L 7 R 4020/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 729/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 4020/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. September 2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht als selbständig Tätiger nach § 2 Satz 1 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und die damit verbundene Festsetzung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2008.

Der 1966 geborene Kläger ist als freier Handelsvertreter tätig.

Der Kläger schloss am 1. Oktober 2006 mit der C GmbH, ein Unternehmen, welches Kassensysteme anbietet, einen Handelsvertretervertrag mit folgenden Inhalten:

§ 1 Gegenstand des Vertrages 1) Der Handelsvertreter übernimmt zum 9. Oktober 2006 für C den Vertrieb ihrer Produkte. [ ...] 2) Zu Tätigkeit gehören insbesondere: a) die Bearbeitung der Anfragen im Namen der C , b) die Ausarbeitung von Komplettangeboten unter Einbindung geeigneter Partner, c) die Präsentation dieser Lösungen beim Kunden, d) der Abschluss von Aufträgen im Namen und für Rechnung der C.

§ 2 Ort Zeit der Tätigkeit a) Der Handelsvertreter bestimmt seinen Arbeitsort und seine Arbeitszeit nach pflichtgemäßem Ermessen. b) Der Handelsvertreter ist berechtigt, neben seiner Tätigkeit für C auch Geschäfte im Namen anderer Firmen und auf eigene Rechnung zu tätigen. c) Der Handelsvertreter unterrichtet die Geschäftsführer von C wöchentlich über seine Aktivitäten und den Stand der Projekte. d) Der Handelsvertreter ist nicht weisungsgebunden. Er arbeitet ausschließlich zielorientiert.

§ 3 Vergütung 1) Der Handelsvertreter erhält für die von ihm abgeschlossenen Aufträge Abschluss-Provision gemäß beigefügte Vereinbarung. Für Fahrtkosten und Spesen werden keine Provisionen gezahlt. 2) Die Provision ist mit der Zahlung des Kunden an C fällig und wird monatlich abgerechnet. Der Handelsvertreter stellt C eine Auftragsliste zum Abgleich zur Verfügung.

§ 4 Aufwendungen Der Handelsvertreter erhält seine Aufwendungen nicht ersetzt (keine Fahrtkosten, Spesen o.ä.).

§ 5 Verschwiegenheit [ ...]

§ 6 Beendigung des Vertragsverhältnisses 1) Der Handelsvertretervertrag ist von beiden Seiten mit einer Frist von 3 Monaten zum Jahresende kündbar, erstmals zum 31. Dezember 2007. Unberührt bleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung. 2) Die Kündigung bedarf der Schriftform. Einer Begründung bedarf die ordentliche Kündigung des Vertrages nicht.

§ 7 Schriftformklausel [ ...]

Nach einer Zusatzvereinbarung zum Handelsvertretervertrag wurde die Provisionierung des Klägers in Höhe unterschiedlicher Prozentsätze vom Ertrag in Abhängigkeit des vertriebenen Gegenstandes (Kassen, Verbrauchsmaterial oder Dienstleistungen) festgelegt.

Am 9. Oktober 2006 meldete der Kläger ein Gewerbe in Form des Handels mit Registrierkassen, Computern und Zubehör ab 1. Oktober 2006 an. Zum 1. November 2008 meldete der Kläger das Gewerbe ab. Ab 1. November 2008 war der Kläger bei der C GmbH im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschäftigt.

Im Rahmen des Betriebsprüfungsverfahrens durch die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg teilte die C GmbH mit, dass mit dem Kläger ein Handelsvertretervertrag bestanden habe und der Kläger ein Handelsgewerbe angemeldet habe. Die Tätigkeit des Klägers habe in der Bearbeitung der Anfragen, Ausarbeitung von Angeboten, Präsentation bei Kunden und Abschluss von Aufträgen bestanden. Aufgrund von Pfändungen habe der Kläger um gleichbleibende Zahlungen, die auf die Provisionen angerechnet worden seien, gebeten. Im Hinblick auf eine im November 2008 für einen kurzen Zeitraum erfolgte Anmeldung als abhängig Beschäftigter bei nahezu gleicher Vergütung verwies die C GmbH auf eine bei dieser Tätigkeit bestehende Anwesenheitspflicht und Übernahme von Servicetätigkeiten und Wochenendnotdiensten. Bezüglich des unternehmerischen Risikos des Klägers verwies die C GmbH auf eigene Kundenakquise, Erzielung von Provisionen ausschließlich aus der Handelsspanne, Entscheidung über Verkaufskonditionen, freie Einteilung der Arbeitszeit und Einsatz von eigenem Kapital durch den Kläger.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 hörte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg den Kläger aufgrund der bei der Firma C GmbH für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2009 durchgeführten Betriebsprüfung zu einer Nachforderung zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 0,00 Euro an. Bei der Prüfung sei festgestellt worden, dass der Kläger im Zeitraum von Oktober 2006 bis Oktober 2008 als Handelsvertreter versicherungsfrei für die Firma C GmbH tätig gewesen sei.

Der Kläger gab zur Beschreibung seiner Tätigkeit im Fragebogen unter dem 11. Mai 2011 den Vertrieb und Supportdienstleistung von Kassensystemen an. Zu seinem unternehmerischen Risiko verwies er auf die Abwicklung der C GmbH. Er beschäftige keine eigenen Mitarbeiter. Am Markt trete er mit Visitenkarten der C GmbH auf. Auf die Frage, worin sich seine Tätigkeit von der eines abhängig versicherungspflichtig Beschäftigten unterscheide, gab er an, es bestehe kein Unterschied.

