheidend sei, ob sich der Anspruch des Hilfebedürftigen aus dem Dritten, Sechsten, Siebten oder Achten Kapitels des SGB XII ergebe.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 54.154,09 EUR zu zahlen.

Die Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Hilfebedürftige habe vor der Aufnahme in das C.–S.-Haus einen gewöhnlichen Aufenthalt in D. nicht begründet. Vielmehr sei von einer Nichtsesshaftigkeit des Hilfebedürftigen in dem Zeitraum August 1986 bis Januar 1987 auszugehen. Weiterhin scheide eine Kostenerstattung mangels Rechtmäßigkeit der Hilfegewährung aus, da die mehr als dreißigjährige Unterbringung des Hilfebedürftigen keine Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten darstelle.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie ist der Ansicht, dass der Hilfebedürftige seinen Lebensmittelpunkt und damit seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor der 26.01.1987 in D. hatte. Ferner sei eine behinderungsspezifische Betreuung des Hilfebedürftigen in dem C.–S.-Haus nicht gewährleistet gewesen. Der Umstand, dass der Beigeladene später Hilfen nach den §§ 67 ff. SGB XII übernommen habe, führe zu keiner anderen Einschätzung der Sachlage.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der Verwaltungsakten der Klägerin und des Beigeladenen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig (vgl. zur Statthaftigkeit der Leistungsklage im Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis Keller, in: Meyer–Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. (2017), § 54 SGG, Rn. 41).

II. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, da die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage für den Erstattungsanspruch allein in Betracht kommenden Regelung des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB X vorliegen. Hiernach sind dann, wenn in den Fällen des § 98 Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB XII ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist und für die Leistungserbringung ein örtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig war, diesem die aufgewendeten Kosten von dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört. In Anwendung dieser Regelung ist der Beigeladene als überörtlicher Träger der Sozialhilfe erstattungspflichtig.

§ 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII beinhaltet einen eigenständigen, an § 98 Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB XII anknüpfenden Kostenerstattungsanspruch gegen den überörtlichen Träger der Sozialhilfe, zu dessen Zuständigkeitsbereich der für den Einrichtungsort zuständige Träger der Sozialhilfe gehört. Für den Erstattungsanspruch müssen folgende Voraussetzung erfüllt sein: Ein gewöhnlicher Aufenthalt war nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln und ein örtlicher Träger der Sozialhilfe hat an einen sich in einer Einrichtung bzw. einer Vollzugsanstalt aufhaltenden Leistungsberechtigten in den Fällen des § 98 Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB XII rechtmäßig Leistungen der Sozialhilfe erbracht (vgl. Böttiger, in: Schlegel/Voelzke (Hg.), juris-PK, 2. Aufl., (2014), § 106 SGB XII, Rn. 103 f.).

Die Klägerin hat als örtlicher Träger der Sozialhilfe vorläufig Leistungen im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII für den Hilfebedürftigen erbracht. Gem. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Nach dem vorliegend maßgeblichen Satz 3 der Vorschrift hat dann, wenn innerhalb von vier Wochen nicht feststeht, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach § 98 Abs. 2 Satz 1 oder 2 SGB XII begründet worden ist oder ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder ein Eilfall vorliegt, der nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Voraussetzung des Erstattungsanspruchs ist zunächst, dass ein nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII maßgeblicher letzter gewöhnlicher Aufenthalt nicht existiert. Es darf mithin keinen Ort geben, an dem sich der Hilfebedürftige unter Umständen aufgehalten hat, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt und somit seinen Lebensmittelpunkt hat. Anerkanntermaßen kann dies insbesondere bei wohnsitzlosen und nicht-sesshaften Personen der Fall sein (vgl. Böttiger, a.a.O., Rn. 106). Der nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII zur Leistung verpflichtete Träger der Sozialhilfe trägt im Erstattungsverfahren gegenüber dem erstattungspflichtigen Träger der Sozialhilfe die Darlegungslast., d.h. er hat konkret darzulegen, dass ein maßgeblicher letzter gewöhnlicher Aufenthalt i.S.d. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 3 SGB I nicht vorhanden war oder dass ein solcher nicht ermittelt werden kann. Der örtliche Träger der Sozialhilfe muss unter Zugrundelegung objektiver Gesichtspunkte alles ihm Zumutbare und Mögliche unternommen haben, um den gewöhnlichen Aufenthalt zu ermitteln. Bloß pauschale Behauptungen oder oberflächliche Ermittlungen genügen nicht (vgl. Böttiger, a.a.O., Rn. 109; Klinge, in: Hauck/Noftz (Hg.), 27. Erg-Lfg. (2012), § 106 SGB XII, Rn. 22; W. Schellhorn, in: Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Aufl. (2015), § 106 SGB XII, Rn. 19). In der Folge trägt der örtliche Träger der Sozialhilfe die Feststellungslast, d.h., wenn sich nicht nachweisen lässt, dass kein gewöhnlicher Aufenthalt bestanden hatte oder ermittelt werden kann, der Erstattungsanspruch nicht besteht. Im Gerichtsverfahren hat das Gericht den maßgeblichen letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Hilfebedürftigen zu ermitteln (vgl. Böttiger, a.a.O., Rn. 110; Steimer/Zink, in: Mergler/Zink, 27. Egl. (2015), § 106 SGB XII, Rn. 24a).

