Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 2848/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1010/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Februar 2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1968 geborene Kläger war von 1986 bis 2002 als Fabrikarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem war er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos und bezog seit 2005 Arbeitslosengeld II. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 ist anerkannt (vgl. Bescheid des Hessischen Amts für Versorgung und Soziales D. [Außenstelle B.] – Versorgungsamt vom 13. Juni 2000). Am 23. Dezember 2016 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, seit einem Arbeitsunfall mit einer Kreissäge (1988) und einem Bandscheibenvorfall der LWS und HWS dürfe er keine schweren Sachen heben und sich nicht bücken. Er habe auch Stress mit dem Jobcenter. Er legte Befundberichte der behandelnden Ärzte und das Erste Rentengutachten bezüglich des Arbeitsunfalls vor.
Mit Bescheid vom 23. März 2017 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil der Kläger die medizinischen Voraussetzungen nicht erfülle. Bei ihm lägen ein chronisch-rezidivierendes Zervikobrachialsyndrom linksbetont, ein MRT-gesicherter Bandscheibenvorfall C 5/6 mediolinkslateral 7/15 ohne gesicherte neurologische Ausfälle, chronisch-rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden, insbesondere LWS-Syndrom, z.T. lumboischialgieform ohne gesicherte neurologische Ausfälle, mäßige beeinträchtigte Handfunktion links bei Teilverlust D 1-4 infolge Arbeitsunfallereignis 6/88 und erfolgter Fingerteiltransplantation sowie Probleme in Bezug auf die Lebensbewältigung vor. Die Einschränkungen, die sich aus diesen Krankheiten oder Behinderungen ergäben, führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen ließen nicht zu, dass er mindestens sechs Stunden täglich arbeite und bat um ärztliche Begutachtung. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie, Sozialmedizin Dr. S.-F. Dieser untersuchte den Kläger am 19. Juni 2017 und nannte in seinem Gutachten vom Folgetag als Diagnosen einen Zustand nach Kreissägenverletzung der linken Hand 1988 (Arbeitsunfall, Bezug einer Unfallrente in Höhe einer MdE von 30%) mit Teilamputation D 4 links, schweren knöchernen Verletzungen D 1 und D 2 links, in Verkürzung abgeheilt mit arthrotischen Veränderungen carpometacarpal D 1 und D 2 mit deutlichem funktionellem Defizit (noch besser als bloße "Beihand"); Cervicobrachialgie links bei NPP 5/6 ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen; Lumboischialgie bei Spondylarthrose L4 bis S 1 mit mrt-gesichertem kleinem NPP L5/S1 mit geringen funktionellen Einschränkungen; Impingement linke Schulter mit beginnender Supraspinatussehnendegeneration mit geringen funktionellen Einschränkungen; reaktive Depression; Somatisierungsstörung. Es fänden sich umschriebene qualitative Leistungseinschränkungen bezüglich der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand, der Belastbarkeit der Hals- und Rumpfwirbelsäule sowie der Belastbarkeit der linken Schulter. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in allen Arbeitshaltungen und allen Schichtformen unter Berücksichtigung des negativen Leistungsbildes. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten, die den einwandfreien Einsatz beider Hände, sei es krafttechnisch oder feinmotorisch, voraussetzen, Tätigkeiten in ständiger Zwangshaltung der Rumpfwirbelsäule, Tätigkeiten in ständiger Armvorhalte oder über Kopf.
