Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 590/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3071/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Bestimmung des § 28b Satz 2 FRG, wonach die gemeinsame Erklärung über die Zuordnung der Erziehungszeiten nach § 56 SGB VI innerhalb eines Jahres nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland abzugeben ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Bei einer Fristversäumnis kommt weder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht.
2. Bei einer Fristversäumnis kommt weder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers und der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung von Kindererziehungszeiten (KEZ) bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (KBZ) im Rahmen des Zugunstenverfahrens.
Der 1958 in A. in Kasachstan geborene Kläger ist anerkannter Spätaussiedler gemäß § 4 Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge, Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und zusammen mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern B. D. (geboren 1981) und C. D. (geboren 1986) am 17.08.1993 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Die Ehefrau des Klägers (die spätere Beigeladene) ist als Ehegatte eines Spätaussiedlers nach § 7 Abs. 2 BVFG anerkannt.
Nach den – unstreitigen – Einlassungen der Beklagten wurde die Anrechnung von KEZ/KBZ auf Antrag der Beigeladenen vom 14.01.2010 für die Zeit des Aufenthaltes in Kasachstan vom 24.04.1981 bis 31.07.1993 abgelehnt, weil die Ehefrau nicht selbst als Spätaussiedler nach § 4 BVFG anerkannt ist. Für die Zeit des Aufenthaltes in der Bundesrepublik ab 01.08.1993 bis 07.07.1996 sind KBZ im Versicherungskonto der Ehefrau anerkannt worden.
Mit Bescheid vom 15.08.2013 stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.2006 gemäß § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verbindlich fest. Bezogen auf Erziehungszeiten (KEZ und KBZ) stellte die Beklagte fest, dass für das Kind B. KEZ für die Zeit vom 01.05.1981 bis 30.04.1982 und KBZ für die Zeit vom 24.04.1981 bis 23.04.1991 und für das Kind C. KEZ für die Zeit vom 01.07.1986 bis 30.06.1987 und KBZ für die Zeit vom 08.06.1986 bis 07.06.1996 nicht vorgemerkt werden. Zur Begründung gab die Beklagte jeweils an, dass ein anderer Elternteil das Kind überwiegend erzogen habe. Erzögen Eltern das Kind gemeinsam und sei von ihnen eine übereinstimmende Erklärung nicht, nicht übereinstimmend oder nicht rechtzeitig abgegeben worden, werde die KEZ nach § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI bei dem Elternteil angerechnet, der das Kind – nach objektiven Gesichtspunkten – überwiegend erzogen habe. Ließen sich bei eigenverantwortlicher Prüfung überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteiles nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen, sondern seien die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichwertig, werde die KEZ nach § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI der Mutter zugeordnet. Die Prüfung überwiegender Erziehungsanteile habe ergeben, dass eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nicht habe erfolgen können, weil er während der Erziehungszeit eine ganztägige Beschäftigung ausgeübt habe. Für gegebenenfalls vorhandene Fehlzeiten zwischen den Beschäftigungen liege kein Nachweis über einen überwiegenden Erziehungsanteil vor. Rechtsmittel legte der Kläger hiergegen zunächst nicht ein.
Mit dem am 18.09.2015 bezogen auf den Bescheid vom 15.08.2013 eingegangenen Überprüfungsantrag machte der Kläger (nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, dass die Versichertenakte bereits vernichtet und eine Verfilmung nicht durchgeführt worden sei) geltend, der Verweis auf den Umstand, wer das Kind angeblich überwiegend erzogen habe, sei nur ein Hilfstatbestand für den Fall, dass eine übereinstimmende Erklärung der Eltern nicht vorliege. Zutreffend sei, dass diese Erklärung grundsätzlich gemäß § 28b Fremdrentengesetz (FRG) innerhalb eines Jahres nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland erfolgen müsse. Diese Frist könne aber nur ausgelöst werden, wenn die Versicherten Kenntnis hätten. Eine solche Kenntnis habe nicht bestanden. Es liege eine Verletzung der Auskunfts- und Beratungspflicht vor. Deshalb müsse die Erklärung im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ermöglicht werden (mit Verweis auf Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Bayern vom 10.02.2010 – L 19 R 328/08 –). Ferner verwies der Kläger auf den Verbandskommentar zu § 28b Anmerkung 5, wonach in den Fällen, in denen die Mutter nicht zu dem nach dem FRG berechtigten Personenkreis gehöre und die Anrechnung von KEZ/KBZ nach § 28b FRG in ihrer Versicherung nicht möglich sei, nach Auffassung der Rentenversicherungsträger die Eltern mit einer übereinstimmenden Erklärung die KEZ/KBZ dem Vater zuordnen könnten. Erschwerend komme hinzu, dass der so genannte "nicht-deutsche" Ehegatte im früheren Vertriebenenrecht ebenfalls voll rentenberechtigt gewesen sei. Erst durch die Differenzierung mit den Neufassungen des BVFG sei im Rahmen der Anerkennung als Aussiedler/Spätaussiedler die Situation geschaffen worden, dass der "nicht-deutsche" Ehegatte keinen Anspruch mehr auf Zeiten nach dem FRG habe. Diese Konsequenz sei aber nicht hinreichend vermittelt worden, insbesondere auch nicht von den Rentenversicherungsträgern.
Mit Bescheid vom 04.01.2016 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag vom 17.09.2015 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die nach § 28b FRG mögliche gemeinsame Erklärung über die Zuordnung der Erziehungszeiten nicht bis zum 17.08.1994 vorgelegen habe. Unstreitig seien die Kinder auch nicht überwiegend vom Kläger erzogen worden. Die Anerkennung im Rahmen des gesetzlichen Herstellungsanspruchs komme nicht in Betracht. Eine Verletzung der Beratungspflicht werde nicht gesehen, da eine Pflicht zur Beratung im Sinne von § 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ohne ein konkretes Beratungsbegehren nur bestehe, wenn sich im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ein konkreter Anlass ergebe. Weder der Versicherte noch seine Ehefrau seien während des ersten Jahres nach dem Zuzug mit der Beklagten im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens in Kontakt getreten. Eine unrichtige Beratung habe daher gar nicht erfolgen können.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es stelle sich die Frage, wie die entsprechenden Eltern anlasslos Kenntnis von dieser Gestaltungsmöglichkeit und der Jahresfrist hätten erhalten sollen. Der erste Kontakt mit der Rentenversicherung habe in der Vergabe der Versicherungsnummer bestanden. Anlässlich dieses Verwaltungshandelns sei auch offensichtlich, dass es sich bei den Versicherten um potentiell fremdrentenberechtigte Versicherte handele. Dies sei der erste Anlass, der Aufklärungs- und Beratungspflicht nach SGB I genüge zu tun. Spätestens mit der Erstellung des Versicherungskontos sei auf eine entsprechende Erklärung hinzuweisen bzw. eine Zuordnung der KEZ vorzunehmen. Dies sei spätestens der zweite Anlass für eine entsprechende Aufklärung. Selbst wenn zu diesem Zeitpunkt die Jahresfrist verstrichen wäre, wäre insoweit zumindest auf die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrages nach § 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinzuweisen gewesen, um den Betroffenen so die Möglichkeit zu eröffnen, die entsprechende Anrechnung der KEZ zu bewerkstelligen. Da dies nicht beachtet worden sei, müsse die beantragte Zuordnung nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs vorgenommen werden. Die Nichtkorrektur der Zuordnung der KEZ würde einen schweren Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) sowie Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 6 Abs. 1 GG bedeuten, denn den insoweit in das hiesige Rentensystem aufgenommenen Fremdrentenberechtigten stünden die gleichen sozialen Rechte zu wie den hiesigen Versicherten, denen entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Erstellung ihrer Versicherungsverläufe ermöglicht würden und die bei angegebenen Kindern auch ausdrücklich durch die Rentenversicherungsträger auf die Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich der Berücksichtigung von KEZ hingewiesen würden.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2017 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass dann, wenn nur der Vater, nicht aber die Mutter zum Personenkreis des § 1 FRG gehöre – wie hier –, bei der Zuordnung von KEZ die Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung erforderlich sei. Eine gemeinsame Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten sei vom Kläger und dessen Ehefrau nicht innerhalb der gemäß § 28b FRG geltenden Jahresfrist (bis 17.08.1994) nach dem Zuzug abgegeben worden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe mit Urteil vom 16.12.1997 entschieden, dass die Anrechnung von KEZ in den Fällen, in denen eine gemeinsame Erklärung nicht, nicht übereinstimmend oder aus sonstigen Gründen nicht wirksam (insbesondere nicht rechtzeitig) abgegeben worden sei, nach § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI demjenigen zuzuordnen sei, der das Kind überwiegend erzogen habe. Der Kläger sei im Herkunftsland während der Kindererziehung ohne Unterbrechung vollzeitbeschäftigt gewesen. Es sei keine überwiegende Erziehung im erforderlichen Beweisgrad durch den Kläger festzustellen. Die Erziehungsbeiträge des Klägers und der Ehefrau seien vielmehr als gleichwertig anzusehen. Eine Anrechnung der KEZ/KBZ sei daher im Versicherungskonto des Vaters nicht möglich. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch komme nicht in Betracht, weil eine unterlassene Aufklärung und eine Pflicht zur Beratung ohne ein konkretes Beratungsbegehren regelmäßig nur bestehen könne, wenn sich im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ein konkreter Anlass ergebe. Nur die Vergabe einer Versicherungsnummer oder die Erstellung eines Versicherungskontos führen nicht zu einer Beratungspflicht.
Hiergegen hat der Kläger am 23.02.2017 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages hat er an seiner Rechtsauffassung festgehalten und hierzu ausgeführt, dass die Tatsache, dass er vollzeitbeschäftigt gewesen sei, nicht den Rückschluss zuließe, die Kinderziehung sei deshalb durch die Mutter erfolgt. Das sozialistische Arbeits- und Wirtschaftsrecht sei gekennzeichnet durch die Vollzeitberufstätigkeit beider Ehepartner. Die Kindererziehung sei in der Freizeit anteilig erfolgt. Das entsprechende Gesellschaftssystem sei durch eine hohe Fremdbetreuung durch Kindergärten etc. gekennzeichnet gewesen (wie etwa auch in der ehemaligen DDR). Alternativ sei die Beaufsichtigung der Kinder auch vielfach durch die teilweise wesentlich früher verrenteten Großeltern erfolgt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass erst in der Folge einer Gesetzesänderung durch das Aussiedleraufnahmegesetz ab 1991 und durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz ab 01.01.1993 der Fall auftreten könne, dass dann, wenn keine übereinstimmenden Erklärungen abgegeben worden seien, KEZ verloren gehen könnten. Auch die vormals bestehende Betreuungsberechtigung in den Aufnahmelagern, in denen auch die Deutsche Rentenversicherung vertreten gewesen sei, sei mit der Neufassung des Bundesvertriebenengesetzes entfallen. Nur dann, wenn eine gemeinsame Erklärung der Eltern nicht vorliege, könnten die KEZ dem Vater zugeordnet werden, wenn dieser das Kind überwiegend erzogen habe und, wenn dieses nicht feststellbar sei, würden die Kindererziehungszeiten in dritter Abstufung als Auffangtatbestand der Mutter zugeordnet (unter Verweis auf BSG, 16.12.1997 – 4 RA 59/97 und 4 RA 60/97 –). Der Gesetzgeber habe es schlichtweg versäumt, die Veränderungen des Bundesvertriebenengesetzes im Fremdrentenrecht zu berücksichtigen, entweder durch eine Anpassung der Fristenregelungen des § 28b FRG oder durch eine Verpflichtung der Rentenversicherungsträger, die insoweit von einem Verlust der KEZ bedrohten Ehegatten auf das Gestaltungsrecht hinzuweisen. Wäre ein solcher Hinweis erfolgt und innerhalb eines Jahres seit diesem Hinweis eine gemeinsame Erklärung nicht erfolgt, dann könnte die Frage gestellt werden, wer das Kind überwiegend erzogen habe und schlimmstenfalls die Rechtsfolge eintreten, dass KEZ auch nicht als Auffangtatbestand bei der Mutter zu berücksichtigen seien, ohne einen solchen Hinweis allerdings nicht. Angesichts dessen müsse den betroffenen Eltern auch nach Fristablauf bei vorangegangenem Beratungstotalausfall die gemeinsame Erklärung noch ermöglicht werden. Er kündigte an, eine entsprechende gemeinsame Erklärung nachzureichen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass eine übereinstimmende Erklärung nur mit Wirkung für die Zukunft abgegeben werden könne. Die Zuordnung könne rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen. § 28b FRG solle Nachteile für FRG-Berechtigte vermeiden, die aus einem "verspäteten" Zuzug entstünden, indem FRG-Berechtigten eine längere Frist zur Abgabe der Erklärung eingeräumt werde. Genauso, wie ein Nicht-FRG-Berechtigter sich nicht darauf berufen könne, er sei auf den Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 SGB VI nicht aufmerksam gemacht worden, könne sich auch ein FRG-Berechtigter nicht darauf berufen, dass er über die Frist des § 28b FRG nicht aufgeklärt worden sei. Eine überwiegende Erziehung durch den Kläger ergebe sich auch nach den Einlassungen des Klägers in der Klage nicht. Aus der Tatsache, dass Rentenversicherungsträger in Einzelfällen entsprechende Zeiten auch nach Ablauf der Frist des § 28b FRG anerkannt hätten, könne ebenfalls kein Anspruch abgeleitet werden, weil in diesen Fällen zumeist ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aufgrund einer fehlerhaften Beratung zugrunde gelegt worden sei. Eine fehlerhafte Beratung im Jahreszeitraum habe jedoch nicht vorgelegen, so dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht zu prüfen gewesen sei.
