Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 3169/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 U 3689/19 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 08.10.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (Lärmschwerhörigkeit; BK 2301) sowie die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung einer Verletztenrente in gesetzlicher Höhe. Im Beschwerdeverfahren begehrt der Antragsteller des Weiteren die Gewährung eines Hörgerätes.
Der am 12.01.1973 geborene Antragsteller hat den Beruf des Fliesenlegers erlernt und war bisher überwiegend in diesem Beruf tätig. Bereits im Jahr 2018 wurden dem Antragsteller seitens der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt. Seit dem 17.09.2018 absolviert der Antragsteller in diesem Zusammenhang ein Bachelor-Studium zum Informatiker.
Im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu einer anderen Berufskrankheit machte der Antragsteller am 05.06.2019 erstmals das Vorliegen der hier streitigen Lärmschwerhörigkeit geltend. Hierzu legte er einen Bericht des HNO-Arztes Dr. B. vom 03.06.2019 vor. In diesem wurde u.a. von einer geringgradigen Innenohrschwerhörigkeit beidseits und einem Tinnitus aurium beidseits berichtet. Auf Rückfrage der Antragsgegnerin legte Dr. B. ein Tonaudiogramm sowie ein Sprachaudiogramm vom 03.06.2019 vor. Mit weiterem Antrag vom 05.06.2019 beantragte der Antragsteller die Gewährung eines Hilfsmittels zur Übertönung des Tinnitusgeräusches bei der AOK S ... Im Zuge des Verwaltungsverfahrens gab der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin an, durch eine Berufskrankheit gesundheitliche Beeinträchtigungen in Form von beidseitigen Tinnituspfeifen und Innenohrschwerhörigkeit zu haben. Deshalb trage er seit Juni 2019 ein von seinem HNO-Arzt verordnetes Hörgerät, für das die Kostenträgerschaft noch offen sei.
Mit Bescheid vom 10.09.2019 lehnte die Antragsgegnerin nach Beteiligung des Staatlichen Gewerbearztes die Anerkennung einer BK 2391 sowie damit zusammenhängende Leistungen ab. Hiergegen erhob der Antragsteller am 14.09.2019 Widerspruch.
Am 16.09.2019 holte die Antragsgegnerin bei dem HNO-Arzt Dr. K. eine beratungsärztliche Stellungnahme ein. Dieser gab an, dass keine Anhaltspunkte für eine lärmbedingte Hörstörung vorlägen. Die Audiogramme wiesen keine c5-Senke auf, die Hörkurven verliefen annähernd horizontal. Dies spreche gegen einen beruflich bedingten Lärmschaden. Weitere Ermittlungen seien nicht angezeigt, unabhängig davon seien die audiometrischen Kriterien für eine Hörgeräteversorgung nicht erfüllt, weil die Verstehensquote für einsilbige Wörter bei einem Sprachschallpegel von 65 dB bei beiden Ohren bei 90% liege.
Am 02.10.2019 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Heilbronn (SG) nachgesucht. Er erhalte aktuell Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der DRV. Wegen der Hörbeschwerden drohe ihm der Abbruch der Umschulungsmaßnahme, da er sich nicht richtig konzentrieren könne. Bei Zahlung der begehrten Rente könne er sich von der Nachzahlung selbst ein behindertengerechtes Fahrzeug anschaffen und müsse nicht mit der DRV streiten.
Mit Beschluss vom 08.10.2019 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Antrag sei bereits unzulässig, da der Antragsteller keine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes begehre, sondern im einstweiligen Rechtschutz eine endgültige Entscheidung erreichen wolle (z.B. Anerkennung einer Berufskrankheit). Dieses Rechtsschutzziel sei von der geltenden Rechtsordnung nicht gedeckt. Darüber hinaus sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da das Vorliegen einer BK 2301 unter Berücksichtigung der vorliegenden Audiogramme ausgesprochen unwahrscheinlich sei. Zu Beginn einer Lärmschwerhörigkeit komme es stets zu einer sogenannten c5-Senke, die – wie die Antragsgegnerin zutreffend ausgeführt habe – beim Antragsteller nicht erkennbar sei. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht.
