L 7 R 1069/20 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3529/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1069/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. Januar 2020 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die (Weiter-) Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Der 1973 geborene Antragsteller absolvierte eine Ausbildung zum Fliesenleger und legte im Jahr 2000 die Meisterprüfung im Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk ab. In diesem Beruf war er bis 2017 mit Unterbrechungen tätig. Mit Bescheid vom 26. November 2019 stellte das Landratsamt S. H. bei dem Antragsteller einen Grad der Behinderung (GdB) von 40 seit dem 8. August 2019 fest.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2018 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach. Eine Kostenübernahme für das Studium der IT-Sicherheit an der Hochschule A. lehnte sie jedoch ab. Dennoch immatrikulierte sich der Antragsteller zum Wintersemester 2018/2019.

Nach verschiedenen Gerichtsverfahren schlossen die Beteiligten im Rahmen des vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg geführten Berufungsverfahrens L 11 R 12/19 schließlich einen Vergleich, wonach die Antragsgegnerin dem Antragsteller als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben für das Studium der IT-Sicherheit an der Hochschule A. Maßnahmekosten (Semestergebühren), Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe, Fahrtkosten in gesetzlicher Höhe, die Erstattung der Kosten für den bereits angeschafften Laptop in Höhe von 610 Euro, einen orthopädischen Arbeitsstuhl, Verpflegungsgeld in gesetzlicher Höhe sowie die erforderlichen Lernmittel bis zum erfolgreichen Abschluss des Studiums, längstens bis zur Regelstudienzeit oder zu dem Abbruch des Studiums bzw. dem Ausschluss von der Hochschule gewährt. Der Antragsteller verpflichtete sich, dem Antragsgegner zu Beginn eines jeden Semesters eine Immatrikulationsbescheinigung und Nachweise über den Fortschritt des Studiums aus dem vorherigen Semester vorzulegen.

Mit Bescheiden vom 17. Mai 2019 und 5. Juni 2019 setzte die Antragsgegnerin den Vergleich um.

Mit Bescheid vom 30. Juli 2019 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller darüber hinaus eine Weiterbildungsmaßnahme an der Deutschen Angestellten Akademie (DAA).

Am 5. September 2019 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass er ein Urlaubssemester beantragt habe, um sich um pflegebedürftige Verwandte zu kümmern. Er leide zudem unter einem Tinnitus, weshalb ihm eine Teilnahme an den Vorlesungen der Hochschule derzeit nicht möglich sei. Er bitte daher um Übernahme der Kosten weiterer Kurse an der DAA. Aufgrund seiner Hüftprobleme könne er zudem nicht mehr schmerzfrei in seinen PKW ein- und aussteigen, auch das Kuppeln bereite ihm große Schmerzen. Für die weitere Teilnahme an den Vorlesungen der Hochschule A. benötige er daher ein neues Auto mit Automatikgetriebe und höherem Einstieg. Er bitte um Prüfung, ob eine KFZ-Beihilfe in Betracht komme.

Mit Bescheid vom 4. Oktober 2019 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung einer KFZ-Beihilfe ab. Mit weiterem Bescheid vom 23. Oktober 2019 lehnte die Antragsgegnerin zudem die Kostenübernahme für die Teilnahme an Online-Kursen der DAA ab. Nach Anhörung des Antragstellers (Schreiben vom 23. Oktober 2019) hob die Antragsgegnerin darüber hinaus mit Bescheid vom 18. November 2019 den Bescheid vom 17. Mai 2019 über die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form des Studiums ab dem 9. November 2019 auf. Die Anspruchsvoraussetzungen seien durch eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen nachträglich weggefallen. Die Krankenkasse habe darüber informiert, dass der Antragsteller seit dem 16. September 2019 arbeitsunfähig sei. Krankmeldungen seien jedoch nicht eingereicht worden. Außerdem lägen die Leistungsnachweise der Fachhochschule A. zwischenzeitlich vor. Nach der Studien- und Prüfungsordnung seien pro Semester mindestens 30 Credit Points (CP) zu erreichen. Für die ersten beiden Semester habe der Antragsteller entsprechende CP nicht erzielt. Aufgrund der Leistungsnachweise, der langen Arbeitsunfähigkeitszeit und der Tatsache, dass für das 3. Semester ein Urlaubssemester beantragt worden sei, sei der zuständige Rehafachberater zu der Auffassung gelangt, dass ein erfolgreicher Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit nicht mehr zu erwarten sei. Dies würde der Antragsteller in seinem Schreiben vom 24. September 2019 auch selbst bestätigen. Darin schildere er, dass er ein kognitives Defizit habe, welches ihn daran hindere, mit den Mitkommilitonen mitzuhalten. Ebenfalls mit Bescheid vom 18. November 2019 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für einen Fahrdienst/Taxidienst ab.