Der Bevollmächtigte hat eine von den Eheleuten am 23.06.2017 unterzeichnete Erklärung vorgelegt ("Wir, die Eheleute E. und F. D., beantragen hiermit gemeinsam die Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für die Kinder G., geb. 1981 und C., geb. 1986 im Rentenkonto des Vaters, E. D., zu berücksichtigen.").
Die Beklagte hat ergänzend darauf hingewiesen, dass die Frist zur Abgabe der entsprechenden Erklärung bereits abgelaufen sei. Ob der Gesetzgeber im Hinblick auf die vom Kläger vorgebrachten Argumente künftig einen Änderungsbedarf sehe, bleibe abzuwarten.
Im Termin der mündlichen Verhandlung hat das SG die Beigeladene angehört. Diese hat angegeben, nach der Geburt von B. ein Jahr zu Hause gewesen zu sein. Danach habe sie wieder gearbeitet. Sie sei Kindererzieherin gewesen und habe im Zweischichtbetrieb gearbeitet. Die Kinder seien von morgens 7:30 Uhr bis abends um 20:00 Uhr zu beaufsichtigen gewesen. Sie habe entweder von 7:30 Uhr bis 15:30 Uhr oder von 13:00 Uhr bis ca. 20:00 Uhr abends gearbeitet. Ihr Mann habe nur in Frühschicht gearbeitet, täglich von 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr. Die Frage, ob der zeitliche Aufwand der Beigeladenen und des Klägers im Hinblick auf den Umgang mit den Kindern etwa gleich gewesen sei, beantwortete die Beigeladene mit "ja" und erläuterte, dass sie eben beide gearbeitet hätten. Es seien auch keine Großeltern in der Nähe gewesen, die hätten helfen können. Der Kläger habe die Kinder abgeholt und auch gekocht. Sie hätten sich die Zeit für die Kinder etwa gleich aufgeteilt. Auch nach der Geburt von C. sei sie ein Jahr zu Hause gewesen und habe danach wieder angefangen zu arbeiten.
Mit Urteil vom 26.06.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Anerkennung aufgrund einer überwiegenden Erziehung der beiden Kinder durch den Kläger komme nicht in Betracht. Aufgrund der Angaben des Klägers und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung sei zwar davon auszugehen, dass diese ihre beiden Kinder gemeinsam erzogen hätten, die gemeinsame Erziehung sei jedoch etwa zu gleichen Teilen erfolgt. Denn sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau seien in Vollzeit berufstätig gewesen und hätten jeweils abwechselnd die diversen Erziehungsaufgaben übernommen. Die Zuordnung der KEZ/KBZ beim Kläger sei auch nicht aufgrund einer entsprechenden übereinstimmenden Erklärung des Klägers und der Beigeladenen möglich. Zwar hätten diese eine entsprechende Erklärung dem Gericht gegenüber am 27.06.2017 abgegeben, zu diesem Zeitpunkt sei die Jahresfrist nach dem Zuzug des Klägers am 17.08.1993 jedoch erkennbar schon lange abgelaufen gewesen. Es könne zwar sein, dass er über diese Frist nicht oder nur unzureichend informiert gewesen sei. Weil es sich hierbei aber um eine gesetzliche Ausschlussfrist handele, die nicht heilbar sei und für die es auch keine Wiedereinsetzung geben könne, sei letztlich vom Verstreichen der Jahresfrist auszugehen. Insofern könne der Beklagten auch kein Beratungsfehler oder die Verletzung einer Hinweispflicht vorgeworfen werden. Ausweislich des Akteninhalts sei der Kläger erstmals im Jahr 2015, die Beigeladene erstmals im Jahr 2010 mit einem Rentenversicherungsträger in Kontakt getreten. Ein Beratungsfehler im Sinne einer unrichtigen Beratung könne somit nicht kausal zur versäumten Jahresfrist geführt haben, weil überhaupt keine Beratung stattgefunden habe. Auch die Verletzung einer Hinweispflicht, mithin also einer Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger als Spätaussiedler zeitnah nach seiner Einreise in die Bundesrepublik allein anlässlich der Kontenerstellung auf seine Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Berücksichtigung von KEZ/KBZ hinzuweisen, könne das Gericht nicht erkennen. Eine solche Hinweispflicht bestehe nicht. Ein entsprechender Beratungsbedarf habe sich dem Beklagten schon deshalb nicht aufdrängen müssen, weil sie um die besondere Situation des Klägers und seiner Ehefrau, welche im Gegensatz zu diesem keine Ansprüche nach dem FRG geltend machen könne, nicht wissen konnte. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Kläger spätestens zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 44 SGB X, also bereits im September 2015, um die maßgebliche Jahresfrist zur Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung gewusst habe. Die Abgabe dieser Erklärung sei jedoch erst im Juni 2017 erfolgt. Die Jahresfrist sei also selbst dann bereits verstrichen, wenn man auf diesen späteren Zeitpunkt abstellen wollte, sodass – eine Beratungspflicht der Beklagten unterstellt – die Verletzung dieser Beratungspflicht nicht ursächlich kausal wäre für das Fristversäumnis. Im Übrigen bestünden bezogen auf die Jahresfrist des § 28b FRG und die dadurch eingeschränkte Dispositionsbefugnis des Klägers und der Beigeladenen, die KEZ/KBZ unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen den Versicherungskonten zuzuordnen, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Gegen das am 13.08.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.08.2018 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung des bisherigen Vortrages hat der Kläger daran festgehalten, dass die Jahresfrist des § 28b FRG nicht ohne eine vorangegangene Beratung zu laufen beginnen könne. Das SG habe die zitierten Entscheidungen des BSG und des LSG Saarland nicht hinreichend berücksichtigt. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass die Grundlage für das Funktionieren des immer komplizierter werdenden sozialen Leistungssystems eine umfassende Beratung des Versicherten sei. Im Vordergrund stehe dabei nicht mehr nur die Beantwortung von Fragen oder das Bitten um Beratung, sondern die verständnisvolle Förderung des Versicherten, das heiße, die aufmerksame Prüfung durch den Sachbearbeiter, ob Anlass bestehe, den Versicherten auch von Amts wegen auf Gestaltungsmöglichkeiten oder Nachteile hinzuweisen, die sich mit seinem Anliegen verbinden. Denn schon gezielte Fragen setzten Sachkunde voraus, über die der Versicherte oft nicht verfüge. Eine Leistungsgewährung dürfe nicht deshalb unterbleiben, weil der einzelne nicht über die ihn begünstigenden Bestimmungen Bescheid wisse (mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 06.02.1997 – III ZR 241/95 – und mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. August 2013 zu verurteilen, Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für das Kind B. D. für die Zeit vom 24. April 1981 bis 23. April 1991 und Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für das Kind C. D. vom 8. Juni 1986 bis 31. Juli 1993 vorzumerken, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung ausgeführt, sie teile die Auffassung nicht, dass von einer Regelungslücke auszugehen sei. Es sei schon nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Vielzahl gleichgearteter Fallgestaltungen seit nun über 25 Jahren keine Veranlassung gesehen habe, gesetzliche Änderungen herbeizuführen. Der Gesetzgeber habe weiter auch keine Veranlassung gesehen, innerhalb einer bestimmten Frist nach Deutschland zugezogenen Personen von Amts wegen eine möglichst allumfassende Beratung auf dem Gebiet der Sozialversicherung, speziell in der gesetzlichen Rentenversicherung, anzubieten, um etwaige Rentennachteile durch das Versäumen von Fristen auszuschließen. Insofern liege kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch vor, wenn diese Frist, unabhängig von den Gründen, versäumt worden sei. Die Beratung sei keine Bringschuld des Rentenversicherungsträgers, sondern der Versicherte müsse mit seinem Beratungsbegehren auf den Rentenversicherungsträger zugehen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Kläger hat schließlich darauf hingewiesen, dass die Beklagte mit Bescheid vom 15.08.2013 einen früheren Bescheid im Hinblick auf die Vormerkung von Zeiten der schulischen Ausbildung (02.11.1993 bis 28.04.1994) zurückgenommen habe. Bei dieser Zeit handele sich um einen Sprachkurs, für den Eingliederungshilfe bezogen worden sei. Gemäß den §§ 28a ff. SGB IV seien diese Zeiten der Beklagten zu melden gewesen. Diese Meldung habe auch den Geburtsort beinhaltet. Hieraus hätte sich ein vertriebenenrechtlicher Hintergrund aufdrängen müssen, der bereits eine entsprechende Beratungspflicht hätte auslösen müssen. Ferner verweist er auf ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See vom 14.10.2019 in einem Verfahren vor dem SG Oldenburg, wonach diese aufgrund eines während der Jahresfrist gestellten Antrages auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine Verletzung der Beratungspflicht anerkannt hatte. Eine Beratung finde auch in den Internetauftritten verschiedener Kommunen, die als andere Stelle nach § 93 Abs. 2 SGB IV handelten, nicht statt, da dort auf die Frist nach "§ 28 BFRG" nicht hingewiesen werde. Ferner habe das BSG (unter Verweis auf das Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95 –) dargelegt, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht auf die Verletzung der Pflichten aus §§ 14, 15 SGB I beschränkt sei, sondern auch bei andersartiger Fehl- oder Nichtinformation der Versicherten in Betracht komme. Löse die Verletzung der Hinweispflicht einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch aus, wenn die Verletzung darin bestehe, dass ein Hinweis unterbleibt, müsse ein falscher Hinweis, der von einer rechtzeitigen Antragstellung abhalte, erst recht den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Die Revision sei zuzulassen, weil das BSG die Frage, ob die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bei Fristversäumnis des § 28b Satz 2 FRG bisher nicht entschieden habe und entgegen der Entscheidung B 13 R 284/18 B weder berücksichtigt worden sei, dass der Verlust der KEZ erst durch Änderung des BVFG für eine Familie eintreten könne, wenn die Erklärung nicht innerhalb der Frist abgegeben werde und hierdurch sehr wohl Grundrechte der Betroffenen, zusammengefasst im sogenannten Eingliederungsprinzip, eingreife. Das BSG habe außerdem die dargelegte falsche Aufklärung der Betroffenen durch die Rentenversicherungsträger und das BMAS nicht berücksichtigt.
Die Beklagte hat erwidert, dass Meldungen zur Sozialversicherung, auch für Zeiten des Sozialleistungsbezuges, vollelektronisch ohne Einschaltung der Sachbearbeitung erfolgten. Daher lasse sich auch aus der vom Bevollmächtigten genannten Meldung des Bezuges von Eingliederungshilfe 1993/1994 kein Anlass zur Beratung durch den Rentenversicherungsträger ableiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Der Kläger wird hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der am 18.09.2015 eingegangene Antrag des Klägers auf Überprüfung des Bescheides vom 15.08.2013. Mit diesem Bescheid hatte es die Beklagte (neben der hier nicht streitgegenständlichen Zurücknahme der Vormerkung von Zeiten schulischer Ausbildung) abgelehnt, im Versicherungskonto des Klägers für das Kind B. die Zeit vom 01.05.1981 bis 30.04.1982 als KEZ und die Zeit vom 24.04.1981 bis 23.04.1991 als KBZ sowie für das Kind C. die Zeit vom 01.07.1986 bis 30.06.1987 als KEZ und die Zeit vom 08.06.1986 bis 07.06.1996 als KBZ vorzumerken. Dieser Bescheid wurde zwischen den Beteiligten bindend (§ 77 SGG), da der dagegen gegebene Rechtsbehelf (§§ 78, 83 SGG) nicht eingelegt wurde. Die Zurücknahme dieser Entscheidung lehnte die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden ab. Die deswegen erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist damit statthaft.