Unter dem 26. Juli 2011 übersandte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg dem Kläger als Verfahrensbeteiligten den Bescheid über die bei der C GmbH U. durchgeführte Betriebsprüfung. Es sei festgestellt worden, dass der Kläger im Zeitraum von Oktober 2006 bis Oktober 2008 als Handelsvertreter sozialversicherungsfrei für die Firma G. tätig gewesen sei. Da vom Kläger – bis auf einen Fragebogen – sämtliche angeforderten Unterlagen fehlten, werde die Entscheidung anhand der vorliegenden Unterlagen getroffen. Nach dem vom Arbeitgeber (C GmbH) vorliegenden Handelsvertretervertrag könne der Kläger frei über seine Arbeitszeit bzw. seinen Arbeitsort entscheiden und erhalte eine erfolgsabhängige Vergütung in Form von Provisionen. Der Handelsvertreter (der Kläger) sei weiter berechtigt, neben seiner Tätigkeit für die C GmbH auch Geschäfte im Namen anderer Firmen bzw. auf eigene Rechnung durchzuführen. Zudem handele er nicht weisungsgebunden. Ob im geprüften Fall die vertraglichen Verhältnisse deckungsgleich seien, habe mangels Angaben des freien Mitarbeiters (des Klägers) nicht geprüft werden können. Die angeforderten Einsatzpläne seien nicht eingereicht worden. Somit erschienen die Angaben des Arbeitgebers (C GmbH) glaubhaft und hätten mangels weiterer Unterlagen bei der Bescheiderteilung berücksichtigt werden müssen. Im Fragebogen habe der Kläger angegeben, dass sich die von ihm ausgeübte Tätigkeit nicht von der Tätigkeit der abhängig Beschäftigten unterschieden habe. Nachweise dazu seien nicht vorgelegt worden. Dass sich der Kläger nach seinen Angaben gegenüber Kunden mit Visitenkarten der C GmbH ausgewiesen habe, sei ein schwaches Indiz, das für eine abhängige Beschäftigung spreche. Allerdings werde dazu auch auf die Konstellation des freien Handelsvertreters mit der Firma E. verwiesen. Auch diesbezüglich ergebe sich anhand des Erscheinungsbildes (Kleidung, Kühllaster usw. der Eindruck, die Handelsvertreter seien abhängig Beschäftigte). Dennoch sei in einem Statusfeststellungsverfahren das Vorliegen einer selbständigen und damit sozialversicherungsfreien Tätigkeit bejaht worden. Auch ein unternehmerisches Auftreten habe dem Kläger nachgewiesen werden können, da er im Branchenbuch von "meinestadt.de" unter dem Eintrag "Markus Weber Registrierkassen" geführt werde. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass beide Parteien vom Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen seien. Schließlich sei weder durch den Auftraggeber noch durch den Auftragnehmer ein Statusfeststellungsverfahren eingeleitet worden, obwohl sich nach Auffassung des Klägers seine Tätigkeit nicht von der der abhängig Beschäftigten unterschieden habe und er sich selbst zweifelsfrei als abhängig Beschäftigter gesehen habe. Auch die im Anhörungsverfahren vorgebrachte Stellungnahme des Rechtsanwalts des Klägers schließe das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit nicht generell aus. Es überwögen somit eindeutig die Sachverhalte, die für eine sozialversicherungsfreie, unternehmerische Tätigkeit sprächen. Die überprüfte Tätigkeit des Klägers unterliege somit nicht der Sozialversicherungspflicht.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 wies die Beklagte auf das Bestehen von Versicherungspflicht als Handelsvertreter kraft Gesetzes nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI hin und gab dem Kläger Gelegenheit, die Zahlung eines einkommensgerechten Beitrags anstatt des halben Regelbeitrags zu beantragen.

Der Kläger machte daraufhin mit Schreiben vom 24. November 2011 geltend, bereits mehrfach unter Vorlage entsprechender Dokumente vorgetragen zu haben, dass zwischen ihm und der Firma C GmbH ein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe und er deshalb den Vordruck bezüglich Angaben zur Beitragszahlung nicht ausfüllen könne.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2012 wies der Beklagte darauf hin, dass die Versicherungspflicht als selbständig Tätiger zu prüfen sei, weil konkrete Hinweise vorlägen, dass der Kläger in seiner selbständigen Tätigkeit der Versicherungspflicht unterliege bzw. unterlegen habe.

Durch das Finanzamt G. wurden der Beklagten Einkünfte aus dem Betrieb als Handelsvertretung für das Jahr 2006 in Höhe von 10.302 Euro (neben Einkünften aus einer Beteiligung an einer GmbH & Co. KG in Höhe von 15.592 Euro), für das Jahr 2007 in Höhe von 14.064 Euro, für das Jahr 2008 in Höhe von 14.787 Euro sowie für das Jahr 2009 in Höhe von 1.654 Euro mitgeteilt.

Mit Bescheid vom 26. März 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er ab 1. Oktober 2006 nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei und daher Pflichtbeiträge zu zahlen habe. Ab 1. Januar 2007 habe er einen einkommensgerechten Beitrag zu zahlen. Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI seien selbständig tätige Personen rentenversicherungspflichtig, die im Zusammenhang ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigten sowie auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig seien (Selbständige mit einem Auftraggeber). Diese Voraussetzungen seien beim Kläger erfüllt. Mit der beigefügten Beitragsrechnung forderte die Beklagte insgesamt Beiträge in Höhe von 5.250,96 Euro. Es seien noch Pflichtbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2007 in Höhe von 2.798,76 Euro (monatlicher Beitrag 233,23 Euro) und für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Oktober 2008 in Höhe von 2.452,20 Euro (monatlicher Beitrag 245,22 Euro) zu zahlen. Die Beitragshöhe ermittelte die Beklagte unter Zugrundelegung von Arbeitseinkommen in Höhe von monatlich 1.172,00 Euro ab 1. Januar 2007 und in Höhe von 1.232,25 Euro ab 1. Januar 2008.

Mit weiterem Bescheid vom 26. März 2012 stellte der Beklagte Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 SGB VI ab 1. November 2008 fest. Der Kläger schulde noch einen Beitrag in Höhe von 5.250,96 Euro. Der Kläger übe seine selbständige Tätigkeit seit dem 1. November 2008 in geringfügigem Umfang aus, weshalb Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe.

Am 26. April 2012 legte der Kläger gegen die Bescheide vom 26. März 2012 Widerspruch ein. Es sei bereits durch Schriftsatz vom 20. Juli 2011 unter Vorlage diverser Dokumente dargelegt worden, dass zwischen dem Kläger und der Firma C GmbH ein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehe.

Die Beklagte wies darauf hin, dass mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. Juli 2011 vom Prüfdienst der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg festgestellt worden sei, dass die Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. Oktober 2008 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Es handele sich um eine selbständige Tätigkeit. An den Bescheid sei die Beklagte gebunden. Das Schreiben vom 20. Juli 2011 sei der Beklagten nicht bekannt.

Mit Bescheid vom 27. Juli 2012 stellte die Beklagte in der Zeit vom 1. November 2008 bis 1. November 2008 Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 SGB VI fest, da der Kläger in dieser Zeit seine selbständige Tätigkeit in geringfügigem Umfang ausgeübt habe. Der Bescheid werde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Mit weiterem Bescheid vom 27. Juli 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Rentenversicherungspflicht als selbständig Tätiger ende mit Ablauf des 1. November 2008. Die Beklagte bezifferte die ausstehenden Beiträge erneut auf 5.250,96 Euro. Der Bescheid werde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.

Gegen die Bescheide vom 27. Juli 2012 legte der Kläger am 23. August 2012 unter Wiederholung der Begründung des Widerspruchs gegen die Bescheide vom 26. März 2012 Widerspruch ein.

