Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3068/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1849/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. April 2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin absolvierte keine Berufsausbildung und war zuletzt seit Januar 2005 als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 27. Mai 2014 war sie arbeitsunfähig krank. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 ist festgestellt. Seit Ende des Bezugs von Krankengeld bezieht die Klägerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Vom 1. Juli 2014 bis 22. Juli 2014 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rehaklinik H. teil (Diagnosen gemäß Entlassungsbericht vom 28. Juli 2014: Verdacht auf CREST-Syndrom (FD/ED 2013), chronisches Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Grad III (FD), depressive Episode, fibröse Dysplasie am linken Unterschenkel (FD), Gonalgie bds.; es bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten ohne regelmäßige Nässe-, Kälte-, Zugluftexposition, ohne Anspruch an volles Kraftvermögen der oberen Extremität, überwiegend sitzend, stehend, gehend in Tages-, Früh- und Spätschicht. Die Entlassung erfolgte arbeitsunfähig für die zuvor ausgeübte Tätigkeit.
Am 1. November 2014 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sie halte sich seit 22. Juli 2014 u.a. wegen einer Rheumaerkrankung an allen Fingergelenken der Hände, COPD, Polyneuropathie, einer psychischen Erkrankung, Beschwerden von Medikamenten wegen der Rheumaerkrankung, Sehstörungen, Gefäßerkrankungen, Herzerkrankung und Schwerhörigkeit für erwerbsgemindert und könne zur Zeit keine Arbeiten mehr verrichten. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch die Ärztin für Innere Medizin Dr. D ... Diese untersuchte die Klägerin am 17. Februar 2015 und nannte in ihrem Gutachten als Diagnosen multiple Gelenkbeschwerden, betont im Bereich der Fingermittel- und grundgelenke seit 2012 mit möglichem CREST-Syndrom, ED 12/13 und laufender antirheumatischer Basismedikation mit leichter Beeinträchtigung der Handfunktionen, chronisches Schmerzsyndrom, Somatisierungsstörung, depressive Störung bei innerfamiliärer Konfliktbelastung, derzeit leichtgradig ausgeprägt, chronisch obstruktive Bronchitis bei chronischem Nikotinabusus ohne relevante Beeinträchtigung der Lungenfunktion, erfolgte Katerakt-OP mit Kunstlinsenersatz bds. 9/14 ohne relevante Beeinträchtigung des Sehvermögens. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung der aufgelisteten qualitativen Einschränkungen. Eine relevante Wegstreckeneinschränkung liege nicht vor. Mit Bescheid vom 26. Februar 2015 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen nicht erfülle. In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachte die Klägerin vor, die Polyneuropathie sei nicht berücksichtigt worden. Die Unterschenkel, die Fersen und die Hände seien davon stark betroffen. Sie habe ständig kaum auszuhaltende Schmerzen und könne nicht lange stehen, nicht schlafen und nicht liegen. Eine Besserung des CREST-Syndroms, das mit starken Medikamenten behandelt werde, sei nicht erfolgt. Sie habe durch die starken Medikamente auch viele Nebenwirkungen. Ihr Immunsystem sei geschwächt. Wegen des LWS-Schulter-Arm-Syndroms habe sie solche Schmerzen, dass sie die Arme nicht heben könne. Die depressive Störung sei nicht nur leichtgradig ausgeprägt. Ihre COPD sei noch da, obwohl sie inzwischen mit dem Rauchen aufgehört habe. Sie könne zeitweise nicht mehr als 50 Meter wegen der Beeinträchtigung der Lungenfunktion gehen. Ihr Sehvermögen habe nach der OP mit Kunstlinsenersatz nach einiger Zeit wieder stark nachgelassen und sie habe starke Kreislaufprobleme, die auch von den Augen kämen. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2015 wies die Beklagte – nach Einholung der beratungsärztlichen Stellungnahmen der Dr. D. vom 28. Mai 2015 und vom 14. Juli 2015, wonach auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Befundberichte keine relevanten neuen medizinischen Sachverhalte vorlägen - den Widerspruch zurück. Dagegen hat die Klägerin am 12. Oktober 2015 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie hat die gutachterliche Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit H. - (Gutachter P.) vom 26. Oktober 2015 als Nachweis dafür vorgelegt, dass sie nicht mehr in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit von mehr als sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. St. hat als Gesundheitsstörungen einen arteriellen Hypertonus, medikamentös eingestellt, COPD im Stadium I B nach GOLD mitgeteilt. Diesbezüglich liege verstärkte Atemnot ab der mittleren bis höheren Leistungsstufe vor. Lungenfunktionsanalytisch zeige sich allenfalls eine leichte Lungenfunktionseinbuße mit noch normalem Blutgasaustausch. Auf internistischem und pneumologischem Fachgebiet sei die Klägerin in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie E. hat angegeben, zuletzt sei die Vorstellung wegen einer schmerzhaften Polyneuropathie (von Dr. A. im September 2014 diagnostiziert) erfolgt. Weiterhin bestehe eine Nikotinabhängigkeit. Seit November 2014 sei keine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes erkennbar. Aus fachärztlicher Sicht sei die Klägerin unter Betrachtung der zuletzt behandelten Polyneuropathie noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Eine stringente Behandlung sei bisher nicht erfolgt. Der Arzt für Innere Medizin/Rheumatologie PD Dr. H. hat mitgeteilt, bei der Klägerin bestehe die Diagnose eines CREST-Syndroms sowie differentialdiagnostisch einer undifferenzierten Kollagenose. Möglicherweise bestehe ebenfalls ein Fibromyalgie-Syndrom. Zum Zeitpunkt der letzten Vorstellung (im Januar 2015) wäre die Klägerin wahrscheinlich zu leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bis zu 6 Stunden arbeitsfähig gewesen. Der Arzt für Unfallchirurgie, Orthopädie und Rheumatologie Dr. B. hat eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen, ein Fibromyalgiesyndrom (sek.), eine depressive Störung als mittelgradige Episode und einen Partnerkonflikt (Trennung vom Partner 7/2015) angegeben. Auf orthopädischem und rheumatologischem Fachgebiet könne die Klägerin noch leichte Tätigkeiten von mindestens 3-6 Stunden verrichten, insbesondere nur leichte Tätigkeiten im Bereich der Arme und Hände. Wegen der chronischen Knieschmerzen mit V.a. beginnende Arthrose sei eine überwiegend sitzende Tätigkeit ohne Treppen- und Leitersteigen möglich.