Im Wesentlichen darauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2017 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 19. September 2017 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und vorgebracht, seine physischen und psychischen Einschränkungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er sehe sich nicht in der Lage, irgendeine Tätigkeit von Wert für drei oder mehr Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erbringen. Seine neurologischen Störungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er leide an Depressionen, Antriebsstörungen, Schlafstörungen und einer Schmerzverarbeitungsstörung. Wegen der Schlafstörungen leide er an Tagesmüdigkeit. Ferner seien seine Prostataprobleme nicht ausreichend berücksichtigt. Ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, dass er immer wieder Blut im Stuhl habe.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Der Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilkunde Dr. P.-T. hat als Diagnosen eine Schlafstörung, eine Tendinitis des Unterarms, ein Supraspinatussyndrom, eine Depression, eine Radikulopathie HWK 5/6 und eine Hyperlipidämie, nicht näher bezeichnet, angegeben. Zur Leistungsfähigkeit könne er als Hausarzt keine zuverlässige Antwort geben. Zur Beurteilung des Leidens sei das orthopädische Fachgebiet maßgebend. Er stimme der Begutachtung durch Dr. S.-F. und der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. D. vom 28. Juni 2017 voll und ganz zu. Der Facharzt für Orthopädie Dr. H. hat als Diagnosen eine Dysfunktion des Radiusköpfchens rechts, Epicondylitis radialis humeri rechts, BWS-Blockierung und HWS-Blockierung angegeben. Aus fachorthopädischer Sicht sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten im Rahmen einer 5-Tage-Woche täglich für sechs Stunden und mehr auszuführen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2019 abgewiesen. Der Kläger sei mit qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen sei er nicht erwerbsgemindert. Dabei hat sich das SG auf die Leistungsbeurteilung im Gutachten von Dr. S.-F. vom 20. Juni 2017 gestützt, welche von den behandelnden Ärzten Dr. P.-T. und Dr. H. in vollem Umfang bestätigt worden sei. Auch die Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet führten zu keiner quantitativen Leistungseinschränkung. Hierzu hat das SG darauf verwiesen, dass der Kläger nach seinen Angaben zuletzt im Jahr 2010 in nervenärztlicher Behandlung gewesen sei, was auf einen geringen Leidensdruck schließen lasse.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 20. Februar 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. März 2019 zur Niederschrift beim SG Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, seine Erkrankungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er könne aus psychischen Gründen nicht arbeiten und hätte von einem Neurologen begutachtet werden sollen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Februar 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2017 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. Dezember 2016 zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage für die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Das Vorliegen einer rentenberechtigenden Leistungsminderung und auch der weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung muss im Vollbeweis objektiv nachgewiesen sein. Dies erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen müssen (vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteile vom 15. Januar 2009 – L 14 R 111/07 und vom 8. Juli 2010 – L 14 R 112/09). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsache – hier der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung begründenden Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens – als erbracht angesehen werden kann. Eine bloße gewisse Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Kann das Gericht das Vorliegen der den Anspruch begründenden Tatsachen trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten nicht feststellen, geht dieser Umstand zu Lasten desjenigen, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten will, hier also zu Lasten des Klägers.
Gemessen hieran ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides vom 18. Februar 2019 unter Zugrundelegung der vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen - im Wesentlichen gestützt auf das im Wege des Urkundenbeweises verwertbare schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S.-F. vom 20. Juni 2017, der den Kläger eingehend ambulant untersucht und auch die weiteren in den Akten enthaltenen ärztlichen Befunde berücksichtigt hat - zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht, weil der Kläger noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen sowie keine schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigungen und keine Einschränkung der Wegefähigkeit vorliegen. Das SG hat bei seiner Entscheidung auch berücksichtigt, dass sich die behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. P.-T. der Leistungseinschätzung des Dr. S.-F. angeschlossen haben. Bezüglich der vom Kläger geltend gemachten psychischen Erkrankungen hat das SG darüber hinaus zutreffend darauf hingewiesen, dass aufgrund der seit 2010 fehlenden fachärztlichen Behandlung insoweit nur auf einen geringen Leidensdruck zu schließen sei, zumal auch der behandelnde Hausarzt den Schwerpunkt der Leiden auf orthopädischem Fachgebiet gesehen habe. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Aus der Berufungsbegründung ergibt sich nichts anderes. Der Kläger hat lediglich unsubstantiiert beanstandet, dass seine Erkrankungen im angefochtenen Gerichtsbescheid nicht ausreichend gewürdigt worden seien und er aus psychischen Gründen nicht arbeiten könne. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, die Entscheidung des SG, die nachvollziehbar unter Berücksichtigung der Feststellungen des Dr. S.-F. auf orthopädischem Fachgebiet sowie der - mit der Leistungseinschätzung des Dr. S.-F. übereinstimmenden - sachverständigen Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers und der fehlenden fachärztlichen Behandlung von psychischen Beschwerden ergangen ist, in Frage zu stellen.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens wegen der vom Kläger angegebenen Beschwerden auf psychischem Fachgebiet, waren nicht angezeigt. Denn der Senat hat weiterhin keine Anhaltspunkte dafür, dass wegen der vom Kläger vorgebrachten psychischen Beschwerden eine fachärztliche Behandlung erforderlich ist bzw. von ihm in Anspruch genommen wird. Der Kläger hat keinen behandelnden Nervenarzt/Psychiater bzw. Psychotherapeuten erwähnt, sondern im Rahmen der Berufungsbegründung lediglich vorgebracht, dass ihn bereits die Beklagte wegen der psychischen Gründe, aus denen er die Rente beantragt habe, zu einem Neurologen zur Begutachtung hätte schicken sollen. Jedoch ist der Akte der Beklagten zu entnehmen, dass bei dem vom Kläger benannten Nervenarzt Dr. Pi. keine aktuellen Befunde beigezogen werden konnten, weil die letzte Vorstellung dort nach Praxismitteilung 2009 erfolgte. Auch aktuell befindet sich der Kläger nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht in fachpsychiatrischer Behandlung. Es ergeben sich daher keine Anhaltspunkte dafür, dass auf psychischem Fachgebiet gravierende Funktionseinschränkungen mit entsprechendem Leidensdruck vorliegen, die das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in zeitlicher Hinsicht einschränken könnten und hierzu weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist.