Gegen den Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 28.10.2019 beim SG eingelegten Beschwerde. Er sei stark beeinträchtigt, da er auf spezielle Hörhilfen angewiesen sei, um insbesondere das Tinnituspfeifgeräusch unterdrücken zu können. Hierüber liege eine ärztliche Verordnung von Dr. B. vor. Ohne die besagten Hörhilfen sei es ihm nicht möglich, dem Unterricht der momentan laufenden Umschulung zu folgen. Er habe über viele Jahre hinweg mit geräuschintensiven Maschinen auf unterschiedlichen Baustellen als Fliesenleger gearbeitet, so dass die berufliche Ursache der Schädigungen nicht auszuschließen sei. Bei Vorliegen eines messbaren Hörschadens (unabhängig von der gemessenen Höhe desselben) sei eine BK 2301 anzuerkennen. Bei ihm liege ein solcher messbarer Hörschaden vor.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß), den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 08.10.2019 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorläufig die BK 2301 anzuerkennen sowie die Antragsgegnerin zur vorläufigen Versorgung mit der beantragten Hörhilfe und zur vorläufigen Zahlung der Verletztenrente auf Grundlage einer MdE von mindestens 30 zu verpflichten.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass sich der Beschluss – wie vom Antragsteller in 1. Instanz beantragt – auf die begehrte Anerkennung des Versicherungsfalles und einen hieraus abgeleiteten Rentenanspruch beziehe, nicht dagegen auf die im Verwaltungsverfahren beantragte Hilfsmittelversorgung wegen Tinnitusbeschwerden, die vom Antragsteller in der Beschwerde geltend gemacht würden, insoweit dürfte die Beschwerde unzulässig sein. Darüber hinaus bestehe kein Anordnungsgrund, da die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit, was in Bezug auf die Hilfsmittelversorgung vorgreiflich sei, evident nicht gegeben seien. Abgesehen davon sei fraglich, ob überhaupt die medizinische Indikation für Hilfsmittel wie Tinnitusmasker oder noiser vorliege. Von Seiten des den Antragsteller behandelnden HNO-Arztes Dr. B. seien diese Hilfsmittel nicht verordnet worden. Aus dem vorgelegten Arztbrief vom 03.06.2019 (Blatt 17 der Verwaltungsakte) ergebe sich vielmehr, dass eine kognitive Verhaltenstherapie im Rahmen eines Kuraufenthalts und gegebenenfalls psychiatrische Mitbeurteilung empfohlen werde. Da der Antragsgegner zeitgleich bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf die begehrten Hilfsmittel bei der AOK Schwäbisch Hall gestellt habe, ergebe sich auch keine Leistungsgrundlage aus § 14 SGB IX.
Wegen der Einzelheiten im Sachverhalt sowie im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 SGG. Nach Satz 1 der Vorschrift kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG verlangt grundsätzlich die summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz – wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25.07.1996, 1 BvR 638/96, NVwZ 1997, 479; BVerfG, Beschluss vom 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236; BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803, alle auch in juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 22.11.2011, L 12 AS 5199/11 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2005, L 7 AS 2875/05 ER-B, juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Derzeit ist ein Anordnungsanspruch i.S. einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eines Erfolges in der Hauptsache nicht glaubhaft gemacht.
