L 7 R 3644/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2770/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 3644/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. August 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1969 geborene Kläger absolvierte eine Berufsausbildung zum Kaufmännischen Angestellten und war - mit Unterbrechungen durch Arbeitsunfähigkeit und Freistellung - bis zum 31. Dezember 2015 versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog er bis zum 16. September 2016 Arbeitslosengeld. Nunmehr steht er im Bezug von Arbeitslosengeld II.

Die Versorgungsverwaltung stellte bei dem Kläger einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 fest.

In der Zeit vom 22. Mai 2012 bis zum 10. Juli 2012 absolvierte der Kläger eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Parkklinik B., aus der er arbeitsunfähig und mit einem beruflichen Leistungsvermögen für mittelschwere Arbeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen in Tagschicht von sechs Stunden und mehr entlassen wurde (Entlassbericht des Dr. Dr. K. vom 10. Juli 2012; Diagnosen: Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion, kombinierte Persönlichkeitsstörung mit deutlich dominierenden emotional-instabilen Anteilen sowie narzisstischen Tendenzen, ADS, Psoriasis).

In der Zeit vom 30. Juli 2014 bis zum 30. Oktober 2014 fand eine stationäre Behandlung des Klägers im S.-Klinikum K. statt (Entlassbericht des Dr. W. vom 4. Dezember 2014; Diagnosen: kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, paranoiden, zwanghaften und schizoiden Anteilen, mittelgradige depressive Episode, einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung). Während dieses Aufenthalts wurde die Diagnose eines Asperger-Syndroms nicht bestätigt. Die Klinikärzte sahen den Kläger prinzipiell in der Lage, an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückzukehren, wobei während des stationären Aufenthalts keine gemeinsame Haltung mit dem Kläger habe erreicht werden können. Eine ambulante Verhaltenstherapie sei unerlässlich.

In der Zeit vom 9. Februar 2015 bis zum 16. Februar 2015 fand eine akutstationäre Behandlung in der Klinik für Innere Medizin der S.kliniken B. W. statt (Entlassbericht des Privatdozenten Dr. S. vom 13. Februar 2015; Diagnosen: Psoriasis-Arthritis, Erstdiagnose 80er-Jahre, aktuell polyartikulär floride, systemischer Steroidstoß, Methotrexat neu).

Im Rahmen eines Verfahrens wegen Leistungen zur Teilhabe veranlasste die Beklagte eine Begutachtung des Klägers. Die Fachärztin für Psychosomatische Medizin Dr. D. beschrieb in ihrem Gutachten vom 5. März 2015 unter Berücksichtigung der sozialmedizinischen Stellungnahmen der Fachärztin für Innere Medizin Dr. B.-K. vom 24. Februar 2015 und der Fachärztin für Innere Medizin Dr. P. vom 4. März 2015 eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, paranoiden, zwanghaften und schizoiden Anteilen und deutlichen Einschränkungen im Interaktions- und Kommunikationsverhalten, eine vorgeschriebene depressive Symptomatik, zum Untersuchungszeitpunkt remittiert, eine vorbeschriebene einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung, medikamentös gut eingestellt, eine Hauterkrankung und Fingergelenksbeschwerden beidseits (Psoriasis vulgaris und Psoriasisarthropathie) mit qualitativen Leistungseinschränkungen bei aktuell neu eingeleiteter Basistherapie, ein lokales Halswirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Veränderungen mit qualitativen Leistungseinschränkungen sowie Belastungsschmerzen der linken Schulter und des linken Knies ohne Bewegungseinschränkungen. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen in Tagesschicht sechs Stunden und mehr verrichten. Qualitative Leistungseinschränkungen bestünden bezüglich Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an das Interaktions- und Kontaktverhalten, mit Publikumsverkehr, mit erhöhten Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der Hände (Feinmotorik) sowie mit Nässe und extrem schwankenden Temperaturen. Dr. D. empfahl Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Am 12. November 2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine erneute Untersuchung des Klägers. Der Internist, Rheumatologe und Sozialmediziner Dr. L. gelangte in seinem Gutachten vom 14. Dezember 2015 - unter Berücksichtigung der Diagnosen chronisch-entzündliches Gelenkrheuma im Rahmen einer Schuppenflechten-Gelenksentzündung (Psoriasisarthritis), Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) - zu der Einschätzung, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen in Früh- und Spätschicht sechs Stunden und mehr verrichten könne. Gegenüber dem Vorgutachten ergäben sich keine Änderungen. Die symptombezogene körperliche Untersuchung habe eine geringfügige Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes bei entzündlichen Schwellungen einzelner Fingergelenke und Druckschmerzangabe im Bereich einiger weiterer Gelenke ergeben. Zum Zeitpunkt der Untersuchung habe ein abklingender Rheumaschub bestanden.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers durch Bescheid vom 15. Dezember 2015 ab. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 bot die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an. Gegen den Bescheid vom 15. Dezember 2015 legte der Kläger am 29. Dezember 2015 Widerspruch ein und legte ein Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. vom 20. April 2016 mit den Diagnosen rezidivierende depressive Störung mit Residuum, kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, paranoiden und narzisstischen Anteilen (Differenzialdiagnose Asperger-Autismus) sowie Aufmerksamkeitsdefizitstörung im Erwachsenenalter vor. Nachdem die Beratungsärztin Dr. D. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 25. Mai 2016 an ihrer Leistungsbeurteilung festgehalten hatte, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15. Dezember 2015 durch Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2016 als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 15. August 2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Bei ihm - dem Kläger - liege eine schwerwiegende psychiatrische Erkrankung vor. Wesentliche Ursache für die immer wiederkehrenden depressiven Episoden sei seine Erwerbstätigkeit. Bei einer Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sei jederzeit mit erneuten depressiven Schüben zu rechnen. Zudem sei bei einer Wiederaufnahme seine Erwerbstätigkeit eine umgehende Aktualisierung von Konflikten mit Kollegen und Vorgesetzten zu erwarten.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung sachverständiger Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte des Klägers. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schreiben des Arztes für Dermatologie Dr. G. vom 19. Oktober 2016 (Bl. 41 der SG-Akten), des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 27. Oktober 2016 (Bl. 42/112 der SG-Akten), des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. vom 27. Oktober 2016 (Bl. 113/114 der SG-Akten), der Ärztin für Psychotherapie W. vom 31. Oktober 2016 (Bl. 115/116 der SG-Akten), des Rheumatologen Dr. M. vom 8. Januar 2017 (Bl. 123/130 der SG-Akten) Bezug genommen. Dazu hat die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 25. Januar 2017 (Bl. 133 der SG-Akten) vorgelegt.