Das SG hat sodann das interdisziplinäre Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie (Leiter der Gutachtenambulanz und Schmerztherapie, Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie - Universitätsklinikum H.) Prof. Dr. Sch. vom 3. Juni 2016 mit integrierter psychologischer Evaluation der Dipl.-Psych. M., welche eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vor dem Hintergrund eines dependenten Persönlichkeitsstils und eine Dysthymia diagnostiziert hat, eingeholt. Prof. Dr. Sch. hat als Diagnosen chronisch weit verbreitete Schmerzen ohne ausreichende Hinweise auf erklärende Schädigungsbefunde oder auf eine zugrunde liegende rheumatologische Systemerkrankung, zu klassifizieren als anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine chronische Niedergestimmtheit, zu klassifizieren als Dysthymia sowie beginnende obstruktive bronchiale Erkrankung bei mittlerweile überwundenem Nikotin-Konsum – COPD – mitgeteilt. Die Klägerin könne leichte bis bisweilen mittelschwere körperliche Tätigkeiten von durchschnittlicher mentaler und emotionaler Anspannung mit regelmäßigem Körperhaltungswechsel sechs Stunden arbeitstäglich und mehr verrichten. Tätigkeiten mit überdurchschnittlichem Arbeitstempo, erhöhter Verantwortung, erhöhtem Leidensdruck, überwiegend mittelschwerer und bisweilen schwerer körperlicher Beanspruchung (Heben und Tragen von Lasten von überwiegend 10 kg und mehr), Tätigkeiten in überwiegender Körperhaltung (in der Hocke, im Knien, im Kriechen, in überwiegender Rumpfbeugung, Rumpfseitneigung) und in nasskalten Arbeitsbedingungen seien zu vermeiden.
Hierzu hat sich die Klägerin kritisch geäußert und das ärztliche Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin R. und den Arztbrief des Arztes für Unfallchirurgie, Orthopädie und Rheumatologie Dr. B. vom 18. Juli 2016 vorgelegt. Das SG hat daraufhin die ergänzende Stellungnahme des Dr. Sch. vom 9. August 2016 eingeholt, der an seiner Leistungsbeurteilung festgehalten hat. Das Fehlen einer quantitativen Leistungseinschränkung ergebe sich aus der von ihm dargestellten Leistungsfähigkeit im Alltag bzw. dem von ihm und Dipl.-Psych. M. dargestellten strukturierten Tagesablauf. Auch die während der Befragung und Untersuchung dokumentierte Konzentrationsfähigkeit belege diese Einschätzung.
Das SG hat ferner den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N., den Facharzt für Allgemeinmedizin R. und den Facharzt für Chirurgie Dr. Sch. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. N. hat eine rezidivierende depressive Störung, ein chronisches Schmerzsyndrom, ein Restless-legs-Syndrom, eine Polyneuropathie, eine Migräne und Spannungskopfschmerz und eine Anpassungsstörung diagnostiziert. Die Klägerin sei derart schwer in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, dass sie nur unter drei Stunden täglich arbeitsfähig sei. Der Allgemeinarzt R. hat Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich (Cervicobrachialgie), Schmerzen im lumbalen Bereich (Lumbago), geschwollene, eitrig belegte Tonsillen (Angina Tonsillaris), Sekretstau auf der Lunge (Bronchitis), innerliche Unruhe, Nervosität (vegetative Dystonie), Erhöhung der Blutfettwerte (Hyperlipidämie), koronare Gefäßerkrankung, Schmerzen (Knoten) in den Fingern, Schmerzen in den Handgelenken (Patientin könne kaum greifen [Kraftlosigkeit], rezidivierende Infektzunahme (chronische Bronchitis), Schmerzen beim Stehen und Gehen (Patientin könne ohne Schmerzmittel nicht gehen) sowie Ängste, Asomnie, Antriebslosigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme (zunehmende Depression) angegeben. Die Klägerin sei nicht in der Lage, mehr als drei Stunden täglich zu arbeiten. Dr. Sch. hat ein chronisches Zervikalsyndrom, ein chronisches Lumbalsyndrom, ein CHRES(T)-Syndrom und eine Plantarfaszitis bds. diagnostiziert. Die wechselnde Beschwerdesymptomatik und die schwankenden Intensitäten bedingten eine erhebliche Schwierigkeit bei der Beurteilung dieser Frage. Es habe Phasen gegeben, in denen trotz einer Schmerztherapie selbst leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich nicht möglich gewesen seien. Zum anderen habe es Phasen gegeben, in denen zumindest unter Schmerztherapie eine leichte Tätigkeit 4-6 Stunden möglich gewesen wäre, wobei offen bleibe, ob sich unter dieser Tätigkeit die Beschwerdesymptomatik verschlechtert hätte.
Im Anschluss hat das SG die weitere ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. Sch. vom 28. Dezember 2016 eingeholt. Darin hat sich dieser zu den o.g. sachverständigen Zeugenauskünften geäußert und mitgeteilt, er könne daraus keine neuen Anknüpfungstatsachen ableiten, die zu einer Änderung seiner sozialmedizinischen Einschätzung führen würden.
Hierzu hat die Klägerin erneut Stellung genommen und das ärztliche Attest des Dr. N. vom 27. Januar 2017 sowie das Attest der Augenklinik H. vom 10. März 2017 vorgelegt.
Die Beklagte hat an ihrem Standpunkt festgehalten und sich dabei auf die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 21. Februar 2017 gestützt.
Mit Urteil vom 4. April 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Klägerin könnten leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in einem Zeitumfang von wenigstens sechs Stunden täglich zugemutet werden. Dabei hat sich das SG im Wesentlichen auf die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. St., des Dr. H. und des Dr. B. sowie das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Prof. Dr. Sch. vom 3. Juni 2016 gestützt. Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. April 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Mai 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sowohl die orthopädischen Befunde, insbesondere die chronischen starken Schmerzen im Bereich der Finger, als auch die psychische Erkrankung seien so schwerwiegend, dass sie eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben könne. Die Einschätzung des Prof. Dr. Sch. sei unter Berücksichtigung der sachverständigen Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte nicht überzeugend. Ferner habe sich zwischenzeitlich eine Verschlechterung des Gesundheitszustands ergeben. Sie leide seit 2017 unter erheblichem Augendruck und extremer Lichtempfindlichkeit, die zu chronischem Kopfschmerz oder Migräne führe. Der behandelnde Hausarzt habe auch einen erhöhten Blutdruck festgestellt und weitere Medikamente verschrieben, die sie jedoch schlecht vertrage und die zu keiner wesentlichen Besserung führten. Sie leide bei bereits leichter körperlicher Anstrengung unter Atemnot. Ferner leide sie unter Ängsten, die ihren Aktionsradius, insbesondere bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte, erheblich beschränkten. Selbst wenn sie grundsätzlich noch in der Lage wäre, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen, sei der allgemeine Arbeitsmarkt aufgrund der zahlreichen qualitativen Einschränkungen verschlossen. Die Klägerin hat weitere ärztliche Unterlagen (u.a. ärztliche Atteste des Dr. N. vom 3. Mai 2017 und vom 22. Oktober 2018, Arztbriefe des Dr. B. vom 15. Mai 2017, 14. August 2017, 23. November 2017, Arztbrief des Dr. St. vom 22. März 2017, Arztbrief der Augenklinik des Universitätsklinikums H. vom 10. März 2017, fachpsychologische Stellungnahme der Dipl.-Psych. J. vom 13. Mai 2017, Arztbrief des Dr. H. vom 8. August 2017, Arztbrief des Krankenhauses Salem vom 12. Oktober 2017, Gutachten nach Aktenlage der Dr. G. – Arbeitsagentur H. vom 11. Dezember 2017 [voraussichtlich bis zu 6 Monaten täglich weniger als drei Stunden leistungsfähig], Arztbriefe des Universitätsklinikums H. – Radiologische Klinik vom 15. Dezember 2017 und des Universitätsklinikums H. – Frauenklinik im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen vom 15. März 2018 [Diagnosen Mammakarzinom rechts, initiales Tumorstadium pT1a (m) pN0 (0/1 sn) R0 G2, Histologie: NST mit ausgedehnter DCIS-Komponente G2L0, Immunhistologie: ER 100% PR 70% HER2/neu 0 Ki67 22%,] ) vorgelegt und ihre aktuellen Beschwerden ausführlich geschildert.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. April 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2015 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrem Standpunkt festgehalten.
