L 7 SO 3086/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SO 1534/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3086/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 31. Juli 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe streitig.

Der geborene und ledige Kläger bezieht seit 1999 eine Erwerbsminderungsrente auf Dauer. Er leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Dr. S. vom Gesundheitsamt des Beklagten stellte im Mai 2004 eine wesentliche seelische Behinderung fest und befürwortete individuelle personenbezogene Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Der Kläger bezog Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Persönlichen Budgets für die Zeit von Dezember 2004 bis Mai 2010. Seit dem 18. Mai 2010 war der Kläger nach § 126 a Strafprozessordnung (StPO) bzw. § 63 Strafgesetzbuch (StGB) in der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie des Zentrums für Psychiatrie R. (ZfP R.) untergebracht. Das Landgericht K. setzte durch Beschluss vom 19. September 2014 (10 StVK 145/14 B) die weitere Vollstreckung der angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung aus, ordnete Führungsaufsichten nach § 67d Abs. 2 Satz 2 StGB an, unterstellte den Kläger der Aufsicht und Leitung der örtlich zuständigen Bewährungshilfe für die Bewährungszeit und Führungsaufsicht von drei Jahren und erteilte dem Kläger die Weisung, sich nach Maßgabe der Bewährungshilfe und der forensischen Ambulanz des ZfP R. regelmäßig bei der forensischen Ambulanz vorzustellen (Vorstellungsweisung).

Der Kläger ist alleinstehend und bewohnte seit seiner Entlassung aus dem psychiatrischen Krankenhaus wieder eine eigene Wohnung in ...M., seit Ende 2019 wohnt er in ...S ... Er bezieht aufstockend zu seiner Rente Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII). Dabei berücksichtigt der Beklagte den Regelbedarf sowie die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.

Am 29. Oktober 2014 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form eines Persönlichen Budgets. Die Ärztin des ZfP R. N. diagnostizierte im Formblatt HB/A - Teil I eine Schizophrenie sowie eine andauernde Persönlichkeitsveränderung nach psychiatrischer Krankheit mit Beeinträchtigungen von Aktivität und Teilhabe in den Bereichen allgemeine Aufgaben und Anforderungen, häusliches Leben, interpersonelle Interaktion und Beziehung, bedeutende Lebensbereiche, Gemeinschaftsleben sowie soziales und staatsbürgerliches Leben. Beeinträchtigungen im Bereich der Mobilität bestünden nicht. Neben Beziehungen zur Mutter und zu Freunden bestehe Kontakt zu Mitarbeitern der forensischen Ambulanz in R., welche beratend und unterstützend dazu beitragen würden, dass in verschiedenen Lebenssituationen die in der langen stationären Behandlung erreichte Stabilität aufrechterhalten werden könne. Hinzu komme eine ambulante Psychotherapie in F ... Die Ärztin sah aufgrund der chronischen psychischen Erkrankung eine wesentliche Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Pflegebedürftigkeit bestehe nicht. Der Diplom-Sozialpädagoge Reutter führte in seinem Sozialbericht vom 4. Dezember 2014 aus, dass durch die gerichtliche Vorstellungsweisung zur forensischen Ambulanz es eine Fortsetzung des Kontaktes zum ZfP R. gebe. Im Rahmen der Behandlung im Maßregelvollzug sei es gelungen, eine dem Bedarf des Klägers entsprechende Unterstützung zu etablieren. Durch die Förderung vielfältiger Aktivitäten sei es möglich gewesen, die krankheitsbedingt bestehende Gefahr von Isolation und damit verbundene Zunahme affektiver und kognitiver Beeinträchtigungen abzumildern. Das Einbezogensein in gemeinschaftliches Erleben, insbesondere in allgemeine gesellschaftliche Aktivitäten, habe wesentlich zu einer Verbesserung des Allgemeinzustandes beigetragen und in der gesamten Behandlung einen besonderen Stellenwert eingenommen. Von daher erscheine es von entscheidender Bedeutung, im Rahmen der Eingliederungshilfen eine den bisherigen Erfahrungen entsprechende Unterstützung zu gewährleisten, und Gefahren einer Dekompensation entgegen zu wirken.