I. Anerkennung der BK 2301 (Lärmschwerhörigkeit)
Der Senat legt den Antrag des Antragstellers dahingehend aus, dass er die Anerkennung seiner Schwerhörigkeit als Lärmschwerhörigkeit i.S.d. BK 2301 begehrt. Der Antragsteller hat jedoch einen diesbezüglichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit ist u.a., dass es sich um eine reine Innenohrschwerhörigkeit (Hörstörung der Sinneszellen des Innenohres) mit Betonung des Hörverlustes in den hohen Frequenzen (c5-Senke) handelt (Schönberger/Merthens/Valentin Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 344, 352). Zu Beginn einer Lärmschwerhörigkeit tritt stets eine c5-Senke auf (Schönberger/Merthens/Valentin, a.a.O. S. 352). Das SG hat gestützt auf den Beratungsarzt der Antragsgegnerin und unter Verweis auf die einschlägige Literatur nachvollziehbar ausgeführt, dass beim Antragsteller gerade keine c5-Senke in den vorgelegten Tonaudiogrammen zu beobachten ist, sondern vielmehr das Hörvermögen rechts bei ca. 4.000 Hz, wo die c5-Senke angesiedelt sein müsste sogar besser ist als bei 2.000 Hz. Im Bereich des linken Ohres ist das Hörvermögen im Bereich von 8.000 Hz am schlechtesten, wobei ein gleichmäßiger Abfall von 3.000 Hz an zu beobachten ist, was ebenfalls gegen eine Hochtonsenke spricht. Die seitens des Antragstellers im Beschwerdeverfahren vorgelegten Tonaudiogramme lassen ebenfalls die typische c5-Senke nicht erkennen. Vielmehr zeigen sie einen eher flachen Kurvenverlauf, was nach Ansicht des Beratungsarztes der Antragsgegnerin eher für eine endogene Innenohrschwerhörigkeit spricht. Zwar können auch Hörverluste im tiefen und mittleren Frequenzbereich lärmbedingt sein (Schönberger/Merthens/Valentin, a.a.O. S. 352), jedoch müsste dann das Tongehör bei 1.000 Hz und später bei 500 Hz zunehmend absinken, auch hierfür lässt sich den derzeit vorliegenden Audiogrammen nichts entnehmen.
II. Weitere Begehren des Antragstellers
Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Beschwerde, an der der Senat im Hinblick auf das Begehren der Hörgeräteversorgung Zweifel hegt, da dies beim SG nicht beantragt war (vgl. Beschluss des Senats vom heutigen Tag, L 12 U 3761/19 ER-B), ist auch diesbezüglich ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Da die Schwerhörigkeit des Antragstellers sowie dessen Tinnitus nach derzeitigem Sachstand die Voraussetzungen der BK 2301 überwiegend wahrscheinlich nicht erfüllen, scheidet ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin aus.
Im Übrigen sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab und verweist auf die zutreffende Begründung des SG (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Nach alldem ist die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind in entsprechender Anwendung des § 193 SGG nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (Lärmschwerhörigkeit; BK 2301) sowie die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung einer Verletztenrente in gesetzlicher Höhe. Im Beschwerdeverfahren begehrt der Antragsteller des Weiteren die Gewährung eines Hörgerätes.
Der am 12.01.1973 geborene Antragsteller hat den Beruf des Fliesenlegers erlernt und war bisher überwiegend in diesem Beruf tätig. Bereits im Jahr 2018 wurden dem Antragsteller seitens der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt. Seit dem 17.09.2018 absolviert der Antragsteller in diesem Zusammenhang ein Bachelor-Studium zum Informatiker.
Im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu einer anderen Berufskrankheit machte der Antragsteller am 05.06.2019 erstmals das Vorliegen der hier streitigen Lärmschwerhörigkeit geltend. Hierzu legte er einen Bericht des HNO-Arztes Dr. B. vom 03.06.2019 vor. In diesem wurde u.a. von einer geringgradigen Innenohrschwerhörigkeit beidseits und einem Tinnitus aurium beidseits berichtet. Auf Rückfrage der Antragsgegnerin legte Dr. B. ein Tonaudiogramm sowie ein Sprachaudiogramm vom 03.06.2019 vor. Mit weiterem Antrag vom 05.06.2019 beantragte der Antragsteller die Gewährung eines Hilfsmittels zur Übertönung des Tinnitusgeräusches bei der AOK S ... Im Zuge des Verwaltungsverfahrens gab der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin an, durch eine Berufskrankheit gesundheitliche Beeinträchtigungen in Form von beidseitigen Tinnituspfeifen und Innenohrschwerhörigkeit zu haben. Deshalb trage er seit Juni 2019 ein von seinem HNO-Arzt verordnetes Hörgerät, für das die Kostenträgerschaft noch offen sei.
Mit Bescheid vom 10.09.2019 lehnte die Antragsgegnerin nach Beteiligung des Staatlichen Gewerbearztes die Anerkennung einer BK 2391 sowie damit zusammenhängende Leistungen ab. Hiergegen erhob der Antragsteller am 14.09.2019 Widerspruch.