Der Kläger ist demnach bei Beachtung der angegebenen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein und hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Eine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit besteht nicht. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris) liegen bei dem Kläger nicht vor. Die von Dr. S.-F. genannten qualitativen Einschränkungen sind weder nach ihrer Art noch in der Summe geeignet, die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Insbesondere kann der Kläger die linke Hand – trotz der beschriebenen deutlichen funktionellen Defizite - nach den Feststellungen des Dr. S.-F. noch besser als eine bloße "Beihand" benutzen, so dass keine so gravierende Funktionseinschränkung, die mit einer "Einarmigkeit" vergleichbar wäre, vorliegt. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der - wie der Kläger - nach dem verbliebenen Restleistungsvermögen noch zumindest körperlich leichte Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - BSGE 109, 189).
Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine Tätigkeit nicht unter den in Betrieben üblichen Bedingungen ausüben kann, weil Dr. S.-F. keine solchen betriebsunüblichen Bedingungen angegeben hat. Schließlich liegt auch unter Berücksichtigung der Feststellungen des Gutachtens des Dr. S.-F. keine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit vor. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1968 geborene Kläger war von 1986 bis 2002 als Fabrikarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem war er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos und bezog seit 2005 Arbeitslosengeld II. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 ist anerkannt (vgl. Bescheid des Hessischen Amts für Versorgung und Soziales D. [Außenstelle B.] – Versorgungsamt vom 13. Juni 2000). Am 23. Dezember 2016 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, seit einem Arbeitsunfall mit einer Kreissäge (1988) und einem Bandscheibenvorfall der LWS und HWS dürfe er keine schweren Sachen heben und sich nicht bücken. Er habe auch Stress mit dem Jobcenter. Er legte Befundberichte der behandelnden Ärzte und das Erste Rentengutachten bezüglich des Arbeitsunfalls vor.
Mit Bescheid vom 23. März 2017 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil der Kläger die medizinischen Voraussetzungen nicht erfülle. Bei ihm lägen ein chronisch-rezidivierendes Zervikobrachialsyndrom linksbetont, ein MRT-gesicherter Bandscheibenvorfall C 5/6 mediolinkslateral 7/15 ohne gesicherte neurologische Ausfälle, chronisch-rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden, insbesondere LWS-Syndrom, z.T. lumboischialgieform ohne gesicherte neurologische Ausfälle, mäßige beeinträchtigte Handfunktion links bei Teilverlust D 1-4 infolge Arbeitsunfallereignis 6/88 und erfolgter Fingerteiltransplantation sowie Probleme in Bezug auf die Lebensbewältigung vor. Die Einschränkungen, die sich aus diesen Krankheiten oder Behinderungen ergäben, führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen ließen nicht zu, dass er mindestens sechs Stunden täglich arbeite und bat um ärztliche Begutachtung. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie, Sozialmedizin Dr. S.-F. Dieser untersuchte den Kläger am 19. Juni 2017 und nannte in seinem Gutachten vom Folgetag als Diagnosen einen Zustand nach Kreissägenverletzung der linken Hand 1988 (Arbeitsunfall, Bezug einer Unfallrente in Höhe einer MdE von 30%) mit Teilamputation D 4 links, schweren knöchernen Verletzungen D 1 und D 2 links, in Verkürzung abgeheilt mit arthrotischen Veränderungen carpometacarpal D 1 und D 2 mit deutlichem funktionellem Defizit (noch besser als bloße "Beihand"); Cervicobrachialgie links bei NPP 5/6 ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen; Lumboischialgie bei Spondylarthrose L4 bis S 1 mit mrt-gesichertem kleinem NPP L5/S1 mit geringen funktionellen Einschränkungen; Impingement linke Schulter mit beginnender Supraspinatussehnendegeneration mit geringen funktionellen Einschränkungen; reaktive Depression; Somatisierungsstörung. Es fänden sich umschriebene qualitative Leistungseinschränkungen bezüglich der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand, der Belastbarkeit der Hals- und Rumpfwirbelsäule sowie der Belastbarkeit der linken Schulter. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in allen Arbeitshaltungen und allen Schichtformen unter Berücksichtigung des negativen Leistungsbildes. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten, die den einwandfreien Einsatz beider Hände, sei es krafttechnisch oder feinmotorisch, voraussetzen, Tätigkeiten in ständiger Zwangshaltung der Rumpfwirbelsäule, Tätigkeiten in ständiger Armvorhalte oder über Kopf.