In der Zeit vom 4. Januar 2016 bis zum 9. Januar 2016 (Entlassbericht des Privatdozenten Dr. S. vom 5. Januar 2016), 30. Juni 2016 bis zum 8. Juli 2016, 7. Juni 2017 bis zum 22. Juni 2017 (Entlassbericht der Dr. A. vom 19. Juni 2017; Bl. 239/242 der SG-Akten) sowie vom 8. Mai 2018 bis zum 16. Mai 2018 (Entlassbericht des Dr. H. vom "8. Mai 2018"; Bl. 300/302 der SG-Akten) haben zur Einstellung bzw. Umstellung der medikamentösen Therapie der Psoriasis-Arthritis weitere stationäre Aufenthalte in der S.klinik B. W. stattgefunden. Dazu hat die Beklagte u.a. eine sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 13. Juli 2018 vorgelegt (Bl. 305 der SG-Akten).

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie M. hat in seinem Gutachten vom 4. April 2017 (Bl. 145/155 der SG-Akten) eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstisch, paranoiden, zwangshaften und schizoiden Anteilen sowie ein Asperger-Syndrom diagnostiziert. Deshalb sei das Anpassungs- und Umstellungsvermögen leicht eingeschränkt, Arbeiten in Publikumsverkehr seien nicht möglich. Auch seien dem Kläger keine Arbeiten mit erhöhtem Anspruch an die emotionale und geistige Flexibilität, an die kognitiven Fähigkeiten, unter Zeitdruck wie Akkordarbeiten sowie Schichtarbeit möglich. Unter Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden verrichten. Eine mittelgradige depressive Episode habe im Untersuchungszeitpunkt nicht vorgelegen.

Weiterhin hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines rheumatologischen Gutachtens. Der Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Prof. Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 29. Dezember 2017 (Bl. 264/271 der SG-Akten) eine aktive Daktylitis des zweiten Zehs des linken Fußes und sonographisch Arthritis im vierten Grundgelenk des linken Fußes, eine Daktylitis am zweiten Finger der linken Hand sowie eine Psoriasis vulgaris an den Streckseiten der Ellenbogengelenke und Nagelpsoriasis an den Fingern beschrieben. Leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zwei Kilogramm seien möglich. Tätigkeiten mit überwiegendem Stehen und Gehen, Sitzen in gleichförmiger Körperhaltung, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, mit laufenden Maschinen und Büromaschinen, in Akkord, am Fließband, in Schicht- und Nachtarbeit, in Kälte oder unter starkem Wärmeeinfluss, im Freien oder unter Nässe, mit Publikumsverkehr, mit geistiger Beanspruchung oder hoher Verantwortung seien nicht möglich. Leichte körperliche Arbeiten seien dem Kläger arbeitstäglich unter drei Stunden zumutbar. Grund sei der komplizierte und therapierefraktäre Verlauf einer Psoriasis-Arthritis mit chronischen Schmerzen und persistierender Entzündungsaktivität in den Gelenken. Dazu komme die Interaktion der chronischen Schmerzen mit den psychiatrischen Erkrankungen. Die körperliche und Gelenkfunktion als solche sei bei überwiegend erhaltender Funktion der Gelenke nur gering eingeschränkt. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht.

Die Beklagte hat unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. L. vom 6. Februar 2018 (Bl. 286 der SG-Akten) Einwendungen gegen das Gutachten des Prof. Dr. F. erhoben. Dazu hat das SG bei diesem eine ergänzende Stellungnahme eingeholt (Schreiben des Prof. Dr. F. vom 2. März 2018; Bl. 287 der SG-Akten). Die Beklagte hat unter Vorlage einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. L. vom 20. März 2018 (Bl. 289 der SG-Akten) an ihrer Leistungseinschätzung festgehalten.

Das SG hat mit den Beteiligten am 16. August 2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und durch Urteil vom 16. August 2018 die Klage abgewiesen.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 18. September 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Oktober 2018 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt. Dem Gutachten des Psychiaters M. sei nicht zu folgen. Dagegen habe Prof. Dr. F. in seinem Gutachten überzeugend begründet, dass bei ihm - dem Kläger - Leistungseinschränkungen in zeitlicher Hinsicht bestehen würden. Die bei ihm vorliegenden Erkrankungen hätten sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert. Dies gelte im Hinblick auf eine Schmerzzunahme, Schmerzintensität, Schmerzhäufigkeit und Dauer, auf größer gewordene schuppende Hautareale, häufiger auftretende Depressionen, kombiniert mit Angst- und Panikattacken. Auch seine behandelnden Ärzte gingen von einer eingeschränkten beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht aus. Der Kläger hat eine ärztliche Bescheinigung der Ärztin für Psychotherapie W. vom 30. Oktober 2018 (Bl. 94 der Senatsakten) vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. August 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2016 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2015 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil des SG.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen einvernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schreiben des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. vom 19. Januar 2019 (Bl. 111/114 der Senatsakten), der Ärztin für Psychotherapie W. vom 22. Januar 2019 (Bl. 115/119 der Senatsakten) und des Dr. H. vom 19. Januar 2019 (Bl. 123/125 der Senatsakten) Bezug genommen. Dazu hat die Beklagte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 11. Februar 2019 (Bl. 128 der Senatsakten) vorgelegt.