Einen Überprüfungsantrag des Klägers vom 5. November 2012 bezüglich des Bescheides vom 26. Juli 2011 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg mit Bescheid vom 4. Februar 2013 ab. Da auch im Überprüfungsverfahren keine neuen Unterlagen eingereicht worden seien, bleibe es hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 1. Oktober 2006 bis Oktober 2008 bei der C GmbH bei der getroffenen Entscheidung.

Nachdem auf wiederholte Nachfragen der Beklagten zum Stand des Überprüfungsverfahrens keine Mitteilung durch den Kläger erfolgte, wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. März 2012 mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2016 zurück. Es werde der Verzicht auf die Forderung von Pflichtbeiträgen für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2008 in Höhe von 5.250,96 Euro begehrt, weil eine abhängige Beschäftigung behauptet werde. Dem Begehren könne nicht entsprochen werden. Von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg sei mit Bescheid vom 26. Juli 2011 der Status als Selbständiger festgestellt worden. An diese Feststellung sei die Beklagte gebunden. Der Anspruch auf die Beiträge für das Jahr 2007 verjähre am 31. Dezember 2011. Aufgrund der vorliegenden Betriebsprüfung (vom 7. Dezember 2010 bis 22. Juli 2011) verlängere sich jedoch die Verjährungsfrist auf den 16. August 2012. Da der Beitragsbescheid am 26. März 2012 erteilt worden sei, könnten die Beiträge für das Jahr 2007 noch gefordert werden.

Am 2. März 2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm erhoben. Der Kläger sei im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2008 nicht selbständig rentenversicherungspflichtig, sondern beim Unternehmen C GmbH sozialversicherungspflichtig abhängig beschäftigt gewesen. Die Beklagte sei rechtsfehlerhaft zu der Entscheidung gelangt, dass hier kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege und habe die Gesamtumstände der sozialversicherungsrechtlichen Einordnung des Klägers gemäß § 7 Abs. 1 SGB VI rechtsfehlerhaft bzw. überhaupt nicht gewürdigt. Nach den in der Rechtsprechung angewandten Kriterien überwögen im vorliegenden Fall eindeutig die Merkmale einer abhängigen Tätigkeit.

Auf den Hinweis des SG, dass mit Bescheid vom 26. Juli 2011 bindend festgestellt worden sei, dass die Tätigkeit des Klägers für die CKV vom 1. Oktober 2006 bis 1. Oktober 2008 sozialversicherungsfrei ausgeübt worden sei, machte der Kläger geltend, der Bescheid vom 26. Juli 2011 über die Feststellung der sozial versicherungsfreien Tätigkeit des Klägers bei der Firma C GmbH habe sich explizit an die Firma C GmbH gerichtet. Er habe keinen derartigen Bescheid erhalten, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sei, dagegen Widerspruch zu erheben. Er habe lediglich das Schreiben vom 26. Juli 2011 mit der Anlage des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom selbigen Datum an die Firma C GmbH erhalten. Das Schreiben sei aber weder als Bescheid deklariert oder erkennbar noch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen gewesen.

Mit Urteil vom 13. September 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sei, und habe zu Recht ihm gegenüber Pflichtbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2008 in Höhe von insgesamt 5.250,96 Euro geltend gemacht. Nach den Feststellungen des bestandskräftigen Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 26. Juli 2011 sei der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Handelsvertreter bei der Firma C GmbH in der Zeit von Oktober 2006 bis Oktober 2008 selbständig tätig gewesen. Wegen der Bindungswirkung des § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne insoweit keine materiell-rechtliche Prüfung erfolgen, so dass es auf den Vortrag des Klägers, er sei im betreffenden Zeitraum abhängig beschäftigt gewesen, nicht ankomme. Der Kläger sei gemäß § 12 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) am Verfahren beteiligt worden. Durch die Übersendung der Mehrfertigung des Bescheides vom 26. Juli 2011 und die im Begleitschreiben enthaltenen Hinweise sei eine Hinzuziehung des Klägers zum Verfahren gemäß § 12 SGB X erfolgt. Hinzugezogene hätten alle Rechte eines Beteiligten, sie könnten Eigenrechte wahrnehmen und Widerspruch und Klage erheben. Zur Überzeugung des Gerichts gelte für die Einlegung des Widerspruchs die Monatsfrist des § 84 SGG, auf die in der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 26. Juli 2011 hingewiesen worden sei und die für den Kläger mit der Bekanntgabe des Bescheids an ihn begonnen habe. Einer eigenen Rechtsbehelfsbelehrung gegenüber dem Kläger habe es nicht bedurft, da ihm gegenüber gerade kein eigener Bescheid erlassen worden sei und dies wegen der durch § 12 SGB X bewirkten Bindungswirkung auch nicht angebracht gewesen sei. Der Kläger habe in der streitgegenständlichen Zeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt und sei nach den vorliegenden Unterlagen auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber, nämlich die Firma C GmbH tätig gewesen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18. September 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Oktober 2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Der Kläger sei im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2008 nicht selbständig, sondern sozialversicherungspflichtig abhängig beschäftigt gewesen. Zur Begründung hat er die Ausführungen im Klageverfahren wiederholt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. September 2017 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 26. März 2012 in der Fassung des Bescheides vom 27. Juli 2012 (über das Ende der Versicherungspflicht) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden durfte (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist unbegründet.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft und die streitigen Beiträge die Wertgrenze übersteigen (§ 144 Abs. 1 SGG).

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 23. März 2012 in der Fassung des Bescheides (über das Ende der Versicherungspflicht) vom 27. Juli 2012 (§ 86 SGG) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2016 (§ 95 SGG), durch die die Beklagte festgestellt hat, dass der Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. Oktober 2008 nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI im Hinblick auf seine selbständige Tätigkeit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei, und Beiträge zur Rentenversicherung ab Januar 2007 auf monatlich 233,23 EUR und für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Oktober 2008 auf monatlich 257,25 EUR, insgesamt auf 5.250,96 EUR, festgesetzt hat. Der Bescheid vom 26. März 2012, mit dem die Beklagte das Bestehen von Versicherungspflicht ab 1. Oktober 2006 festgestellt und einen einkommensgerechten Beitrag festgesetzt hat, wurde durch den Bescheid vom 26. März 2012, durch den Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 SGB VI ab 1. November 2008 festgestellt wurde und (ebenfalls) die geschuldeten Beiträge (5.250,96 Euro) festgesetzt wurden, zeitlich begrenzt. Mit Bescheid vom 27. Juli 2012 wurde das Ende der Versicherungspflicht als Selbständiger mit Ablauf des 1. November 2008 erklärt und erneut Beiträge in Höhe von 5.250,96 Euro gefordert. Hinsichtlich der Festsetzung des Endes der Versicherungspflicht auf den 1. November 2008 geht der Bescheid ins Leere, da für die Zeit ab 1. November 2008 bereits Versicherungsfreiheit mit Bescheid vom 26. März 2012 und mit weiterem Bescheid vom 27. Juli 2012 zusätzlich Versicherungsfreiheit für den 1. November 2008 festgestellt wurde.

Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG; vgl. ferner Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 23/14 R - BSGE 118, 294 - juris Rdnr. 12). Die Berufung gegen das klageabweisende Urteil ist unbegründet. Die Bescheide der Beklagten vom 26. März 2012 in der Fassung des Bescheides vom 27. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. Oktober 2008 die Versicherungspflicht hinsichtlich der selbständigen Tätigkeit des Klägers nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI festgestellt und die entsprechenden Beiträge ab 1. Januar 2007 festgesetzt.

Gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI in der ab 1. Juli 2006 geltenden Fassung (Gesetz vom 29. Juni 2006, BGBl. I, 1402) bzw. der ab 1. Mai 2007 geltenden Fassung (Gesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) (a.F.) sind versicherungspflichtig selbständig tätige Personen, die a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, (bis 30. April 2007: dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 400 Euro im Monat übersteigt,) und b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Oktober 2007 - B 12 R 24/07 B - juris Rdnr. 7; Urteil vom 10. Mai 2006 - B 12 RA 2/05 R - juris Rdnr. 30 m.w.N. zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung).

Der Kläger hat eine selbständige Tätigkeit ausgeübt. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG steht das Tatbestandsmerkmal der selbständigen Tätigkeit nicht bereits aufgrund der Bindungswirkung des von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg erlassenen Bescheides vom 26. Juli 2011 für den Senat und die Beteiligten fest. Zwar handelt es sich bei dieser Entscheidung um einen feststellenden Verwaltungsakt, der entgegen dessen Auffassung auch gegenüber dem Kläger bindend geworden ist, weil dieser gemäß § 12 SGB X am (Betriebsprüfungs-)Verfahren beteiligt worden ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch gegenüber dem beklagten Rentenversicherungsträger ist der Bescheid vom 26. Juli 2011 verbindlich, zumal eine Bekanntgabe an diesen erfolgt ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 1999 – B 12 KR 2/99 RSozR 3-2400 § 28h Nr. 9 Rdnr. 24). Nachdem der Bescheid insbesondere vom Kläger nicht fristgerecht angefochten worden ist, ist der Verwaltungsakt bestandskräftig und damit gemäß § 77 SGG in der Sache bindend geworden. Diese Bindungswirkung erstreckt sich jedoch nur auf die getroffene Regelung, also den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, nicht auf die tragenden Gründe (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1999 – B 11 AL 53/99 R – juris Rdnr. 19 m.w.N.). Entscheidend ist, welche Regelung inhaltlich getroffen werden soll. Für die Regelung als erfüllt angesehene Tatbestandsmerkmale sind nicht losgelöst von dieser Regelung auch für andere Ansprüche oder Rechtsverhältnisse bindend festgestellt (Binder in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl. 2017, § 77 Rdnr. 6). Die Bindungswirkung des Bescheides vom 26. Juli 2011 erstreckt sich lediglich auf die Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter bei der C GmbH. Der Verfügungssatz des genannten Bescheides trifft die Feststellung, dass der Kläger hinsichtlich seiner Tätigkeit als Handelsvertreter für die C GmbH nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg ist in dem Bescheid unter der Überschrift "Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit" zu dem Ergebnis gelangt, dass die überprüfte Tätigkeit des Klägers nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Wie bereits die Verknüpfung "somit" zeigt, beschränkt sich die eigentliche Regelung auf die Feststellung der nicht bestehenden Versicherungspflicht (als Beschäftigter), während das Nichtbestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern einer selbständigen Tätigkeit nur den Grund für diese Regelung angibt. Zur bloßen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines "abhängigen Beschäftigungsverhältnisses" oder gar zur Feststellung einer "selbständigen Tätigkeit" wäre die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg auch nicht befugt gewesen. Rechtsgrundlage für den Feststellungsbescheid war § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Diese Befugnis steht den Rentenversicherungsträgern zwar nur im Rahmen der Beschäftigtenversicherung zu, so dass zwangsläufig immer zunächst das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zu prüfen ist. Dies stellt jedoch nur eines von mehreren Tatbestandsmerkmalen dar, wenn auch bei Verneinung eine weitere Prüfung entbehrlich wird. Der Rentenversicherungsträger ist aber gleichwohl durch diese gesetzliche Regelung nur zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter ermächtigt, nicht aber des Vorliegens einer Beschäftigung (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2009 – B 12 R 6/08 R – juris m.w.N.) und damit erst recht nicht einer selbständigen Tätigkeit. Eine Feststellung des Elementes "Beschäftigungsverhältnis" oder "selbständige Tätigkeit" ist daher nicht zulässig. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg hat auch nicht entgegen ihrer fehlenden Befugnis eine rechtswidrige (bindende) Feststellung des Vorliegens einer selbständigen Tätigkeit getroffen. Wie bereits dargestellt, lässt die Überschrift "Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit" und das mitgeteilte Prüfergebnis, dass die überprüfte Tätigkeit des Klägers nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt, erkennen, dass die Annahme, nicht ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, sondern eine selbständige Tätigkeit liege vor, nur der Begründung des den Verfügungssatz bildenden Ergebnisses der Prüfung dient. Aufgrund der bindenden Feststellung der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg steht mithin zwischen den Beteiligten lediglich fest, dass der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Handelsvertreter für die C GmbH nicht der Versicherungspflicht als Beschäftigter unterliegt. Eine Feststellung der Selbständigkeit der Tätigkeit ist weder positiv noch negativ erfolgt. Soweit in dem an den Kläger gerichteten Begleitschreiben vom 26. Juli 2011, mit welchem die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg dem Kläger den Bescheid vom 26. Juli 2011 bekannt gegeben hat, mitgeteilt wurde, dass dies für den Kläger zur Folge habe, dass er als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger der Rentenversicherungspflicht unterliege, handelt es sich lediglich um eine Information. Eine Regelung wollte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg damit erkennbar nicht treffen. Es wurde lediglich auf die Übersendung des Bescheides und – wegen der aufgrund des Prüfergebnisses angenommenen Folge des Bestehens von Rentenversicherungspflicht als Selbständiger – eine Abgabe an die zuständige Sachbearbeitung hingewiesen.