Im Wesentlichen darauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2017 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 19. September 2017 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und vorgebracht, seine physischen und psychischen Einschränkungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er sehe sich nicht in der Lage, irgendeine Tätigkeit von Wert für drei oder mehr Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erbringen. Seine neurologischen Störungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er leide an Depressionen, Antriebsstörungen, Schlafstörungen und einer Schmerzverarbeitungsstörung. Wegen der Schlafstörungen leide er an Tagesmüdigkeit. Ferner seien seine Prostataprobleme nicht ausreichend berücksichtigt. Ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, dass er immer wieder Blut im Stuhl habe.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Der Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilkunde Dr. P.-T. hat als Diagnosen eine Schlafstörung, eine Tendinitis des Unterarms, ein Supraspinatussyndrom, eine Depression, eine Radikulopathie HWK 5/6 und eine Hyperlipidämie, nicht näher bezeichnet, angegeben. Zur Leistungsfähigkeit könne er als Hausarzt keine zuverlässige Antwort geben. Zur Beurteilung des Leidens sei das orthopädische Fachgebiet maßgebend. Er stimme der Begutachtung durch Dr. S.-F. und der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. D. vom 28. Juni 2017 voll und ganz zu. Der Facharzt für Orthopädie Dr. H. hat als Diagnosen eine Dysfunktion des Radiusköpfchens rechts, Epicondylitis radialis humeri rechts, BWS-Blockierung und HWS-Blockierung angegeben. Aus fachorthopädischer Sicht sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten im Rahmen einer 5-Tage-Woche täglich für sechs Stunden und mehr auszuführen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2019 abgewiesen. Der Kläger sei mit qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen sei er nicht erwerbsgemindert. Dabei hat sich das SG auf die Leistungsbeurteilung im Gutachten von Dr. S.-F. vom 20. Juni 2017 gestützt, welche von den behandelnden Ärzten Dr. P.-T. und Dr. H. in vollem Umfang bestätigt worden sei. Auch die Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet führten zu keiner quantitativen Leistungseinschränkung. Hierzu hat das SG darauf verwiesen, dass der Kläger nach seinen Angaben zuletzt im Jahr 2010 in nervenärztlicher Behandlung gewesen sei, was auf einen geringen Leidensdruck schließen lasse.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 20. Februar 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. März 2019 zur Niederschrift beim SG Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, seine Erkrankungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er könne aus psychischen Gründen nicht arbeiten und hätte von einem Neurologen begutachtet werden sollen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Februar 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2017 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. Dezember 2016 zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage für die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Das Vorliegen einer rentenberechtigenden Leistungsminderung und auch der weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung muss im Vollbeweis objektiv nachgewiesen sein. Dies erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen müssen (vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteile vom 15. Januar 2009 – L 14 R 111/07 und vom 8. Juli 2010 – L 14 R 112/09). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsache – hier der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung begründenden Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens – als erbracht angesehen werden kann. Eine bloße gewisse Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Kann das Gericht das Vorliegen der den Anspruch begründenden Tatsachen trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten nicht feststellen, geht dieser Umstand zu Lasten desjenigen, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten will, hier also zu Lasten des Klägers.