Der Senat hat zunächst die sachverständige Zeugenauskunft des Facharztes für Augenheilkunde Dr. W. vom 26. August 2017 eingeholt. Dieser hat angegeben, die Sehschärfe rechts mit Korrektur und links betrage jeweils 100%. Beidseits hätten regelrechte vordere und hintere Augenabschnitte bestanden. Augenärztlich bestehe kein Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit.
Vom 8. August 2018 bis 29. August 2018 hat die Klägerin an einer Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik am Kurpark in B. teilgenommen (Diagnosen gemäß Entlassungsbericht vom 4. September 2018: Mamma –Ca re., ED 09/17, pT1a (m) pN0 (0/1 sn) R0G2, L0, ER und PR pos. Her2neu neg., 25.09.17 BET re., 12.10.17 Nachresektion , knapp R0, SLNB; 11-12/17 adj, Radiatiotherapie re., seit 01/18 Tamoxifen, 06/18 Umstellung auf Anastrozol, V.a. CREST-Syndrom, ED 12/13, laufend Prednisolon und Quensylbehandlung; chronifizierte somatoforme Schmerzstörung; Engpasssyndrom M. saphenus li., Gon- und Retropatellararthrose ohne wesentliche Funktionsstörung, Fersenperiostitis bds. bei Senk-/Spreizfuß, PNP im Fußbereich unbekannter Genese seit 2014, COPD Stad. –I Grad B, art. Hypertonie; aktuell bestehe aus onkologisch/rheumatologischer und orthopädischer Sicht eine Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten für 6 Stunden und mehr, jeweils überwiegend im Gehen, Stehen oder im Sitzen, mit Einschränkungen für Tätigkeiten mit Kälte- und Nässeexposition, Tätigkeiten in der Hocke, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, bei Überkopfarbeiten). Anschließend hat der Senat die ergänzende sachverständige Zeugenauskunft des Dr. N. vom 13. November 2018 eingeholt. Dieser hat als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, ein chronisches Schmerzsyndrom, ein Restless-legs-Syndrom, eine Polyneuropathie, eine Migräne und Spannungskopfschmerz und eine Anpassungsstörung mitgeteilt und u.a. den erhobenen psychischen Befund geschildert (wach, allseits orientiert, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen, Stimmung gedrückt, Antrieb herabgesetzt, keine Suizidalität, Konzentrationsstörungen, ansonsten keine kognitiv-mnestischen Defizite). Der Senat hat ferner bei Dr. B., Dr. R. und Dr. Sch. die Befunde bzw. Arztbriefe seit September 2018 beigezogen und bei der Beklagten den Versicherungsverlauf vom 31. Januar 2019 eingeholt. Die Beklagte hat die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Facharztes für Innere Medizin, Rheumatologie, Sozialmedizin, Rehabilitationswesen Dr. L. vom 2. März 2018 und vom 15. Februar 2019 vorgelegt und an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustands sei nicht nachgewiesen. Schließlich hat der Senat von Amts wegen das nervenärztliche Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin M. vom 14. Juli 2019 eingeholt. Dieser hat auf nervenärztlichem Fachgebiet eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und eine derzeit in Remission befindliche chronische, leichte depressive Störung im Sinne einer Dysthymia diagnostiziert. Insgesamt hätten sich – sowohl bezüglich der psychischen und körperlichen Befunde als auch der sozialmedizinischen Bewertung - keine wesentlichen Abweichungen zum Gutachten des Prof. Dr. Sch. bzw. dem Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. M. ergeben. Die Klägerin könne körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten weiterhin auch 8 Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche, auch unter Berücksichtigung der notwendigen Wege zum und vom Arbeitsplatz ausführen. Der Klägerin sollten keine Tätigkeiten in häufig vornübergebeugter Körperhaltung, keine ständigen Überkopfarbeiten, keine Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, keine Akkordarbeit, keine Tätigkeiten mit sehr hohem Konfliktpotenzial und keine Tätigkeiten mit sehr hoher Verantwortung zugemutet werden.
Der Senat hat die Beteiligten auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Daraufhin hat die Klägerin noch den Brief des Universitätsklinikums H., Medizinische Klinik – Abteilung Innere Medizin V – vom 6. November 2019 über die ambulante Vorstellung der Klägerin vorgelegt und ergänzend auf die aufgrund einer Knie-OP weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit verwiesen. Sie sei auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt infolge ihrer Beeinträchtigungen und gänzlich fehlender beruflicher Qualifikation in ihrem Alter nicht mehr vermittelbar.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
II. Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Rechtsgrundlagen für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung sind §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Das Vorliegen einer rentenberechtigenden Leistungsminderung und auch der weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung muss im Vollbeweis objektiv nachgewiesen sein. Dies erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen müssen (vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteile vom 15. Januar 2009 – L 14 R 111/07 und vom 8. Juli 2010 – L 14 R 112/09). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsache – hier der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung begründenden Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens – als erbracht angesehen werden kann. Eine bloße gewisse Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Kann das Gericht das Vorliegen der den Anspruch begründenden Tatsachen trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten nicht feststellen, geht dieser Umstand zu Lasten desjenigen, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten will, hier also zu Lasten der Klägerin.