Gleichwohl ist festzustellen, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers als Handelsvertreter für die C GmbH um eine selbständige Tätigkeit gehandelt hat.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung – in Abgrenzung zu einer selbständigen Tätigkeit – ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV); Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (z.B. BSG, Urteil vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R – juris Rdnr. 13). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris Rdnr. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rdnr. 17 – jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rdnr. 16).

Im vorliegenden Fall ist die Abgrenzung der Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters von der eines abhängig Beschäftigten streitig. Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs. 1 Satz 2 HGB). Wer, ohne selbständig im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter (§ 84 Abs. 2 HGB). Das BSG hat die maßgeblichen Kriterien für die Abgrenzung zwischen beiden Tätigkeiten in einem Grundsatzurteil vom 29. Januar 1981 (12 RK 63/79 – SozR 2400 § 2 Nr. 16 – juris Rdnr. 18 ff.) dargelegt. Daran hält es in ständiger Rechtsprechung fest (vgl. etwa BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 – B 12 KR 28/03 R – juris Rdnr. 24). Danach unterscheiden sich die Vertragstypen des Handelsvertreters und des mit der Vermittlung von Geschäften betrauten Handlungsgehilfen nicht nach der Art der zu leistenden Dienste, sondern allein nach dem Maß an persönlicher Freiheit, das dem Dienstpflichtigen bei seiner Tätigkeit eingeräumt ist. Kann er seine Vermittlungstätigkeit im Wesentlichen frei gestalten, ist er Handelsvertreter, im anderen Falle Handlungsgehilfe (BSG, Urteil vom 29. Januar 1981 a.a.O. Rdnr. 18). Da der Handelsvertreter bei der Gestaltung seiner Tätigkeit nur "im Wesentlichen" frei zu sein braucht, kann seine unternehmerische Freiheit eingeschränkt sein, solange diese Einschränkungen seine Selbständigkeit "nicht in ihrem Kerngehalt beeinträchtigen" (BSG a.a.O. Rdnr. 19 m.w.N.). Dass auch der Handelsvertreter an Weisungen des Unternehmers gebunden ist, hebt seine rechtliche Selbständigkeit nicht auf. Erst wenn das Weisungsrecht des Unternehmers vertraglich so stark ausgestaltet ist, dass der Beauftragte seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit wie ein Angestellter einrichten muss, kann er nicht mehr als selbständig und damit als Handelsvertreter angesehen werden. Während der Unternehmer über die Arbeitskraft des abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen durch einseitig erteilte Weisungen grundsätzlich unbeschränkt verfügen kann, fehlt eine derartige persönliche Abhängigkeit beim Handelsvertreter, der seinem Auftraggeber in einem Verhältnis persönlicher Selbständigkeit und Gleichstellung gegenübersteht (BSG a.a.O. Rdnr. 20 m.w.N.). Die persönliche Selbständigkeit des Handelsvertreters, die eine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Unternehmer nicht ausschließt, kommt vor allem in den in § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB genannten Merkmalen zum Ausdruck. Daneben können noch weitere Umstände von Bedeutung sein, soweit sie als Indizien für das Vorliegen der ausdrücklich im Gesetz genannten Merkmale der Selbständigkeit anzusehen sind oder sich schon aus der Unternehmereigenschaft des Handelsvertreters ergeben; zu ihnen gehört insbesondere das eigene Unternehmerrisiko, das als Gegenstück der unternehmerischen Betätigungsfreiheit im Unternehmerbegriff mit enthalten ist. Handelsvertreter ist danach, wer von einem Unternehmer ständig mit der Vermittlung von Geschäften betraut ist, sofern er nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit persönlich selbständig ist, insbesondere im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann und ein entsprechendes Unternehmerrisiko trägt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist er angestellter Handlungsgehilfe (BSG a.a.O. Rdnr. 21). Von den gleichen Grundsätzen ist auch im Recht der Sozialversicherung auszugehen und danach die versicherungsfreie Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters von der versicherungspflichtigen Beschäftigung eines abhängigen Handlungsgehilfen abzugrenzen (BSG a.a.O. Rdnr. 22). So wird auch im Sozialversicherungsrecht eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet, während ein abhängig Beschäftigter typischerweise einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, das Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung umfasst. Auch die Rechtsprechung zur Sozialversicherung bezieht dabei für die Unterscheidung zwischen selbständigen und abhängigen Dienstleistungen alle Umstände des Falles ein, stellt also auf das "Gesamtbild" ab, berücksichtigt allerdings auf der anderen Seite auch den Zweck der Sozialversicherung, den abhängig Beschäftigten wegen ihrer vom Gesetzgeber unterstellten sozialen Schutzbedürftigkeit ein besonderes Sicherungssystem des öffentlichen Rechts zur Verfügung zu stellen (BSG a.a.O. Rdnr. 23). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, über dessen Normen grundsätzlich nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden kann, schließen es aus, dass über die rechtliche Einordnung der Tätigkeit allein die von den Vertragsschließenden getroffenen Vereinbarungen entscheiden. Allein der Wille der Vertragsschließenden, eine mit der Vermittlung von Geschäften beauftragte Person den Normen des Handelsvertreterrechts zu unterstellen (etwa durch die Formulierung "Handelsvertreter gemäß § 84 Abs. 1 HGB") kann deshalb für die Frage ihrer Versicherungspflicht dann nicht maßgebend sein, wenn diese rechtliche Einordnung den sonstigen Bestimmungen des Vertrages oder ihrer tatsächlichen Anwendung nicht entspricht. Dabei kommt es nicht nur auf die schriftlich niedergelegten oder ausdrücklich getroffenen Vertragsbestimmungen an; zu berücksichtigen ist vielmehr auch das schlüssige (konkludente) Verhalten der Vertragspartner. Der im Vertrag verlautbarte Wille der Vertragspartner, die beiderseitigen Beziehungen in einem bestimmten Sinne zu regeln, insbesondere ein Dienstverhältnis den Normen eines bestimmten Vertragstyps zu unterstellen, ist somit für die Beurteilung der Versicherungspflicht eines der Partner nur dann maßgebend, wenn die übrigen Bestimmungen des Vertrags und seine tatsächliche Durchführung der gewählten Vertragsform entsprechen (BSG a.a.O. Rdnr. 24).