Am 8. November 2019 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Heilbronn (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und u.a. die Ablehnungsbescheide vom 4. Oktober 2019 und vom 23. Oktober 2019 sowie ein Anhörungsschreiben vom 23. Oktober 2019 zum beabsichtigten Abbruch der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form des im September 2018 angetretenen Studiums zum 8. November 2019 und zur Einstellung des hierfür gewährten Übergangsgeldes vorgelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er widerspreche der beabsichtigten Einstellung der laufenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und beantrage die Aussetzung des Vollzuges. Die Entscheidungen beruhten auf unzutreffender, falscher Sachlage und seien somit nichtig. Er nehme nach wie vor an der Umschulung teil, könne jedoch im Moment – zumindest bis eine Abhilfe geschaffen werde – behinderungsbedingt den Ausbildungsort nicht erreichen. Es sei eine Klage bei dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig, so dass es erforderlich sein könne, noch vorläufig abzuwarten. Auf Bitte des Vorsitzenden, das Antragsbegehren zu konkretisieren, hat der Antragsteller mitgeteilt, er habe das Schreiben nach Karlsruhe zum BVerfG geschickt, die Bearbeitung dort mache eine Antwort obsolet. Seine Verfassungsbeschwerden hätten aufschiebende Wirkung. Auf den Hinweis des Vorsitzenden, dass die Verfassungsbeschwerden keine aufschiebende Wirkung hätten und das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht berührten, hat der Antragsteller mitgeteilt, er wende sich gegen die vorzeitige Beendigung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und begehre Wiedereinsetzung in den alten Stand vom 7. November 2019. Er hat mitgeteilt, dass die Verfassungsbeschwerde zur Richtervorlage angenommen worden seien und sich nunmehr auf der Warteliste befänden. Er wende sich weiter gegen die Ablehnung der KFZ-Hilfe sowie die Ablehnung der Online-Kurse an der DAA und die Ablehnung eines Fahrdienstes.

Gegen die Bescheide vom 4. Oktober 2019, 23. Oktober 2019, 18. November 2019 hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt.

Mit Beschluss vom 2. Januar 2020 hat das SG die Anträge des Antragstellers abgelehnt. Offenbleiben könne, ob die Anträge des Antragstellers bestimmt genug seien. Der Antragsteller wende sich in diesem gerichtlichen Verfahren gegen eine Vielzahl von Entscheidungen der Antragsgegnerin. Es sei aber schwierig zu bestimmen, welches konkrete Rechtsschutzziel der Antragsteller verfolge. Der Antrag sei aber jedenfalls unbegründet, da der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und damit einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Die Antragsgegnerin habe dargelegt, dass der Antragsteller in den ersten beiden Semestern die erforderlichen Leistungsnachweise nicht erbracht habe. Es sei daher nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller das Studium erfolgreich abschließen werde. Dies sei aber eine Voraussetzung für die begehrten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Ob der Antragsteller einen Anspruch auf KFZ-Hilfen habe, sei bislang ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Im Übrigen sei auch kein Anordnungsgrund gegeben. Eine besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens sei nicht ersichtlich.

Gegen den ihm am 7. Januar 2020 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 26. März 2020 bei dem SG Beschwerde erhoben und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung trägt er vor, er habe gegen den Beschluss "Widerspruch/Einspruch/Einrede" beim BVerfG erhoben. Zwar sei dem Eilantrag dort nicht stattgegeben worden, dies jedoch unbeschadet des Antrags auf Wiedereinsetzung in den alten Stand. Ferner habe er am 3. Januar 2020 einen Schriftsatz an das SG eingereicht. Dieser habe sich mit dem Beschluss überschnitten und sei zu Unrecht nicht mitberücksichtigt worden. Selbst wenn bei der Entscheidungsfindung auf den Zeitpunkt des Beschlusses abzustellen sei, habe man den Schriftsatz zumindest als Widerspruch deuten müssen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgericht Heilbronn vom 2. Januar 2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 5. November 2019 gegen den Bescheid vom 18. November 2020 (Abbruch der Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben in Form des dreijährigen Studiums der IT-Sicherheit) anzuordnen sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in der Form einer Kostenübernahme für Online-Kurse bei der DAA und Leistungen nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. Januar 2020 als unzulässig zu verwerfen.

Die Beschwerde sei gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verfristet.

