L 11 BA 3248/20 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 BA 2343/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 BA 3248/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Den Geschäftsführern einer GmbH fehlt die Antragsbefugnis für einen ausschließlich im eigenen Namen gestellten Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz gegen einen an die GmbH auf der Grundlage von § 28p SGB IV erlassenen
Beitragsbescheid.
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.09.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die am 15.10.2020 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Beschwerde der Antragsteller Ziff 1 und Ziff 2 gegen den ihrem Bevollmächtigten am 30.09.2020 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 25.09.2020 ist zulässig, insbesondere gemäß § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht (§ 173 Satz 1, § 64 Abs 1, Abs 2, § 63 SGG) eingelegt worden. Sie ist aber nicht begründet, da den Antragstellern bereits die Antragsbefugnis fehlt.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.04.2020, in dem diese nach durchgeführter Betriebsprüfung (§ 28p Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]) in der B. GmbH, die durch die Gesellschafter-Geschäftsführer P. K., M. K. (Antragsteller Ziff 1) und E. K. (Antragsteller Ziff 2) vertreten wird, eine Nachforderung in Höhe von 195.847,20 EUR erhoben hat mit der Begründung, alle drei Gesellschafter-Geschäftsführer seien als Beschäftigte anzusehen mit der Folge einer Versicherungspflicht sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch nach dem Recht der Arbeitsförderung. Hiergegen hat der Antragsbevollmächtigte sowohl im Namen der Geschäftsführer als auch im Namen der B. GmbH mit Schreiben vom 28.04.2020 Widerspruch eingelegt unter Beantragung der Aussetzung der Vollziehung nach § 86a Abs 2 SGG. Nachdem die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 30.06.2020 den Vollzug der Beitragsforderung nur in Höhe von einem Drittel der Forderung (65.282,40 EUR), nämlich in Bezug auf die Sozialversicherungsbeiträge des Geschäftsführers P. K., ausgesetzt hatte, haben die anwaltlich vertretenen Geschäftsführer M. und E. K. als Antragsteller Ziff 1 und Ziff 2 beim SG beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28.04.2020 gegen den Beitragsbescheid vom 02.04.2020 gemäß § 86b Abs 1 Nr 2 SGG festzustellen und anzuordnen, hilfsweise die Vollziehung des Beitragsbescheides auszusetzen. Mit Beschluss vom 25.09.2020 hat das SG den Antrag abgelehnt, woraufhin die Antragsteller Ziff 1 und Ziff 2 am 15.10.2020 Beschwerde beim LSG eingereicht haben.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 86b Abs 1 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen bzw in den Fällen des § 86a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.

Unabhängig davon, welche Alternative des § 86b Abs 1 Satz 1 SGG vorliegend anwendbar wäre, sind die Antragsteller Ziff 1 und Ziff 2 bereits nicht antragsbefugt.

Eine Klagebefugnis - und parallel dazu auch eine Antragsbefugnis, § 54 Abs 1 Satz 2 SGG analog - fehlt, wenn dem Kläger das geltend gemachte Recht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann und die Möglichkeit einer Verletzung seiner subjektiven Rechte nicht möglich erscheint (sog Möglichkeitstheorie: BSG 27.01.1977, 7 RAr 17/76, BSGE 43, 134, 141 = SozR 4100 § 34 Nr 6; BSG 11.05.1999, B 11 AL 69/98 R, SozR 3-1500 § 75 Nr 31; LSG Baden-Württemberg 27.02.2008, L 5 KR 6123/07 ER-B, Rn 118, juris). Vorliegend geht es einzig um die Frage, ob die Forderung aus dem angegriffenen Bescheid, der wiederum nur den Prüfzeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 betrifft, durchgesetzt werden kann oder ob der hiergegen gerichtete Widerspruch aufschiebende Wirkung entfaltet bzw eine solche Wirkung vom Gericht anzuordnen ist. Die durch den angefochtenen Bescheid vom 02.04.2020 geltend gemachte Beitragsforderung richtet sich indes ausschließlich an die B. GmbH als Arbeitgeberin (§ 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV), nicht an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer. Ein Rückgriff der B. GmbH als Arbeitgeberin auf die Antragsteller - und damit eine eigene Belastung durch den Beitragsbescheid - wäre lediglich in den engen Grenzen des § 28g Satz 3 SGB IV möglich. Danach darf ein unterbliebener Abzug aber nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden - die angesichts des Prüfzeitraums längst erfolgt sein dürften -, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist (vgl hierzu BSG 31.10.2012, B 12 R 3/11 R, BSGE 112, 108-116, SozR 4-2600 § 6 Nr 9 mwN). Die Beteiligten haben diesbezüglich weder vorgetragen, dass die B. GmbH einen Rückgriff beabsichtigt (dies ist auch unwahrscheinlich, da sie durch die Antragsteller vertreten wird), noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen für einen derartigen Rückgriff erfüllt sein könnten. Insofern fehlt es den Antragstellern bereits an der notwendigen Antragsbefugnis.

Eine andere Frage ist, ob die Antragsteller sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht als solche wenden und die Bescheide der Beklagten unter diesem Gesichtspunkt anfechten können (bejahend wohl BSG 31.10.2012 aaO Rn 12, aaO LSG Nordrhein-Westfalen 30.03.2011, L 8 R 149/11 B, juris; LSG Nordrhein-Westfalen 04.04.2017, L 8 R 109/16 B ER, Rn 27 - 33, juris). Dies kann Gegenstand einer Hauptsacheklage sein, nicht jedoch des vorliegenden Eilverfahrens.

Es ist auch nicht möglich, das Antrags- und Beschwerdeschreiben der Antragsteller dahingehend auszulegen, dass die B. GmbH Antragstellerin ist. Für eine solche Auslegung ist vorliegend kein Raum. Zum einen hat der Antragsbevollmächtigte ausdrücklich die Antragsteller Ziff 1 und Ziff 2 als solche benannt, während er noch im Widerspruchsverfahren auch im Namen der B. GmbH aufgetreten ist und sich somit des Unterschieds bewusst ist. Zum anderen hat er lediglich zwei der drei Geschäftsführer erwähnt vor dem Hintergrund, dass nur in Bezug auf diese aktuell ein Beitragseinzug drohe. Die GmbH hat aber drei Geschäftsführer, so dass offensichtlich ein Antrag durch die GmbH nicht gewollt war. Die Auffassung der Antragsteller, sie würden "als Gesellschafter-Geschäftsführer neben dem weiteren Gesellschafter-Geschäftsführer P. K. mit dem in Kopie in der Anlage A2 beigefügten und mit Widerspruch angefochtenen Bescheid zur Beitragszahlung in Höhe von insgesamt 195.847,20 EUR herangezogen" (Antragsschriftsatz vom 12.08.2020), trifft nicht zu. Nach § 28e Abs 1 SGB IV hat der Arbeitgeber (hier: B. GmbH) den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Dem Bescheid der Beklagten vom 02.04.2020 lässt sich mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass er sich an die GmbH und nicht an die Antragsteller persönlich richtet.

Da der Eilanatrag mangels Antragsbefugnis daher bereits unzulässig ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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