Gemessen hieran ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils unter Zugrundelegung der vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen - im Wesentlichen gestützt auf das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Prof. Dr. Sch. (unter Berücksichtigung einer psychologischen Evaluation der Dipl.-Psych. M.) sowie dessen ergänzenden Stellungnahmen und die Angaben des Internisten Dr. St., des Rheumatologen Dr. H., des Orthopäden Dr. B. und des Facharztes für Neurologie/Psychiatrie E. zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - unter Berücksichtigung der von Prof. Dr. Sch. angeführten qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Dabei hat das SG u.a. berücksichtigt, dass nach den Feststellungen des Prof. Dr. Sch. ein nahezu vollkommen unauffälliger körperlicher Untersuchungsbefund vorliegt, Art und Ausmaß der vorgebrachten Beschwerden und Schmerzen weitgehend nicht zu objektivieren waren und dem Gutachten Hinweise auf gewisse Verdeutlichungstendenzen zu entnehmen sind sowie der Tagesablauf der Klägerin noch hinreichend strukturiert und ausgefüllt ist und daraus nachvollziehbar unter kritischer Würdigung der hiervon abweichenden, aber letztlich nicht überzeugenden Einschätzungen der behandelnden Fachärzte Dr. N. und Dr. Sch. abgeleitet, dass noch ausreichende Ressourcen für die Verrichtung einer leichten körperlichen Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von wenigstens 6 Stunden arbeitstäglich vorhanden sind. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück. Diese Leistungseinschätzung wird durch das vom Senat im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin M. vom 14. Juli 2019 bestätigt. Der Sachverständige hat keine wesentlichen Abweichungen zum vorangegangenen Gutachten des Prof. Dr. Sch. bzw. dem Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. M. festgestellt. Im psychischen Befund waren u.a. keine Verhaltensauffälligkeiten erkennbar, Psychomotorik, Gestik und Mimik waren unauffällig, der Antrieb nicht vermindert, die Schwingungs- und Resonanzfähigkeit nicht beeinträchtigt (normales emotionales Schwingungsvermögen, im Gespräch keine pathologisch affektiven Schwankungen, keine pathologische Tagesverlaufsschwankung, positive Emotionen auslösbar), das Auffassungsvermögen nicht erschwert, Merkfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit nicht beeinträchtigt, die Stimmungslage ausgeglichen. In der Selbstbeurteilungsskala zur Diagnose der Depression nach W. W. K. Zung erreichte die Klägerin 44 Punkte, wobei ein Wert bis zu 47 Punkten einer minimalen bis geringgradigen Depression entspricht, mit dem im strukturierten Fragebogen simulierter Symptome erreichten Gesamtscore von 23 Punkten überschritt die Klägerin den Cut-off-Wert als Hinweis auf eine Neigung, auch ungewöhnliche Beschwerden zu bejahen, und im Forced-Choice-Test "TOMM" erzielte die Klägerin im ersten Durchgang 41 Punkte und im zweiten Durchgang 38 Punkte, wobei nach den Erläuterungen des Sachverständigen bei weniger als 45 Punkten im zweiten Durchgang von einer aggravierenden Darstellung/Simulation kognitiver Defizite ausgegangen wird. Im Labor waren das nach Angaben der Klägerin regelmäßig abends eingenommene Medikament Chlorprothixen im Serum nicht und das Medikament Oxycodon mit niedrigem Serumspiegel nachweisbar. Übereinstimmend mit Prof. Dr. Sch. hat auch der Sachverständige M. keine schwerwiegende Beeinträchtigung im Alltag festgestellt, sondern u.a. darauf hingewiesen, dass der Tag der Klägerin gut strukturiert und sie gut in ihre sehr große und harmonische Verwandtschaft eingebunden ist, zu der die Kontakte sehr intensiv sind. Darüber hinaus hat er auf Widersprüche zwischen der Behandlungsintensität (Fehlen einer längeren regelmäßigen Behandlung mit einem Antidepressivum) und der diagnostischen Einordnung des behandelnden Arztes Dr. N. hingewiesen. Aus alldem hat der Sachverständige M. schlüssig und widerspruchsfrei abgeleitet, dass die Klägerin weiterhin in der Lage ist, körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten – unter Berücksichtigung der näher dargelegten qualitativen Einschränkungen – acht Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Berufungsverfahren noch vorgelegten Brief des Universitätsklinikums H., Medizinische Klinik – Abteilung Innere Medizin V – vom 6. November 2019 über die ambulante Vorstellung der Klägerin. Bei der Untersuchung des Gelenkstatus waren klinisch keine aktiven Synovialitiden feststellbar, das Gaensien-Zeichen und Vorfußkompressionsschmerzen waren negativ, es bestand ein leichter Druckschmerz über den DIP-Gelenken sowie über beiden Schultergelenken und starker Druckschmerz über dem kürzlich operierten linken Knie. Es wurden weitere Maßnahmen zur Abklärung einer entzündlichen Genese der von der Klägerin beklagten Schmerzen eingeleitet. In Anbetracht des längeren Krankheitsverlaufs und dem Fehlen klinisch eindeutiger Entzündungszeichen sei auch ein chronisches Schmerzsyndrom bzw. ein Fibromyalgie-Syndrom möglich. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustands der Klägerin wird demnach nicht beschrieben. Die bei der Klägerin bereits langjährig vorhandenen Schmerzen sind in den Gutachten des Prof. Dr. Sch. und des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin M. ausführlich berücksichtigt worden, wobei beide gerichtliche Sachverständige - wie bereits dargelegt - schlüssig begründet haben, dass die dadurch bewirkten Funktionseinschränkungen der Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nicht entgegen stehen. Da es nicht entscheidend darauf ankommt, auf welche konkrete Diagnose die Schmerzsymptomatik zurückzuführen ist, sondern lediglich darauf, welche Auswirkungen sich auf die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergeben, sind weitere Ermittlungen des Senats hierzu nicht erforderlich.
Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aus augenärztlicher Sicht. Denn der behandelnde Facharzt für Augenheilkunde Dr. W. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 26. August 2017 die Sehschärfe beidseitig mit 100% angegeben und mitgeteilt, dass augenärztlich kein Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit bestehe. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Erkrankungen, die sich auf das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin auswirken könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Senat keine Hinweise darauf, dass aufgrund der im August 2019 komplikationslos durchgeführten Arthroskopie des linken Kniegelenks (vgl. Entlassungsbericht der V. Klinik B. vom 28. August 2019) anhaltende Funktionseinschränkungen, die sich auf das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin auswirken könnten, vorliegen.
Die Klägerin ist demnach bei Beachtung der angegebenen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein und hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Eine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit besteht nicht. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris) liegen bei der Klägerin nicht vor. Weder die von den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sch. noch die von dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin M. genannten qualitativen Einschränkungen sind in ihrer Art oder Summe geeignet, die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der - wie die Klägerin - nach dem verbliebenen Restleistungsvermögen noch zumindest körperlich leichte Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - BSGE 109, 189).
Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin eine Tätigkeit nicht unter den in Betrieben üblichen Bedingungen ausüben kann, weil die o.g. Sachverständigen keine betriebsunüblichen Bedingungen beschrieben haben.