Am 11. März 2019 hat sich der Kläger in einer stationären Behandlung im S.-Klinikum K. befunden, aus der er nach eigenen Angaben am 13. März 2019 auf eigenen Wunsch vorzeitig entlassen wurde, Hinweise auf Suizidalität, Eigen- oder Fremdgefährdung haben nicht vorgelegen (Entlassbericht vom 13. März 2019; Bl. 134/135 der Senatsakten).

Der Senat hat Prof. Dr. S., Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Psychiatrischen Zentrums N., zum Sachverständigen ernannt. Einen ersten auf den 1. Juli 2019 anberaumten Untersuchungstermin bei Prof. Dr. S. hat der Kläger nicht wahrgenommen und zur Begründung auf ein Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. S. vom 24. Juni 2019 verwiesen, wonach es dem Kläger zurzeit nicht möglich sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Mit Verfügung vom 9. Juli 2019 hat der Berichterstatter den Kläger darauf hingewiesen, dass zur Aufklärung des Sachverhalts die Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens erforderlich und der Kläger insofern zur Mitwirkung verpflichtet sei. Sollte eine Begutachtung mit ambulanter Untersuchung nicht zustande kommen, könne dies dazu führen, dass die anspruchsbegründenden Tatsachen, vorliegend eine Erwerbsminderung, nicht festgestellt werden könnten, was zu Lasten des Klägers gehen könne. Der Berichterstatter hat den Kläger aufgefordert, sich umgehend mit dem Sachverständigen Prof. Dr. S. in Verbindung zu setzen und einen neuen Untersuchungstermin zu vereinbaren. Außerdem hat er die Übernahme der Kosten für eine Beförderung durch ein Taxi einschließlich Vorfinanzierung in Aussicht gestellt.

Auf Anfrage des Senats vom 16. August 2019 hat Prof. Dr. S. mit Schreiben vom 20. August 2019 mitgeteilt, dass bisher noch kein Termin zur Begutachtung habe vereinbart werden können, da seitens der Bevollmächtigten des Klägers eine stationäre Aufnahme angestrebt werde. Auf Anfrage des Berichterstatters vom 22. August 2019, ob der Kläger bereit sei, sich durch Prof. Dr. S. untersuchen zu lassen, hat die Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 16. September 2019 mitgeteilt, dass eine Untersuchung durch Prof. Dr. S. nicht erfolgen könne.

In der Zeit vom 26. August 2019 bis zum 20. September 2019 hat eine stationäre Behandlung im S. KlinikumK. stattgefunden (Entlassbericht der Assistenzärztin Mi vom 16. September 2019; Diagnosen Hyperventilationstetanie im Rahmen einer Panikattacke, fieberhafter Infekt, Hepatopathie mit erhöhten Cholestaseparametern, Mischintoxikation in suizidaler Absicht bei Verdacht auf rezidivierende depressive Störung), aus der er in gebessertem Allgemeinzustand entlassen wurde. Eine Verlegung in das PZN Wiesloch lehnte der Kläger ab.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 9. Oktober 2019 hat der Kläger erneut geltend gemacht, dass er nicht in der Lage sei, sich durch Prof. Dr. S. begutachten zu lassen.

Daraufhin hat der Senat Prof. Dr. S. gebeten, das Gutachten nach Aktenlage zu erstatten (Verfügung vom 11.Oktober 2019).

Eine erneute stationäre Behandlung im S. Klinikumin K. hat am 27. Oktober 2019 und in der Zeit vom 29. Dezember 2019 bis zum 11. Januar 2020 stattgefunden (Entlassbericht des Dr. M. vom 3. Januar 2020; Diagnosen akute Pankreatitis, mittelschwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung).

Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 24. Februar 2020 (Bl. 241/295 der Senats-Akten) zusammenfassend ausgeführt, dass sich aus den vorliegenden Befund- und Behandlungsberichten sowie den aktenkundigen Gutachten keine belastbaren Belege für das Vorliegen der Symptomatik eines Asperger-Syndroms oder einer Autismus-Spektrum-Störung im Erwachsenenalter und retrospektiv im Kleinkindesalter ergeben würden. Aus den vorliegenden Befund- und Behandlungsberichten sowie Vorgutachten ergebe sich zwanglos das Bild einer mit Wahrscheinlichkeit vorliegenden Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung im Erwachsenenalter mit offensichtlich suffizienter pharmakologischer Einstellung. Bei Zusammenschau der vorliegenden Befund- und Behandlungsberichte sowie Vorgutachten sei die Diagnose der kombinierten Persönlichkeitsstörungen mit narzisstischen, paranoiden, zwanghaften und schizoiden Anteilen mit Wahrscheinlichkeit gegeben. Das zeitgleiche Vorliegen einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung mit einer spezifischen Persönlichkeitsstörung sei eine klassische komorbide Krankheitskonstellation. Bei Zusammenschau der vorliegenden Befund- und Behandlungsberichte sowie Vorgutachten ergebe sich das Bild, dass wiederholt depressive Syndrome, auch in Form einer mittelgradigen depressiven Episode, hinreichend gut begründet diagnostiziert worden seien. Ausgehend von der Feststellung vereinzelter klarer depressiver Episoden und dem wiederholten klaren Ausschluss des Vorliegens aktueller Depressivität sei mit Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen einer rezidivierenden depressiven Störung auszugehen. Zumindest seit den letzten rheumatologischen Stellungnahmen und Analysen aus den Jahren 2017 und 2018 sei eine wesentliche Beeinträchtigung durch die bestehende Psoriasis-Arthritis nicht zu erkennen.