Rechtsgrundlage für die Zurücknahme dieser Entscheidung ist § 44 SGB X. Die teilweise Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 15.08.2013 stützt sich auf § 44 Abs. 2 SGB X, weil die verbindliche Feststellung von rentenrechtlichen Versicherungszeiten gemäß § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI weder die Erbringung von Sozialleistungen noch die Erhebung von Beiträgen zum Gegenstand hat. Grund für die Korrektur des Verwaltungsakts ist danach nicht eine wesentliche Änderung der für seinen Erlass maßgeblichen Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X, sondern ein Fehler der Rechtsanwendung, der dem zu überprüfenden VA von Anfang an anhaftet. Demgemäß regelt § 44 SGB X wie § 45 SGB X die Rücknahme von Verwaltungsakten, die bereits bei Erlass in Widerspruch zur objektiven Rechtslage standen.
Voraussetzung für die Rücknahme eines Bescheides nach § 44 Abs. 2 SGB X ist ebenso wie bei § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts bei dessen Erlass. Rechtswidrig im Sinne von Absatz 2 ist ein Verwaltungsakt, soweit er nach den Maßstäben des Abs. 1 Satz 1 bereits bei Erlass rechtswidrig gewesen ist (v. Wulffen/Schütze/Schütze, 8. Aufl. 2014, SGB X § 44 Rn. 24, BeckOK SozR/Heße, Stand 01.12.2019 SGB X § 44 Rn. 22, 23) und damit dann, wenn bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen. Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29).
Nach § 149 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 SGB VI stellt der Rentenversicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest (zur Regelungswirkung von Vormerkungsbescheiden vgl. BSG SozR 4-2600 § 58 Nr. 13 RdNr 17; BSG SozR 4-2600 § 149 Nr. 1 RdNr. 10 m. w. N.).
Der Vormerkungsbescheid vom 15.08.2013 hat für den Kläger eine belastende Regelung getroffen, soweit die bereits genannten Zeiträume nicht als KEZ und KBZ vorgemerkt wurden. Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Antrag, diese belastende Regelung zu überprüfen und zu seinen Gunsten abzuändern (Schriftsätze vom 17.09.2015 und 12.11.2015).
Kindererziehungszeiten sind Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Nach § 249 Abs. 1 SGB VI in der bis 30.06.2014 anzuwendenden Fassung endet die KEZ jedoch für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind 12 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Für einen Elternteil wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine KEZ angerechnet, wenn die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist (Nr. 1), die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist (Nr. 2) und der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (Nr. 3). Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr ist bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen (§ 57 Satz 1 SGB VI). Nach dem zu Beginn des Jahres 1986 eingeführten § 28b FRG wird die Kindererziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet derjenigen im Bundesgebiet für die Anrechnung und Bewertung der darauf beruhenden Versicherungszeiten gleichgestellt.
Die Beklagte und das SG haben zu Recht entschieden, dass die Ablehnung der Zuordung der KEZ und KBZ im Bescheid vom 15.08.2013 zum Versicherungskonto des Klägers nicht rechtswidrig gewesen ist.
Die Zuordnung bestimmt sich nach §§ 57, 56 Abs. 2 SGB VI, wobei drei Kategorien der Erziehung zu unterscheiden sind (BSG, Urteil vom 11.05.2011 – B 5 R 22/10 R –, Rn. 12, juris, m. w. N.): Die Alleinerziehung, die gemeinsame Erziehung und die überwiegende Erziehung. Die Erziehungszeit ist grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat (§ 56 Abs. 2 SGB VI). Haben mehrere Elternteile das Kind gemeinsam erzogen, wird die Erziehungszeit einem Elternteil zugeordnet. Haben die Eltern ihr Kind gemeinsam erzogen, können sie durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil sie zuzuordnen ist, wobei die Zuordnung auf einen Teil der Erziehungszeit beschränkt werden kann. Eine solche Erklärung der Eltern kann grundsätzlich nur mit Wirkung für künftige Kalendermonate (§ 56 Abs. 2 Satz 5 SGB VI) und nur unter besonderen Voraussetzungen ausnahmsweise rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate abgegeben werden (§ 56 Abs. 2 Satz 6 SGB VI). Ergibt sich die Zuordnung nicht bereits zwingend aus einer kongruenten Erklärung der Eltern, weil sie entweder fehlt oder nicht übereinstimmend bzw. sonst unwirksam, insbesondere verspätet, abgegeben worden ist, bleibt es bei dem Grundsatz des § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI (in der bis 30.06.2014 anzuwendenden Fassung): Die Kindererziehungszeit ist dann demjenigen zuzuordnen, der das Kind – nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet – überwiegend erzogen hat. Nur dann, wenn sich überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteils nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen lassen (non liquet), sondern die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichgewichtig sind, wird die Kindererziehungszeit nach der Auffangregel des § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI der Mutter zugeordnet (BSG, Urteil vom 11.05.2011 – B 5 R 22/10 R –, Rn. 15, juris).
Im vorliegenden Fall wäre die Zuordnung zum Versicherungskonto des Klägers daher (nur) dann vorzunehmen, wenn dieser die Söhne allein oder überwiegend erzogen hätte oder eine gemeinsame Erklärung der Eltern vorgelegen hätte, die eine entsprechende Bestimmung enthielt.
Der Kläger hat nie behauptet, die Söhne während der Zeit in Kasachstan allein erzogen zu haben. Ferner steht unter Berücksichtigung der Einlassungen des Klägers und seiner Ehefrau, insbesondere im Termin vor dem SG am 26.06.2018 fest, dass die Söhne gemeinsam und im zeitlichen Umfang annähernd gleichwertig erzogen wurden (vgl. hierzu KassKomm/Gürtner, 102. EL Dezember 2018, SGB VI, § 56 Rn. 38) und eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nicht festgestellt werden konnte. Eine überwiegende Erziehung dürfte allenfalls für die Beigeladene im jeweils ersten Jahr nach der Geburt der Söhne festgestellt werden können, nachdem diese in dieser Zeit keiner Beschäftigung nachgegangen ist. Der Kläger hat eine gemeinsame und annähernd gleichwertige Erziehung nicht substantiiert bestritten. Vielmehr hat er seinen Überprüfungsantrag von vornherein darauf gestützt, die erforderliche übereinstimmende Erklärung in Unkenntnis der hierfür geltenden Fristen nicht abgegeben zu haben. Hierfür macht der Kläger einen "völligen Beratungsausfall" geltend und stützt sich insoweit auf das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Die rechtliche Würdigung des SG im angefochtenen Urteil bezogen auf eine fehlende überwiegende Erziehung durch den Kläger hat er nicht beanstandet; sie ist auch für den Senat nicht zu beanstanden. Der Senat macht sich die Ausführungen des SG daher vollumfänglich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Wiedergabe der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Anzumerken ist in Bezug auf den Verweis auf das Urteil des LSG Saarland vom 26.04.2018 (L 1 R 94/16) lediglich, dass die gemeinsame Erziehung nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VI grundsätzlich Voraussetzung für eine Bestimmung durch eine gemeinsame Erklärung ist. Davon ist die Zuordnung bei fehlender gemeinsamer Erklärung durch eine überwiegende Erziehung eines Elternteiles gem. § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI zu unterscheiden, der einen eigenen Zuordnungstatbestand enthält.
Ferner ist festzustellen, dass bei Erlass (d. h. bei seiner Aufgabe zur Post, vgl. zum Meinungsstand KassKomm/Steinwedel, 102. EL Dezember 2018, SGB X § 44 Rn. 37) des Verwaltungsaktes vom 15.08.2013 eine übereinstimmende Erklärung der Eltern über die Zuordnung von Erziehungszeiten nicht vorgelegen hat. Der Kläger hat eine solche erst am 27.06.2017 dem SG im Klageverfahren des Überprüfungsverfahrens vorgelegt. Diese Erklärung ist von den Ehegatten am 23.06.2017 unterzeichnet worden und konnte damit schon keine Grundlage für eine Zuordnung zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides sein.
Zu diesem Zeitpunkt (Erlass des Bescheides vom 15.08.2013) war die gesetzlich vorgehaltene Frist zur Abgabe einer solchen übereinstimmenden Erklärung für Zeiten der Erziehung der beiden Kinder in Kasachstan und deren Rückwirkung bereits abgelaufen. Dies gilt auch für die hier auf den als Spätaussiedler anerkannten Kläger (§ 1 FRG i. V. m. § 4 BVFG) anzuwendende Sonderregelung des § 28b Satz 1 FRG, wonach für die Anrechnung von KEZ und BKZ nach dem SGB VI die Erziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs gleichsteht. Die im Zeitpunkt des Zuzuges des Klägers in die Bundesrepublik Deutschland im August 1993 mögliche (und erforderliche) übereinstimmende Erklärung für die Zuordnung der Erziehungszeit gemäß des § 56 SGB VI in der Fassung vom 25.07.1991, die gem. § 56 Abs. 2 Satz 5 SGB VI dieser Fassung ebenfalls grundsätzlich mit Wirkung für künftige Monate abzugeben war, wird durch § 28b Satz 2 FRG insoweit modifiziert, als die Erklärungen nach § 56 SGB VI (und dem am 31.12.1996 geltenden § 249 Abs. 6 und 7 SGB VI) von dem Kläger bzw. dessen Ehefrau innerhalb eines Jahres nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland abzugeben waren. Mithin konnten die Ehegatten (nur) bis zum Ablauf eines Jahres nach Zuzug die Erziehungszeiten dem Vater durch eine übereinstimmende Erklärung zuordnen.
Dass der Gesetzgeber die Wirkung der gemeinsamen Erklärung abweichend vom Wortlaut des § 28b FRG nicht vom Zeitpunkt des Zuzugs, sondern von der Kenntnis des Laufs der Frist abhängig machen wollte, findet im Gesetz keine Stütze. So war und ist die Zuordnung durch übereinstimmende Erklärung gemäß § 56 SGB VI schon immer nur wirksam gewesen für zukünftige Monate und unter weiteren Voraussetzungen rückwirkend nur für weitere zwei Monate. § 28b FRG erweitert diese Möglichkeit der Zuordnung in der Vergangenheit liegender Zeiträume lediglich für die Dauer eines Jahres nach dem Zuzug des/der Berechtigten. Nach dem Grundsatz der formellen Publizität bei der Verkündung von Gesetzen gelten diese mit ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt allen Normadressaten als bekannt, ohne Rücksicht darauf, ob und wann diese davon tatsächliche Kenntnis erlangen. Die Unkenntnis von Rechten, deren befristete Ausübung im Gesetz selbst ausdrücklich geregelt ist, kann eine Wiedereinsetzung daher grundsätzlich nicht rechtfertigen (vgl. BSG, Urteil vom 21.05.1996 – 12 RK 43/95 –, juris).
Soweit der Kläger geltend macht, er müsse so gestellt werden, als sei diese übereinstimmende Erklärung bis zum Ablauf des ersten Jahres nach dem Zuzug vorgelegt worden, der Bescheid vom 15.08.2013 sei also rechtswidrig, weil die Beklagte das Vorliegen einer solchen Erklärung nicht unterstellt habe, folgt der Senat dem nicht.
Eine solche Rechtswirkung käme nur dann in Betracht, wenn sich der Kläger insoweit auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen könnte. Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut tritt – im Sinne des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs – ein, wenn ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 26.04.2005 – B 5 RJ 6/04 R –, juris, Rdnr. 21). Zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil für den Betroffenen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen; auf ein Verschulden des Versicherungsträgers kommt es dagegen nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2000 – B 5 RJ 50/98 R –, juris, Rdnr. 18).
Bedenken bestehen insoweit schon deswegen, weil das Vorliegen einer wirksamen übereinstimmenden Erklärung auch jetzt noch zweifelhaft ist. Denn gemäß § 56 Abs. 1 Satz 7 SGB VI gilt für die Abgabe der Erklärung § 16 SGB I über die Antragstellung entsprechend. Die abzugebende übereinstimmende Erklärung ist damit formfrei abzugeben. Es handelt es sich um zwei einseitige empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärungen, die mit dem Zugang bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger des Elternteils, dem die Kindererziehungszeit zugeordnet werden soll, oder einer der in § 16 SGB I genannten Stellen wirksam werden (§ 130 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Sie entfalten erst dann versicherungsrechtliche Gestaltungswirkung, wenn sie übereinstimmend abgegeben werden und beide dem Rentenversicherungsträger oder einer in § 16 SGB I genannten Stelle vorliegen. Eine einzelne Erklärung kann daher bis zum Zugang der Erklärung des anderen Elternteils widerrufen werden. Die Erklärungen müssen wirksam sein (§§ 104 ff. BGB – Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, 05/19, § 56 SGB VI, Rn. 40). Diese Voraussetzungen liegen streng genommen nicht vor, weil das SG nicht zu den in § 16 Satz 2 SGB I genannten Institutionen gehört. Ob eine Weiterleitung ausreicht, kann indes offenbleiben.
Denn unabhängig davon ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG eine Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in einem Fall wie dem vorliegenden ausgeschlossen. In der am 31.12.1996 geltenden und wegen § 28b Satz 2 FRG hier anwendbaren Fassung des § 249 Abs. 6 und 7 SGB VI war – wie auch in den jeweiligen Vorgängerregelungen ab 01.01.1992 – ausdrücklich ein Ausschluss der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. des Widerrufs der Erklärung vorgesehen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 31.08.2000 – B 4 RA 28/00 R –, juris Rn. 19). Gerade dann, wenn die Folgen einer behaupteten Pflichtverletzung eines Leistungsträgers bei der Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch - wie hier - bereits durch Wiedereinsetzungsregeln konzeptionell mitbedacht sind, ist für eine Anwendung des richterrechtlichen Instituts des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs von vornherein kein Raum (vgl. BSG, Urteile vom 15.12.1994 – 4 RA 64/93 –, vom 31.08.2000 – B 4 RA 28/00 R –, juris Rn. 21 und vom 03.04.2001 – B 4 RA 89/00 R –, juris Rn. 23). Die Folgen der behaupteten Pflichtverletzung eines Leistungsträgers sind daher bereits durch den vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausschluss der Wiedereinsetzungsregelungen miterfasst (LSG Saarland, Urteil vom 26.04.2018 – L 1 R 94/16 –, Rn. 33 f., juris, m.w.N.).
Schließlich sieht der Senat die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches auch nicht als erfüllt an. Es ist insoweit weder ersichtlich noch konkret vorgetragen, dass die Beklagte den Kläger über den Ablauf der Frist für eine gemeinsame Erklärung oder in diesem Zusammenhang sonst falsch beraten haben könnte. Einen tatsächlichen Kontakt des Klägers mit der Beklagten im ersten Jahr nach dem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland hat er nicht substantiiert behauptet und belegt. Erst recht ist für den Senat ein konkreter Anlass, der die Beklagte hätte verpflichten können, den Kläger ohne konkretes Beratungsbegehren über mögliche Gestaltungsrechte aufzuklären, nicht ersichtlich (vgl. zu den Voraussetzungen Beratungsbegehren oder konkreter Anlass zur Beratung BSGE 66, 258, 266 = SozR 3-4100 § 125 Nr. 1; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12 und Nr. 15), zumal in dem vom Kläger geltend gemachten Kontext, wonach die Erziehungszeiten unberücksichtigt blieben, wenn die Zuordnung an ihn aufgrund einer gemeinsamen Erklärung nicht berücksichtigt würde. Denn der Beklagten hätte dann auch bekannt sein müssen, dass die Ehefrau des Klägers nicht selbst als Spätaussiedlerin anerkannt ist oder werden würde. Die vom Kläger genannten Beispiele betreffen andere Verfahren, ohne dass dieser darlegt, dass diese Fallgestaltungen mit der seinen vergleichbar sind (etwa mit dem Fall einer Antragstellung auf Erwerbsunfähigkeitsrente innerhalb der Jahresfrist, aus der die Vertriebenenstellung des Antragstellers und seiner Ehefrau ersichtlich war). Soweit der Kläger auf – aktuelle – Informationen der Versicherungsämter verweist, fehlt es am Vortrag und einer Glaubhaftmachung, dass der Kläger auf solche allgemein verfügbaren Informationen tatsächlich zugegriffen und sich von diesen bei seiner Entscheidung hat leiten lassen, also ein fehlerhaftes Verhalten der Beklagten tatsächlich ursächlich geworden ist für den eingetretenen Schaden (hier der Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Zeiten im Versicherungsverlauf). Aus einer unterbliebenen oder ungenügenden Aufklärung der Allgemeinheit, zu der ein Versicherungsträger gemäß § 13 SGB I verpflichtet gewesen wäre, kann zudem kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch resultieren (BSG, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95 –, juris, Rn. 35). Dass damals unrichtige oder missverständliche Information durch den Versicherungsträger erfolgt sein könnten, hat der Kläger nicht belegt, was aber im Übrigen wegen der fehlenden Kausalität auch unbeachtlich wäre. Die Beklagte war im vorliegenden Fall auch nicht gem. § 115 Abs. 6 SGB VI verpflichtet, dem Kläger einen Hinweis auf die Möglichkeit einer gemeinsamen Erklärung vor Ablauf der Frist zu erteilen. Nach dieser Vorschrift sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die Rentenversicherungsträger können in gemeinsamen Richtlinien bestimmen, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 115 Abs. 6 SGB VI ist ein "geeigneter Fall". Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95 –, juris, Rn. 45) ist der Begriff "in geeigneten Fällen" ein unbestimmter – gerichtlich in vollem Umfang überprüfbarer – Rechtsbegriff. Das BSG (Urteil vom 22.10.1996, a. a. O.) hat hierzu Folgendes ausgeführt: "Anhaltspunkte für die Auslegung dieses Begriffs sind den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. In den Beratungen zum RRG 1992 wurde im Hinblick auf die Möglichkeiten der automatisierten Datenverarbeitung erwogen, anzuordnen, Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (abweichend vom Gesetzentwurf, vgl. BT-Drucks 11/4124, S 178 zu § 116) von Amts wegen zu erbringen. Angesichts der vermuteten Gefahr größerer Nachzahlungen wurde dies nicht umgesetzt (vgl. Kurzprotokoll der 94. Sitzung des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 22. Juni 1989, S 33, nicht veröffentlicht; vgl. auch Antwort des BMA auf die diesbezügliche Anfrage des Ausschusses (Ausschuss-Drucks 11. Wahlperiode 1303, S 47 bis 50)). Der BT-Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung schlug dann aber vor, es solle ein entsprechender Hinweis in den Fällen erfolgen, in denen es nahe liege, dass Versicherte Leistungen in Anspruch nehmen wollten, wie z. B. bei der Regelaltersrente und bei der Hinterbliebenenrente; dies sei ein geeigneter Bereich zum Ausbau in eine konkrete Informationspflicht (vgl. Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 11/5530, S 46 zu § 116 Abs. 6). Der Gesetzgeber ist mithin von typischen Sachverhalten ausgegangen, bei denen eine Hinweispflicht bestehen soll. Sowohl bei der Regelaltersrente als auch bei der Hinterbliebenenrente verfügt der Versicherungsträger in der Regel über alle Daten, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Rentenanspruchsvoraussetzungen festzustellen."
Unabhängig davon, dass hier 1993/1994 kein Antrag auf Leistungen beabsichtigt war, sondern die Ausübung eines anderen Gestaltungsrechts in Betracht gekommen ist, sind die Voraussetzungen nicht erfüllt. Denn insoweit hängt diese Ausübung – wie oben ausgeführt – gerade nicht allein vom Willen des Klägers ab, sondern zunächst von den zu erfüllenden gesetzlichen Voraussetzung (alleinige oder überwiegende Erziehung) und zudem der Zustimmung des Ehegatten bezogen auf eine gemeinsame Erklärung. Es handelt sich damit gerade nicht um den oben beschriebenen typischen Sachverhalt, zu dem der Beklagten bereits regelmäßig alle notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Der Grund für die Hinweispflicht nach Abs. 6 liegt nicht in der konkreten Kenntnis der Umstände durch den RV-Träger aus konkretem Anlass, sondern in der Möglichkeit, auf naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten für den Versicherten in typischen Fallkonstellationen aufgrund der bei der RV gespeicherten Daten hinzuweisen. Diese nach leistungsrechtlichen Kriterien abrufbaren Daten ermöglichen es dem RV-Träger zu erkennen, ob der Versicherte eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit bereits ergriffen hat, und ggf. den entsprechenden Hinweis zu geben. Voraussetzung für die Hinweispflicht nach Abs. 6 ist also, dass die maßgebenden Daten im vorhandenen Datenbestand gespeichert und abrufbar sind. Dies ist nicht der Fall, wenn der Versicherte datenmäßig noch nicht erfasst worden ist, insbesondere keine Versicherungsnummer erteilt wurde, kein Versicherungsverlauf gespeichert wurde oder die maßgebenden Daten im Versicherungsverlauf nicht enthalten sind (KassKomm/Kater, 102. EL Dezember 2018, SGB VI § 115 Rn. 23). Dass auch die Daten der Ehefrau und deren fehlender Anspruch nach dem FRG sich aus den damals gespeicherten Daten ergeben haben soll, ist weder vorgetragen noch unter Berücksichtigung des heute in den Akten vorliegenden Kontospiegels nachvollziehbar, sodass ein Anspruch auch diesbezüglich nicht gegeben ist.
Der Senat teilt auch nicht die vom Kläger geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch und gerade für den hier eintretenden Fall, dass Erziehungszeiten in Kasachstan auch bei der Ehefrau nicht als Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt werden konnten, weil diese aus anderen Gründen die Voraussetzungen des § 56 SGB VI nicht erfüllt, mithin der Auffangtatbestand des § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI keine Wirkung entfaltet. Im Kern geht es dem Kläger damit um den mit der Rechtsänderung im Vertriebenenrecht verbundenen Ausschluss von Ansprüchen "nicht-deutscher" Ehegatten (vgl. hierzu und zur Verfassungsmäßigkeit der erfolgten Änderungen, insbesondere bezogen auf Ansprüche von Ehegatten, die nicht selbst dem persönlichen Anwendungsbereich des FRG unterfällt BSG, Urteil vom 23.06.1999 – B 5 RJ 44/98 R –, SozR 3-5050 § 1 Nr. 4, SozR 3-7140 § 4 Nr. 1). Streitig ist im vorliegenden Verfahren jedoch allein die Frage, ob die Erziehungszeiten in Kasachstan dem Kläger zuzuordnen waren, nicht auch, ob diese Zeiten der Ehefrau zuzuordnen waren. Die Vormerkung von rentenrechtlichen Zeiten dient der Begründung von Individualansprüchen auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und kommt daher nicht zuvörderst "der Familie" zugute, sondern demjenigen, dem die Zeiten zuzurechnen sind. Nachdem nach den oben getroffenen Feststellungen eine Zuordnung der Erziehungszeiten zum Kläger allein nach einer gemeinsamen Erklärung in Betracht kommt, eine solche aber nicht fristgerecht gegenüber dem Beklagten abgegeben wurde, ist in vorliegendem Rechtsstreit nicht zu prüfen, ob deswegen Rechte Dritter, insbesondere der Ehefrau betroffen sind, die aufgrund der gesetzlichen Regelungen hier nicht von § 56 Abs. 2 Nr. 9 SGB VI profitiert. Die KEZ/KBZ sind dem Kläger nicht lediglich deswegen zuzuordnen, weil die Beigeladene, der diese Zeiten nach dem Auffangtatbestand zustünden, die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI nicht erfüllt. Dies ist auch nicht verfassungswidrig (BSG, Beschluss vom 25.02.2020 – B 13 R 284/18 B – dort insbesondere Rn. 7, zitiert nach juris).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers auch im Berufungsverfahren. Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, da diese keine Anträge gestellt hat.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen mit Blick auf die vom Kläger zitierte Rechtsprechung im Beschluss des BSG vom 25.02.2020 (a. a. O.) nicht vor, insbesondere ist nach Vorliegen dieser Entscheidung kein weitergehender grundsätzlicher Klärungsbedarf im Hinblick auf die vom Kläger mit dem Hilfsantrag aufgeworfene Rechtsfrage dargelegt oder sonst erkennbar. Der Antrag war daher abzulehnen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers und der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung von Kindererziehungszeiten (KEZ) bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (KBZ) im Rahmen des Zugunstenverfahrens.
Der 1958 in A. in Kasachstan geborene Kläger ist anerkannter Spätaussiedler gemäß § 4 Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge, Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und zusammen mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern B. D. (geboren 1981) und C. D. (geboren 1986) am 17.08.1993 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Die Ehefrau des Klägers (die spätere Beigeladene) ist als Ehegatte eines Spätaussiedlers nach § 7 Abs. 2 BVFG anerkannt.
Nach den – unstreitigen – Einlassungen der Beklagten wurde die Anrechnung von KEZ/KBZ auf Antrag der Beigeladenen vom 14.01.2010 für die Zeit des Aufenthaltes in Kasachstan vom 24.04.1981 bis 31.07.1993 abgelehnt, weil die Ehefrau nicht selbst als Spätaussiedler nach § 4 BVFG anerkannt ist. Für die Zeit des Aufenthaltes in der Bundesrepublik ab 01.08.1993 bis 07.07.1996 sind KBZ im Versicherungskonto der Ehefrau anerkannt worden.
Mit Bescheid vom 15.08.2013 stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.2006 gemäß § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verbindlich fest. Bezogen auf Erziehungszeiten (KEZ und KBZ) stellte die Beklagte fest, dass für das Kind B. KEZ für die Zeit vom 01.05.1981 bis 30.04.1982 und KBZ für die Zeit vom 24.04.1981 bis 23.04.1991 und für das Kind C. KEZ für die Zeit vom 01.07.1986 bis 30.06.1987 und KBZ für die Zeit vom 08.06.1986 bis 07.06.1996 nicht vorgemerkt werden. Zur Begründung gab die Beklagte jeweils an, dass ein anderer Elternteil das Kind überwiegend erzogen habe. Erzögen Eltern das Kind gemeinsam und sei von ihnen eine übereinstimmende Erklärung nicht, nicht übereinstimmend oder nicht rechtzeitig abgegeben worden, werde die KEZ nach § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI bei dem Elternteil angerechnet, der das Kind – nach objektiven Gesichtspunkten – überwiegend erzogen habe. Ließen sich bei eigenverantwortlicher Prüfung überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteiles nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen, sondern seien die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichwertig, werde die KEZ nach § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI der Mutter zugeordnet. Die Prüfung überwiegender Erziehungsanteile habe ergeben, dass eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nicht habe erfolgen können, weil er während der Erziehungszeit eine ganztägige Beschäftigung ausgeübt habe. Für gegebenenfalls vorhandene Fehlzeiten zwischen den Beschäftigungen liege kein Nachweis über einen überwiegenden Erziehungsanteil vor. Rechtsmittel legte der Kläger hiergegen zunächst nicht ein.
Mit dem am 18.09.2015 bezogen auf den Bescheid vom 15.08.2013 eingegangenen Überprüfungsantrag machte der Kläger (nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, dass die Versichertenakte bereits vernichtet und eine Verfilmung nicht durchgeführt worden sei) geltend, der Verweis auf den Umstand, wer das Kind angeblich überwiegend erzogen habe, sei nur ein Hilfstatbestand für den Fall, dass eine übereinstimmende Erklärung der Eltern nicht vorliege. Zutreffend sei, dass diese Erklärung grundsätzlich gemäß § 28b Fremdrentengesetz (FRG) innerhalb eines Jahres nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland erfolgen müsse. Diese Frist könne aber nur ausgelöst werden, wenn die Versicherten Kenntnis hätten. Eine solche Kenntnis habe nicht bestanden. Es liege eine Verletzung der Auskunfts- und Beratungspflicht vor. Deshalb müsse die Erklärung im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ermöglicht werden (mit Verweis auf Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Bayern vom 10.02.2010 – L 19 R 328/08 –). Ferner verwies der Kläger auf den Verbandskommentar zu § 28b Anmerkung 5, wonach in den Fällen, in denen die Mutter nicht zu dem nach dem FRG berechtigten Personenkreis gehöre und die Anrechnung von KEZ/KBZ nach § 28b FRG in ihrer Versicherung nicht möglich sei, nach Auffassung der Rentenversicherungsträger die Eltern mit einer übereinstimmenden Erklärung die KEZ/KBZ dem Vater zuordnen könnten. Erschwerend komme hinzu, dass der so genannte "nicht-deutsche" Ehegatte im früheren Vertriebenenrecht ebenfalls voll rentenberechtigt gewesen sei. Erst durch die Differenzierung mit den Neufassungen des BVFG sei im Rahmen der Anerkennung als Aussiedler/Spätaussiedler die Situation geschaffen worden, dass der "nicht-deutsche" Ehegatte keinen Anspruch mehr auf Zeiten nach dem FRG habe. Diese Konsequenz sei aber nicht hinreichend vermittelt worden, insbesondere auch nicht von den Rentenversicherungsträgern.
Mit Bescheid vom 04.01.2016 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag vom 17.09.2015 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die nach § 28b FRG mögliche gemeinsame Erklärung über die Zuordnung der Erziehungszeiten nicht bis zum 17.08.1994 vorgelegen habe. Unstreitig seien die Kinder auch nicht überwiegend vom Kläger erzogen worden. Die Anerkennung im Rahmen des gesetzlichen Herstellungsanspruchs komme nicht in Betracht. Eine Verletzung der Beratungspflicht werde nicht gesehen, da eine Pflicht zur Beratung im Sinne von § 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ohne ein konkretes Beratungsbegehren nur bestehe, wenn sich im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ein konkreter Anlass ergebe. Weder der Versicherte noch seine Ehefrau seien während des ersten Jahres nach dem Zuzug mit der Beklagten im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens in Kontakt getreten. Eine unrichtige Beratung habe daher gar nicht erfolgen können.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es stelle sich die Frage, wie die entsprechenden Eltern anlasslos Kenntnis von dieser Gestaltungsmöglichkeit und der Jahresfrist hätten erhalten sollen. Der erste Kontakt mit der Rentenversicherung habe in der Vergabe der Versicherungsnummer bestanden. Anlässlich dieses Verwaltungshandelns sei auch offensichtlich, dass es sich bei den Versicherten um potentiell fremdrentenberechtigte Versicherte handele. Dies sei der erste Anlass, der Aufklärungs- und Beratungspflicht nach SGB I genüge zu tun. Spätestens mit der Erstellung des Versicherungskontos sei auf eine entsprechende Erklärung hinzuweisen bzw. eine Zuordnung der KEZ vorzunehmen. Dies sei spätestens der zweite Anlass für eine entsprechende Aufklärung. Selbst wenn zu diesem Zeitpunkt die Jahresfrist verstrichen wäre, wäre insoweit zumindest auf die Möglichkeit eines Wiedereinsetzungsantrages nach § 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinzuweisen gewesen, um den Betroffenen so die Möglichkeit zu eröffnen, die entsprechende Anrechnung der KEZ zu bewerkstelligen. Da dies nicht beachtet worden sei, müsse die beantragte Zuordnung nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs vorgenommen werden. Die Nichtkorrektur der Zuordnung der KEZ würde einen schweren Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) sowie Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 6 Abs. 1 GG bedeuten, denn den insoweit in das hiesige Rentensystem aufgenommenen Fremdrentenberechtigten stünden die gleichen sozialen Rechte zu wie den hiesigen Versicherten, denen entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Erstellung ihrer Versicherungsverläufe ermöglicht würden und die bei angegebenen Kindern auch ausdrücklich durch die Rentenversicherungsträger auf die Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich der Berücksichtigung von KEZ hingewiesen würden.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2017 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass dann, wenn nur der Vater, nicht aber die Mutter zum Personenkreis des § 1 FRG gehöre – wie hier –, bei der Zuordnung von KEZ die Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung erforderlich sei. Eine gemeinsame Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten sei vom Kläger und dessen Ehefrau nicht innerhalb der gemäß § 28b FRG geltenden Jahresfrist (bis 17.08.1994) nach dem Zuzug abgegeben worden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe mit Urteil vom 16.12.1997 entschieden, dass die Anrechnung von KEZ in den Fällen, in denen eine gemeinsame Erklärung nicht, nicht übereinstimmend oder aus sonstigen Gründen nicht wirksam (insbesondere nicht rechtzeitig) abgegeben worden sei, nach § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI demjenigen zuzuordnen sei, der das Kind überwiegend erzogen habe. Der Kläger sei im Herkunftsland während der Kindererziehung ohne Unterbrechung vollzeitbeschäftigt gewesen. Es sei keine überwiegende Erziehung im erforderlichen Beweisgrad durch den Kläger festzustellen. Die Erziehungsbeiträge des Klägers und der Ehefrau seien vielmehr als gleichwertig anzusehen. Eine Anrechnung der KEZ/KBZ sei daher im Versicherungskonto des Vaters nicht möglich. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch komme nicht in Betracht, weil eine unterlassene Aufklärung und eine Pflicht zur Beratung ohne ein konkretes Beratungsbegehren regelmäßig nur bestehen könne, wenn sich im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ein konkreter Anlass ergebe. Nur die Vergabe einer Versicherungsnummer oder die Erstellung eines Versicherungskontos führen nicht zu einer Beratungspflicht.
Hiergegen hat der Kläger am 23.02.2017 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrages hat er an seiner Rechtsauffassung festgehalten und hierzu ausgeführt, dass die Tatsache, dass er vollzeitbeschäftigt gewesen sei, nicht den Rückschluss zuließe, die Kinderziehung sei deshalb durch die Mutter erfolgt. Das sozialistische Arbeits- und Wirtschaftsrecht sei gekennzeichnet durch die Vollzeitberufstätigkeit beider Ehepartner. Die Kindererziehung sei in der Freizeit anteilig erfolgt. Das entsprechende Gesellschaftssystem sei durch eine hohe Fremdbetreuung durch Kindergärten etc. gekennzeichnet gewesen (wie etwa auch in der ehemaligen DDR). Alternativ sei die Beaufsichtigung der Kinder auch vielfach durch die teilweise wesentlich früher verrenteten Großeltern erfolgt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass erst in der Folge einer Gesetzesänderung durch das Aussiedleraufnahmegesetz ab 1991 und durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz ab 01.01.1993 der Fall auftreten könne, dass dann, wenn keine übereinstimmenden Erklärungen abgegeben worden seien, KEZ verloren gehen könnten. Auch die vormals bestehende Betreuungsberechtigung in den Aufnahmelagern, in denen auch die Deutsche Rentenversicherung vertreten gewesen sei, sei mit der Neufassung des Bundesvertriebenengesetzes entfallen. Nur dann, wenn eine gemeinsame Erklärung der Eltern nicht vorliege, könnten die KEZ dem Vater zugeordnet werden, wenn dieser das Kind überwiegend erzogen habe und, wenn dieses nicht feststellbar sei, würden die Kindererziehungszeiten in dritter Abstufung als Auffangtatbestand der Mutter zugeordnet (unter Verweis auf BSG, 16.12.1997 – 4 RA 59/97 und 4 RA 60/97 –). Der Gesetzgeber habe es schlichtweg versäumt, die Veränderungen des Bundesvertriebenengesetzes im Fremdrentenrecht zu berücksichtigen, entweder durch eine Anpassung der Fristenregelungen des § 28b FRG oder durch eine Verpflichtung der Rentenversicherungsträger, die insoweit von einem Verlust der KEZ bedrohten Ehegatten auf das Gestaltungsrecht hinzuweisen. Wäre ein solcher Hinweis erfolgt und innerhalb eines Jahres seit diesem Hinweis eine gemeinsame Erklärung nicht erfolgt, dann könnte die Frage gestellt werden, wer das Kind überwiegend erzogen habe und schlimmstenfalls die Rechtsfolge eintreten, dass KEZ auch nicht als Auffangtatbestand bei der Mutter zu berücksichtigen seien, ohne einen solchen Hinweis allerdings nicht. Angesichts dessen müsse den betroffenen Eltern auch nach Fristablauf bei vorangegangenem Beratungstotalausfall die gemeinsame Erklärung noch ermöglicht werden. Er kündigte an, eine entsprechende gemeinsame Erklärung nachzureichen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass eine übereinstimmende Erklärung nur mit Wirkung für die Zukunft abgegeben werden könne. Die Zuordnung könne rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen. § 28b FRG solle Nachteile für FRG-Berechtigte vermeiden, die aus einem "verspäteten" Zuzug entstünden, indem FRG-Berechtigten eine längere Frist zur Abgabe der Erklärung eingeräumt werde. Genauso, wie ein Nicht-FRG-Berechtigter sich nicht darauf berufen könne, er sei auf den Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 SGB VI nicht aufmerksam gemacht worden, könne sich auch ein FRG-Berechtigter nicht darauf berufen, dass er über die Frist des § 28b FRG nicht aufgeklärt worden sei. Eine überwiegende Erziehung durch den Kläger ergebe sich auch nach den Einlassungen des Klägers in der Klage nicht. Aus der Tatsache, dass Rentenversicherungsträger in Einzelfällen entsprechende Zeiten auch nach Ablauf der Frist des § 28b FRG anerkannt hätten, könne ebenfalls kein Anspruch abgeleitet werden, weil in diesen Fällen zumeist ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aufgrund einer fehlerhaften Beratung zugrunde gelegt worden sei. Eine fehlerhafte Beratung im Jahreszeitraum habe jedoch nicht vorgelegen, so dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht zu prüfen gewesen sei.