Am 16.09.2019 holte die Antragsgegnerin bei dem HNO-Arzt Dr. K. eine beratungsärztliche Stellungnahme ein. Dieser gab an, dass keine Anhaltspunkte für eine lärmbedingte Hörstörung vorlägen. Die Audiogramme wiesen keine c5-Senke auf, die Hörkurven verliefen annähernd horizontal. Dies spreche gegen einen beruflich bedingten Lärmschaden. Weitere Ermittlungen seien nicht angezeigt, unabhängig davon seien die audiometrischen Kriterien für eine Hörgeräteversorgung nicht erfüllt, weil die Verstehensquote für einsilbige Wörter bei einem Sprachschallpegel von 65 dB bei beiden Ohren bei 90% liege.
Am 02.10.2019 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Heilbronn (SG) nachgesucht. Er erhalte aktuell Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der DRV. Wegen der Hörbeschwerden drohe ihm der Abbruch der Umschulungsmaßnahme, da er sich nicht richtig konzentrieren könne. Bei Zahlung der begehrten Rente könne er sich von der Nachzahlung selbst ein behindertengerechtes Fahrzeug anschaffen und müsse nicht mit der DRV streiten.
Mit Beschluss vom 08.10.2019 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Antrag sei bereits unzulässig, da der Antragsteller keine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes begehre, sondern im einstweiligen Rechtschutz eine endgültige Entscheidung erreichen wolle (z.B. Anerkennung einer Berufskrankheit). Dieses Rechtsschutzziel sei von der geltenden Rechtsordnung nicht gedeckt. Darüber hinaus sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da das Vorliegen einer BK 2301 unter Berücksichtigung der vorliegenden Audiogramme ausgesprochen unwahrscheinlich sei. Zu Beginn einer Lärmschwerhörigkeit komme es stets zu einer sogenannten c5-Senke, die – wie die Antragsgegnerin zutreffend ausgeführt habe – beim Antragsteller nicht erkennbar sei. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht.
Gegen den Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 28.10.2019 beim SG eingelegten Beschwerde. Er sei stark beeinträchtigt, da er auf spezielle Hörhilfen angewiesen sei, um insbesondere das Tinnituspfeifgeräusch unterdrücken zu können. Hierüber liege eine ärztliche Verordnung von Dr. B. vor. Ohne die besagten Hörhilfen sei es ihm nicht möglich, dem Unterricht der momentan laufenden Umschulung zu folgen. Er habe über viele Jahre hinweg mit geräuschintensiven Maschinen auf unterschiedlichen Baustellen als Fliesenleger gearbeitet, so dass die berufliche Ursache der Schädigungen nicht auszuschließen sei. Bei Vorliegen eines messbaren Hörschadens (unabhängig von der gemessenen Höhe desselben) sei eine BK 2301 anzuerkennen. Bei ihm liege ein solcher messbarer Hörschaden vor.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß), den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 08.10.2019 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorläufig die BK 2301 anzuerkennen sowie die Antragsgegnerin zur vorläufigen Versorgung mit der beantragten Hörhilfe und zur vorläufigen Zahlung der Verletztenrente auf Grundlage einer MdE von mindestens 30 zu verpflichten.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass sich der Beschluss – wie vom Antragsteller in 1. Instanz beantragt – auf die begehrte Anerkennung des Versicherungsfalles und einen hieraus abgeleiteten Rentenanspruch beziehe, nicht dagegen auf die im Verwaltungsverfahren beantragte Hilfsmittelversorgung wegen Tinnitusbeschwerden, die vom Antragsteller in der Beschwerde geltend gemacht würden, insoweit dürfte die Beschwerde unzulässig sein. Darüber hinaus bestehe kein Anordnungsgrund, da die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit, was in Bezug auf die Hilfsmittelversorgung vorgreiflich sei, evident nicht gegeben seien. Abgesehen davon sei fraglich, ob überhaupt die medizinische Indikation für Hilfsmittel wie Tinnitusmasker oder noiser vorliege. Von Seiten des den Antragsteller behandelnden HNO-Arztes Dr. B. seien diese Hilfsmittel nicht verordnet worden. Aus dem vorgelegten Arztbrief vom 03.06.2019 (Blatt 17 der Verwaltungsakte) ergebe sich vielmehr, dass eine kognitive Verhaltenstherapie im Rahmen eines Kuraufenthalts und gegebenenfalls psychiatrische Mitbeurteilung empfohlen werde. Da der Antragsgegner zeitgleich bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf die begehrten Hilfsmittel bei der AOK Schwäbisch Hall gestellt habe, ergebe sich auch keine Leistungsgrundlage aus § 14 SGB IX.