Mit Schreiben vom 9. Januar 2020 hat der Antragsteller gegen den Beschluss des SG vom 2. Januar 2020 "Erinnerung" bei dem BVerfG eingelegt und den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) beantragt.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 5. Februar 2020 hat die Antragsgegnerin die Widersprüche des Antragstellers gegen ihre Bescheide vom 18. November (Abbruch der Maßnahme und Ablehnung eines Fahrdienstes), 4. Oktober 2019 (Ablehnung Kraftfahrzeughilfe) und 23. Oktober 2019 (Ablehnung Online-Kurse) zurückgewiesen.

Am 12. Februar 2020 hat der Antragsteller hiergegen Klage bei dem SG erhoben und zugleich einen weiteren Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (Az. S 13 R 384/20 ER), welcher mit Beschluss vom 16. März 2020 abgelehnt wurde. Gegen den ihn am 17. März 2020 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller ebenfalls am 26. März 2020 Beschwerde erhoben (Az. L 7 1068/20 ER-B).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Akten erster und zweiter Instanz einschließlich der beigezogenen Akte des Verfahrens L 11 R 12/19 sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des SG Heilbronn vom 2. Januar 2020 ist unzulässig.

Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist (§ 172 Abs. 1 SGG). Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 173 Satz 1 SGG). Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 173 Satz 2 SGG).

Die am 26. März 2020 beim SG eingelegte Beschwerde ist unzulässig, weil diese nicht innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat eingelegt worden ist.

Gemäß § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist grundsätzlich mit dem Tage nach der Zustellung der angegriffenen Entscheidung. Dies ist der in gesetzlicher Form zu bewirkende und zu beurkundende Akt, durch den dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks verschafft wird. Zugestellt wird im sozialgerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) (vgl. § 63 Abs. 2 SGG). Die Zustellung an den Antragsteller ist ausweislich der Zustellungsurkunde durch Einlegung des zuzustellenden Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung im Wege einer Ersatzzustellung nach § 180 ZPO am 7. Januar 2020 bewirkt worden. Mithin ist dem Antragsteller der Beschluss des SG, der eine vollständige und ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung i.S. des § 66 Abs. 1 SGG beinhaltet hat, zur Überzeugung des Senats ordnungsgemäß am 7. Januar 2020 zugestellt worden. Die einmonatige Beschwerdefrist hat gemäß § 64 Abs. 1 SGG am Folgetag, dem 8. Januar 2020 zu laufen begonnen. Sie hat gemäß § 64 Abs. 2 und 3 SGG mit Ablauf des 7. Februar 2020, einem Freitag, geendet. Die Beschwerdeschrift ist ausweislich des Eingangsstempels jedoch erst am 26. März 2020 und damit weit nach Ablauf der Beschwerdefrist beim SG eingegangen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Schreiben des Antragstellers vom 29. Dezember 2019 und 2. Januar 2020 (beide eingegangen bei dem SG am 7. Januar 2020). Auch der Antragsteller selbst räumt ein, dass sich die Schreiben mit der Zustellung des Beschlusses überschnitten haben, es sich also tatsächlich nicht um Beschwerdeschriften handelte.

Anders als der Antragsteller meint, können sie auch nicht als solche ausgelegt werden. Zwar enthält das Gesetz keine besonderen Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift. Ausreichend (aber auch notwendig) ist, dass der Beschwerdeführer sein Missfallen über die angegriffene Entscheidung deutlich macht und zum Ausdruck bringt, dass die Entscheidung des SG im Rechtsmittelweg überprüft werden soll (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Auflage 2017, § 173 Rdnr. 4; vgl. ferner Senatsurteil vom 16. Mai 2019 - L 7 SO 213/19 - juris Rdnr. 20). Nachdem dem Antragsteller beim Verfassen der Schreiben der entsprechende Beschluss noch nicht bekannt war, war dies schon rein tatsächlich nicht möglich.

Auch durch die bei dem BVerfG mit Schreiben vom 9. Januar 2020 erhobene "Erinnerung" gegen den Beschluss wurde die Frist nicht gewahrt, denn anders als bei der Klageerhebung (vgl. § 91 SGG) wahrt die Einlegung bei einem anderen Gericht die Rechtsmittelfrist nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Auflage 2017, § 173 Rdnr. 2).

Soweit der Antragsteller außerdem vorträgt, sein erneuter Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 12. Februar 2020 müsse als Beschwerde gegen den ursprünglichen Beschluss ausgelegt werden, ergibt sich hieraus ebenfalls keine andere Beurteilung. Mit diesem Antrag hat der Antragsteller zwar den im hiesigen Verfahren zu Grunde liegenden Beschluss des SG als Anlage übersandt, jedoch ebenfalls nicht ausdrücklich oder sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass der Beschluss überprüft werden solle, zumal der Antragsteller insoweit das BVerfG zur Überprüfung angerufen hatte. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass dem Schreiben auch eine Beschwerde gegen den Beschluss vom 2. Januar 2020 entnommen werden kann, wäre diese ebenfalls außerhalb der Beschwerdefrist erhoben, die wie oben dargelegt, am 7. Februar 2020 endete.