Grundsätzlich sei es möglich, dass die mit Wahrscheinlichkeit vorliegende ADHS auch gegenwärtig noch zu relevanten kognitiven und/oder verhaltensbezogenen Funktionseinschränkungen führe. Ob dies allerdings gegenwärtig der Fall sei, könne mangels eigener Untersuchung, strukturierter Beschwerdevalidierung und kriterienorientierter Diagnostik und Funktionsanalyse nicht eindeutig beurteilt werden. Bei Persönlichkeitsstörungen sei nach klinischer Erfahrung regelmäßig von relevanten und dauerhaften qualitativen Funktionseinschränkungen hinsichtlich der sozialen Kompetenzen, insbesondere hinsichtlich der Konflikt- und Gruppenfähigkeit, Kritik- und Kommunikationsfähigkeit, auszugehen. Funktionseinschränkungen in quantitativer Hinsicht seien mit dieser Gesundheitsstörung primär nicht zu begründen, da aus ihr keine Einschränkung basaler Motivations- und Antriebsfunktionen resultierten. Wie genau ausgeprägt etwaige persönlichkeitsstörungsbedingte qualitative Leistungsdefizite aktuell einzuschätzen seien, könne aus methodischen Gründen nicht definitiv beurteilt werden. Die aus depressiven Störungen resultierten Funktionseinschränkungen hingen primär von der Ausgestaltung und dem Ausprägungsgrad der konkreten depressiven Symptomatik ab. Depressive Störungen könnten sowohl zu qualitativen Leistungseinschränkungen (z.B. hinsichtlich der psychovegetativen Stressbelastung, der kognitiven Leistungsfähigkeit) als auch zu relevanten quantitativen Leistungsdefiziten durch Minderung des Antriebs und gegebenenfalls pathologisch erhöhter Ermüdbarkeit führen. Rezidivierende depressive Störungen seien behandelbar, wobei ein breites Spektrum sowohl psychotherapeutischer wie auch pharmakotherapeutischer Optionen zur Verfügung stünden. Dauerhafte quantitative Leistungsdefizite seien nach klinischer Erfahrung lediglich bei chronischen schweren depressiven Erkrankungen möglich. Die vorliegenden Befund- und Behandlungsberichte sowie Gutachten enthielten keinen Hinweis auf das Vorliegen einer solchen chronischen schwergradigen depressiven Störung. Ob überhaupt und wie intensiv ausgeprägt zum gegenwärtigen Zeitpunkt qualitative und/oder quantitative Leistungsdefizite bestehen, könne aus methodischen Gründen nicht definitiv bestimmt werden. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang qualitative Leistungsdefizite vorliegen, könne mangels hinreichend sicherer Kenntnis zu den gegenwärtig vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht beurteilt werden. Am ehesten wäre ein anhaltendes quantitatives Leistungsdefizit durch eine mittelschwere bis schwer ausgeprägte depressive Symptomatik zu begründen, jedoch nur, wenn eine leitliniengerechte Behandlung erfolglos wäre. Beeinträchtigungen der Wegefähigkeit seien nicht ersichtlich.

Mit Verfügung des Berichterstatters vom 12. März 2020 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass das Landessozialgericht gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen kann, wenn es sich einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Der Senat beabsichtige derzeit, entsprechend zu verfahren.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Das Einverständnis des Klägers ist nicht erforderlich. Der Kläger hat insbesondere keinerlei Umstände vorgebracht, aus denen sich die Erforderlichkeit einer erneuten mündlichen Verhandlung ergibt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass dem Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16. August 2018 hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden ist. Zudem hat der Kläger unter Vorlage des Attestes der Ärztin für Psychotherapie W. vom 30. Oktober 2018 selbst geltend gemacht, an einem "zweiten Verfahren" nicht persönlich teilnehmen zu können.

2. Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 und 2 SGG).

3. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 15. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2016 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2015. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit macht der 1969 geborene Kläger - zu Recht - nicht geltend, da er von vornherein nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten dieser Rente gehört (§ 240 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI)).

4. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint. Der Bescheid vom 15. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

a. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gemäß Gesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I, S. 554]) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben von Amts wegen (§ 103 SGG) mit Hilfe (medizinischer) Sachverständiger (§ 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG) zu ermitteln und festzustellen, a) Art, Ausprägung und voraussichtliche Dauer der Krankheit(en) oder Behinderung(en), an denen der Versicherte leidet, b) Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) sowie den c) Ursachenzusammenhang ("wegen") zwischen a) und b) (z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rdnr. 13).

b. Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger in der hier streitigen Zeit ab 1. November 2015 erwerbsgemindert ist. Bei der Beurteilung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit stehen im Vordergrund seine Gesundheitsstörungen auf rheumatischem und nervenärztlichem Fachgebiet, mit denen er sein Klage- und Berufungsbegehren auch vorrangig begründet hat. Diese sind jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht einschränken. Vielmehr genügen qualitative Einschränkungen, um den Leiden des Klägers gerecht zu werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf den Entlassbericht des Dr. K., den Entlassbericht des Dr. W., die im Verwaltungsverfahren durch Dr. D. und Dr. L. erstatteten Gutachten, die vom SG bei dem Psychiater M. und - soweit diesem gefolgt werden kann - bei Prof. Dr. F. eingeholten Gutachten und das vom Senat bei Prof. Dr. S. eingeholte Gutachten; die im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten sowie den Rehabilitationsentlassungsbericht hat der Senat im Rahmen des Urkundenbeweises zu verwerten (BSG, Beschluss vom 29. Juni 2015 - B 9 V 45/14 B - juris Rdnr. 6; Beschluss vom 26. Mai 2000 - B 2 U 90/00 B - juris Rdnr. 4). Die mit der Begutachtung des Klägers im vorliegenden Rentenverfahren befassten Ärzte sind mit Ausnahme des Prof. Dr. F. (dazu später) übereinstimmend, nachvollziehbar und plausibel - jeweils auf Grundlage der erhobenen bzw. dokumentierten Untersuchungsbefunde und einer ausführlichen Exploration - zu der Auffassung gelangt, dass das berufliche Leistungsvermögen des Klägers für leichte körperliche Wechseltätigkeiten in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt ist. Vielmehr kann seinen Gesundheitsstörungen durch qualitative Einschränkungen (vorliegend: Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über fünf Kilogramm, überwiegendem Stehen oder Gehen, Sitzen in gleichförmiger Körperhaltung, häufigem Bücken, auf Leitern und Gerüsten, an laufenden Maschinen, mit erhöhten Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der Hände, in Nässe, Hitze und Kälte, mit Akkord- und Fließbandarbeit, mit einer besonders hohen Verantwortung und einer besonders hohen geistigen und emotionalen Beanspruchung, mit Publikumsverkehr sowie in Nacht- und Wechselschicht) Rechnung getragen werden.

Der Kläger leidet zunächst an einer Psoriasis-Arthritis, einer Psoriasis vulgaris, einer beginnenden arteriellen Hypertonie und einer hypertrophen Kardiomyopathie. Dies entnimmt der Senat dem Entlassbericht des Dr. Dr. K. vom 10. Juni 2012, dem Gutachten der Dr. D. vom 5. März 2015 einschließlich der sozialmedizinischen Stellungnahmen der Dr. B.-K. vom 24.Februar 2015 und der Dr. P. vom 4. März 2015, dem Gutachten des Dr. L. vom 14. Dezember 2015 sowie dem durch das SG bei Prof. Dr. F. eingeholten Gutachten vom 29. Dezember 2017 und den Berichten bzw. Stellungnahmen der behandelnden Ärzte (Entlassberichte des Privatdozenten Dr. S. vom 13. Februar 2015, 10. Oktober 2015 und 5. Januar 2016, der Dr. A. vom 30. Juni 2016, 8. Januar 2017 und 19. Juni 2017 sowie des Dr. H. vom 8. Mai 2018, Schreiben des Dr. G. vom 19. Oktober 2016, des Dr. M. vom 8. Januar 2017, des Dr. H. vom 30. April 2018 und 19. Januar 2019). Danach leidet der Kläger an einer entzündlich aktiven Psoriasis-Arthritis, die zunächst wiederholt akutstationäre Interventionen erforderlich gemacht hat, jedoch keine überdauernden Funktionsbeeinträchtigungen hervorgerufen hat. Bereits Dr. L. hat im Rahmen seiner Untersuchung am 11. Dezember 2015 lediglich geringfügige Beeinträchtigungen des Allgemeinzustandes bei entzündlichen Schwellungen einzelner Fingergelenke und Druckschmerzangabe im Bereich einiger weiterer Gelenke (insbesondere Großzehengelenke) und darüber hinaus lediglich leichtgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule festgestellt. Er hat darauf hingewiesen, dass sich im Rahmen seiner Untersuchung keine Hinweise auf schmerzbedingte Beeinträchtigungen sowie auf Einschränkungen des Gehvermögens und von Komplexbewegungen (einschließlich Belastungstests wie einbeiniges Hüpfen, tiefe Hocke etc.) gezeigt haben. Prof. Dr. F. hat im Rahmen seiner Untersuchung am 20. Oktober 2017 Psoriasis-Effloreszenzen an den Streckseiten der beiden Ellenbogengelenke, Psoriasis-Nagelveränderungen an beiden Händen, eine aktive Arthritis mit Zeichen der Daktylitis (Entzündung) im zweiten Zeh des linken Fußes, Druckschmerz im vierten Gelenk der linken Hand ohne tastbare Synovitis (Entzündung der Gelenkschleimhaut) festgestellt. Im Übrigen hat er festgehalten, dass keine Einschränkungen von Seiten des Haltungs- und Bewegungsapparates, der Wirbelsäule, der Finger-, Hand-, Ellenbogengelenke, Knie, Schultern und Füße vorlagen. Er hat betont, dass die körperliche Funktion sowie die Gelenkfunktionen nur geringgradig eingeschränkt waren. Im weiteren Verlauf hat der Chefarzt der Klinik für Rheumatologie der S.kliniken B. W. Dr. H. unter dem 19. Januar 2019 darüber berichtet, dass nach einer Umstellung der medikamentösen entzündungshemmenden Therapie im Rahmen des (letzten) stationären Aufenthalts im Mai 2018 eine Besserung eingetreten ist. Bei der anschließenden Verlaufsbeurteilung im Juli 2018 war nur noch eine entzündliche Restaktivität festzustellen. Im Rahmen der Kontrolluntersuchung im Dezember 2018 war keine wesentliche entzündliche Aktivität der Arthritis psoriatica mehr vorhanden. Der Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen Dr. L. hat in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 11. Februar 2019 in Auswertung der durch die behandelnden Ärzte vorgelegten Befundunterlagen zutreffend darauf hingewiesen, dass sich aus diesen keine Hinweise auf ein Unvermögen zur täglich mindestens sechsstündigen Verrichtung wenig gelenkbelastender Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergeben.