Wegen der Einzelheiten im Sachverhalt sowie im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 SGG. Nach Satz 1 der Vorschrift kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG verlangt grundsätzlich die summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz – wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25.07.1996, 1 BvR 638/96, NVwZ 1997, 479; BVerfG, Beschluss vom 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236; BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803, alle auch in juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 22.11.2011, L 12 AS 5199/11 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2005, L 7 AS 2875/05 ER-B, juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Derzeit ist ein Anordnungsanspruch i.S. einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eines Erfolges in der Hauptsache nicht glaubhaft gemacht.
I. Anerkennung der BK 2301 (Lärmschwerhörigkeit)
Der Senat legt den Antrag des Antragstellers dahingehend aus, dass er die Anerkennung seiner Schwerhörigkeit als Lärmschwerhörigkeit i.S.d. BK 2301 begehrt. Der Antragsteller hat jedoch einen diesbezüglichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit ist u.a., dass es sich um eine reine Innenohrschwerhörigkeit (Hörstörung der Sinneszellen des Innenohres) mit Betonung des Hörverlustes in den hohen Frequenzen (c5-Senke) handelt (Schönberger/Merthens/Valentin Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 344, 352). Zu Beginn einer Lärmschwerhörigkeit tritt stets eine c5-Senke auf (Schönberger/Merthens/Valentin, a.a.O. S. 352). Das SG hat gestützt auf den Beratungsarzt der Antragsgegnerin und unter Verweis auf die einschlägige Literatur nachvollziehbar ausgeführt, dass beim Antragsteller gerade keine c5-Senke in den vorgelegten Tonaudiogrammen zu beobachten ist, sondern vielmehr das Hörvermögen rechts bei ca. 4.000 Hz, wo die c5-Senke angesiedelt sein müsste sogar besser ist als bei 2.000 Hz. Im Bereich des linken Ohres ist das Hörvermögen im Bereich von 8.000 Hz am schlechtesten, wobei ein gleichmäßiger Abfall von 3.000 Hz an zu beobachten ist, was ebenfalls gegen eine Hochtonsenke spricht. Die seitens des Antragstellers im Beschwerdeverfahren vorgelegten Tonaudiogramme lassen ebenfalls die typische c5-Senke nicht erkennen. Vielmehr zeigen sie einen eher flachen Kurvenverlauf, was nach Ansicht des Beratungsarztes der Antragsgegnerin eher für eine endogene Innenohrschwerhörigkeit spricht. Zwar können auch Hörverluste im tiefen und mittleren Frequenzbereich lärmbedingt sein (Schönberger/Merthens/Valentin, a.a.O. S. 352), jedoch müsste dann das Tongehör bei 1.000 Hz und später bei 500 Hz zunehmend absinken, auch hierfür lässt sich den derzeit vorliegenden Audiogrammen nichts entnehmen.
II. Weitere Begehren des Antragstellers
Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Beschwerde, an der der Senat im Hinblick auf das Begehren der Hörgeräteversorgung Zweifel hegt, da dies beim SG nicht beantragt war (vgl. Beschluss des Senats vom heutigen Tag, L 12 U 3761/19 ER-B), ist auch diesbezüglich ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Da die Schwerhörigkeit des Antragstellers sowie dessen Tinnitus nach derzeitigem Sachstand die Voraussetzungen der BK 2301 überwiegend wahrscheinlich nicht erfüllen, scheidet ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin aus.
Im Übrigen sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab und verweist auf die zutreffende Begründung des SG (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Nach alldem ist die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind in entsprechender Anwendung des § 193 SGG nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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