Die Beschwerde ist somit nach Ablauf der Beschwerdefrist eingelegt worden.

Dem Antragsteller ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mithin ist nur im Fall einer unverschuldeten Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies setzt voraus, dass der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewandt hat, die ein gewissenhaft Prozessführender nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zugemutet werden kann (Bundessozialgericht, Urteil vom 31. März 1993 - 13 RJ 9/92 - juris Rdnr. 15; Urteil vom 27. Mai 2008 - B 2 U 5/07 R - juris Rdnr. 14).

Der Antragsteller hat zur Überzeugung des Senats die Beschwerdefrist schuldhaft versäumt. Er hat keinerlei Umstände vorgebracht, warum es ihm nicht möglich gewesen sein soll, seine Beschwerdeschrift innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist beim SG oder LSG einzureichen. Der Senat konnte auch nicht feststellen, dass das Fristversäumnis des Klägers auf einem Versäumnis oder einem Fehler des BVerfG beruht. Beruht die Fristversäumung auch auf einem Fehler des Gerichts oder einer anderen staatlichen Stelle, sind die Anforderungen an die Wiedereinsetzung mit "besonderer Fairness" zu handhaben; aus solchen Fehlern dürfen dem Beteiligten grundsätzlich keine Verfahrensnachteile erwachsen (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 2327/07 - juris Rdnr. 22; Beschluss vom 27. September 2005 - 2 BvR 172/04 - juris Rdnr. 14; Senatsurteil vom 16. Mai 2019 - L 7 SO 213/19 - juris Rdnr. 26; Keller in: Meyer-Ladewig, u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 67 Rdnr. 4a). Dabei muss das Gericht keine Vorkehrungen treffen, damit ein Beteiligter oder dessen Prozessbevollmächtigter davor bewahrt wird, einen fristschädlichen Fehler zu begehen, sondern nur Vorkehrungen, um den Beteiligten oder seinen Prozessbevollmächtigten vor den fristbezogenen Folgen eines bereits begangenen Fehlers zu bewahren (BSG, Beschluss vom 28. April 2017 - B 1 KR 15/17 B - juris Rdnr. 4; Beschluss vom 7. Oktober 2004 - B 3 KR 14/04 R - juris Rdnr. 18; Keller in Meyer-Ladewig, u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 67 Rdnr. 4b). Ein Beteiligter bzw. Prozessbevollmächtigter darf erwarten, dass das Gericht offenkundige Versehen, wie die irrtümliche Einreichung eines korrekt adressierten Schriftsatzes bei einem anderen Gericht oder die Einlegung eines Rechtsmittels bei einem unzuständigen Gericht, in angemessener Zeit bemerkt und innerhalb des üblichen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen trifft, damit die Frist nicht versäumt wird (BSG, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - B 4 AS 1/16 R - BSGE 122, 71 - juris Rdnr. 28; Beschluss vom 17. November 2015 - B 1 KR 130/14 B - juris Rdnr. 5; Beschluss vom 20. Dezember 2011 - B 4 AS 161/11 B - juris Rdnr. 9; Beschluss vom 7. Oktober 2004 - B 3 KR 14/04 R - juris Rdnr. 18; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 67 Rdnr. 4b und 4c).

Vorliegend hat der Antragsteller seine "Erinnerung" gegen den Beschluss vom 2. Januar 2020 jedoch nicht versehentlich bei dem BVerfG erhoben, sondern in seinem Schreiben vom 9. Januar 2020 an das BVerfG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zwar der Rechtsweg noch nicht erschöpft sei, ihm jedoch "ein schwerer und unabwendbarer Rechtsnachteil entstünde, falls er zunächst auf den weiteren Rechtsweg (Beschwerde vor dem LSG Stuttgart) verwiesen würde." Er begehrte damit ausdrücklich eine Entscheidung des BVerfG. Zudem wurde der Antragsteller mit Schreiben des Richters am Sozialgericht Schilling vom 4. Dezember 2019 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "Verfassungsbeschwerden – egal wie viele man einlegt – ( ) keine aufschiebende Wirkung (haben)" und das Verfahren nicht berühren.

Dem Antragsteller ist nach alledem keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Demnach ist die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 2. Januar 2020 – ohne Sachprüfung – als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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