Die übrigen Befunde an Thorax- und Atmungsorganen, Herz- und Kreislauforganen, Gefäßen, Abdomen, an der Haut sowie am Haltungs- und Bewegungsapparat haben keine überdauernden Funktionsbeeinträchtigungen gezeigt, die eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht rechtfertigen könnten. Die im Rahmen des stationären Aufenthalts 29. Dezember 2019 bis zum 11. Januar 2020 diagnostizierte Pankreatitis sowie die geplante Cholezystektomie führen zu keinen länger dauernden Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen.

Der Senat folgt nicht der Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. F. in seinem Gutachten vom 29. Dezember 2017. Diese widerspricht dem durch Prof. Dr. F. selbst erhobenen Untersuchungsbefund und den festgestellten objektiv-klinischen Funktionseinschränkungen. Zudem begründet Prof. Dr. F. seine Leistungseinschätzung primär mit chronischen Schmerzen und der psychischen Erkrankung des Klägers, mithin im Wesentlich fachfremd. Zudem ist zu berücksichtigen, dass - wie dargelegt - zwischenzeitlich hinsichtlich der Psoriasis-Arthritis eine deutliche Besserung erreicht werden konnte.

Dagegen vermochte sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass eine psychische Erkrankung, die der Kläger bei zumutbarer Willensanspannung aus eigener Kraft nicht zumindest soweit überwinden kann, dass er leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich ausüben kann, vorliegt. Grundsätzlich handelt es sich - auch soweit psychische Leiden vorliegen - um Krankheiten im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, d.h. um regelwidrige Körper- bzw. Geisteszustände, die geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit herabzusetzen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2012, a.a.O. Rdnr. 14). Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BSG jedoch, dass der Versicherte sie auch bei zumutbarer Willensanspannung nicht aus eigener Kraft überwinden kann (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 5 RJ 48/03 R - juris Rdnr. 30). Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (BSG, a.a.O.).

Im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation vom 22. Mai 2012 bis zum 10. Juli 2012 hat Dr. Dr. K. - bei ungestörter Orientierung, Antrieb und Psychomotorik - den Kläger im Erstkontakt aggressiv, gereizt, ironisch-abwertend, im weiteren Verlauf höflich zugewandt und offen, mit subjektiven Angaben von Konzentrationsstörungen, Grübelneigungen und Lebensüberdrussgedanken, dysphorisch wirkend beschrieben sowie eine Psychotherapie sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Bezug auf den seinerzeit innegehabten Arbeitsplatz empfohlen. Er hat nachvollziehbar und plausibel unter Würdigung des Untersuchungsbefundes eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in zeitlicher Hinsicht ausgeschlossen. Im Rahmen des stationären Aufenthalts im S.-Klinikum K. vom 30. Juli 2014 bis zum 30. Oktober 2014 hat Oberarzt Dr. W. den Kläger im Beziehungsverhalten zurückhaltend und vorsichtig, fast misstrauisch, später aufgedreht, bewusstseinsklar, voll orientiert, in Auffassung, Konzentration, Aufmerksamkeit und Gedächtnis unbeeinträchtigt, im formalen Denken grüblerisch, mit Gedankendrängen, Kontrollzwängen, im Ich-Bewusstsein ungestört, im Affekt deprimiert, gereizt, angespannt, negativistisch, verflacht, mit reduziertem Antrieb, massiver Impulsivität, ungestörtem Schlaf und Suizidgedanken, jedoch mit klarer Distanzierung von jeglicher suizidaler Handlungsplanung, beschrieben. Im Rahmen der dort durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen hat der Kläger in den Bereichen Reaktionsbereitschaft, Gedächtnisleistungen, Planungsfähigkeit, divergentes Problemlösen und Reaktionsinhibition durchschnittliche Leistungen innerhalb der Norm gezeigt. Schwächen ergaben sich bei der selektiven Aufmerksamkeit und beim Arbeitsgedächtnis. Dr. W. hat darauf hingewiesen, dass der Kläger aufgrund der relativen Stärken in den anderen kognitiven Bereichen seine bestehenden Defizite zumindest teilweise kompensieren kann. Dr. W. hat seinerzeit eine Rückkehr des Klägers an seinen bisherigen Arbeitsplatz für denkbar gehalten.

Dr. D. hat in ihrem Gutachten vom 5. März 2015 aufgrund einer ausführlichen Anamnese und einer gründlichen Untersuchung am 23. Februar 2015 eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, paranoiden, zwanghaften und schizoiden Anteilen und deutlichen Einschränkungen im Interaktions- und Kommunikationsverhalten und eine einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung, medikamentös gut eingestellt, beschrieben sowie eine depressive Symptomatik ausgeschlossen. Hinweise auf Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses, des formalen und inhaltlichen Denkens, auf Befürchtungen, Zwänge oder Sinnestäuschungen fand sie nicht. Der Affekt war euthym (ausgeglichen), der Antrieb und die Psychomotorik unauffällig. Sie hat schlüssig eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers in zeitlicher Hinsicht verneint.

Während der behandelnde Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. im Oktober 2016 eine mittelgradige depressive Episode bei rezidivierender Störung mit Residuum, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (Differentialdiagnose Asperger-Autismus) und eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung im Erwachsenalter diagnostiziert hat, hat die Ärztin für Psychotherapie W. im Oktober 2016 eine Belastungsreaktion, eine depressive Episode, eine Autismus-Spektrum-Störung und eine zentrale Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung benannt.

Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie M. hat in seinem Gutachten vom 4. April 2017 - wie Dr. D. - in erster Line eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, paranoiden, zwanghaften und schizoiden Anteilen beschrieben. Auch er hat eine aktuelle depressive Symptomatik ausgeschlossen. Der Gutachter M. hat den Kläger wach, bewusstseinsklar, allseits orientiert, ohne Auffälligkeiten in Kognition und Mnestik, zeitweise weitschweifig, genau erklärend, im formalen Gedankengang geordnet, die Dinge auf den Punkt bringend, sehr genau nachfragend und auch kritische Anmerkungen mit zum Teil ironischen Bemerkungen mitteilend, ohne inhaltliche Denkstörungen, Halluzinationen, Ich-Störungen, spezifische Ängste, im Affekt nicht zugewandt, im Tonfall freundlich, mimisch wenig beteiligt, subdepressiv, mit zeitweise vorliegender Traurigkeit und Lustlosigkeit beschrieben. Er hat sich der Leistungseinschätzung der Dr. D. angeschlossen.

Dr. S., bei dem sich der Kläger in zeitlich großen Abständen vorgestellt hat, hat auf Anfrage des Senats im Januar 2019 als Diagnosen eine mittelgradige bis schwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung, Asperger-Autismus (Differentialdiagnose kombinierte Persönlichkeitsstörung) und Aufmerksamkeitsdefizitstörung im Erwachsenenalter genannt. Zur Diagnose Asperger-Autismus im Widerspruch hat er mitgeteilt, dass "bezogen auf den Autismus" eine Testdiagnostik bisher nicht erfolgt ist. Die Ärztin für Psychotherapie W. hat ebenfalls im Januar 2019 über jeweils ein- bis zweimal im Monat erfolgte Vorstellungen des Klägers berichtet, ohne die von ihr ggf. dabei erhobenen konkreten psychiatrischen Untersuchungsbefunde mitzuteilen. Sie hat als Erkrankungen ein Aufmerksamkeit-Defizit-Syndrom (ADS) bzw. eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und eine Depression benannt und auch über depressionsfreie Phasen berichtet. Weiterhin hat sie eine Autismus-Spektrum-Störung diagnostiziert.

Während des kurzen stationären Aufenthalt im März 2019 im S.-Klinikum K. hat sich der Kläger mit kontrolliertem Beziehungsverhalten, misstrauisch, im weiteren Verlauf deutlich offener, ohne Blickkontakt und mit geschlossenen Augen, weitschweifig, mit ungestörter Auffassung, im formalen Denken grüblerisch, im Affekt deprimiert, gereizt, angespannt, negativistisch, verflacht, mit reduziertem Antrieb, teilweise impulsiv und ohne Hinweise auf ein psychotisches Erleben sowie Eigen- und Fremdgefährdung gezeigt. Die Klinikärzte haben den Kläger auf dessen Wunsch bei klarer Distanzierung von jeglicher suizidalen Handlungsplanung arbeitsunfähig entlassen.

Der Facharzt für Innere Medizin Dr. S. hat am 24. Juni 2019 dem Kläger - fachfremd - attestiert, dass es diesem "aufgrund mehrerer ausgeprägter Erkrankungen aus dem psychiatrischem Formenkreis" eine Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder anderer Transportmittel nicht möglich, eine medikamentöse Therapie "diese Woche" begonnen und in den nächsten Wochen eine Besserung der Symptome abzuwarten sei.

Aus der stationären Behandlung des Klinikum K. ist der Kläger am 20. September 2019 bei klarer Distanzierung von suizidalen Gedanken in gebessertem Allgemeinzustand entlassen worden; eine Verlegung in das Zentrum für Psychiatrie Wiesloch hat der Kläger abgelehnt. Im Rahmen des psychiatrischen Konsils am 13. September 2019 hat sich der Kläger wach, adäquat und freundlich im Kontakt sowie ohne Anhalt für psychotisch-wahnhafte Symptomatik und aktuelle Suizidalität gezeigt. Dort ist der Verdacht auf eine rezidivierende depressive Störung geäußert worden. Während des erneuten stationären Aufenthalts im Klinikum K. ist im Rahmen des psychiatrischen Konsils am 31. Dezember 2019 eine mittelschwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung diagnostiziert worden (Befund: wach, voll orientiert, Stimmung deutlich bedrückt und teilweise gereizt, Antrieb reduziert, formal geordnet, kein Hinweis auf Wahnerleben, keine Halluzinationen, keine Ich-Störungen, klar und glaubhaft von Suizidalität distanziert).

Prof. Dr. S. hat in seinem aktuellen Gutachten vom 24. Februar 2020 die vorhandenen Befundunterlagen sowie die Vorgutachten ausgewertet und überzeugend dargelegt, dass bei dem Kläger mit Wahrscheinlichkeit eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kombinierte Persönlichkeitsstörungen mit narzisstischen, paranoiden, zwanghaften und schizoiden Anteilen sowie eine rezidivierende depressive Störung vorliegt. Weiterhin hat er überzeugend darauf hingewiesen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Asperger-Syndrom bzw. eine Autismus-Spektrum-Störung auszuschließen ist. Nachdem der Kläger eine ambulante Untersuchung durch Prof. Dr. S. verweigert hat, obwohl ihm der Senat die Übernahme der Kosten für die Hin- und Rückreise mit einem Taxi (einfache Fahrt ca. 40 Kilometer) zum Untersuchungstermin bei Prof. Dr. S. zugesagt hatte und im Übrigen keine Hinweise auf eine Einschränkung der Wegefähigkeit bzw. Reisefähigkeit (dazu später) bestehen, konnten der aktuelle Gesundheitszustand des Klägers und die im Einzelnen daraus resultierenden Funktionseinschränkungen nicht festgestellt werden. Prof. Dr. S. hat sich mangels eigener Untersuchung, strukturierter Beschwerdevalidierung, kriterienorientierter Diagnostik und Funktionsanalyse nicht in der Lage gesehen, insbesondere Ausprägung und voraussichtliche Dauer der psychischen Erkrankungen sowie Art, Umfang und voraussichtliche Dauer eventueller quantitativer und/oder qualitativer Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) festzustellen. Zwar spricht viel dafür, dass bei dem Klägerin Funktionsdefizite hinsichtlich der Konflikt- und Gruppenfähigkeit sowie der Kritik- und Kommunikationsfähigkeit bestehen. Ob darüber hinaus dauerhafte qualitative oder quantitative Leistungseinschränkungen vorliegen, kann jedoch nicht festgestellt werden. Insbesondere hinsichtlich der rezidivierenden depressiven Störung ist das Vorliegen qualitativer und quantitativer Leistungseinschränkungen abhängig von der Ausgestaltung und dem Ausprägungsgrad der konkreten depressiven Symptomatik sowie dem Behandlungsverlauf. Regelmäßig führen nur chronisch schwergradige depressive Störungen zu quantitativen Leistungseinschränkungen. Eine solche chronisch schwergradige depressive Störung ist aber den vorliegenden Befund- und Behandlungsberichten nicht zu entnehmen, worauf Prof. Dr. S. zu Recht hingewiesen hat.