Gemessen hieran ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides vom 18. Februar 2019 unter Zugrundelegung der vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen - im Wesentlichen gestützt auf das im Wege des Urkundenbeweises verwertbare schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S.-F. vom 20. Juni 2017, der den Kläger eingehend ambulant untersucht und auch die weiteren in den Akten enthaltenen ärztlichen Befunde berücksichtigt hat - zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht, weil der Kläger noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen sowie keine schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigungen und keine Einschränkung der Wegefähigkeit vorliegen. Das SG hat bei seiner Entscheidung auch berücksichtigt, dass sich die behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. P.-T. der Leistungseinschätzung des Dr. S.-F. angeschlossen haben. Bezüglich der vom Kläger geltend gemachten psychischen Erkrankungen hat das SG darüber hinaus zutreffend darauf hingewiesen, dass aufgrund der seit 2010 fehlenden fachärztlichen Behandlung insoweit nur auf einen geringen Leidensdruck zu schließen sei, zumal auch der behandelnde Hausarzt den Schwerpunkt der Leiden auf orthopädischem Fachgebiet gesehen habe. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Aus der Berufungsbegründung ergibt sich nichts anderes. Der Kläger hat lediglich unsubstantiiert beanstandet, dass seine Erkrankungen im angefochtenen Gerichtsbescheid nicht ausreichend gewürdigt worden seien und er aus psychischen Gründen nicht arbeiten könne. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, die Entscheidung des SG, die nachvollziehbar unter Berücksichtigung der Feststellungen des Dr. S.-F. auf orthopädischem Fachgebiet sowie der - mit der Leistungseinschätzung des Dr. S.-F. übereinstimmenden - sachverständigen Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers und der fehlenden fachärztlichen Behandlung von psychischen Beschwerden ergangen ist, in Frage zu stellen.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens wegen der vom Kläger angegebenen Beschwerden auf psychischem Fachgebiet, waren nicht angezeigt. Denn der Senat hat weiterhin keine Anhaltspunkte dafür, dass wegen der vom Kläger vorgebrachten psychischen Beschwerden eine fachärztliche Behandlung erforderlich ist bzw. von ihm in Anspruch genommen wird. Der Kläger hat keinen behandelnden Nervenarzt/Psychiater bzw. Psychotherapeuten erwähnt, sondern im Rahmen der Berufungsbegründung lediglich vorgebracht, dass ihn bereits die Beklagte wegen der psychischen Gründe, aus denen er die Rente beantragt habe, zu einem Neurologen zur Begutachtung hätte schicken sollen. Jedoch ist der Akte der Beklagten zu entnehmen, dass bei dem vom Kläger benannten Nervenarzt Dr. Pi. keine aktuellen Befunde beigezogen werden konnten, weil die letzte Vorstellung dort nach Praxismitteilung 2009 erfolgte. Auch aktuell befindet sich der Kläger nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht in fachpsychiatrischer Behandlung. Es ergeben sich daher keine Anhaltspunkte dafür, dass auf psychischem Fachgebiet gravierende Funktionseinschränkungen mit entsprechendem Leidensdruck vorliegen, die das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in zeitlicher Hinsicht einschränken könnten und hierzu weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist.
Der Kläger ist demnach bei Beachtung der angegebenen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein und hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Eine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit besteht nicht. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris) liegen bei dem Kläger nicht vor. Die von Dr. S.-F. genannten qualitativen Einschränkungen sind weder nach ihrer Art noch in der Summe geeignet, die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Insbesondere kann der Kläger die linke Hand – trotz der beschriebenen deutlichen funktionellen Defizite - nach den Feststellungen des Dr. S.-F. noch besser als eine bloße "Beihand" benutzen, so dass keine so gravierende Funktionseinschränkung, die mit einer "Einarmigkeit" vergleichbar wäre, vorliegt. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der - wie der Kläger - nach dem verbliebenen Restleistungsvermögen noch zumindest körperlich leichte Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - BSGE 109, 189).
Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine Tätigkeit nicht unter den in Betrieben üblichen Bedingungen ausüben kann, weil Dr. S.-F. keine solchen betriebsunüblichen Bedingungen angegeben hat. Schließlich liegt auch unter Berücksichtigung der Feststellungen des Gutachtens des Dr. S.-F. keine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit vor. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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