Schließlich liegt nach den schlüssigen Feststellungen der Sachverständigen Prof. Dr. Sch. und M. keine Einschränkung der Wegefähigkeit vor, weil die Klägerin in der Lage, ist - wie von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gefordert - viermal täglich etwas über 500 m in jeweils maximal 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, 13/5 RJ 73/90, juris). Insbesondere hat der Sachverständige M. ein unauffälliges Gangbild beschrieben und keine neurologische oder orthopädische Erkrankung sowie keine psychische Störung festgestellt, welche die Klägerin daran hindern könnte. Darüber hinaus hat die Klägerin einen Führerschein und nutzt ein ihr zur Verfügung stehendes Kfz.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin absolvierte keine Berufsausbildung und war zuletzt seit Januar 2005 als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 27. Mai 2014 war sie arbeitsunfähig krank. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 ist festgestellt. Seit Ende des Bezugs von Krankengeld bezieht die Klägerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Vom 1. Juli 2014 bis 22. Juli 2014 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rehaklinik H. teil (Diagnosen gemäß Entlassungsbericht vom 28. Juli 2014: Verdacht auf CREST-Syndrom (FD/ED 2013), chronisches Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Grad III (FD), depressive Episode, fibröse Dysplasie am linken Unterschenkel (FD), Gonalgie bds.; es bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten ohne regelmäßige Nässe-, Kälte-, Zugluftexposition, ohne Anspruch an volles Kraftvermögen der oberen Extremität, überwiegend sitzend, stehend, gehend in Tages-, Früh- und Spätschicht. Die Entlassung erfolgte arbeitsunfähig für die zuvor ausgeübte Tätigkeit.
Am 1. November 2014 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sie halte sich seit 22. Juli 2014 u.a. wegen einer Rheumaerkrankung an allen Fingergelenken der Hände, COPD, Polyneuropathie, einer psychischen Erkrankung, Beschwerden von Medikamenten wegen der Rheumaerkrankung, Sehstörungen, Gefäßerkrankungen, Herzerkrankung und Schwerhörigkeit für erwerbsgemindert und könne zur Zeit keine Arbeiten mehr verrichten. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch die Ärztin für Innere Medizin Dr. D ... Diese untersuchte die Klägerin am 17. Februar 2015 und nannte in ihrem Gutachten als Diagnosen multiple Gelenkbeschwerden, betont im Bereich der Fingermittel- und grundgelenke seit 2012 mit möglichem CREST-Syndrom, ED 12/13 und laufender antirheumatischer Basismedikation mit leichter Beeinträchtigung der Handfunktionen, chronisches Schmerzsyndrom, Somatisierungsstörung, depressive Störung bei innerfamiliärer Konfliktbelastung, derzeit leichtgradig ausgeprägt, chronisch obstruktive Bronchitis bei chronischem Nikotinabusus ohne relevante Beeinträchtigung der Lungenfunktion, erfolgte Katerakt-OP mit Kunstlinsenersatz bds. 9/14 ohne relevante Beeinträchtigung des Sehvermögens. Es bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung der aufgelisteten qualitativen Einschränkungen. Eine relevante Wegstreckeneinschränkung liege nicht vor. Mit Bescheid vom 26. Februar 2015 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen nicht erfülle. In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachte die Klägerin vor, die Polyneuropathie sei nicht berücksichtigt worden. Die Unterschenkel, die Fersen und die Hände seien davon stark betroffen. Sie habe ständig kaum auszuhaltende Schmerzen und könne nicht lange stehen, nicht schlafen und nicht liegen. Eine Besserung des CREST-Syndroms, das mit starken Medikamenten behandelt werde, sei nicht erfolgt. Sie habe durch die starken Medikamente auch viele Nebenwirkungen. Ihr Immunsystem sei geschwächt. Wegen des LWS-Schulter-Arm-Syndroms habe sie solche Schmerzen, dass sie die Arme nicht heben könne. Die depressive Störung sei nicht nur leichtgradig ausgeprägt. Ihre COPD sei noch da, obwohl sie inzwischen mit dem Rauchen aufgehört habe. Sie könne zeitweise nicht mehr als 50 Meter wegen der Beeinträchtigung der Lungenfunktion gehen. Ihr Sehvermögen habe nach der OP mit Kunstlinsenersatz nach einiger Zeit wieder stark nachgelassen und sie habe starke Kreislaufprobleme, die auch von den Augen kämen. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2015 wies die Beklagte – nach Einholung der beratungsärztlichen Stellungnahmen der Dr. D. vom 28. Mai 2015 und vom 14. Juli 2015, wonach auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Befundberichte keine relevanten neuen medizinischen Sachverhalte vorlägen - den Widerspruch zurück. Dagegen hat die Klägerin am 12. Oktober 2015 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie hat die gutachterliche Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit H. - (Gutachter P.) vom 26. Oktober 2015 als Nachweis dafür vorgelegt, dass sie nicht mehr in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit von mehr als sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. St. hat als Gesundheitsstörungen einen arteriellen Hypertonus, medikamentös eingestellt, COPD im Stadium I B nach GOLD mitgeteilt. Diesbezüglich liege verstärkte Atemnot ab der mittleren bis höheren Leistungsstufe vor. Lungenfunktionsanalytisch zeige sich allenfalls eine leichte Lungenfunktionseinbuße mit noch normalem Blutgasaustausch. Auf internistischem und pneumologischem Fachgebiet sei die Klägerin in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie E. hat angegeben, zuletzt sei die Vorstellung wegen einer schmerzhaften Polyneuropathie (von Dr. A. im September 2014 diagnostiziert) erfolgt. Weiterhin bestehe eine Nikotinabhängigkeit. Seit November 2014 sei keine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes erkennbar. Aus fachärztlicher Sicht sei die Klägerin unter Betrachtung der zuletzt behandelten Polyneuropathie noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Eine stringente Behandlung sei bisher nicht erfolgt. Der Arzt für Innere Medizin/Rheumatologie PD Dr. H. hat mitgeteilt, bei der Klägerin bestehe die Diagnose eines CREST-Syndroms sowie differentialdiagnostisch einer undifferenzierten Kollagenose. Möglicherweise bestehe ebenfalls ein Fibromyalgie-Syndrom. Zum Zeitpunkt der letzten Vorstellung (im Januar 2015) wäre die Klägerin wahrscheinlich zu leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bis zu 6 Stunden arbeitsfähig gewesen. Der Arzt für Unfallchirurgie, Orthopädie und Rheumatologie Dr. B. hat eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen, ein Fibromyalgiesyndrom (sek.), eine depressive Störung als mittelgradige Episode und einen Partnerkonflikt (Trennung vom Partner 7/2015) angegeben. Auf orthopädischem und rheumatologischem Fachgebiet könne die Klägerin noch leichte Tätigkeiten von mindestens 3-6 Stunden verrichten, insbesondere nur leichte Tätigkeiten im Bereich der Arme und Hände. Wegen der chronischen Knieschmerzen mit V.a. beginnende Arthrose sei eine überwiegend sitzende Tätigkeit ohne Treppen- und Leitersteigen möglich.