Der Bevollmächtigte hat eine von den Eheleuten am 23.06.2017 unterzeichnete Erklärung vorgelegt ("Wir, die Eheleute E. und F. D., beantragen hiermit gemeinsam die Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für die Kinder G., geb. 1981 und C., geb. 1986 im Rentenkonto des Vaters, E. D., zu berücksichtigen.").
Die Beklagte hat ergänzend darauf hingewiesen, dass die Frist zur Abgabe der entsprechenden Erklärung bereits abgelaufen sei. Ob der Gesetzgeber im Hinblick auf die vom Kläger vorgebrachten Argumente künftig einen Änderungsbedarf sehe, bleibe abzuwarten.
Im Termin der mündlichen Verhandlung hat das SG die Beigeladene angehört. Diese hat angegeben, nach der Geburt von B. ein Jahr zu Hause gewesen zu sein. Danach habe sie wieder gearbeitet. Sie sei Kindererzieherin gewesen und habe im Zweischichtbetrieb gearbeitet. Die Kinder seien von morgens 7:30 Uhr bis abends um 20:00 Uhr zu beaufsichtigen gewesen. Sie habe entweder von 7:30 Uhr bis 15:30 Uhr oder von 13:00 Uhr bis ca. 20:00 Uhr abends gearbeitet. Ihr Mann habe nur in Frühschicht gearbeitet, täglich von 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr. Die Frage, ob der zeitliche Aufwand der Beigeladenen und des Klägers im Hinblick auf den Umgang mit den Kindern etwa gleich gewesen sei, beantwortete die Beigeladene mit "ja" und erläuterte, dass sie eben beide gearbeitet hätten. Es seien auch keine Großeltern in der Nähe gewesen, die hätten helfen können. Der Kläger habe die Kinder abgeholt und auch gekocht. Sie hätten sich die Zeit für die Kinder etwa gleich aufgeteilt. Auch nach der Geburt von C. sei sie ein Jahr zu Hause gewesen und habe danach wieder angefangen zu arbeiten.
Mit Urteil vom 26.06.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Anerkennung aufgrund einer überwiegenden Erziehung der beiden Kinder durch den Kläger komme nicht in Betracht. Aufgrund der Angaben des Klägers und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung sei zwar davon auszugehen, dass diese ihre beiden Kinder gemeinsam erzogen hätten, die gemeinsame Erziehung sei jedoch etwa zu gleichen Teilen erfolgt. Denn sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau seien in Vollzeit berufstätig gewesen und hätten jeweils abwechselnd die diversen Erziehungsaufgaben übernommen. Die Zuordnung der KEZ/KBZ beim Kläger sei auch nicht aufgrund einer entsprechenden übereinstimmenden Erklärung des Klägers und der Beigeladenen möglich. Zwar hätten diese eine entsprechende Erklärung dem Gericht gegenüber am 27.06.2017 abgegeben, zu diesem Zeitpunkt sei die Jahresfrist nach dem Zuzug des Klägers am 17.08.1993 jedoch erkennbar schon lange abgelaufen gewesen. Es könne zwar sein, dass er über diese Frist nicht oder nur unzureichend informiert gewesen sei. Weil es sich hierbei aber um eine gesetzliche Ausschlussfrist handele, die nicht heilbar sei und für die es auch keine Wiedereinsetzung geben könne, sei letztlich vom Verstreichen der Jahresfrist auszugehen. Insofern könne der Beklagten auch kein Beratungsfehler oder die Verletzung einer Hinweispflicht vorgeworfen werden. Ausweislich des Akteninhalts sei der Kläger erstmals im Jahr 2015, die Beigeladene erstmals im Jahr 2010 mit einem Rentenversicherungsträger in Kontakt getreten. Ein Beratungsfehler im Sinne einer unrichtigen Beratung könne somit nicht kausal zur versäumten Jahresfrist geführt haben, weil überhaupt keine Beratung stattgefunden habe. Auch die Verletzung einer Hinweispflicht, mithin also einer Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger als Spätaussiedler zeitnah nach seiner Einreise in die Bundesrepublik allein anlässlich der Kontenerstellung auf seine Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Berücksichtigung von KEZ/KBZ hinzuweisen, könne das Gericht nicht erkennen. Eine solche Hinweispflicht bestehe nicht. Ein entsprechender Beratungsbedarf habe sich dem Beklagten schon deshalb nicht aufdrängen müssen, weil sie um die besondere Situation des Klägers und seiner Ehefrau, welche im Gegensatz zu diesem keine Ansprüche nach dem FRG geltend machen könne, nicht wissen konnte. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Kläger spätestens zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 44 SGB X, also bereits im September 2015, um die maßgebliche Jahresfrist zur Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung gewusst habe. Die Abgabe dieser Erklärung sei jedoch erst im Juni 2017 erfolgt. Die Jahresfrist sei also selbst dann bereits verstrichen, wenn man auf diesen späteren Zeitpunkt abstellen wollte, sodass – eine Beratungspflicht der Beklagten unterstellt – die Verletzung dieser Beratungspflicht nicht ursächlich kausal wäre für das Fristversäumnis. Im Übrigen bestünden bezogen auf die Jahresfrist des § 28b FRG und die dadurch eingeschränkte Dispositionsbefugnis des Klägers und der Beigeladenen, die KEZ/KBZ unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen den Versicherungskonten zuzuordnen, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Gegen das am 13.08.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.08.2018 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung des bisherigen Vortrages hat der Kläger daran festgehalten, dass die Jahresfrist des § 28b FRG nicht ohne eine vorangegangene Beratung zu laufen beginnen könne. Das SG habe die zitierten Entscheidungen des BSG und des LSG Saarland nicht hinreichend berücksichtigt. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass die Grundlage für das Funktionieren des immer komplizierter werdenden sozialen Leistungssystems eine umfassende Beratung des Versicherten sei. Im Vordergrund stehe dabei nicht mehr nur die Beantwortung von Fragen oder das Bitten um Beratung, sondern die verständnisvolle Förderung des Versicherten, das heiße, die aufmerksame Prüfung durch den Sachbearbeiter, ob Anlass bestehe, den Versicherten auch von Amts wegen auf Gestaltungsmöglichkeiten oder Nachteile hinzuweisen, die sich mit seinem Anliegen verbinden. Denn schon gezielte Fragen setzten Sachkunde voraus, über die der Versicherte oft nicht verfüge. Eine Leistungsgewährung dürfe nicht deshalb unterbleiben, weil der einzelne nicht über die ihn begünstigenden Bestimmungen Bescheid wisse (mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 06.02.1997 – III ZR 241/95 – und mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. August 2013 zu verurteilen, Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für das Kind B. D. für die Zeit vom 24. April 1981 bis 23. April 1991 und Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für das Kind C. D. vom 8. Juni 1986 bis 31. Juli 1993 vorzumerken, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung ausgeführt, sie teile die Auffassung nicht, dass von einer Regelungslücke auszugehen sei. Es sei schon nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Vielzahl gleichgearteter Fallgestaltungen seit nun über 25 Jahren keine Veranlassung gesehen habe, gesetzliche Änderungen herbeizuführen. Der Gesetzgeber habe weiter auch keine Veranlassung gesehen, innerhalb einer bestimmten Frist nach Deutschland zugezogenen Personen von Amts wegen eine möglichst allumfassende Beratung auf dem Gebiet der Sozialversicherung, speziell in der gesetzlichen Rentenversicherung, anzubieten, um etwaige Rentennachteile durch das Versäumen von Fristen auszuschließen. Insofern liege kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch vor, wenn diese Frist, unabhängig von den Gründen, versäumt worden sei. Die Beratung sei keine Bringschuld des Rentenversicherungsträgers, sondern der Versicherte müsse mit seinem Beratungsbegehren auf den Rentenversicherungsträger zugehen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Kläger hat schließlich darauf hingewiesen, dass die Beklagte mit Bescheid vom 15.08.2013 einen früheren Bescheid im Hinblick auf die Vormerkung von Zeiten der schulischen Ausbildung (02.11.1993 bis 28.04.1994) zurückgenommen habe. Bei dieser Zeit handele sich um einen Sprachkurs, für den Eingliederungshilfe bezogen worden sei. Gemäß den §§ 28a ff. SGB IV seien diese Zeiten der Beklagten zu melden gewesen. Diese Meldung habe auch den Geburtsort beinhaltet. Hieraus hätte sich ein vertriebenenrechtlicher Hintergrund aufdrängen müssen, der bereits eine entsprechende Beratungspflicht hätte auslösen müssen. Ferner verweist er auf ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See vom 14.10.2019 in einem Verfahren vor dem SG Oldenburg, wonach diese aufgrund eines während der Jahresfrist gestellten Antrages auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine Verletzung der Beratungspflicht anerkannt hatte. Eine Beratung finde auch in den Internetauftritten verschiedener Kommunen, die als andere Stelle nach § 93 Abs. 2 SGB IV handelten, nicht statt, da dort auf die Frist nach "§ 28 BFRG" nicht hingewiesen werde. Ferner habe das BSG (unter Verweis auf das Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95 –) dargelegt, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht auf die Verletzung der Pflichten aus §§ 14, 15 SGB I beschränkt sei, sondern auch bei andersartiger Fehl- oder Nichtinformation der Versicherten in Betracht komme. Löse die Verletzung der Hinweispflicht einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch aus, wenn die Verletzung darin bestehe, dass ein Hinweis unterbleibt, müsse ein falscher Hinweis, der von einer rechtzeitigen Antragstellung abhalte, erst recht den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Die Revision sei zuzulassen, weil das BSG die Frage, ob die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bei Fristversäumnis des § 28b Satz 2 FRG bisher nicht entschieden habe und entgegen der Entscheidung B 13 R 284/18 B weder berücksichtigt worden sei, dass der Verlust der KEZ erst durch Änderung des BVFG für eine Familie eintreten könne, wenn die Erklärung nicht innerhalb der Frist abgegeben werde und hierdurch sehr wohl Grundrechte der Betroffenen, zusammengefasst im sogenannten Eingliederungsprinzip, eingreife. Das BSG habe außerdem die dargelegte falsche Aufklärung der Betroffenen durch die Rentenversicherungsträger und das BMAS nicht berücksichtigt.
Die Beklagte hat erwidert, dass Meldungen zur Sozialversicherung, auch für Zeiten des Sozialleistungsbezuges, vollelektronisch ohne Einschaltung der Sachbearbeitung erfolgten. Daher lasse sich auch aus der vom Bevollmächtigten genannten Meldung des Bezuges von Eingliederungshilfe 1993/1994 kein Anlass zur Beratung durch den Rentenversicherungsträger ableiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Der Kläger wird hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der am 18.09.2015 eingegangene Antrag des Klägers auf Überprüfung des Bescheides vom 15.08.2013. Mit diesem Bescheid hatte es die Beklagte (neben der hier nicht streitgegenständlichen Zurücknahme der Vormerkung von Zeiten schulischer Ausbildung) abgelehnt, im Versicherungskonto des Klägers für das Kind B. die Zeit vom 01.05.1981 bis 30.04.1982 als KEZ und die Zeit vom 24.04.1981 bis 23.04.1991 als KBZ sowie für das Kind C. die Zeit vom 01.07.1986 bis 30.06.1987 als KEZ und die Zeit vom 08.06.1986 bis 07.06.1996 als KBZ vorzumerken. Dieser Bescheid wurde zwischen den Beteiligten bindend (§ 77 SGG), da der dagegen gegebene Rechtsbehelf (§§ 78, 83 SGG) nicht eingelegt wurde. Die Zurücknahme dieser Entscheidung lehnte die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden ab. Die deswegen erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist damit statthaft.
Rechtsgrundlage für die Zurücknahme dieser Entscheidung ist § 44 SGB X. Die teilweise Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 15.08.2013 stützt sich auf § 44 Abs. 2 SGB X, weil die verbindliche Feststellung von rentenrechtlichen Versicherungszeiten gemäß § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI weder die Erbringung von Sozialleistungen noch die Erhebung von Beiträgen zum Gegenstand hat. Grund für die Korrektur des Verwaltungsakts ist danach nicht eine wesentliche Änderung der für seinen Erlass maßgeblichen Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X, sondern ein Fehler der Rechtsanwendung, der dem zu überprüfenden VA von Anfang an anhaftet. Demgemäß regelt § 44 SGB X wie § 45 SGB X die Rücknahme von Verwaltungsakten, die bereits bei Erlass in Widerspruch zur objektiven Rechtslage standen.
Voraussetzung für die Rücknahme eines Bescheides nach § 44 Abs. 2 SGB X ist ebenso wie bei § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts bei dessen Erlass. Rechtswidrig im Sinne von Absatz 2 ist ein Verwaltungsakt, soweit er nach den Maßstäben des Abs. 1 Satz 1 bereits bei Erlass rechtswidrig gewesen ist (v. Wulffen/Schütze/Schütze, 8. Aufl. 2014, SGB X § 44 Rn. 24, BeckOK SozR/Heße, Stand 01.12.2019 SGB X § 44 Rn. 22, 23) und damit dann, wenn bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen. Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29).
Nach § 149 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 SGB VI stellt der Rentenversicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest (zur Regelungswirkung von Vormerkungsbescheiden vgl. BSG SozR 4-2600 § 58 Nr. 13 RdNr 17; BSG SozR 4-2600 § 149 Nr. 1 RdNr. 10 m. w. N.).
Der Vormerkungsbescheid vom 15.08.2013 hat für den Kläger eine belastende Regelung getroffen, soweit die bereits genannten Zeiträume nicht als KEZ und KBZ vorgemerkt wurden. Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Antrag, diese belastende Regelung zu überprüfen und zu seinen Gunsten abzuändern (Schriftsätze vom 17.09.2015 und 12.11.2015).
Kindererziehungszeiten sind Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Nach § 249 Abs. 1 SGB VI in der bis 30.06.2014 anzuwendenden Fassung endet die KEZ jedoch für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind 12 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Für einen Elternteil wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine KEZ angerechnet, wenn die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist (Nr. 1), die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist (Nr. 2) und der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (Nr. 3). Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr ist bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen (§ 57 Satz 1 SGB VI). Nach dem zu Beginn des Jahres 1986 eingeführten § 28b FRG wird die Kindererziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet derjenigen im Bundesgebiet für die Anrechnung und Bewertung der darauf beruhenden Versicherungszeiten gleichgestellt.
Die Beklagte und das SG haben zu Recht entschieden, dass die Ablehnung der Zuordung der KEZ und KBZ im Bescheid vom 15.08.2013 zum Versicherungskonto des Klägers nicht rechtswidrig gewesen ist.
Die Zuordnung bestimmt sich nach §§ 57, 56 Abs. 2 SGB VI, wobei drei Kategorien der Erziehung zu unterscheiden sind (BSG, Urteil vom 11.05.2011 – B 5 R 22/10 R –, Rn. 12, juris, m. w. N.): Die Alleinerziehung, die gemeinsame Erziehung und die überwiegende Erziehung. Die Erziehungszeit ist grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat (§ 56 Abs. 2 SGB VI). Haben mehrere Elternteile das Kind gemeinsam erzogen, wird die Erziehungszeit einem Elternteil zugeordnet. Haben die Eltern ihr Kind gemeinsam erzogen, können sie durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil sie zuzuordnen ist, wobei die Zuordnung auf einen Teil der Erziehungszeit beschränkt werden kann. Eine solche Erklärung der Eltern kann grundsätzlich nur mit Wirkung für künftige Kalendermonate (§ 56 Abs. 2 Satz 5 SGB VI) und nur unter besonderen Voraussetzungen ausnahmsweise rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate abgegeben werden (§ 56 Abs. 2 Satz 6 SGB VI). Ergibt sich die Zuordnung nicht bereits zwingend aus einer kongruenten Erklärung der Eltern, weil sie entweder fehlt oder nicht übereinstimmend bzw. sonst unwirksam, insbesondere verspätet, abgegeben worden ist, bleibt es bei dem Grundsatz des § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI (in der bis 30.06.2014 anzuwendenden Fassung): Die Kindererziehungszeit ist dann demjenigen zuzuordnen, der das Kind – nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet – überwiegend erzogen hat. Nur dann, wenn sich überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteils nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen lassen (non liquet), sondern die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichgewichtig sind, wird die Kindererziehungszeit nach der Auffangregel des § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI der Mutter zugeordnet (BSG, Urteil vom 11.05.2011 – B 5 R 22/10 R –, Rn. 15, juris).
Im vorliegenden Fall wäre die Zuordnung zum Versicherungskonto des Klägers daher (nur) dann vorzunehmen, wenn dieser die Söhne allein oder überwiegend erzogen hätte oder eine gemeinsame Erklärung der Eltern vorgelegen hätte, die eine entsprechende Bestimmung enthielt.
Der Kläger hat nie behauptet, die Söhne während der Zeit in Kasachstan allein erzogen zu haben. Ferner steht unter Berücksichtigung der Einlassungen des Klägers und seiner Ehefrau, insbesondere im Termin vor dem SG am 26.06.2018 fest, dass die Söhne gemeinsam und im zeitlichen Umfang annähernd gleichwertig erzogen wurden (vgl. hierzu KassKomm/Gürtner, 102. EL Dezember 2018, SGB VI, § 56 Rn. 38) und eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nicht festgestellt werden konnte. Eine überwiegende Erziehung dürfte allenfalls für die Beigeladene im jeweils ersten Jahr nach der Geburt der Söhne festgestellt werden können, nachdem diese in dieser Zeit keiner Beschäftigung nachgegangen ist. Der Kläger hat eine gemeinsame und annähernd gleichwertige Erziehung nicht substantiiert bestritten. Vielmehr hat er seinen Überprüfungsantrag von vornherein darauf gestützt, die erforderliche übereinstimmende Erklärung in Unkenntnis der hierfür geltenden Fristen nicht abgegeben zu haben. Hierfür macht der Kläger einen "völligen Beratungsausfall" geltend und stützt sich insoweit auf das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Die rechtliche Würdigung des SG im angefochtenen Urteil bezogen auf eine fehlende überwiegende Erziehung durch den Kläger hat er nicht beanstandet; sie ist auch für den Senat nicht zu beanstanden. Der Senat macht sich die Ausführungen des SG daher vollumfänglich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Wiedergabe der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Anzumerken ist in Bezug auf den Verweis auf das Urteil des LSG Saarland vom 26.04.2018 (L 1 R 94/16) lediglich, dass die gemeinsame Erziehung nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VI grundsätzlich Voraussetzung für eine Bestimmung durch eine gemeinsame Erklärung ist. Davon ist die Zuordnung bei fehlender gemeinsamer Erklärung durch eine überwiegende Erziehung eines Elternteiles gem. § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI zu unterscheiden, der einen eigenen Zuordnungstatbestand enthält.
Ferner ist festzustellen, dass bei Erlass (d. h. bei seiner Aufgabe zur Post, vgl. zum Meinungsstand KassKomm/Steinwedel, 102. EL Dezember 2018, SGB X § 44 Rn. 37) des Verwaltungsaktes vom 15.08.2013 eine übereinstimmende Erklärung der Eltern über die Zuordnung von Erziehungszeiten nicht vorgelegen hat. Der Kläger hat eine solche erst am 27.06.2017 dem SG im Klageverfahren des Überprüfungsverfahrens vorgelegt. Diese Erklärung ist von den Ehegatten am 23.06.2017 unterzeichnet worden und konnte damit schon keine Grundlage für eine Zuordnung zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides sein.
Zu diesem Zeitpunkt (Erlass des Bescheides vom 15.08.2013) war die gesetzlich vorgehaltene Frist zur Abgabe einer solchen übereinstimmenden Erklärung für Zeiten der Erziehung der beiden Kinder in Kasachstan und deren Rückwirkung bereits abgelaufen. Dies gilt auch für die hier auf den als Spätaussiedler anerkannten Kläger (§ 1 FRG i. V. m. § 4 BVFG) anzuwendende Sonderregelung des § 28b Satz 1 FRG, wonach für die Anrechnung von KEZ und BKZ nach dem SGB VI die Erziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs gleichsteht. Die im Zeitpunkt des Zuzuges des Klägers in die Bundesrepublik Deutschland im August 1993 mögliche (und erforderliche) übereinstimmende Erklärung für die Zuordnung der Erziehungszeit gemäß des § 56 SGB VI in der Fassung vom 25.07.1991, die gem. § 56 Abs. 2 Satz 5 SGB VI dieser Fassung ebenfalls grundsätzlich mit Wirkung für künftige Monate abzugeben war, wird durch § 28b Satz 2 FRG insoweit modifiziert, als die Erklärungen nach § 56 SGB VI (und dem am 31.12.1996 geltenden § 249 Abs. 6 und 7 SGB VI) von dem Kläger bzw. dessen Ehefrau innerhalb eines Jahres nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland abzugeben waren. Mithin konnten die Ehegatten (nur) bis zum Ablauf eines Jahres nach Zuzug die Erziehungszeiten dem Vater durch eine übereinstimmende Erklärung zuordnen.
Dass der Gesetzgeber die Wirkung der gemeinsamen Erklärung abweichend vom Wortlaut des § 28b FRG nicht vom Zeitpunkt des Zuzugs, sondern von der Kenntnis des Laufs der Frist abhängig machen wollte, findet im Gesetz keine Stütze. So war und ist die Zuordnung durch übereinstimmende Erklärung gemäß § 56 SGB VI schon immer nur wirksam gewesen für zukünftige Monate und unter weiteren Voraussetzungen rückwirkend nur für weitere zwei Monate. § 28b FRG erweitert diese Möglichkeit der Zuordnung in der Vergangenheit liegender Zeiträume lediglich für die Dauer eines Jahres nach dem Zuzug des/der Berechtigten. Nach dem Grundsatz der formellen Publizität bei der Verkündung von Gesetzen gelten diese mit ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt allen Normadressaten als bekannt, ohne Rücksicht darauf, ob und wann diese davon tatsächliche Kenntnis erlangen. Die Unkenntnis von Rechten, deren befristete Ausübung im Gesetz selbst ausdrücklich geregelt ist, kann eine Wiedereinsetzung daher grundsätzlich nicht rechtfertigen (vgl. BSG, Urteil vom 21.05.1996 – 12 RK 43/95 –, juris).
Soweit der Kläger geltend macht, er müsse so gestellt werden, als sei diese übereinstimmende Erklärung bis zum Ablauf des ersten Jahres nach dem Zuzug vorgelegt worden, der Bescheid vom 15.08.2013 sei also rechtswidrig, weil die Beklagte das Vorliegen einer solchen Erklärung nicht unterstellt habe, folgt der Senat dem nicht.
Eine solche Rechtswirkung käme nur dann in Betracht, wenn sich der Kläger insoweit auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen könnte. Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut tritt – im Sinne des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs – ein, wenn ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 26.04.2005 – B 5 RJ 6/04 R –, juris, Rdnr. 21). Zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil für den Betroffenen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen; auf ein Verschulden des Versicherungsträgers kommt es dagegen nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2000 – B 5 RJ 50/98 R –, juris, Rdnr. 18).
Bedenken bestehen insoweit schon deswegen, weil das Vorliegen einer wirksamen übereinstimmenden Erklärung auch jetzt noch zweifelhaft ist. Denn gemäß § 56 Abs. 1 Satz 7 SGB VI gilt für die Abgabe der Erklärung § 16 SGB I über die Antragstellung entsprechend. Die abzugebende übereinstimmende Erklärung ist damit formfrei abzugeben. Es handelt es sich um zwei einseitige empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärungen, die mit dem Zugang bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger des Elternteils, dem die Kindererziehungszeit zugeordnet werden soll, oder einer der in § 16 SGB I genannten Stellen wirksam werden (§ 130 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Sie entfalten erst dann versicherungsrechtliche Gestaltungswirkung, wenn sie übereinstimmend abgegeben werden und beide dem Rentenversicherungsträger oder einer in § 16 SGB I genannten Stelle vorliegen. Eine einzelne Erklärung kann daher bis zum Zugang der Erklärung des anderen Elternteils widerrufen werden. Die Erklärungen müssen wirksam sein (§§ 104 ff. BGB – Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, 05/19, § 56 SGB VI, Rn. 40). Diese Voraussetzungen liegen streng genommen nicht vor, weil das SG nicht zu den in § 16 Satz 2 SGB I genannten Institutionen gehört. Ob eine Weiterleitung ausreicht, kann indes offenbleiben.
Denn unabhängig davon ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG eine Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in einem Fall wie dem vorliegenden ausgeschlossen. In der am 31.12.1996 geltenden und wegen § 28b Satz 2 FRG hier anwendbaren Fassung des § 249 Abs. 6 und 7 SGB VI war – wie auch in den jeweiligen Vorgängerregelungen ab 01.01.1992 – ausdrücklich ein Ausschluss der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. des Widerrufs der Erklärung vorgesehen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 31.08.2000 – B 4 RA 28/00 R –, juris Rn. 19). Gerade dann, wenn die Folgen einer behaupteten Pflichtverletzung eines Leistungsträgers bei der Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch - wie hier - bereits durch Wiedereinsetzungsregeln konzeptionell mitbedacht sind, ist für eine Anwendung des richterrechtlichen Instituts des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs von vornherein kein Raum (vgl. BSG, Urteile vom 15.12.1994 – 4 RA 64/93 –, vom 31.08.2000 – B 4 RA 28/00 R –, juris Rn. 21 und vom 03.04.2001 – B 4 RA 89/00 R –, juris Rn. 23). Die Folgen der behaupteten Pflichtverletzung eines Leistungsträgers sind daher bereits durch den vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausschluss der Wiedereinsetzungsregelungen miterfasst (LSG Saarland, Urteil vom 26.04.2018 – L 1 R 94/16 –, Rn. 33 f., juris, m.w.N.).
Schließlich sieht der Senat die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches auch nicht als erfüllt an. Es ist insoweit weder ersichtlich noch konkret vorgetragen, dass die Beklagte den Kläger über den Ablauf der Frist für eine gemeinsame Erklärung oder in diesem Zusammenhang sonst falsch beraten haben könnte. Einen tatsächlichen Kontakt des Klägers mit der Beklagten im ersten Jahr nach dem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland hat er nicht substantiiert behauptet und belegt. Erst recht ist für den Senat ein konkreter Anlass, der die Beklagte hätte verpflichten können, den Kläger ohne konkretes Beratungsbegehren über mögliche Gestaltungsrechte aufzuklären, nicht ersichtlich (vgl. zu den Voraussetzungen Beratungsbegehren oder konkreter Anlass zur Beratung BSGE 66, 258, 266 = SozR 3-4100 § 125 Nr. 1; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12 und Nr. 15), zumal in dem vom Kläger geltend gemachten Kontext, wonach die Erziehungszeiten unberücksichtigt blieben, wenn die Zuordnung an ihn aufgrund einer gemeinsamen Erklärung nicht berücksichtigt würde. Denn der Beklagten hätte dann auch bekannt sein müssen, dass die Ehefrau des Klägers nicht selbst als Spätaussiedlerin anerkannt ist oder werden würde. Die vom Kläger genannten Beispiele betreffen andere Verfahren, ohne dass dieser darlegt, dass diese Fallgestaltungen mit der seinen vergleichbar sind (etwa mit dem Fall einer Antragstellung auf Erwerbsunfähigkeitsrente innerhalb der Jahresfrist, aus der die Vertriebenenstellung des Antragstellers und seiner Ehefrau ersichtlich war). Soweit der Kläger auf – aktuelle – Informationen der Versicherungsämter verweist, fehlt es am Vortrag und einer Glaubhaftmachung, dass der Kläger auf solche allgemein verfügbaren Informationen tatsächlich zugegriffen und sich von diesen bei seiner Entscheidung hat leiten lassen, also ein fehlerhaftes Verhalten der Beklagten tatsächlich ursächlich geworden ist für den eingetretenen Schaden (hier der Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Zeiten im Versicherungsverlauf). Aus einer unterbliebenen oder ungenügenden Aufklärung der Allgemeinheit, zu der ein Versicherungsträger gemäß § 13 SGB I verpflichtet gewesen wäre, kann zudem kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch resultieren (BSG, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95 –, juris, Rn. 35). Dass damals unrichtige oder missverständliche Information durch den Versicherungsträger erfolgt sein könnten, hat der Kläger nicht belegt, was aber im Übrigen wegen der fehlenden Kausalität auch unbeachtlich wäre. Die Beklagte war im vorliegenden Fall auch nicht gem. § 115 Abs. 6 SGB VI verpflichtet, dem Kläger einen Hinweis auf die Möglichkeit einer gemeinsamen Erklärung vor Ablauf der Frist zu erteilen. Nach dieser Vorschrift sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die Rentenversicherungsträger können in gemeinsamen Richtlinien bestimmen, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 115 Abs. 6 SGB VI ist ein "geeigneter Fall". Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95 –, juris, Rn. 45) ist der Begriff "in geeigneten Fällen" ein unbestimmter – gerichtlich in vollem Umfang überprüfbarer – Rechtsbegriff. Das BSG (Urteil vom 22.10.1996, a. a. O.) hat hierzu Folgendes ausgeführt: "Anhaltspunkte für die Auslegung dieses Begriffs sind den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. In den Beratungen zum RRG 1992 wurde im Hinblick auf die Möglichkeiten der automatisierten Datenverarbeitung erwogen, anzuordnen, Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (abweichend vom Gesetzentwurf, vgl. BT-Drucks 11/4124, S 178 zu § 116) von Amts wegen zu erbringen. Angesichts der vermuteten Gefahr größerer Nachzahlungen wurde dies nicht umgesetzt (vgl. Kurzprotokoll der 94. Sitzung des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 22. Juni 1989, S 33, nicht veröffentlicht; vgl. auch Antwort des BMA auf die diesbezügliche Anfrage des Ausschusses (Ausschuss-Drucks 11. Wahlperiode 1303, S 47 bis 50)). Der BT-Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung schlug dann aber vor, es solle ein entsprechender Hinweis in den Fällen erfolgen, in denen es nahe liege, dass Versicherte Leistungen in Anspruch nehmen wollten, wie z. B. bei der Regelaltersrente und bei der Hinterbliebenenrente; dies sei ein geeigneter Bereich zum Ausbau in eine konkrete Informationspflicht (vgl. Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 11/5530, S 46 zu § 116 Abs. 6). Der Gesetzgeber ist mithin von typischen Sachverhalten ausgegangen, bei denen eine Hinweispflicht bestehen soll. Sowohl bei der Regelaltersrente als auch bei der Hinterbliebenenrente verfügt der Versicherungsträger in der Regel über alle Daten, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Rentenanspruchsvoraussetzungen festzustellen."
Unabhängig davon, dass hier 1993/1994 kein Antrag auf Leistungen beabsichtigt war, sondern die Ausübung eines anderen Gestaltungsrechts in Betracht gekommen ist, sind die Voraussetzungen nicht erfüllt. Denn insoweit hängt diese Ausübung – wie oben ausgeführt – gerade nicht allein vom Willen des Klägers ab, sondern zunächst von den zu erfüllenden gesetzlichen Voraussetzung (alleinige oder überwiegende Erziehung) und zudem der Zustimmung des Ehegatten bezogen auf eine gemeinsame Erklärung. Es handelt sich damit gerade nicht um den oben beschriebenen typischen Sachverhalt, zu dem der Beklagten bereits regelmäßig alle notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Der Grund für die Hinweispflicht nach Abs. 6 liegt nicht in der konkreten Kenntnis der Umstände durch den RV-Träger aus konkretem Anlass, sondern in der Möglichkeit, auf naheliegende Gestaltungsmöglichkeiten für den Versicherten in typischen Fallkonstellationen aufgrund der bei der RV gespeicherten Daten hinzuweisen. Diese nach leistungsrechtlichen Kriterien abrufbaren Daten ermöglichen es dem RV-Träger zu erkennen, ob der Versicherte eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit bereits ergriffen hat, und ggf. den entsprechenden Hinweis zu geben. Voraussetzung für die Hinweispflicht nach Abs. 6 ist also, dass die maßgebenden Daten im vorhandenen Datenbestand gespeichert und abrufbar sind. Dies ist nicht der Fall, wenn der Versicherte datenmäßig noch nicht erfasst worden ist, insbesondere keine Versicherungsnummer erteilt wurde, kein Versicherungsverlauf gespeichert wurde oder die maßgebenden Daten im Versicherungsverlauf nicht enthalten sind (KassKomm/Kater, 102. EL Dezember 2018, SGB VI § 115 Rn. 23). Dass auch die Daten der Ehefrau und deren fehlender Anspruch nach dem FRG sich aus den damals gespeicherten Daten ergeben haben soll, ist weder vorgetragen noch unter Berücksichtigung des heute in den Akten vorliegenden Kontospiegels nachvollziehbar, sodass ein Anspruch auch diesbezüglich nicht gegeben ist.
Der Senat teilt auch nicht die vom Kläger geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch und gerade für den hier eintretenden Fall, dass Erziehungszeiten in Kasachstan auch bei der Ehefrau nicht als Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt werden konnten, weil diese aus anderen Gründen die Voraussetzungen des § 56 SGB VI nicht erfüllt, mithin der Auffangtatbestand des § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI keine Wirkung entfaltet. Im Kern geht es dem Kläger damit um den mit der Rechtsänderung im Vertriebenenrecht verbundenen Ausschluss von Ansprüchen "nicht-deutscher" Ehegatten (vgl. hierzu und zur Verfassungsmäßigkeit der erfolgten Änderungen, insbesondere bezogen auf Ansprüche von Ehegatten, die nicht selbst dem persönlichen Anwendungsbereich des FRG unterfällt BSG, Urteil vom 23.06.1999 – B 5 RJ 44/98 R –, SozR 3-5050 § 1 Nr. 4, SozR 3-7140 § 4 Nr. 1). Streitig ist im vorliegenden Verfahren jedoch allein die Frage, ob die Erziehungszeiten in Kasachstan dem Kläger zuzuordnen waren, nicht auch, ob diese Zeiten der Ehefrau zuzuordnen waren. Die Vormerkung von rentenrechtlichen Zeiten dient der Begründung von Individualansprüchen auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und kommt daher nicht zuvörderst "der Familie" zugute, sondern demjenigen, dem die Zeiten zuzurechnen sind. Nachdem nach den oben getroffenen Feststellungen eine Zuordnung der Erziehungszeiten zum Kläger allein nach einer gemeinsamen Erklärung in Betracht kommt, eine solche aber nicht fristgerecht gegenüber dem Beklagten abgegeben wurde, ist in vorliegendem Rechtsstreit nicht zu prüfen, ob deswegen Rechte Dritter, insbesondere der Ehefrau betroffen sind, die aufgrund der gesetzlichen Regelungen hier nicht von § 56 Abs. 2 Nr. 9 SGB VI profitiert. Die KEZ/KBZ sind dem Kläger nicht lediglich deswegen zuzuordnen, weil die Beigeladene, der diese Zeiten nach dem Auffangtatbestand zustünden, die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI nicht erfüllt. Dies ist auch nicht verfassungswidrig (BSG, Beschluss vom 25.02.2020 – B 13 R 284/18 B – dort insbesondere Rn. 7, zitiert nach juris).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers auch im Berufungsverfahren. Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, da diese keine Anträge gestellt hat.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen mit Blick auf die vom Kläger zitierte Rechtsprechung im Beschluss des BSG vom 25.02.2020 (a. a. O.) nicht vor, insbesondere ist nach Vorliegen dieser Entscheidung kein weitergehender grundsätzlicher Klärungsbedarf im Hinblick auf die vom Kläger mit dem Hilfsantrag aufgeworfene Rechtsfrage dargelegt oder sonst erkennbar. Der Antrag war daher abzulehnen.
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