Nach diesen Maßstäben ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger als selbständiger Handelsvertreter für die C GmbH tätig war. Für eine selbständige Tätigkeit spricht bereits der ausdrückliche Abschluss eines "Handelsvertretervertrags", so dass der Kläger nach dem Willen der Vertragsschließenden als (selbständiger) Handelsvertreter tätig werden sollte. Dem entsprechen auch die einzelnen Bestimmungen des Vertrages vom 1. Oktober 2006. Nach dem unter § 1 beschriebenen Tätigkeitsfeld (Bearbeitung der Anfragen im Namen von C , Ausarbeitung von Komplettangeboten unter Einbindung geeigneter Partner, Präsentation dieser Lösungen beim Kunden, Abschluss von Aufträgen im Namen und für Rechnung von C ) war der Kläger mit dem Abschluss von Geschäften im Namen der C GmbH betraut, so dass es sich gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB um eine typische Handelsvertretertätigkeit gehandelt hat. Darüber hinaus ist in § 2 des Vertrages vorgesehen, dass der Kläger seinen Arbeitsort und seine Arbeitszeit nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen soll und nicht weisungsgebunden ist, womit gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB die Kriterien für eine selbständige Tätigkeit erfüllt sind. Der Kläger war damit nicht in einem bestimmten zeitlichen Umfang zur Ableistung seiner Tätigkeit verpflichtet. Darüber hinaus war der Kläger berechtigt, auch für andere Firmen und auf eigene Rechnung tätig zu werden. Dass dem Kläger die Verpflichtung zur wöchentlichen Unterrichtung der Geschäftsführer der C GmbH über seine Aktivitäten und den Stand der Projekte auferlegt war, spricht nicht gegen eine selbständige Tätigkeit, da sich daraus keine Weisungsgebundenheit ergibt. Vielmehr entspricht es bereits der gesetzlichen Verpflichtung eines (selbständigen) Handelsvertreters aus § 86 Abs. 2 HGB, dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben (BAG, Urteil vom 9. Juni 2010 – 5 AZR 332/09 – juris Rdnr. 30). Für eine selbständige Tätigkeit spricht ferner die Vereinbarung der Vergütung gänzlich in Form von Provisionen in Höhe eines festgelegten Prozentsatzes vom Ertrag. Die Honorierung des Klägers war damit ausschließlich vom Arbeitsergebnis und -erfolg abhängig, der Erfolg des eigenen wirtschaftlichen Einsatzes also ungewiss, womit der Kläger ein typisches Unternehmerrisiko getragen hat (BSG, Urteil vom 31. Oktober 1972 – 2 RU 186/69 – SozR Nr. 34 zu § 539 RVO Rdnr. 75). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die vertraglichen Vereinbarungen nicht der tatsächlichen Durchführung der Vertragsbeziehung entsprachen. So ist den vorgelegten Übersichten über Provisionszahlungen und Rechnungen des Klägers nicht zu entnehmen, dass dem Kläger eine andere Vergütung als die vereinbarten Provisionen, etwa erfolgsunabhängige Zahlungen, zugeflossen wären. Auch eine Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation der C GmbH ist nicht ersichtlich. Insbesondere hatte der Kläger keine Anwesenheitszeiten einzuhalten. Dies entspricht zwar der Natur der Tätigkeit als Handelsvertreter, die im Außendienst zu verrichten ist, kann aber nicht gegen den selbständigen Charakter der Tätigkeit in Stellung gebracht werden. Insofern ist eher die gesetzgeberische Wertung des § 84 Abs. 1 HGB, dass ein Handelsvertreter selbständig ist, von Bedeutung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Januar 2016 – L 4 R 2796/15 – juris Rdnr. 72). Soweit der Kläger geltend gemacht hat, dass er Notdienste habe übernehmen müssen, ist seinem Vortrag nicht zu entnehmen, dass dies in der Zeit bis Oktober 2008 der Fall war. Auch durch die C GmbH wurde die Übernahme von Notdiensten durch den Kläger und das Bestehen einer Anwesenheitspflicht bestätigt, allerdings im Zusammenhang mit einer im November 2008 ausgeübten abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers. Ferner erweckt die vom Kläger vorgelegte Visitenkarte zwar den Eindruck, dass es sich bei ihm um einen Mitarbeiter der C GmbH handelt, da der Name des Klägers unter dem Firmennamen, mit der Anschrift der C GmbH und mit Telefon- und Faxnummer aufgeführt ist. Da hierdurch aber nichts über die Art der Mitarbeit (abhängig oder frei) besagt wird und es gerade dem Wesen eines Handelsvertreters entspricht, Geschäfte im Namen eines Unternehmens abzuschließen (§ 84 Abs. 1 HGB), liefert die Visitenkarte kein Indiz für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung und gegen das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit, zumal auch keine Hinweise für die zeitliche Herkunft der Visitenkarte erkennbar sind. Dasselbe gilt für den vom Kläger als Internetseite eines Lieferanten vorgelegten Ausdruck einer Händlersuche (Bl. 36 SG-Akte), die als Händler die C GmbH mit der Privatanschrift des Klägers aufgeführt. Vielmehr deutet dies aber darauf hin, dass der Kläger für seine Tätigkeit für die C GmbH eine eigene Betriebsstätte unterhalten hat und damit gerade nicht in den Betrieb der C GmbH eingegliedert war, was wiederum für eine selbständige Tätigkeit spricht. Soweit sich der Kläger auf eine an ihn gerichtete E-Mail vom 7. November 2006 (Bl. 37 SG Akte), in welcher er gebeten wurde, eine bestimmte Anfrage zu bearbeiten, als Hinweis für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung stützt, kann der Senat hierin kein Indiz gegen das Bestehen einer selbständigen Tätigkeit erkennen. Die Bearbeitung von Anfragen im Namen der C GmbH gehörte gerade zum vereinbarten Tätigkeitsfeld des Klägers als Handelsvertreter. Nach der E-Mail wurde dem Kläger dabei keinerlei inhaltliche oder zeitliche Weisung zur Bearbeitung der Anfrage erteilt. Auch die vom Kläger vorgelegte Preisliste für die Berechnung von Serviceleistungen (Bl. 39 SG-Akte), der Kläger bei der Preisgestaltung also nicht frei, sondern an die von der C GmbH vorgegebenen Preise bei der Bearbeitung von Aufträgen gebunden war, streitet ebenfalls nicht gegen eine selbständige Tätigkeit. Denn die freie Preisgestaltung ist keine Voraussetzung für eine Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter (Emde in Staub, HGB, 5. Aufl. 2008, § 84 Rdnr. 33). Vielmehr ist das Recht zur eigenständigen Preisgestaltung eher untypisch für die Stellung als Handelsvertreter (Oberlandesgericht [OLG] Köln, Beschluss vom 29. Januar 2010 – 19 U 134/09 – juris Rdnr. 21). Dass der Kläger einen Kaufvertrag und einem Rechnungsbetrag von der C GmbH in einer Mappe erhalten hat, was er ebenfalls als Beleg für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses angeführt hat, ist Konsequenz aus der Aufgabe des Klägers, als (selbständiger) Handelsvertreter Aufträge im Namen und für Rechnung der C GmbH auszuführen, und spricht damit nicht gegen eine selbständige Tätigkeit. Inwiefern die vom Kläger als Beleg für eine abhängige Beschäftigung angeführte Gewerbeanmeldung die Auffassung des Klägers stützen könnte, ist nicht nachvollziehbar. Eine Gewerbeanmeldung spricht gerade für eine selbständige Tätigkeit. Schließlich kann der vom Kläger vorgelegte Aufhebungsvertrag vom 30. Dezember 2008 (Bl. 41 SG-Akte) für die Bewertung der bis Oktober 2008 verrichteten Tätigkeit nicht dienlich sein, denn danach war die Beendigung eines zwischen dem Kläger und der C GmbH geschlossenen Arbeitsvertrages zum 31. Dezember 2008 vereinbart, also zu einem Zeitpunkt, zu dem eine selbständige Tätigkeit des Klägers überhaupt nicht im Raum steht. Das entsprechende Arbeitsverhältnis hatte nach den Ausführungen der C GmbH im Betriebsprüfungsverfahren erst im November 2008 begonnen. Ein Zusammenhang des Aufhebungsvertrages mit dem vorliegend zu bewertenden Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der C GmbH ist danach nicht ersichtlich.

Der Kläger, eine natürliche Person (BSG, Urteil vom 24. November 2005 – B 12 RA 1/04 RBSGE 95, 275 – juris Rdnr. 15), war im streitgegenständlichen Zeitraum auf Dauer und im Wesentlichen nur für die C GmbH, mithin nur für einen Auftraggeber i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 9 b) SGB VI tätig.

Auftraggeber i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI ist jede natürliche oder juristische Person oder Personenmehrheit, die im Wege eines Auftrags oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt (BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 21/14 R - BSGE 118, 28 - juris Rdnr. 25; Urteil vom 4. November 2009 - B 12 R 3/08 R - BSGE 105, 46 - juris Rdnrn. 17 ff.; Urteil vom 4. November 2019 - B 12 R 7/08 R - juris Rdnrn. 16 ff.; Urteil vom 24. November 2005 - B 12 RA 1/04 R - BSGE 95, 275 - juris Rdnr. 16). Eine vertragliche Verpflichtung zwischen der das Handeln veranlassenden Person und dem Handelnden ist nicht notwendig (BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 5 RE 21/14 R – BSGE 118, 28, juris Rdnrn. 28 ff.). § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erstreckt die Rentenversicherungspflicht auf selbständig Tätige, die nach Auffassung des Gesetzgebers nicht weniger sozial schutzwürdig sind als die sonstigen von § 2 Satz 1 SGB VI erfassten Selbständigen (vgl. BT-Drucks. 14/45, S. 20). Als kennzeichnend für den Personenkreis wird nicht die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen, sondern werden vielmehr typische Tätigkeitsmerkmale angesehen. Wer ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer selbständig tätig wird, ist typischerweise nicht in der Lage, so erhebliche Verdienste zu erzielen, dass er sich außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung absichern könnte, und damit nach seiner wirtschaftlichen Lage sozial schutzbedürftig (BSG Urteil vom 23. April 2015 – B 5 RE 21/14 R – BSGE 118, 28, juris Rdnr. 29; Urteil vom 4. November 2009 – B 12 R 3/08 RBSGE 105, 46, juris Rdnr. 24). Die weitere Voraussetzung der Tätigkeit nur für einen Auftraggeber ist in gleichem Maße aussagekräftig; sie indiziert eine wirtschaftliche Abhängigkeit und damit ebenfalls typisierend soziale Schutzbedürftigkeit. Auf eine konkrete wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit kommt es nicht an (BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 5 RE 21/14 R – BSGE 118, 28, juris Rdnr. 29).

In Anwendung dieser Maßstäbe war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum für einen Auftraggeber, nämlich die C GmbH, tätig. Er war von dieser als Handelsvertreter damit betraut worden, in ihrem Namen Aufträge abzuschließen, Anfragen und Angebote zu bearbeiten und Lösungen bei Kunden der C GmbH zu präsentieren. Danach hat der Kläger vertragliche Beziehungen ausschließlich zur C GmbH, nicht aber zu deren Kunden unterhalten. Er wurde ausschließlich von der C GmbH vergütet. Das ihm Provisionen und sonstige Vergütungen von den Kunden der C GmbH zugeflossen wären, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat mit seiner Vermittlungstätigkeit vertragliche Verpflichtungen nur im Verhältnis zur C GmbH erfüllt. Die Ergebnisse seiner selbständigen Tätigkeit kamen dauerhaft und allein der C GmbH zugute. Darauf, mit welchen und wie vielen Partnern der Auftraggeber seinerseits gleichzeitig in wirtschaftlichem und/oder rechtlichem Kontakt steht, kommt es demgegenüber nicht an. Insofern fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für eine Zuordnung, die im Einzelfall die unterschiedliche Rechtssubjektivität überbrücken könnte (BSG, Urteil vom 24. November 2005 – B 12 RA 1/04 RSozR 4-2600 § 2 Nr. 7 Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 10. Mai 2006 – B 12 RA 2/05 RSozR 4-2600 § 2 Nr. 8, juris Rdnr. 26).

Dafür, dass der Kläger neben der C GmbH im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2008 weitere Auftraggeber hatte, hat der Senat keinerlei Anhaltspunkte. Der Kläger hat diesbezüglich nichts geltend gemacht.

Die Tätigkeit des Klägers für die C GmbH war im streitigen Zeitraum auf Dauer angelegt. Von einer Tätigkeit auf Dauer ist auszugehen, wenn diese für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr ausgeübt wurde (Urteil des Senats vom 6. Februar 2020 – L 7 R 3948/18 – juris Rdnr. 33; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Februar 2012 – L 1 R 213/08 – juris Rdnr. 22; Bayerisches LSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – L 14 R 579/14 – juris Rdnr. 53; Urteil vom 13. Juli 2005 – L 1 R 4208/04 – juris Rdnr. 28; Pietrek in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013 [Stand 4. Januar 2019], § 2 Rdnr. 194). Nur bei einer im Voraus begrenzten, insbesondere projektbezogenen Tätigkeit, ohne begründete Aussicht auf eine Verlängerung liegt keine Bindung an einen Auftraggeber vor, wenn die Begrenzung innerhalb eines Jahres liegt (Bayerisches LSG, Urteil vom 13. Juli 2005 – L 1 R 4208/04 – juris Rdnr. 28).