Mit Schreiben vom 3. Februar 2015 skizzierte der Kläger seinen Bedarf wie folgt: - Fahrtkosten zur Wahrnehmung von Terminen bei der forensischen Ambulanz in R., bei der ambulanten Psychotherapie in F., Tagesstätten in Ü. und K., zur Teilnahme an kulturellen und sportlichen Veranstaltungen und Maßnahmen der beruflichen Integration in den Landkreisen B. und K., ca. 175,00 EUR monatlich, - Beiträge, Gebühren und Eintrittspreise für kulturelle und sportliche Maßnahmen zur Aktivierung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Gospelchor, Volkshochschule, Sportvereine, Museen, Theater, Konzerte), ca. 125,00 EUR monatlich, - Maßnahmen der beruflichen Integration (Qualifizierungskurse), ca. 50,00 EUR monatlich, - hauswirtschaftliche Beratung und Unterstützung durch die Mutter des Klägers, ca. 75,00 EUR monatlich.

Am 22. April 2015 fand ein Hilfeplangespräch statt. Der Kläger habe Angebote der gemeindepsychiatrischen Stellen des Beklagten sowie fachliche Unterstützung oder Unterstützung durch ehrenamtliche Kräfte abgelehnt und auch keine Begleitperson für seine Teilhabe an Aktivitäten gewünscht.

Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 6. Mai 2015 ab. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, mit dem ZfP R. bestehe seit fünf Jahren ein kontinuierliches therapeutisches Arbeitsbündnis, das fortgeführt werden solle. Ihm - dem Kläger - entstünden aufgrund seiner Behinderung Mehraufwendungen für Fahrtkosten, die im Regelsatz nicht abgebildet seien. Eine Teilnahme an Veranstaltungen des sozialpsychiatrischen Dienstes des B.kreises werden nicht empfohlen. Auch entstünden Fahrtkosten für ein ohne Vergütung ausgeübtes Praktikum in der Kranken- und Altenpflege, die er aus der Grundsicherung bezahle. Auch sei seine Mutter nicht zur Hilfe verpflichtet.

Der Beklagte wies durch Widerspruchsbescheid vom 7. September 2015 den Widerspruch als unbegründet zurück. Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht K. (SG) (S 8 SO 2504/15). Nachdem die Beteiligten in diesem Verfahren in dem Erörterungstermin am 15. Februar 2017 erklärt hatten, dass die Fahrtkosten zur forensischen Ambulanz nicht Gegenstand des Verfahrens seien, ordnete das SG auf Antrag der Beteiligten das Ruhen dieses Verfahrens an.

Bereits am 16. März 2016 hatte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme von Fahrtkosten im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben beantragt. Ihm sei es nicht möglich, sozialpsychiatrische Angebote im B.kreis zu nutzen. Daher beantrage er Fahrtkosten nach K., um dort entsprechende Angebote wahrnehmen zu können. Bis Ende 2014 habe er etliche Angebote des sozialpsychiatrischen Verbunds im Landkreis K. für sich als sehr hilfreich in Anspruch nehmen können. Es gehe um den Tagestreff "Die Brücke", ein außerstationäres Angebot mit tagesstrukturierenden Freizeit- und Beschäftigungsmöglichkeiten, und um Angebote der Abteilung Therapie und Kultur im ZfP R. (offenes Atelier, Sozialzentrum Treffpunkt). Da es ihm aus Kostengründen nicht mehr möglich sei, an den genannten Angeboten im Landkreis K. teilzunehmen, und sich seine psychische Stabilität zu verschlechtern drohe, beantrage er die Übernahme von Fahrtkosten. Es sei erforderlich, dass er mindestens einmal wöchentlich an den genannten Angeboten teilnehmen könne. Dazu benötige er mindestens 60,00 EUR monatlich.

Durch Bescheid vom 22. April 2016 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2016, der dem Kläger am 5. Juli 2016 zugestellt wurde, zurück. Der Kläger gehöre grundsätzlich zum leistungsberechtigten Personenkreis im Sinne der Eingliederungshilfe. Die Leistungen der Eingliederungshilfe deckten lediglich den behinderungsbedingten Mehraufwand ab und kämen nur dann in Betracht, wenn die Aufgaben und Ziele der Eingliederungshilfe erreicht würden. Die Fahrtkosten zur Teilnahme an Freizeit- und Beschäftigungsangeboten seien in der Regelleistung der Grundsicherung berücksichtigt. Ob die vom Kläger gewünschten Angebote im B.kreis oder im Landkreis K. stattfinden, sei unerheblich. Der Kläger habe diesbezüglich eine freie Auswahl. Wähle er das Angebot, das weiter weg sei und auch höhere Kosten verursache, habe er diese Kosten zu tragen.

Dagegen hat der Kläger am 11. Juli 2016 Klage zum SG erhoben (S 8 SO 1534/16). Da in dem Verfahren S 8 SO 2504/15 bisher kein Persönliches Budget gewährt worden sei, habe er sich entschlossen, einen "einfachen" Antrag auf Fahrtkostenbeihilfe als spezifische definierte Sachleistung bzw. genau zweckgebundene Sozialleistung zu stellen. Diese Fahrtkosten sollten dazu dienen, eine bestehende Behinderung zu mildern bzw. einer Verschlechterung vorzubeugen. Er - der Kläger - habe in den letzten Jahren den Mittelpunkt seiner kulturellen Aktivitäten überwiegend im Bereich K. und der näheren Umgebung aktiviert. Eine Beibehaltung dieser aktivierenden Kultur-, Freizeit- und Eingliederungsangebote sei wünschenswert. Er besuche beispielsweise punktuell und regelmäßig den Tagestreff "Die Brücke" in K., der von der Diakonie organisiert werde. Ebenso habe er in den vergangenen Jahren an Angeboten des ZfP R. teilgenommen (Kunstprojekte, Theaterprojekte, Ausstellung des offenen Ateliers). Er habe das Wahlrecht, zwischen verschiedenen Angeboten zu entscheiden. Die Fahrtkosten lägen 40,00 EUR bis 60,00 EUR über dem im Regelsatz veranschlagten Satz.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Bei den vom Kläger beantragten Fahrtkosten handele es sich nicht um behinderungsbedingte Mehrbedarfe, sondern vielmehr um Kosten des normalen Lebensunterhalts, die der Kläger aus seinem Regelsatz der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zu bestreiten habe. Im Rahmen der Eingliederungshilfe könnten lediglich Fahrtkosten einer notwendigen Begleitperson zu kulturellen o.ä. Veranstaltungen als behindertenbedingter Hilfebedarf anerkannt werden, wenn der behinderte Mensch nicht in der Lage sei, Veranstaltungen allein zu besuchen. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, weshalb sich der Kläger in den Landkreis K. begeben müsse, um entsprechende tagesstrukturierende Angebote wahrzunehmen.

Nachdem sich der Beklagte in der nichtöffentlichen Sitzung vor dem SG am 15. Februar 2017 bereit erklärt hatte, mit dem Kläger erneut ein Hilfeplangespräch durchzuführen, hat am 26. April 2017 ein persönliches Gespräch zwischen dem Antragsteller und Mitarbeitern des Beklagten stattgefunden. Ausweislich des Aktenvermerks vom 16. August 2017 hat der Kläger über seinen kulturellen Mittelpunkt K., aber auch über Aktivitäten im B.kreis und über persönliche Kontakte berichtet. Die gemeindepsychiatrischen Angebote des B.kreises habe der Kläger aufgrund schlechter Erfahrungen abgelehnt. Der Kläger habe zum Ausdruck gebracht, dass er Angebote der Gemeindepsychiatrie des B.kreises ablehne, Selbstbestimmung wünsche und inklusive kulturelle Angebote im Landkreis K. nutzen wolle.

Das SG hat mit den Beteiligten am 27. Februar 2018 einen weiteren Erörterungstermin durchgeführt; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 27. Februar 2018 (Bl. 45 der SG-Akten) Bezug genommen.

Das SG hat durch Gerichtsbescheid vom 31. Juli 2018 die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Fahrtkosten als Leistungen der Eingliederungshilfe bestehe nicht. Zu den beim Kläger im Vordergrund stehenden Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft bzw. Teilhabe am sozialen Leben gehörten Hilfen zur Begegnung und zum Umgang mit behinderten und nichtbehinderten Menschen. Es gehe dabei um den Besuch von Veranstaltungen und um die Bereitstellung von Hilfsmitteln zum Zweck der Unterrichtung über Ereignisse des Zeitgeschehens und des Kulturlebens. In Betracht kämen dabei sächliche und persönliche Hilfen, etwa zur Vermittlung gesellschaftlicher Kontakte, Unterstützungsleistungen beim Besuch von Veranstaltungen, zur Teilnahme am Vereinsleben und Volkshochschulkursen. Die Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen und Einrichtungen seien dabei auf Assistenzleistungen ausgerichtet, die die Erreichbarkeit und den Besuch von Veranstaltungen ermöglichten, wie etwa Transport und Begleitung. In der ab 1. Januar 2018 gültigen Gesetzesfassung werde die Ermöglichung der Teilhabe durch Assistenzleistungen noch deutlicher (Hinweis auf § 78 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - (SGB IX)). Hierzu gehörten die vollständige und teilweise Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie der Begleitung. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gehöre die begehrte Fahrtkostenübernahme nicht zu den erforderlichen Teilhabeleistungen. Die Kosten für Fähre, Bus oder Bahn seien bereits nicht behinderungsbedingt erforderlich. Der Kläger sei nicht körperlich wesentlich behindert. Er benötige keine Hilfe zum Aufsuchen von Veranstaltungen, Einrichtungen oder Ähnliches. Es sei auch keine Begleitung hierfür erforderlich. Vielmehr könne der Kläger die gewünschten Veranstaltungen alleine aufsuchen und mache dies auch so. Dass eine Fahrt nach K., wo er seinen kulturellen Mittelpunkt sehe, Kosten verursache, treffe den Kläger genauso wie jeden anderen nichtbehinderten Mitbürger. Auch dieser werde im Wohnort M. Veranstaltungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Kostenbelastung schwerlich wahrnehmen können. Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf zur Erhöhung der Grundsicherungsleistungen bestehe im Hinblick auf die Fahrtkosten ebenfalls nicht. Fahrkosten, die durch eine eingeschränkte Mobilität begründet seien, würden typisierend durch den Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII erfasst. Auch ein Anspruch auf höhere Sozialhilfeleistungen in Form von Fahrtkosten nach § 73 SGB XII scheide aus.

Gegen den seinem damaligen Bevollmächtigten am 27. August 2018 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 28. August 2018 eingelegten Berufung, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtsgerichts K. vom 31. Juli 2018 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 22. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2016 zu verurteilen, ihm ab 1. März 2016 Eingliederungshilfeleistungen für Fahrtkosten von seinem Wohnort nach K. in Höhe von monatlich mindestens 60,00 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Berichterstatter hat mit Verfügung vom 18. November 2019 nach § 106a Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Kläger aufgefordert, binnen vier Wochen darzulegen, in welcher Höhe ihm Fahrtkosten seit der Antragstellung im März 2016 monatsweise für Fahrten nach K. (Tagestreff Die Brücke, offenes Atelier, Therapien und Kultur etc.) tatsächlich entstanden sind und entsprechende Nachweise (Monatskarte, Fahrkarten etc.) vorzulegen. Weiterhin hat er den Kläger aufgefordert, darzulegen, aus welchen Mitteln er diese Aufwendungen bestritten habe, welche Angebote des ZfP R. er in der Zeit ab März 2016 tatsächlich in Anspruch genommen habe und welche konkreten Angebote er zukünftig nutzen wolle.

Auf Veranlassung des Klägers hat Dipl.-Psychologe K. eine "Bescheinigung" vom 17. März 2020 vorgelegt, wonach sich der Kläger seit Ende der Führungsaufsicht auf eigenen Wunsch weiter in der ambulanten Behandlung der Psychiatrischen Institutsambulanz des ZfP R. befinde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Akten des SG (S 8 SO 2504/15 und S 8 SO 1534/16) sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und Abs. 2 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da sie widerkehrende bzw. laufende Leistungen für die Zeit ab März 2016, mithin mehr als ein Jahr, betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Gegenstand des Verfahrens bildet der Bescheid vom 22. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2016 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte als zuständiger Sozialhilfeträger (vgl. §§ 3, 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1 Abs. 1 und 3, 2 SGB XII-Ausführungsgesetz Baden-Württemberg) den Antrag des Klägers vom 16. März 2016 auf Übernahme von Fahrtkosten für Fahrten nach K. abgelehnt hatte. Hiergegen wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, 56 SGG) und begehrt in der Sache die Übernahme von Fahrtkosten für Fahrten von seinem Wohnort M. bzw. S. nach K. für die Zeit ab März 2016, die er mit monatlich mindestens 40,00 EUR und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 28. Mai 2020 mit 60,00 EUR beziffert hat. Eine zeitliche Zäsurwirkung durch einen neuen Antrag des Klägers, über den der Beklagte zwischenzeitlich entschieden hat, ist nicht eingetreten (z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 21/08 R - juris Rdnr. 9 m.w.N.).

Der Kläger hat sein Begehren auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 54 Abs. 1 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung (a.F.) i.V.m. §§ 55 Abs. 2 Nr. 7, 58 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (a.F.)) bzw. sozialen Teilhabe (§ 76 SGB IX in der seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung bzw. § 113 SGB IX in der seit dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung) beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 21. September 2017 - B 8 SO 24/15 R - juris Rdnr. 11; Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 10/12 R - juris Rdnr. 9; Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R - BSGE 112, 196 - juris Rdnr. 9). Bereits in seinem Antrag vom 12. März 2016 hat der Kläger ausdrücklich auf "Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben" Bezug genommen. Über diesen Antrag hat der Beklagte auf Grundlage der §§ 53, 54 SGB XII durch den streitigen Bescheid vom 22. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2016 entschieden. In seiner Klagebegründung vom 15. November 2016 hat der Kläger auf § 53 SGB XII Bezug genommen und im Hinblick auf seine seelische Behinderung das Ziel der Eingliederung in die Gesellschaft (§ 53 Abs. 2 SGB XII a.F.) ganz in den Vordergrund gerückt. Auf Anregung des SG hat im April 2017 zwischen dem Kläger und den "Fallmanagern" des Beklagten aus dem Fachbereich Eingliederungshilfe ein (erneutes) Hilfeplangespräch stattgefunden, in dem betreffend die hier streitigen Fahrtkosten "Leistungen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben" erörtert worden sind.

Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind Leistungen des Persönlichen Budgets, die der Beklagte durch Bescheid vom 6. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. September 2015 abgelehnt hatte; diese Bescheide sind Gegenstand des vor dem SG ruhenden Klageverfahrens S 8 SO 2504/15. Dabei handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Denn vorliegend macht der Kläger eine Einzelleistung als Geldleistung geltend, jedoch nicht die individuell am Bedarf bemessene Komplexleistung des Persönlichen Budgets (vgl. § 29 Abs. 2 Satz 1 SGB IX; ferner Senatsurteil vom 25. September 2019 - L 7 SO 4668/15 - juris Rdnr. 42 f.).

Schließlich sind im vorliegenden Berufungsverfahren auch keine höheren laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, z.B. im Hinblick auf eine abweichende Regelbedarfsfestsetzung (§ 27a Abs. 4 SGB XII), streitig. Denn Grundsicherungsleistungen hat der Beklagte abschnittsweise (vgl. § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) durch gesonderte Bescheide bewilligt, die der Kläger im vorliegenden Verfahren zu keinem Zeitpunkt angegriffen hat.

3. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Übernahme von Fahrtkosten für Fahrten von seinem Wohnort M. bzw. S. nach K. für die Zeit ab März 2016 zu. Für die Zeit vom 1. März 2016 bis zur mündlichen Verhandlung des Senats am 28. Mai 2020 fehlt es bereits an einem ungedeckten Bedarf des Klägers (b.). Soweit der Kläger eine Übernahme von Fahrtkosten für die Zukunft begehrt, ist insoweit ein eingliederungshilferechtlicher Bedarf nicht festzustellen (c.).

a. Rechtsgrundlage für das eingliederungshilferechtliche Begehren des Klägers bilden für die Zeit bis zum 31. Dezember 2019 §§ 19 Abs. 3, 53, 54 Abs. 1 SGB XII a.F. sowie für die Zeit ab 1. Januar 2020 §§ 99, 102 Abs. 1 Nr. 4, 113 Abs. 2 SGB IX.

Nach § 19 Abs. 3 SGB XII a.F. werden Hilfen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII a.F. geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist. Gem. § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 3 SGB XII a.F.). Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen nach § 54 Abs. 1 SGB XII a.F. u.a. Leistungen nach § 55 SGB IX a.F.

Nach § 99 SGB IX erhalten Personen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. §§ 1 bis 3 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO) in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung (a.F.) Leistungen der Eingliederungshilfe, wobei der Beklagte auch Träger der Eingliederungshilfe für die Zeit ab 1. Januar 2020 ist (§§ 98 Abs. 1 Satz 1, 94 Abs. 1 SGB IX i.V.m. § 1 Abs. 1 SGB IX-Ausfügrungesetz Baden-Württemberg), umfassen gem. § 102 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Leistungen zur Sozialen Teilhabe. Die Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmen sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfes, den persönlichen Verhältnissen, dem Sozialraum und den eigenen Kräften und Mitteln; dabei ist auch die Wohnform zu würdigen (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Sie werden so lange geleistet, wie die Teilhabeziele nach Maßgabe des Gesamtplanes (§ 121 SGB IX) erreichbar sind (§ 104 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB IX erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, soweit sie nicht nach den Kapiteln 3 bis 5 des SGB IX erbracht werden. Hierzu gehört, Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen (§ 113 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Nach § 113 Abs. 2 SGB IX sind Leistungen zur Sozialen Teilhabe insbesondere • 1. Leistungen für Wohnraum, • 2. Assistenzleistungen, • 3. heilpädagogische Leistungen, • 4. Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie, • 5. Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, • 6. Leistungen zur Förderung der Verständigung, • 7. Leistungen zur Mobilität, • 8. Hilfsmittel, • 9. Besuchsbeihilfen. Die Leistungen nach § 113 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 SGB IX bestimmen sich nach den §§ 77 bis 84 SGB XI, soweit sich aus diesem Teil nichts Abweichendes ergibt (§ 113 Abs. 3 SGB IX). Bei den Leistungen zur Mobilität nach § 113 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX gilt § 83 SGB IX mit der Maßgabe, dass 1. die Leistungsberechtigten zusätzlich zu den in § 83 Abs. 2 SGB IX genannten Voraussetzungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen sind und 2. abweichend von § 83 Abs. 3 Satz 2 SGB IX die Vorschriften der §§ 6 und 8 der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung nicht maßgeblich sind. Nach § 83 Abs. 1 SGB IX umfassen Leistungen der Mobilität 1. Leistungen zur Beförderung, insbesondere durch einen Beförderungsdienst, und 2. Leistungen für ein Kraftfahrzeug. Gem. § 83 Abs. 2 SGB IX erhalten Leistungen nach § 83 Abs. 1 IX Leistungsberechtigte nach § 2 SGB IX, denen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht zumutbar ist. Leistungen nach § 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX werden nur erbracht, wenn die Leistungsberechtigten das Kraftfahrzeug führen können oder gewährleistet ist, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für sie führt und Leistungen nach § 83 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX nicht zumutbar oder wirtschaftlich sind.

b. Für die Zeit vom 1. März 2016 bis zur mündlichen Verhandlung des Senats am 28. Mai 2020 fehlt es bereits an einem ungedeckten Eingliederungshilfebedarf des Klägers.

Sozialhilfeleistungen für einen zurückliegenden Zeitraum setzen grundsätzlich einen aktuell fortbestehenden Bedarf voraus (BSG, Urteil vom 28. August 2018 - B 8 SO 9/17 R - BSGE 126, 210 - juris Rdnr. 23; Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 - juris Rdnr. 13). Im Zeitpunkt der Geltendmachung der Hilfeleistung muss noch eine Notlage bestehen, die durch Sozialhilfeleistungen gedeckt werden kann (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 - juris Rdnr. 13). Dieser Grundsatz gilt aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)) aber nicht, wenn der Bedürftige seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Sozialhilfeträger nach Kenntnis vom Bedarfsfall nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (BSG, Urteil vom 28. August 2018 - B 8 SO 9/17 R - BSGE 126, 210 -juris Rdnr. 23; Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 15/11 R - BSGE 112, 67 - juris Rdnr. 25).

In Anwendung dieser Maßstäbe fehlt es bereits an einem Bedarf des Klägers. Der Kläger hat zwar für die Vergangenheit, d.h. die Zeit vom 1. März 2016 (Monat der Antragstellung) bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat, monatliche Leistungen in Höhe von zuletzt 60,00 EUR geltend gemacht, um die aus seiner Sicht bestehenden Teilhabeeinschränkungen zu beseitigen. Dass und ggf. in welcher Höhe ihm in diesem Zeitraum tatsächlich Kosten entstanden sind, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. So hat der Kläger selbst vorgebracht, dass er die Fahrten zu den von ihm gewünschten tagesstrukturierenden Angeboten im Landkreis K. nicht durchführe (Schreiben vom 12. März 2016 und 8. April 2016) bzw. diese mit keinen Kosten verbunden seien (Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des SG am 20. Januar 2016 im Rechtstreit S 8 SO 2504/15). In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 28. Mai 2020 hat er eingeräumt, dass er seit 2016 fast nicht mehr das ZfP R. aufgesucht habe. Der Kläger hat ihm ggf. entstandene (Fahrt-)Kosten - trotzt der richterlichen Verfügung vom 18. November 2019 - nicht offengelegt. Er hat sich zu der Mitwirkungsaufforderung nicht inhaltlich geäußert. Er hat weder ihm ggf. entstandene Fahrtkosten dargelegt noch entsprechende Nachweise vorgelegt. Ebenso hat er sich nicht dazu geäußert, welche konkreten tagesstrukturierenden Angebote er in der hier streitigen Zeit ab März 2016 im Landkreis K. überhaupt in Anspruch genommen hat. Der Senat hat versucht, - unter Heranziehung des Klägers (vgl. § 103 Satz 1 SGG) - die von ihm in den Raum gestellten Fahrtkosten zu ermitteln. Der Kläger ist jedoch seiner Mitwirkungsobliegenheit (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 88/03 R - juris Rdnr. 19) nicht nachgekommen, weil er in der Sache zur richterlichen Verfügung vom 18. November 2019 weder innerhalb der ihm gesetzten Frist noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung Stellung genommen und die angeforderten Unterlagen und Nachweise vorgelegt hat. Unter diesen Umständen hat für den Senat kein Anlass bestanden, die in der Sphäre des Klägers wurzelnden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse weiter aufzuklären (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KN 3/08 KR R - BSGE 102, 181 - juris Rdnr. 24 f.; Senatsurteil vom 14. April 2016 - L 7 SO 81/15 - juris Rdnr. 30).

c. Soweit der Kläger eine Übernahme von Fahrtkosten für die Zukunft begehrt, ist insoweit ein eingliederungshilferechtlicher Bedarf des Klägers nicht festzustellen.

Dem Grunde nach gehört der Kläger zum leistungsberechtigten Personenkreis des § 99 SGB IX. Denn bei ihm liegt im Hinblick auf die paranoide Schizophrenie sowie eine andauernde Persönlichkeitsveränderung nach psychischer Krankheit eine wesentliche seelische Behinderung i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB XII a.F. i.V.m. § 2 Eingliederungshilfe-VO a.F. vor, weil durch seine psychische Erkrankung seine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt wird. Ausweislich der fachärztlichen Stellungsnahmen der Dr. S. vom 24. Mai 2004 und der Ärztin N. vom 28. November 2014 bestehen wegen der seelischen Störung Beeinträchtigungen von Aktivität und Teilhabe in den Bereichen allgemeine Aufgaben und Anforderungen, häusliches Leben, interpersonelle Interaktion und Beziehung, bedeutende Lebensbereiche, Gemeinschaftsleben sowie soziales und staatsbürgerliches Leben.

Der Senat kann bereits nicht feststellen, ob die gewünschten Leistungen (Übernahme von Fahrtkosten) geeignet und erforderlich sind, die Teilhabeziele zu erreichen, nämlich eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Nach der Rechtsprechung des BSG sind im Einzelnen der konkrete Inhalt der gewünschten Eingliederungshilfemaßnahme sowie ihre prognostischen Auswirkungen auf die behinderungsbedingten Defizite und die Teilhabeeinschränkungen festzustellen (bspw. BSG, Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 10/12 R - juris Rdnr. 19; Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 30/10 R - BSGE 110, 301 - juris Rdnr. 20, 23; ferner BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 14/13 R - juris Rdnr. 11). Es müssen Tatsachen festgestellt werden, die eine Beurteilung der individuellen Geeignetheit und Erforderlichkeit der begehrten Maßnahme ermöglichen. Denn nur auf Grundlage konkreter Feststellungen kann unter Zugrundelegung des individuellen und personenzentrierten Maßstabes (vgl. Senatsurteil vom 14. April 2016 - L 7 SO 1119/10 - juris Rdnr. 29 m.w.N.) geprüft und beurteilt werden, ob die gewünschte Eingliederungshilfeleistung geeignet und erforderlich ist, die Teilhabeeinschränkungen positiv zu beeinflussen. Vorliegend macht der Kläger die Übernahme von Fahrtkosten geltend. Da bei ihm keinerlei Teilhabeeinschränkungen im Bereich der Mobilität vorliegen, kommen Leistungen betreffend Fahrtkosten von vornherein nur dann in Betracht, wenn diese zur Wahrnehmung einer Eingliederungshilfemaßnahme notwendig sind (vgl. BSG, Terminbericht vom 27. Februar 2020 zu B 8 SO 18/18 R). Vorliegend nimmt der Kläger an keiner Eingliederungshilfemaßnahme teil, die durch den Beklagten finanziert wird, sodass die Übernahme von Fahrtkosten als Nebenleistung ausscheidet. Weiterhin ist mangels konkreter Angaben des Klägers zu den in der Vergangenheit tatsächlich in Anspruch genommenen bzw. in Zukunft gewünschten Angeboten im Landkreis K. nicht ersichtlich, ob diese überhaupt geeignet und erforderlich wären, um bezogen auf die Person des Klägers konkrete Teilhabeziele zu erreichen. Der Kläger hat trotz richterlicher Mitwirkungsaufforderung vom 18. November 2019 und Hinweis auf die Präklusionsvorschrift des § 106a SGG nicht vorgebracht, welche konkreten Angebote er im Landkreis K. in Anspruch nehmen wolle und aus welchem Grund. Auf die Angaben des Klägers zu seinem Antrag auf Leistungen des Persönlichen Budgets vom 29. Oktober 2016 sowie auf Übernahme von Fahrtkosten vom 16. März 2016 kann bereits deshalb nicht mehr zurückgegriffen werden, weil die durch das Landgericht K. (Beschluss vom 19. September 2014) für die Dauer von drei Jahren erteilte Weisung zur Vorstellung bei der forensischen Ambulanz des ZfP R. mittlerweile abgelaufen und eine dortige Vorstellung nicht mehr erforderlich ist, mithin eine wesentliche Änderung des Sachverhalts eingetreten ist. Unter diesen Umständen ist es dem Senat nicht möglich überhaupt zu prüfen, ob die Angebote prognostisch geeignet und erforderlich wären, die beim Kläger aufgrund seiner psychischen Störung vorliegenden Teilhabebeeinträchtigungen positiv zu beeinflussen.

Zudem spricht viel dafür, dass die vom Kläger begehrte Übernahme von Fahrtkosten nicht dem Katalog der Leistungen des § 113 Abs. 2 SGB XII unterfällt. So macht der Kläger insbesondere keine Assistenzleistungen (§ 78 SGB IX) geltend, weil er zum Aufsuchen von Angeboten zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben sowie zur Freizeitgestaltung keinerlei Begleitung und Unterstützung durch eine Assistenzkraft bedarf. Auch liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Mobilität nicht vor. Denn Leistungen zur Beförderung werden gem. §§ 114, 83 Abs. 2 Satz 1 SGB IX an Leistungsberechtigte nur erbracht, wenn ihnen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht zumutbar ist. Dem Kläger ist es aber trotz der bei ihm bestehenden seelischen Behinderung zumutbar, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Mobilitätseinschränkungen bestehen nicht, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Kläger nutzt nach seinem Vorbringen auch öffentliche Verkehrsmittel. Zudem begehrt er vorliegend gerade die Übernahme von Kosten infolge einer geplanten Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel, was die Zumutbarkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel impliziert.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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