Das SG hat sodann das interdisziplinäre Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie (Leiter der Gutachtenambulanz und Schmerztherapie, Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie - Universitätsklinikum H.) Prof. Dr. Sch. vom 3. Juni 2016 mit integrierter psychologischer Evaluation der Dipl.-Psych. M., welche eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vor dem Hintergrund eines dependenten Persönlichkeitsstils und eine Dysthymia diagnostiziert hat, eingeholt. Prof. Dr. Sch. hat als Diagnosen chronisch weit verbreitete Schmerzen ohne ausreichende Hinweise auf erklärende Schädigungsbefunde oder auf eine zugrunde liegende rheumatologische Systemerkrankung, zu klassifizieren als anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine chronische Niedergestimmtheit, zu klassifizieren als Dysthymia sowie beginnende obstruktive bronchiale Erkrankung bei mittlerweile überwundenem Nikotin-Konsum – COPD – mitgeteilt. Die Klägerin könne leichte bis bisweilen mittelschwere körperliche Tätigkeiten von durchschnittlicher mentaler und emotionaler Anspannung mit regelmäßigem Körperhaltungswechsel sechs Stunden arbeitstäglich und mehr verrichten. Tätigkeiten mit überdurchschnittlichem Arbeitstempo, erhöhter Verantwortung, erhöhtem Leidensdruck, überwiegend mittelschwerer und bisweilen schwerer körperlicher Beanspruchung (Heben und Tragen von Lasten von überwiegend 10 kg und mehr), Tätigkeiten in überwiegender Körperhaltung (in der Hocke, im Knien, im Kriechen, in überwiegender Rumpfbeugung, Rumpfseitneigung) und in nasskalten Arbeitsbedingungen seien zu vermeiden.
Hierzu hat sich die Klägerin kritisch geäußert und das ärztliche Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin R. und den Arztbrief des Arztes für Unfallchirurgie, Orthopädie und Rheumatologie Dr. B. vom 18. Juli 2016 vorgelegt. Das SG hat daraufhin die ergänzende Stellungnahme des Dr. Sch. vom 9. August 2016 eingeholt, der an seiner Leistungsbeurteilung festgehalten hat. Das Fehlen einer quantitativen Leistungseinschränkung ergebe sich aus der von ihm dargestellten Leistungsfähigkeit im Alltag bzw. dem von ihm und Dipl.-Psych. M. dargestellten strukturierten Tagesablauf. Auch die während der Befragung und Untersuchung dokumentierte Konzentrationsfähigkeit belege diese Einschätzung.
Das SG hat ferner den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N., den Facharzt für Allgemeinmedizin R. und den Facharzt für Chirurgie Dr. Sch. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. N. hat eine rezidivierende depressive Störung, ein chronisches Schmerzsyndrom, ein Restless-legs-Syndrom, eine Polyneuropathie, eine Migräne und Spannungskopfschmerz und eine Anpassungsstörung diagnostiziert. Die Klägerin sei derart schwer in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, dass sie nur unter drei Stunden täglich arbeitsfähig sei. Der Allgemeinarzt R. hat Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich (Cervicobrachialgie), Schmerzen im lumbalen Bereich (Lumbago), geschwollene, eitrig belegte Tonsillen (Angina Tonsillaris), Sekretstau auf der Lunge (Bronchitis), innerliche Unruhe, Nervosität (vegetative Dystonie), Erhöhung der Blutfettwerte (Hyperlipidämie), koronare Gefäßerkrankung, Schmerzen (Knoten) in den Fingern, Schmerzen in den Handgelenken (Patientin könne kaum greifen [Kraftlosigkeit], rezidivierende Infektzunahme (chronische Bronchitis), Schmerzen beim Stehen und Gehen (Patientin könne ohne Schmerzmittel nicht gehen) sowie Ängste, Asomnie, Antriebslosigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme (zunehmende Depression) angegeben. Die Klägerin sei nicht in der Lage, mehr als drei Stunden täglich zu arbeiten. Dr. Sch. hat ein chronisches Zervikalsyndrom, ein chronisches Lumbalsyndrom, ein CHRES(T)-Syndrom und eine Plantarfaszitis bds. diagnostiziert. Die wechselnde Beschwerdesymptomatik und die schwankenden Intensitäten bedingten eine erhebliche Schwierigkeit bei der Beurteilung dieser Frage. Es habe Phasen gegeben, in denen trotz einer Schmerztherapie selbst leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich nicht möglich gewesen seien. Zum anderen habe es Phasen gegeben, in denen zumindest unter Schmerztherapie eine leichte Tätigkeit 4-6 Stunden möglich gewesen wäre, wobei offen bleibe, ob sich unter dieser Tätigkeit die Beschwerdesymptomatik verschlechtert hätte.
Im Anschluss hat das SG die weitere ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. Sch. vom 28. Dezember 2016 eingeholt. Darin hat sich dieser zu den o.g. sachverständigen Zeugenauskünften geäußert und mitgeteilt, er könne daraus keine neuen Anknüpfungstatsachen ableiten, die zu einer Änderung seiner sozialmedizinischen Einschätzung führen würden.
Hierzu hat die Klägerin erneut Stellung genommen und das ärztliche Attest des Dr. N. vom 27. Januar 2017 sowie das Attest der Augenklinik H. vom 10. März 2017 vorgelegt.
Die Beklagte hat an ihrem Standpunkt festgehalten und sich dabei auf die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 21. Februar 2017 gestützt.
Mit Urteil vom 4. April 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Klägerin könnten leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in einem Zeitumfang von wenigstens sechs Stunden täglich zugemutet werden. Dabei hat sich das SG im Wesentlichen auf die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. St., des Dr. H. und des Dr. B. sowie das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Prof. Dr. Sch. vom 3. Juni 2016 gestützt. Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. April 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Mai 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sowohl die orthopädischen Befunde, insbesondere die chronischen starken Schmerzen im Bereich der Finger, als auch die psychische Erkrankung seien so schwerwiegend, dass sie eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben könne. Die Einschätzung des Prof. Dr. Sch. sei unter Berücksichtigung der sachverständigen Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte nicht überzeugend. Ferner habe sich zwischenzeitlich eine Verschlechterung des Gesundheitszustands ergeben. Sie leide seit 2017 unter erheblichem Augendruck und extremer Lichtempfindlichkeit, die zu chronischem Kopfschmerz oder Migräne führe. Der behandelnde Hausarzt habe auch einen erhöhten Blutdruck festgestellt und weitere Medikamente verschrieben, die sie jedoch schlecht vertrage und die zu keiner wesentlichen Besserung führten. Sie leide bei bereits leichter körperlicher Anstrengung unter Atemnot. Ferner leide sie unter Ängsten, die ihren Aktionsradius, insbesondere bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte, erheblich beschränkten. Selbst wenn sie grundsätzlich noch in der Lage wäre, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen, sei der allgemeine Arbeitsmarkt aufgrund der zahlreichen qualitativen Einschränkungen verschlossen. Die Klägerin hat weitere ärztliche Unterlagen (u.a. ärztliche Atteste des Dr. N. vom 3. Mai 2017 und vom 22. Oktober 2018, Arztbriefe des Dr. B. vom 15. Mai 2017, 14. August 2017, 23. November 2017, Arztbrief des Dr. St. vom 22. März 2017, Arztbrief der Augenklinik des Universitätsklinikums H. vom 10. März 2017, fachpsychologische Stellungnahme der Dipl.-Psych. J. vom 13. Mai 2017, Arztbrief des Dr. H. vom 8. August 2017, Arztbrief des Krankenhauses Salem vom 12. Oktober 2017, Gutachten nach Aktenlage der Dr. G. – Arbeitsagentur H. vom 11. Dezember 2017 [voraussichtlich bis zu 6 Monaten täglich weniger als drei Stunden leistungsfähig], Arztbriefe des Universitätsklinikums H. – Radiologische Klinik vom 15. Dezember 2017 und des Universitätsklinikums H. – Frauenklinik im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen vom 15. März 2018 [Diagnosen Mammakarzinom rechts, initiales Tumorstadium pT1a (m) pN0 (0/1 sn) R0 G2, Histologie: NST mit ausgedehnter DCIS-Komponente G2L0, Immunhistologie: ER 100% PR 70% HER2/neu 0 Ki67 22%,] ) vorgelegt und ihre aktuellen Beschwerden ausführlich geschildert.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. April 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2015 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 1. November 2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrem Standpunkt festgehalten.