Der Senat ist mithin nicht davon überzeugt, dass die bei dem Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen Einschränkungen seines beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht bewirken. Vielmehr ist der Kläger noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden Beurteilung des Dr. Dr. K., der Dr. D., des Dr. L., des Nervenarztes M. und des Prof. Dr. S. an, welche sämtlich zeitliche Leistungseinschränkungen schlüssig verneint haben.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger in der Lage ist, noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit mit Ausnahme von Tätigkeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über fünf Kilogramm, überwiegendem Stehen oder Gehen, Sitzen in gleichförmiger Körperhaltung, häufigem Bücken, auf Leitern und Gerüsten, an laufenden Maschinen, mit erhöhten Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der Hände, in Nässe, Hitze und Kälte, mit Akkord- und Fließbandarbeit, mit einer besonders hohen Verantwortung und einer besonders hohen geistigen und emotionalen Beanspruchung, mit Publikumsverkehr sowie in Nacht- und Wechselschicht zu verrichten.

Steht das krankheits- bzw. behinderungsbedingte (Rest-)Leistungsvermögen fest, ist im nächsten Prüfungsschritt die Rechtsfrage zu klären, ob der Versicherte damit außerstande ist, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts" tätig zu sein (dazu BSG, a.a.O. Rdnr. 17 ff. m.w.N.). Diese Frage ist hier zu verneinen. "Bedingungen" sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind. Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen. Die Bedingungen sind "üblich", wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl. Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten, für die es faktisch "Angebot" und "Nachfrage" gibt. Das Adjektiv "allgemein" grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - und dem Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen.

Der Kläger kann - wie dargelegt - an fünf Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden arbeiten. Sieht man davon ab, dass ihm Schichtarbeiten krankheitsbedingt nicht mehr zugemutet werden dürfen, benötigt er im Hinblick auf Dauer und Verteilung der Arbeitszeit keine Sonderbehandlung, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich wäre. Er hat auch keinen erhöhten, betriebsunüblichen Pausen- oder Urlaubsbedarf und ist in einem Betrieb, also außerhalb geschützter Einrichtungen, einsetzbar. Dabei ist der Senat der Auffassung, dass der Kläger über die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit notwendigen kognitiven Grundfähigkeiten verfügt. Nach der Rechtsprechung des BSG werden unter den Begriff der üblichen Bedingungen "auch tatsächliche Umstände" verstanden, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz, mithin ausschließlich kognitive Grundfähigkeiten (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rdnr. 29). Wie dargelegt, kann im Hinblick auf die eingeschränkte Kooperation des Klägers kein Leiden objektiviert werden, das leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließt. Die angesprochenen kognitiven Grundfähigkeiten sind nicht betroffen, sondern allenfalls qualitative Leistungsausschlüsse für geistig und emotional besonders anspruchsvolle Tätigkeiten.

Die gesundheitlichen Einschränkungen sind weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen (dazu BSG, a.a.O. Rdnr. 24 ff.). Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch in der Lage ist, körperlich leichte und geistige einfache Tätigkeiten - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten regelmäßig gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 79/09 R - BSGE 109, 189). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen des Klägers es diesem erlaubt, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es liegt weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.

Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass bei dem Kläger die erforderliche Wegefähigkeit vorliegt. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (beispielsweise BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110, 1). Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80, 24/35). Nach dieser Rechtsprechung gilt (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, a.a.O.): Hat - wie hier - der Versicherte keinen Arbeitsplatz inne und wird ihm ein solcher auch nicht angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm noch möglich sein müssen, - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern mit zumutbarem Aufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Dazu gehört z.B. auch die zumutbare Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Senat der Überzeugung, dass bei dem Kläger Wegefähigkeit vorliegt. Dr. K., Dr. D., Dr. L., der Psychiater M. und Prof. Dr. F. haben in Einklang mit den von ihnen erhobenen objektivierbaren Befunden und für den Senat überzeugend begründet, dass der Kläger in der Lage ist, viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zu bewältigen und ferner zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Die bei dem Kläger vorliegenden somatischen Erkrankungen sind nicht geeignet, eine Einschränkung der Wegefähigkeit zu begründen. Prof. Dr. S. hat in seinem aktuellen Gutachten nach Auswertung sämtlicher aktenkundiger Behandlungsunterlagen über den Kläger überzeugend angenommen, dass aufgrund der psychischen Erkrankungen keine Hinweise auf eine relevante Beeinträchtigung der Wegefähigkeit bestehen. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar ist, ergeben sich auch nicht aus dem Vorfall am 8. Mai 2019.

Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist der Kläger in dem hier streitigen Zeitraum weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Somit hat die Berufung keinen Erfolg.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

6. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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