Der Hilfebedürftige hatte innerhalb der letzten zwei Monate vor der Aufnahme in das C.–S.–Haus am 26.01.1987 zur Überzeugung der Kammer keinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. ist ein solcher nicht zu ermitteln. Bekannt ist, dass der Hilfebedürftige bis zum 13.08.1986 in der Obdachlosenunterkunft W.straße Hausnummer xx a in D. gemeldet war. Bereits diese Meldung lässt jedoch keine Schlussfolgerung dahin gehend zu, dass der Hilfebedürftige bis zu diesem Zeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt D. hatte. Denn ausweislich seiner Angaben bei der Aufnahme im C.-S.-Haus am 26.01.1987 war er zu jener Zeit in der Binnenschifffahrt bei einer Reederei in Süddeutschland beschäftigt. Ob er zu jener Zeit bei lediglich eine gelegentliche Schlafstelle in der Obdachlosenunterkunft hatte und welche Gründe ihn bewogen haben, diese Schlafstelle aufzugeben, sind nicht bekannt. Jedenfalls ab dem 13.08.1986 war der Hilfebedürftige ohne festen Wohnsitz. Auch die von dem Beigeladenen angestellten Ermittlungen durch eine Befragung des Hilfebedürftigen in der Einrichtung im Januar 2000 und März 2012 führen nicht zu dem Ergebnis, dass von einem gewöhnlichen Aufenthalt des Hilfebedürftigen im Stadtgebiet der Beklagten in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme in das C.–S.–Haus ausgegangen werden könnte. So ergibt sich aus der Stellungnahme aus dem Jahre 2000 lediglich, dass der Hilfebedürftige in den Jahren 1982 bis 1986 eine Schlafstelle in der W.straße gehabt habe. In der zwölf Jahre später erfolgten Stellungnahme äußerte sich der Hilfebedürftige dahin gehend, dass er von der Polizei in D. von den C.-S.-Haus erfahren habe und er sich ab dem Zeitpunkt des Verlassens der Obdachlosenunterkunft in einem Biwak in D. aufgehalten habe. Demgegenüber hatte der Hilfebedürftige zwei Jahre zuvor in dem bei der Klägerin gestellten Sozialhilfeantrag angegeben, als Obdachloser von K. aus nach O. gekommen zu sein. Letztlich bleiben damit zur Aufklärung des gewöhnlichen Aufenthalts des Hilfebedürftigen vor der Aufnahme in das C.–S.–Haus lediglich seine eigenen Angaben. Diese sind jedoch widersprüchlich, da er zum einen geäußert hat, nach dem Verlassen der Schlafstelle in einem Biwak in D. gelebt zu haben und zum anderen, von K. aus nach O. gereist zu sein. In der Gesamtschau ist damit festzustellen, dass sich der Hilfebedürftige in den letzten zwei Monaten vor Aufnahme in das C.-S-Haus nicht sesshaft war und sich seine Aufenthaltsverhältnisse zu jener Zeit insbesondere auch unter Berücksichtigung des bei ihm vorliegenden Behinderungsbildes nicht ermitteln lassen.

Weitere Ermittlungsansätze bestanden für die Klägerin nicht. So hat sie insbesondere Ermittlungen im Hinblick auf den Versicherungsverlauf und Leistungen der Arbeitsagentur angestellt. Darüber hinaus bestanden für die Klägerin und auch für das Gericht keine Anhaltspunkte, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Insbesondere ist eine weitere Befragung des Hilfebedürftigen, welche alleinig als weitere Ermittlungsmaßnahmen Betracht käme, vor dem Hintergrund der bereits von dem Beigeladenen veranlassten Befragung und des Behinderungsbildes des Hilfebedürftigen nicht sachgerecht. Die Klägerin hat im Ergebnis aufgrund des Nachweises, das der Hilfebedürftige im maßgeblichen Zeitraum ohne festen Wohnsitz war und dessen Behinderungsbild (vgl. etwa zum nicht ermittelbaren gewöhnlichen Aufenthalt bei "bewusstlos aufgefunden unbekannten Personen": Böttiger, a.a.O., § 106 SGB XII, Rn. 108) und der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit daraus ergebenden widersprüchlichen Angaben des Hilfebedürftigen dargelegt, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht ermittelbar ist. Nach der gesetzlichen Wertung des § 106 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB XII trägt die Kostenlast in einem solchen Fall der überörtliche Träger der Sozialhilfe.