Eine auf ein Jahr zeitlich begrenzte Bindung lag bei dem Kläger nicht vor. Er schloss mit der C GmbH am 1. Oktober 2006 den Handelsvertretervertrag und verpflichtete sich zur Übernahme des Vertriebs der Produkte der C GmbH ab 9. Oktober 2006. Der Handelsvertretervertrag war unbefristet auf Dauer geschlossen und mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende kündbar. Von Oktober 2006 bis Oktober 2008 war der Kläger entsprechend tätig. Bei Aufnahme der Tätigkeit im Oktober 2006 wäre eine Kündigung erst zum Ablauf des Jahres 2007 vertraglich möglich gewesen. Unter diesen Umständen war das Auftragsverhältnis zu der C GmbH von Anfang an auf die Dauer von mehr als einem Jahr angelegt und wurde tatsächlich auch mehr als ein Jahr ausgeübt.

Der Kläger hat im Zusammenhang mit seiner selbständigen Tätigkeit in der hier streitigen Zeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Kläger im Zusammenhang mit der Auftragserfüllung überhaupt anderer Personen bedient hätte.

Schließlich ist nicht ersichtlich, dass der Kläger seine selbständige Tätigkeit nicht in einem mehr als geringfügigen Umfang ausgeübt (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) hätte. Der gegenteiligen Annahme würde schon die Behauptung des Klägers, im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses für die C GmbH tätig gewesen zu sein, widersprechen.

Auch die Erhebung der durch die Beklagte festgesetzten Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Oktober 2008 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Beiträge für diesen Zeitraum nach Maßgabe der §§ 169 Nr. 1, 173, 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auf Grundlage der vom Finanzamt mitgeteilten Einkünfte aus Gewerbebetrieb berechnet. § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2007 geltenden Fassung vom 5. Dezember 2006 sieht als beitragspflichtige Einnahmen bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch monatlich 400 Euro vor. Abweichend von dieser Vorschrift sind beitragspflichtige Einnahmen bei selbständig Tätigen bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Arbeitseinkommen in Höhe von 50 vom Hundert der Bezugsgröße, auf Antrag des Versicherten jedoch ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße. Da das von der Beklagten berücksichtigte Arbeitseinkommen auf Grundlage der beim Finanzamt erfragten Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Jahre 2007 (14.064 Euro) und 2008 (14.787 Euro) jeweils 50 vom Hundert der Bezugsgröße (2007: 29.400 Euro, 2008: 29.820 Euro) unterschritten hat, ist die Beitragsermittlung der Beklagten auf Grundlage des tatsächlichen Einkommens nicht zu beanstanden. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt Einwendungen gegen die Höhe der festgesetzten Beiträge erhoben. Berechnungsfehler sind dem Senat im Übrigen auch nicht ersichtlich, so dass die Beiträge auch in zutreffender Höhe festgesetzt worden sind.

Die durch die angefochtenen Bescheide von der Beklagten festgesetzten Beiträge sind nicht verjährt. Verjährung ist für die Zeit ab 1. Januar 2007 nicht eingetreten, denn die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind nicht erfüllt. Nach dieser (seit ihrer Einführung zum 1. Juli 1977 unveränderten) Vorschrift verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge pflichtversicherter Selbständiger wie dem Kläger wurden im streitgegenständlichen Zeitraum nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des SGB IV vom 23. Januar 2006 (BGBl. I, S. 86) vom 22. August 2006 spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Tätigkeit, mit der das Arbeitseinkommen erzielt worden ist, ausgeübt worden ist. Dementsprechend waren die Beiträge für die Monate Januar 2007 bis Oktober 2008 ab dem 29. Januar 2007 fällig, so dass die Verjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres 2007 begann und vier Jahre später mit Beginn des 1. Januar 2012 hinsichtlich der Beiträge für das Jahr 2007 eingetreten wäre. Hinsichtlich der Beiträge für das Jahr 2008 begann die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2008 und wäre mit Beginn des 1. Januar 2013 eingetreten. Die Verjährung ist jedoch nicht eingetreten, weil die Verjährung gehemmt war. Zwar hat entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG nicht das bei der C GmbH durchgeführte Betriebsprüfungsverfahren die Verjährung gehemmt. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den aufgrund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Die C GmbH war jedoch nicht Arbeitgeber des Klägers, die Beiträge aufgrund der selbständigen Tätigkeit des Klägers waren nicht Gegenstand der Prüfung bei der C GmbH (vgl. Wagner in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK, SGB IV, Stand 1. Dez. 2019, § 25 Rdnr. 11a) und der Kläger war nicht aufgrund eines Werkvertrages als Nachunternehmer für die C GmbH tätig. Jedoch wurde die Verjährung bereits zu unverjährter Zeit durch ein Beitragsverfahren im Sinne von § 198 Satz 2 SGB VI und den nachfolgend erlassenen Beitragsbescheid gehemmt. Gemäß § 198 Satz 1 SGB VI wird die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrochen; die Frist beginnt erneut nach Abschluss des Verfahrens. Diese Tatsachen hemmen nach § 198 Satz 2 SGB VI auch die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Beiträgen (§ 25 Abs. 1 SGB IV), wobei die Hemmung sechs Monate nach Abschluss eines der in Satz 1 genannten Verfahren endet. Der Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit dem 31. Dezember 2011 wurde noch in unverjährter Zeit durch das Verwaltungsverfahren (§ 8 SGB X) verhindert, das die Beklagte zur Prüfung der Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers aufgrund des ihr durch Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bekannt gewordenen Sachverhalts eingeleitet hatte (§ 18 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Offenbleiben kann, ob der gesetzlich nicht definierte Begriff des "Beitragsverfahrens" grundsätzlich weit auszulegen ist, da unter diesen Begriff zumindest Verwaltungsverfahren zu fassen sind, die - wie hier - auf die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht sowie die ordnungsgemäße Beitragserhebung abzielen (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 19/09 R – SozR 4-2600 § 198 Nr. 1, juris Rdnr. 11). Spätestens im Zusammenhang mit dem Schreiben der Beklagten 27. Oktober 2011, mit dem die Beklagte dem Kläger Gelegenheit zum Nachweis seines Einkommens zur Festsetzung des Beitrags gegeben hat, lag zweifelsfrei ein auf die Feststellung der Beitragspflicht und die Beitrags(nach)erhebung auch für den streitbefangenen Zeitraum abzielendes Verwaltungsverfahren vor. Über den (vorläufigen) Abschluss des Beitragsverfahrens durch Erlass der Bescheide vom 26. März 2012 hinaus blieb der Lauf der Verjährungsfrist durchgehend gehemmt, denn nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB X hemmt ein Verwaltungsakt, der zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung (§ 52 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Beides ist bisher nicht eingetreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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