Der Senat hat zunächst die sachverständige Zeugenauskunft des Facharztes für Augenheilkunde Dr. W. vom 26. August 2017 eingeholt. Dieser hat angegeben, die Sehschärfe rechts mit Korrektur und links betrage jeweils 100%. Beidseits hätten regelrechte vordere und hintere Augenabschnitte bestanden. Augenärztlich bestehe kein Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit.
Vom 8. August 2018 bis 29. August 2018 hat die Klägerin an einer Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik am Kurpark in B. teilgenommen (Diagnosen gemäß Entlassungsbericht vom 4. September 2018: Mamma –Ca re., ED 09/17, pT1a (m) pN0 (0/1 sn) R0G2, L0, ER und PR pos. Her2neu neg., 25.09.17 BET re., 12.10.17 Nachresektion , knapp R0, SLNB; 11-12/17 adj, Radiatiotherapie re., seit 01/18 Tamoxifen, 06/18 Umstellung auf Anastrozol, V.a. CREST-Syndrom, ED 12/13, laufend Prednisolon und Quensylbehandlung; chronifizierte somatoforme Schmerzstörung; Engpasssyndrom M. saphenus li., Gon- und Retropatellararthrose ohne wesentliche Funktionsstörung, Fersenperiostitis bds. bei Senk-/Spreizfuß, PNP im Fußbereich unbekannter Genese seit 2014, COPD Stad. –I Grad B, art. Hypertonie; aktuell bestehe aus onkologisch/rheumatologischer und orthopädischer Sicht eine Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten für 6 Stunden und mehr, jeweils überwiegend im Gehen, Stehen oder im Sitzen, mit Einschränkungen für Tätigkeiten mit Kälte- und Nässeexposition, Tätigkeiten in der Hocke, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, bei Überkopfarbeiten). Anschließend hat der Senat die ergänzende sachverständige Zeugenauskunft des Dr. N. vom 13. November 2018 eingeholt. Dieser hat als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, ein chronisches Schmerzsyndrom, ein Restless-legs-Syndrom, eine Polyneuropathie, eine Migräne und Spannungskopfschmerz und eine Anpassungsstörung mitgeteilt und u.a. den erhobenen psychischen Befund geschildert (wach, allseits orientiert, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen, Stimmung gedrückt, Antrieb herabgesetzt, keine Suizidalität, Konzentrationsstörungen, ansonsten keine kognitiv-mnestischen Defizite). Der Senat hat ferner bei Dr. B., Dr. R. und Dr. Sch. die Befunde bzw. Arztbriefe seit September 2018 beigezogen und bei der Beklagten den Versicherungsverlauf vom 31. Januar 2019 eingeholt. Die Beklagte hat die sozialmedizinischen Stellungnahmen des Facharztes für Innere Medizin, Rheumatologie, Sozialmedizin, Rehabilitationswesen Dr. L. vom 2. März 2018 und vom 15. Februar 2019 vorgelegt und an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustands sei nicht nachgewiesen. Schließlich hat der Senat von Amts wegen das nervenärztliche Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin M. vom 14. Juli 2019 eingeholt. Dieser hat auf nervenärztlichem Fachgebiet eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren und eine derzeit in Remission befindliche chronische, leichte depressive Störung im Sinne einer Dysthymia diagnostiziert. Insgesamt hätten sich – sowohl bezüglich der psychischen und körperlichen Befunde als auch der sozialmedizinischen Bewertung - keine wesentlichen Abweichungen zum Gutachten des Prof. Dr. Sch. bzw. dem Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. M. ergeben. Die Klägerin könne körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten weiterhin auch 8 Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche, auch unter Berücksichtigung der notwendigen Wege zum und vom Arbeitsplatz ausführen. Der Klägerin sollten keine Tätigkeiten in häufig vornübergebeugter Körperhaltung, keine ständigen Überkopfarbeiten, keine Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, keine Akkordarbeit, keine Tätigkeiten mit sehr hohem Konfliktpotenzial und keine Tätigkeiten mit sehr hoher Verantwortung zugemutet werden.
Der Senat hat die Beteiligten auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Daraufhin hat die Klägerin noch den Brief des Universitätsklinikums H., Medizinische Klinik – Abteilung Innere Medizin V – vom 6. November 2019 über die ambulante Vorstellung der Klägerin vorgelegt und ergänzend auf die aufgrund einer Knie-OP weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit verwiesen. Sie sei auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt infolge ihrer Beeinträchtigungen und gänzlich fehlender beruflicher Qualifikation in ihrem Alter nicht mehr vermittelbar.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
II. Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Rechtsgrundlagen für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung sind §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Das Vorliegen einer rentenberechtigenden Leistungsminderung und auch der weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung muss im Vollbeweis objektiv nachgewiesen sein. Dies erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen müssen (vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteile vom 15. Januar 2009 – L 14 R 111/07 und vom 8. Juli 2010 – L 14 R 112/09). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsache – hier der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung begründenden Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens – als erbracht angesehen werden kann. Eine bloße gewisse Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Kann das Gericht das Vorliegen der den Anspruch begründenden Tatsachen trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten nicht feststellen, geht dieser Umstand zu Lasten desjenigen, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten will, hier also zu Lasten der Klägerin.