Der Erstattungsanspruch des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII knüpft an eine Leistungserbringung nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII an, wonach der für den tatsächlichen Aufenthalt in der Einrichtung zuständige Träger der Sozialhilfe ermächtigt und verpflichtet wird, im Vorgriff auf das Einsetzen der Leistungserbringung durch den nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII für den letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort vor Aufnahme in die Einrichtung zuständigen Träger der Sozialhilfe vorläufig Leistungen zu erbringen. Zwangsläufig muss dem Erstattungsanspruch nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII damit eine ungeklärte Zuständigkeitsfrage i.S.d. § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorausgehen, bei der zunächst versucht worden sein muss, den wirklich zuständigen Träger der Sozialhilfe i.S.d. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ausfindig zu machen (vgl. Böttiger, a.a.O., Rn. 111 f.). Voraussetzung des Erstattungsanspruches ist, dass die Leistung nach § 98 Abs. 2 Satz 3 vorläufig zu erbringen war, weil nicht innerhalb von vier Wochen feststand, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt des Leistungsempfängers begründet worden ist, oder ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln war oder ein Eilfall vorlag. Für die Beurteilung, ob "vorläufig" geleistet wurde, ist nicht auf das Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten, sondern auf das Innenverhältnis der am Erstattungsfall beteiligten Leistungsträger abzustellen, d.h. die Leistungserbringung ist keine gegenüber dem Hilfeempfänger vorläufige Pflicht, sondern sie erfolgte im Hinblick darauf vorläufig, dass die aufgewendeten Kosten von einem anderen zu erstatten sind (vgl. Klinge, a.a.O., Rn. 18, m.w.N.). Die Klägerin hat im Verhältnis zu dem Beigeladenen die Leistungen ab August 2010 vorläufig erbracht und hat den Erstattungsanspruch im März 2011 bei dem Beigeladenen angemeldet.

Erstattungsfähig sind die für den Aufenthalt in der stationären Einrichtung tatsächlich aufgewendeten Kosten, wobei es sich um Kosten für "diesem Buch entsprechende" Leistungen i.S.d. § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB XII handeln muss, mithin um materiell rechtmäßig und durch den sachlich und örtlich zuständigen Sozialhilfeträger gewährte Leistungen (vgl. Klinge, a.a.O., Rn. 24). Die Klägerin hat die Leistungen für den Hilfebedürftigen für dessen Unterbringung in dem C.–S.–Haus, bei dem es sich um eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB XII handelt, als Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem Achten Kapitel des SGB XII übernommen. Der Umstand, dass diese Hilfeform bereits seit mehreren Jahrzenten erbracht wird, steht einem Erstattungsanspruch nicht entgegen. Denn eine gesetzliche Einschränkung, dass "Leistungen in der Regel nur vorübergehend erbracht werden" sollen, wie sie etwa § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ausdrücklich vorsieht, enthält § 67 SGB XII gerade nicht.

Gem. § 111 Abs. 1 SGB XII verjährt der Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Kosten in vier Jahren, beginnend nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem er entstanden ist. Nach Abs. 2 der Vorschrift gelten für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sinngemäß. Nach der insoweit anwendbaren Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung durch die Erhebung einer Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs gehemmt. Durch die Beiladung tritt entsprechend der Regelung des § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB eine Hemmung der Verjährung ein (B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl. (2017), § 75 SGG, Rn. 17a). Die Verjährung wird dabei (erst) ab dem Zeitpunkt des Beiladungsbeschlusses gehemmt (vgl. B. Schmidt, a.a.O., § 94 SGG, Rn. 5; BSG, Urteil vom 21.02.1990, 12 RK 55/88, Rn. 19). Vorliegend hat das Gericht den überörtlichen Träger der Sozialhilfe mit Beschluss vom 23.11.2015 beigeladenen. Durch diese Beiladung werden in entsprechender Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB Ansprüche der Klägerin ab dem Kalenderjahr 2011 gehemmt. Für das Kalenderjahr 2010 ist eine Hemmung der Verjährung aufgrund der erst im Jahr 2015 erfolgten Beiladung nicht eingetreten. Der Beigeladene hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.02.2018 die Einrede der Verjährung erhoben. Soweit die Klägerin Leistungen ab dem 01.08.2010 begehrt, steht dem Anspruch damit die Einrede der Verjährung entgegen und die Klage war insoweit abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Eine Quotelung war nicht geboten, weil der Beigeladene im weit überwiegenden Teil unterlegen war
Rechtskraft
Aus
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