Gemessen hieran ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils unter Zugrundelegung der vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen - im Wesentlichen gestützt auf das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Prof. Dr. Sch. (unter Berücksichtigung einer psychologischen Evaluation der Dipl.-Psych. M.) sowie dessen ergänzenden Stellungnahmen und die Angaben des Internisten Dr. St., des Rheumatologen Dr. H., des Orthopäden Dr. B. und des Facharztes für Neurologie/Psychiatrie E. zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - unter Berücksichtigung der von Prof. Dr. Sch. angeführten qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Dabei hat das SG u.a. berücksichtigt, dass nach den Feststellungen des Prof. Dr. Sch. ein nahezu vollkommen unauffälliger körperlicher Untersuchungsbefund vorliegt, Art und Ausmaß der vorgebrachten Beschwerden und Schmerzen weitgehend nicht zu objektivieren waren und dem Gutachten Hinweise auf gewisse Verdeutlichungstendenzen zu entnehmen sind sowie der Tagesablauf der Klägerin noch hinreichend strukturiert und ausgefüllt ist und daraus nachvollziehbar unter kritischer Würdigung der hiervon abweichenden, aber letztlich nicht überzeugenden Einschätzungen der behandelnden Fachärzte Dr. N. und Dr. Sch. abgeleitet, dass noch ausreichende Ressourcen für die Verrichtung einer leichten körperlichen Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von wenigstens 6 Stunden arbeitstäglich vorhanden sind. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück. Diese Leistungseinschätzung wird durch das vom Senat im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin M. vom 14. Juli 2019 bestätigt. Der Sachverständige hat keine wesentlichen Abweichungen zum vorangegangenen Gutachten des Prof. Dr. Sch. bzw. dem Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. M. festgestellt. Im psychischen Befund waren u.a. keine Verhaltensauffälligkeiten erkennbar, Psychomotorik, Gestik und Mimik waren unauffällig, der Antrieb nicht vermindert, die Schwingungs- und Resonanzfähigkeit nicht beeinträchtigt (normales emotionales Schwingungsvermögen, im Gespräch keine pathologisch affektiven Schwankungen, keine pathologische Tagesverlaufsschwankung, positive Emotionen auslösbar), das Auffassungsvermögen nicht erschwert, Merkfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit nicht beeinträchtigt, die Stimmungslage ausgeglichen. In der Selbstbeurteilungsskala zur Diagnose der Depression nach W. W. K. Zung erreichte die Klägerin 44 Punkte, wobei ein Wert bis zu 47 Punkten einer minimalen bis geringgradigen Depression entspricht, mit dem im strukturierten Fragebogen simulierter Symptome erreichten Gesamtscore von 23 Punkten überschritt die Klägerin den Cut-off-Wert als Hinweis auf eine Neigung, auch ungewöhnliche Beschwerden zu bejahen, und im Forced-Choice-Test "TOMM" erzielte die Klägerin im ersten Durchgang 41 Punkte und im zweiten Durchgang 38 Punkte, wobei nach den Erläuterungen des Sachverständigen bei weniger als 45 Punkten im zweiten Durchgang von einer aggravierenden Darstellung/Simulation kognitiver Defizite ausgegangen wird. Im Labor waren das nach Angaben der Klägerin regelmäßig abends eingenommene Medikament Chlorprothixen im Serum nicht und das Medikament Oxycodon mit niedrigem Serumspiegel nachweisbar. Übereinstimmend mit Prof. Dr. Sch. hat auch der Sachverständige M. keine schwerwiegende Beeinträchtigung im Alltag festgestellt, sondern u.a. darauf hingewiesen, dass der Tag der Klägerin gut strukturiert und sie gut in ihre sehr große und harmonische Verwandtschaft eingebunden ist, zu der die Kontakte sehr intensiv sind. Darüber hinaus hat er auf Widersprüche zwischen der Behandlungsintensität (Fehlen einer längeren regelmäßigen Behandlung mit einem Antidepressivum) und der diagnostischen Einordnung des behandelnden Arztes Dr. N. hingewiesen. Aus alldem hat der Sachverständige M. schlüssig und widerspruchsfrei abgeleitet, dass die Klägerin weiterhin in der Lage ist, körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten – unter Berücksichtigung der näher dargelegten qualitativen Einschränkungen – acht Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Berufungsverfahren noch vorgelegten Brief des Universitätsklinikums H., Medizinische Klinik – Abteilung Innere Medizin V – vom 6. November 2019 über die ambulante Vorstellung der Klägerin. Bei der Untersuchung des Gelenkstatus waren klinisch keine aktiven Synovialitiden feststellbar, das Gaensien-Zeichen und Vorfußkompressionsschmerzen waren negativ, es bestand ein leichter Druckschmerz über den DIP-Gelenken sowie über beiden Schultergelenken und starker Druckschmerz über dem kürzlich operierten linken Knie. Es wurden weitere Maßnahmen zur Abklärung einer entzündlichen Genese der von der Klägerin beklagten Schmerzen eingeleitet. In Anbetracht des längeren Krankheitsverlaufs und dem Fehlen klinisch eindeutiger Entzündungszeichen sei auch ein chronisches Schmerzsyndrom bzw. ein Fibromyalgie-Syndrom möglich. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustands der Klägerin wird demnach nicht beschrieben. Die bei der Klägerin bereits langjährig vorhandenen Schmerzen sind in den Gutachten des Prof. Dr. Sch. und des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin M. ausführlich berücksichtigt worden, wobei beide gerichtliche Sachverständige - wie bereits dargelegt - schlüssig begründet haben, dass die dadurch bewirkten Funktionseinschränkungen der Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nicht entgegen stehen. Da es nicht entscheidend darauf ankommt, auf welche konkrete Diagnose die Schmerzsymptomatik zurückzuführen ist, sondern lediglich darauf, welche Auswirkungen sich auf die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergeben, sind weitere Ermittlungen des Senats hierzu nicht erforderlich.
Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aus augenärztlicher Sicht. Denn der behandelnde Facharzt für Augenheilkunde Dr. W. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 26. August 2017 die Sehschärfe beidseitig mit 100% angegeben und mitgeteilt, dass augenärztlich kein Einfluss auf die körperliche Leistungsfähigkeit bestehe. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Erkrankungen, die sich auf das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin auswirken könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Senat keine Hinweise darauf, dass aufgrund der im August 2019 komplikationslos durchgeführten Arthroskopie des linken Kniegelenks (vgl. Entlassungsbericht der V. Klinik B. vom 28. August 2019) anhaltende Funktionseinschränkungen, die sich auf das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin auswirken könnten, vorliegen.
Die Klägerin ist demnach bei Beachtung der angegebenen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein und hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Eine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit besteht nicht. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris) liegen bei der Klägerin nicht vor. Weder die von den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sch. noch die von dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin M. genannten qualitativen Einschränkungen sind in ihrer Art oder Summe geeignet, die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der - wie die Klägerin - nach dem verbliebenen Restleistungsvermögen noch zumindest körperlich leichte Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - BSGE 109, 189).
Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin eine Tätigkeit nicht unter den in Betrieben üblichen Bedingungen ausüben kann, weil die o.g. Sachverständigen keine betriebsunüblichen Bedingungen beschrieben haben.
Schließlich liegt nach den schlüssigen Feststellungen der Sachverständigen Prof. Dr. Sch. und M. keine Einschränkung der Wegefähigkeit vor, weil die Klägerin in der Lage, ist - wie von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gefordert - viermal täglich etwas über 500 m in jeweils maximal 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, 13/5 RJ 73/90, juris). Insbesondere hat der Sachverständige M. ein unauffälliges Gangbild beschrieben und keine neurologische oder orthopädische Erkrankung sowie keine psychische Störung festgestellt, welche die Klägerin daran hindern könnte. Darüber hinaus hat die Klägerin einen Führerschein und nutzt ein ihr zur Verfügung stehendes Kfz.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved