Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 982/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1924/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 28.05.2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Der 1960 geborene Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker, war jedoch überwiegend in anderen Bereichen tätig ua als Zeitsoldat, Maschinist und Lkw-Fahrer. Zuletzt war er als Hausmeister bzw Hauswirtschafter in Teilzeit in einem Pflegeheim versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 01.10.2009 sind zudem Pflichtbeitragszeiten für Pflegetätigkeit vorhanden; der Kläger pflegt zwei seiner Kinder, die zu 100% schwerbehindert sind mit Pflegegrad 3 bzw 5. Seit 08.05.2018 ist der Kläger arbeitsunfähig krank, seit 08.07.2018 arbeitslos nach Auslaufen eines befristeten Arbeitsvertrags.
Der Kläger absolvierte mehrere Rehabilitationsverfahren, zuletzt vom 02.09. bis 30.09.2015 in der Rehaklinik K. und vom 10.07. bis 07.08.2018 in der F.-Klinik. Aus der zuletzt durchgeführten Maßnahme wurde der Kläger arbeitsunfähig entlassen mit den Diagnosen Lumboischialgie links bei Skoliose, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Dysthymia, Cervicobrachialgie bds bei Bandscheibenvorfall C5/6, Osteochondrose HWK 3-7, Gonalgie links bei Va Außenmeniskopathie. Im Entlassungsbericht wurde eingeschätzt, dass die bisherige Hauswirtschaftstätigkeit in einem Pflegeheim nicht mehr, körperlich leichte Tätigkeiten aber noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichtet werden könnten.
Am 13.08.2018 beantragte der Kläger die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20.08.2018 ab, da der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbsfähig sei.
Mit seinem Widerspruch vom 27.08.2018 machte der Kläger geltend, dass er maximal zwei bis drei Stunden eine leichte Tätigkeit ausüben könne, danach wären die Schmerzen im gesamten Rücken kaum aushaltbar und eine Reduzierung lasse sich nur dadurch erreichen, dass er sich hinlege. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten nach ambulanter Untersuchung bei Dr. K. ein. Im Gutachten vom 19.03.2019 führte dieser aus, aufgrund der bandscheibenbedingten Erkrankung der gesamten Wirbelsäule bestehe beim Kläger eine herabgesetzte Belastbarkeit des Achsorgans. Arbeiten, welche mit Tragen und Heben von Lasten über 10 kg einhergingen, Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft sowie in fixierter Fehlhaltung der Wirbelsäule seien nicht mehr zumutbar. Wegen der degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen sollten Tätigkeiten, welche mit vermehrter Rotation oder mit Reklination der Halswirbelsäule einhergingen, vermieden werden. Leichte körperliche Tätigkeiten seien unter Beachtung der qualitativen Funktionseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer von sechs Stunden und mehr zumutbar. Gestützt hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2019 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 17.05.2019 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Zur Begründung verweist der Kläger auf seinen bisherigen Vortrag und trägt ergänzend vor, dass Dr. K. im Rahmen seiner Begutachtung den hohen Blutdruck nicht ausreichend berücksichtigt habe. Dieser stelle für ihn eine enorme gesundheitliche Gefahr dar. Durch die chronischen Dauerschmerzen, die bei ihm bereits seit zehn Jahren vorliegen würden, müsse er entsprechende Schmerzmedikation einnehmen. Ergänzend hat er einen Bericht der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres S., S. und W. vom 28.11.2019 über eine kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule, einen Bericht der radiologischen Praxis Dr. K. vom 20.11.2019 über eine kernspintomographische Untersuchung der Brustwirbelsäule sowie ein Attest der hausärztlichen Praxis Dr. R. (unterschrieben von Dr. E.) vom 29.04.2020 vorgelegt.
Das SG hat den Hausarzt des Klägers Dr. R. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Auf dessen Aussage vom 05.09.2019 wird Bezug genommen. Anschließend hat das SG ein orthopädisches Gutachten bei Dr. B. eingeholt. Im Gutachten vom 07.02.2020 werden folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit geringer Funktionsbehinderung der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der oberen und unteren Extremitäten • degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenschäden der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Affektion • geringfügige funktionell unbedeutsame Wirbelsäulenfehlstatik mit muskulärer Dysbalance • Zustand nach traumatischem Teilverlust des linken Zeigefingers ohne relevante Funktionsbehinderung der linken Hand • unklare Sensibilitätsstörungen der linken Hand bei Va Karpaltunnelsyndrom links ohne relevante Funktionsbehinderung der linken Hand • Zn berichteter Handwurzelfraktur rechts ohne Funktionsbehinderung des rechten Handgelenkes • Gonalgie links bei initialer retropatellarer Gonarthrose links mit geringer synovialer Reizung ohne Funktionsbehinderung des Kniegelenkes bei Zn operierter medialer Meniskopathie und Zn Entfernung einer Bakerzyste • Zustand nach Kopfplatzwunde im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas ohne bleibende Unfallfolgen • chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren • arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) • anamnestisch berichtete Steatosis hepatis (Fettleber) • anamnestisch berichtete Allergie auf verschiedene Obstsorten. Mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten mit Heben und Tragen und/oder Bewegen von Lasten über 2 bis 3 kg ohne mechanische Hilfsmittel, Arbeiten in gebückter, vornüber geneigter Stellung oder sonstiger Zwangshaltung des Achsorgans, Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Kraftentfaltung und volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände, häufig oder ständig kniende und/oder hockende Tätigkeiten, überwiegend oder ständig stehende und/oder gehende Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, mit häufigem Treppensteigen, auf unebenem Untergrund, an gefährdenden Maschinen, mit hoher Verantwortung und/oder besonderer geistiger Beanspruchung sowie Arbeiten unter hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung (zum Beispiel Akkord- und Fließbandtätigkeit, Nachtschichttätigkeit) seien nicht mehr leidensgerecht. In der Tätigkeit als Hauswirtschafter bestehe kein ausreichendes Leistungsvermögen mehr. Unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen seien leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im vollschichtigen Umfang zumutbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.05.2020 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten von Dr. B. und Dr. K. abgewiesen. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen seien bei ihm im Wesentlichen die Diagnosen eines degenerativ bedingten zervicalen und thorakalen Wirbelsäulensyndroms, degenerativer Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenschäden, Teilverlust des linken Zeigefingers, Gonalgie, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie arterielle Hypertonie zu stellen. Hieraus ließen sich nachfolgende qualitative Leistungseinschränkungen ableiten. Sämtliche schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeiten seien dem Kläger nicht mehr zumutbar, ebenso Arbeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 2 bis 3 kg ohne mechanische Hilfsmittel, Arbeiten in Zwangshaltung des Achsorgans sowie Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen sowie häufig oder ständig kniende und/oder hockende Tätigkeiten, überwiegend oder ständig stehende und/oder gehende Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und mit häufigem Treppensteigen. Durch den Teilverlust des linken Zeigefingers und die beschriebenen Sensibilitätsstörungen seien darüber hinaus Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Kraftentfaltung und volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände nicht mehr zu erwarten. Auch Arbeiten an gefährdenden Maschinen, mit hoher Verantwortung und/oder besonderer geistiger Beanspruchung sowie unter hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung (zum Beispiel Akkord- oder Fließbandtätigkeit sowie Nachtschichttätigkeit) stellten sich nicht mehr leidensgerecht dar. Eine quantitative Leistungsminderung sei nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. B. dagegen nicht belegt. Das Beschwerdebild sei schwerpunktmäßig durch orthopädische Beeinträchtigungen geprägt, etwaige neurologische und internistische Aspekte nachranging. Soweit Dr. E. zwar keine medizinischen Bedenken gegen das Gutachten von Dr. B. erhebe, jedoch auf Schwierigkeiten eines beruflichen Wiedereinstiegs des Klägers verweise, habe dies auf den geltend gemachten Anspruch keinen Einfluss. Das Vermittlungsrisiko falle nicht in die Risikosphäre der Beklagten. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe ebenfalls nicht, da der Kläger aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit keinen Berufsschutz genieße.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 05.06.2020 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 19.06.2020 eingelegte Berufung des Klägers. Dr. B. habe die chronischen massiven Schmerzen des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt, weshalb ein schmerztherapeutisches Gutachten angeregt werde. Auch weitere internistische und psychische Beeinträchtigungen sowie Bluthochdruck bestünden, die nicht berücksichtigt worden seien. Auch die Berufsunfähigkeit sollte geprüft werden; der Kläger sei gelernter Kfz-Mechaniker.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 28.05.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.08.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2018 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe zwar den Beruf des Kfz-Mechanikers gelernt, sei in dieser Tätigkeit jedoch nur wenige Jahre beschäftigt gewesen. Hinsichtlich seines beruflichen Werdegangs werde auf das berufliche Orientierungsgespräch des Berufsförderungswerks S. vom 17.07.2018 verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20.08.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen noch leichte körperliche Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Zu vermeiden sind Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 2 bis 3 kg ohne mechanische Hilfsmittel, Arbeiten in Zwangshaltung des Achsorgans, Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, überwiegend oder ständig stehende und/oder gehende Tätigkeiten, Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Kraftentfaltung der Arme und Hände, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, mit hoher Verantwortung und/oder besonderer geistiger Beanspruchung sowie unter hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung (zum Beispiel Akkord- oder Fließbandtätigkeit sowie Nachtschicht). Der Senat stützt seine Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers maßgeblich auf das Gutachten des Dr. B. sowie das im Wege des Urkundenbeweises zu verwertende Gutachten des Dr. K. und den Entlassungsbericht der in der F.-Klinik durchgeführten Reha-Maßnahme.
Der Kläger leidet nach übereinstimmender Einschätzung der Gutachter und auch des Hausarztes Dr. R. maßgeblich unter Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet. Hier sind insbesondere maßgeblich ein chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschäden und geringer Funktionsbehinderung ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der oberen und unteren Extremitäten und Gonalgie links bei initialer retropatellarer Gonarthrose links mit geringer synovialer Reizung ohne Funktionsbehinderung des Kniegelenkes (mit Zn operierter medialer Meniscopathie und Zn Entfernung einer Bakerzyste). Daneben bestehen eine geringfügige funktionell unbedeutsame Wirbelsäulenfehlstatik mit muskulärer Dysbalance, ein Zustand nach traumatischem Teilverlust des linken Zeigefingers und unklare Sensibilitätsstörungen der linken Hand bei Va Karpaltunnelsyndrom links jeweils ohne relevante Funktionsbehinderung der linken Hand, ein Zn berichteter Handwurzelfraktur rechts ohne Funktionsbehinderung des rechten Handgelenkes und Zustand nach Kopfplatzwunde im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas ohne bleibende Unfallfolgen. Das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen ergibt sich übereinstimmend aus den Gutachten von Dr. B. und Dr. K ... Aus diesen Gesundheitsstörungen resultieren die dargelegten qualitativen Einschränkungen auf körperlich leichte Tätigkeiten, die in wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen ausgeübt werden können. Eine Einschränkung der Handfunktion insbesondere auch der linken Hand konnte im Rahmen der Begutachtungen nicht objektiviert werden. Dr. K. hat insoweit keinerlei Einschränkungen festgestellt, Dr. B. sieht eine Einschränkung für besondere Anforderungen an die Kraftentfaltung der Arme und Hände, die aber bereits in der Beschränkung auf leichte Tätigkeiten aufgeht. Die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände ist dagegen rechts überhaupt nicht eingeschränkt (der Kläger ist Rechtshänder), links lediglich im Rahmen des vermuteten Karpaltunnelsyndroms. Hier ist zu bemerken, dass neurologische Ausfälle im Rahmen der gutachterlichen Untersuchungen nicht nachzuweisen waren; Dr. B. weist zutreffend daraufhin, dass der gesamte Aktenverlauf durch den fehlenden Nachweis neurologischer Ausfälle gekennzeichnet ist. Die angegebenen sensiblen Störungen der linken Hand stehen daher einer Einsetzbarkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten nicht entgegen. Die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule sind nicht stark ausgeprägt. Die am 27.11.2019 durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule ergab nach dem vom Kläger vorgelegten Bericht des Dr. S. keinen Hinweis für einen Bandscheibenprolaps oder eine relevante Bandscheibenprotrusion bezüglich einer Nervenwurzelirritation und keine auffälligen Einengungen des Spinalkanals oder der Neuroforamina. Es fand sich lediglich eine leichte dorsale Bandscheibenprotrusion im Segment L5/S1. Die am 20.11.2019 von Dr. K. durchgeführte kernspintomographische Untersuchung der Brustwirbelsäule ergab ebenfalls keine relevante Spinalkanalenge und keine Myelopathie.
Überlagert wird das orthopädische Beschwerdebild durch eine Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Dies hat auch der Gutachter Dr. B. berücksichtigt, der Inkonsistenzen in Form zB variabler muskulärer Gegenspannung bei Bewegungsprüfung der Halswirbelsäule, besserer Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei scheinbar unbeobachteten Spontanbewegungen, variabler Darbietung des Faustschlusses und der groben Kraft der linken Hand als diagnostisches Kriterium einer psychosomatischen Überlagerung gesehen hat. Diese psychische Problematik – neben der chronischen Schmerzstörung besteht eine Dysthymia – ist jedoch nicht derart ausgeprägt, dass sie quantitative Einschränkungen hervorrufen würde. Insoweit bestehen lediglich qualitative Einschränkungen in Bezug auf besondere geistige Beanspruchung oder Stressbelastung. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf den Entlassungsbericht der F.-Klinik. Dort wird ausdrücklich dargelegt, dass der Kläger aus psychiatrisch/psychotherapeutischer Sicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig sein könnte, die Problematik vielmehr in der erheblichen Überforderungssituation als Alleinerziehender mit der Pflege von zwei behinderten Kindern liege. Diese Einschätzung ist schlüssig und nachvollziehbar. Im psychischen Befund während der Rehabilitation gab es keinen Hinweis auf Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Die Stimmung war zum negativen Pol gedrückt, die affektive Schwingungsfähigkeit eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Dies entspricht dem Befund, wie er sich auch nachfolgend orientierend geschildert bei der Begutachtung durch Dr. B. findet. Im Entlassungsbericht wird zudem an mehreren Stellen ausgeführt, dass sich die Selbsteinschätzung des Klägers hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit nicht mit der ärztlichen Beurteilung deckt. Auch im Rahmen der Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (der Kläger wurde im Rahmen der Reha-Maßnahme in das Verfahren der Medizinisch beruflich orientierten Rehabilitation (MBOR) Stufe B eingeschlossen) wurde im interdisziplinären Team von einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden ausgegangen für leichte Tätigkeiten bei allerdings eingeschränkter Beurteilung wegen Verdeutlichungstendenzen und abweichender Angaben zur letzten Tätigkeit. Der Kläger selbst schätzte sich dagegen auf ein minimales Belastungsniveau ein, welches aus therapeutischer Sicht und aufgrund der Testergebnisse als zu tief zu bewerten war. Die vom Kläger mehrfach ausgesprochenen Versorgungswünsche mit Rentenbegehren sind angesichts seiner äußerst schwierigen psychosozialen Situation zwar ohne weiteres nachvollziehbar, können jedoch dem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.
Der Bluthochdruck wird hausärztlich behandelt und bedingt ebenfalls keine quantitative Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Der Senat stützt sich insoweit auf die Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 23.10.2019 (Dr. J.). Diese Einschätzung wird auch bestätigt durch den Gutachter Dr. B. unter Heranziehung sozialmedizinischer Literatur.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Da eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich ist, gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2 mwN; 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R). Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2; 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand (ca 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (zB Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R (juris) mwN). Vorliegend ist der Kläger in seiner Wegefähigkeit nicht eingeschränkt. Dies hat Dr. B., zu dessen Untersuchung der Kläger im Übrigen mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist ist, ausdrücklich bestätigt.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Die zur früheren Rechtslage entwickelten Grundsätze sind auch für Ansprüche auf Rente wegen Erwerbsminderung nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht weiter anzuwenden (BSG 11.12.2019, B 13 R 7/18 R). Vom praktisch gänzlichen Fehlen von Arbeitsplätzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die nur mit leichten körperlichen und geistigen Anforderungen verknüpft sind, kann derzeit nicht ausgegangen werden, auch nicht aufgrund der Digitalisierung oder anderer wirtschaftlicher Entwicklungen (BSG 11.12.2019, aaO, juris Rn 27). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr 90). Der Ausschluss von Zwangshaltungen, Tätigkeiten im Bücken oder Knien sowie häufiges Treppensteigen oder Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten wird von der Beschränkung auf leichte Arbeit ohnehin erfasst. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn – wie hier – typische Verrichtungen wie zB das Bedienen von Maschinen oder das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen möglich sind. Einschränkungen, die dem entgegenstehen könnten, lassen sich den vorliegenden Gutachten nicht entnehmen. Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden zu der Frage, welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist gemäß § 240 SGB VI, dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist zwar vor dem Stichtag geboren, jedoch nicht berufsunfähig. Hinsichtlich des zur Beurteilung der Berufsunfähigkeit von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen (§ 153 Abs 2 SGG). Entgegen der Auffassung des Klägers kann auf die erlernte Tätigkeit als Kfz-Mechaniker nicht abgestellt werden. Diese wurde zuletzt vor Jahrzehnten ausgeübt. Nach den eigenen Angaben des Klägers im beruflichen Orientierungsgespräch am 17.07.2018 war er nach der Lehre sechs Jahre Zeitsoldat, dann Maschinist im Hoch- und Tiefbau für zwölf Jahre, anschließend Paketzusteller, selbstständiger Lkw-Fahrer und zuletzt befristet als Pflegehelfer bzw Hauswirtschafter beschäftigt. Der Kläger hat sich damit von dem Bezugsberuf als Kfz-Mechaniker, der eine Facharbeitertätigkeit darstellt, gelöst. Dafür, dass die Tätigkeit als Kfz-Mechaniker aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde, was einer Lösung vom bisherigen Beruf entgegenstehen würde (vgl BSG 04.11.1998, B 13 RJ 95/97 R), gibt es bei diesem Werdegang nicht die geringsten Anhaltspunkte. Aufgrund der zuletzt ausgeübten ungelernten Tätigkeit kann der Kläger auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.
Weiterer Ermittlungen bedurfte es nicht, insbesondere bestand für den Senat keine Veranlassung zur Einholung eines weiteren Gutachtens. Liegen bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten iS von § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ungenügend sind, weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (vgl BSG 12.12.2003, B 13 RJ 179/03 B, SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9 mwN; BSG 20.02.2019, B 10 LW 3/17 B; BSG 03.02.2020, B 13 R 295/18 B). Solche Mängel sind vorliegend nicht ersichtlich. Vielmehr ist der Sachverhalt vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren sowie die Gutachten aus dem Gerichtsverfahren und die sonstigen medizinischen Unterlagen bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats und haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Weitere Gutachten auf neurologischem oder internistischem Gebiet sind nicht veranlasst. Die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sind nicht mit relevanten neurologischen Defiziten verbunden, wie Dr. B. und Dr. K. übereinstimmend dargelegt haben. Die psychosomatischen Beschwerden bzw Dysthymia lagen bereits zum Zeitpunkt der Reha-Maßnahme in der F.-Klinik und wurden dort umfassend und nachvollziehbar gewürdigt. Die bekannte Hypertonie wird hausärztlich behandelt und begründet keine weitergehenden Leistungseinschränkungen. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers ist seither nicht eingetreten, es wird auch keine fachärztliche Behandlung in Anspruch genommen. Auch der Hausarzt des Klägers Dr. R. hat bestätigt, dass maßgebend für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen allein das Fachgebiet der Orthopädie ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Der 1960 geborene Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker, war jedoch überwiegend in anderen Bereichen tätig ua als Zeitsoldat, Maschinist und Lkw-Fahrer. Zuletzt war er als Hausmeister bzw Hauswirtschafter in Teilzeit in einem Pflegeheim versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 01.10.2009 sind zudem Pflichtbeitragszeiten für Pflegetätigkeit vorhanden; der Kläger pflegt zwei seiner Kinder, die zu 100% schwerbehindert sind mit Pflegegrad 3 bzw 5. Seit 08.05.2018 ist der Kläger arbeitsunfähig krank, seit 08.07.2018 arbeitslos nach Auslaufen eines befristeten Arbeitsvertrags.
Der Kläger absolvierte mehrere Rehabilitationsverfahren, zuletzt vom 02.09. bis 30.09.2015 in der Rehaklinik K. und vom 10.07. bis 07.08.2018 in der F.-Klinik. Aus der zuletzt durchgeführten Maßnahme wurde der Kläger arbeitsunfähig entlassen mit den Diagnosen Lumboischialgie links bei Skoliose, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Dysthymia, Cervicobrachialgie bds bei Bandscheibenvorfall C5/6, Osteochondrose HWK 3-7, Gonalgie links bei Va Außenmeniskopathie. Im Entlassungsbericht wurde eingeschätzt, dass die bisherige Hauswirtschaftstätigkeit in einem Pflegeheim nicht mehr, körperlich leichte Tätigkeiten aber noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichtet werden könnten.
Am 13.08.2018 beantragte der Kläger die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20.08.2018 ab, da der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbsfähig sei.
Mit seinem Widerspruch vom 27.08.2018 machte der Kläger geltend, dass er maximal zwei bis drei Stunden eine leichte Tätigkeit ausüben könne, danach wären die Schmerzen im gesamten Rücken kaum aushaltbar und eine Reduzierung lasse sich nur dadurch erreichen, dass er sich hinlege. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten nach ambulanter Untersuchung bei Dr. K. ein. Im Gutachten vom 19.03.2019 führte dieser aus, aufgrund der bandscheibenbedingten Erkrankung der gesamten Wirbelsäule bestehe beim Kläger eine herabgesetzte Belastbarkeit des Achsorgans. Arbeiten, welche mit Tragen und Heben von Lasten über 10 kg einhergingen, Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft sowie in fixierter Fehlhaltung der Wirbelsäule seien nicht mehr zumutbar. Wegen der degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen sollten Tätigkeiten, welche mit vermehrter Rotation oder mit Reklination der Halswirbelsäule einhergingen, vermieden werden. Leichte körperliche Tätigkeiten seien unter Beachtung der qualitativen Funktionseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer von sechs Stunden und mehr zumutbar. Gestützt hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2019 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 17.05.2019 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Zur Begründung verweist der Kläger auf seinen bisherigen Vortrag und trägt ergänzend vor, dass Dr. K. im Rahmen seiner Begutachtung den hohen Blutdruck nicht ausreichend berücksichtigt habe. Dieser stelle für ihn eine enorme gesundheitliche Gefahr dar. Durch die chronischen Dauerschmerzen, die bei ihm bereits seit zehn Jahren vorliegen würden, müsse er entsprechende Schmerzmedikation einnehmen. Ergänzend hat er einen Bericht der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres S., S. und W. vom 28.11.2019 über eine kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule, einen Bericht der radiologischen Praxis Dr. K. vom 20.11.2019 über eine kernspintomographische Untersuchung der Brustwirbelsäule sowie ein Attest der hausärztlichen Praxis Dr. R. (unterschrieben von Dr. E.) vom 29.04.2020 vorgelegt.
Das SG hat den Hausarzt des Klägers Dr. R. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Auf dessen Aussage vom 05.09.2019 wird Bezug genommen. Anschließend hat das SG ein orthopädisches Gutachten bei Dr. B. eingeholt. Im Gutachten vom 07.02.2020 werden folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit geringer Funktionsbehinderung der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der oberen und unteren Extremitäten • degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenschäden der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Affektion • geringfügige funktionell unbedeutsame Wirbelsäulenfehlstatik mit muskulärer Dysbalance • Zustand nach traumatischem Teilverlust des linken Zeigefingers ohne relevante Funktionsbehinderung der linken Hand • unklare Sensibilitätsstörungen der linken Hand bei Va Karpaltunnelsyndrom links ohne relevante Funktionsbehinderung der linken Hand • Zn berichteter Handwurzelfraktur rechts ohne Funktionsbehinderung des rechten Handgelenkes • Gonalgie links bei initialer retropatellarer Gonarthrose links mit geringer synovialer Reizung ohne Funktionsbehinderung des Kniegelenkes bei Zn operierter medialer Meniskopathie und Zn Entfernung einer Bakerzyste • Zustand nach Kopfplatzwunde im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas ohne bleibende Unfallfolgen • chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren • arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) • anamnestisch berichtete Steatosis hepatis (Fettleber) • anamnestisch berichtete Allergie auf verschiedene Obstsorten. Mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten mit Heben und Tragen und/oder Bewegen von Lasten über 2 bis 3 kg ohne mechanische Hilfsmittel, Arbeiten in gebückter, vornüber geneigter Stellung oder sonstiger Zwangshaltung des Achsorgans, Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Kraftentfaltung und volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände, häufig oder ständig kniende und/oder hockende Tätigkeiten, überwiegend oder ständig stehende und/oder gehende Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, mit häufigem Treppensteigen, auf unebenem Untergrund, an gefährdenden Maschinen, mit hoher Verantwortung und/oder besonderer geistiger Beanspruchung sowie Arbeiten unter hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung (zum Beispiel Akkord- und Fließbandtätigkeit, Nachtschichttätigkeit) seien nicht mehr leidensgerecht. In der Tätigkeit als Hauswirtschafter bestehe kein ausreichendes Leistungsvermögen mehr. Unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen seien leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im vollschichtigen Umfang zumutbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.05.2020 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten von Dr. B. und Dr. K. abgewiesen. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen seien bei ihm im Wesentlichen die Diagnosen eines degenerativ bedingten zervicalen und thorakalen Wirbelsäulensyndroms, degenerativer Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenschäden, Teilverlust des linken Zeigefingers, Gonalgie, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie arterielle Hypertonie zu stellen. Hieraus ließen sich nachfolgende qualitative Leistungseinschränkungen ableiten. Sämtliche schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeiten seien dem Kläger nicht mehr zumutbar, ebenso Arbeiten mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 2 bis 3 kg ohne mechanische Hilfsmittel, Arbeiten in Zwangshaltung des Achsorgans sowie Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen sowie häufig oder ständig kniende und/oder hockende Tätigkeiten, überwiegend oder ständig stehende und/oder gehende Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und mit häufigem Treppensteigen. Durch den Teilverlust des linken Zeigefingers und die beschriebenen Sensibilitätsstörungen seien darüber hinaus Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Kraftentfaltung und volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände nicht mehr zu erwarten. Auch Arbeiten an gefährdenden Maschinen, mit hoher Verantwortung und/oder besonderer geistiger Beanspruchung sowie unter hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung (zum Beispiel Akkord- oder Fließbandtätigkeit sowie Nachtschichttätigkeit) stellten sich nicht mehr leidensgerecht dar. Eine quantitative Leistungsminderung sei nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. B. dagegen nicht belegt. Das Beschwerdebild sei schwerpunktmäßig durch orthopädische Beeinträchtigungen geprägt, etwaige neurologische und internistische Aspekte nachranging. Soweit Dr. E. zwar keine medizinischen Bedenken gegen das Gutachten von Dr. B. erhebe, jedoch auf Schwierigkeiten eines beruflichen Wiedereinstiegs des Klägers verweise, habe dies auf den geltend gemachten Anspruch keinen Einfluss. Das Vermittlungsrisiko falle nicht in die Risikosphäre der Beklagten. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe ebenfalls nicht, da der Kläger aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit keinen Berufsschutz genieße.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 05.06.2020 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 19.06.2020 eingelegte Berufung des Klägers. Dr. B. habe die chronischen massiven Schmerzen des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt, weshalb ein schmerztherapeutisches Gutachten angeregt werde. Auch weitere internistische und psychische Beeinträchtigungen sowie Bluthochdruck bestünden, die nicht berücksichtigt worden seien. Auch die Berufsunfähigkeit sollte geprüft werden; der Kläger sei gelernter Kfz-Mechaniker.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 28.05.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.08.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2018 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe zwar den Beruf des Kfz-Mechanikers gelernt, sei in dieser Tätigkeit jedoch nur wenige Jahre beschäftigt gewesen. Hinsichtlich seines beruflichen Werdegangs werde auf das berufliche Orientierungsgespräch des Berufsförderungswerks S. vom 17.07.2018 verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20.08.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen noch leichte körperliche Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Zu vermeiden sind Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 2 bis 3 kg ohne mechanische Hilfsmittel, Arbeiten in Zwangshaltung des Achsorgans, Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, überwiegend oder ständig stehende und/oder gehende Tätigkeiten, Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Kraftentfaltung der Arme und Hände, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, mit hoher Verantwortung und/oder besonderer geistiger Beanspruchung sowie unter hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung (zum Beispiel Akkord- oder Fließbandtätigkeit sowie Nachtschicht). Der Senat stützt seine Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers maßgeblich auf das Gutachten des Dr. B. sowie das im Wege des Urkundenbeweises zu verwertende Gutachten des Dr. K. und den Entlassungsbericht der in der F.-Klinik durchgeführten Reha-Maßnahme.
Der Kläger leidet nach übereinstimmender Einschätzung der Gutachter und auch des Hausarztes Dr. R. maßgeblich unter Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet. Hier sind insbesondere maßgeblich ein chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschäden und geringer Funktionsbehinderung ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der oberen und unteren Extremitäten und Gonalgie links bei initialer retropatellarer Gonarthrose links mit geringer synovialer Reizung ohne Funktionsbehinderung des Kniegelenkes (mit Zn operierter medialer Meniscopathie und Zn Entfernung einer Bakerzyste). Daneben bestehen eine geringfügige funktionell unbedeutsame Wirbelsäulenfehlstatik mit muskulärer Dysbalance, ein Zustand nach traumatischem Teilverlust des linken Zeigefingers und unklare Sensibilitätsstörungen der linken Hand bei Va Karpaltunnelsyndrom links jeweils ohne relevante Funktionsbehinderung der linken Hand, ein Zn berichteter Handwurzelfraktur rechts ohne Funktionsbehinderung des rechten Handgelenkes und Zustand nach Kopfplatzwunde im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas ohne bleibende Unfallfolgen. Das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen ergibt sich übereinstimmend aus den Gutachten von Dr. B. und Dr. K ... Aus diesen Gesundheitsstörungen resultieren die dargelegten qualitativen Einschränkungen auf körperlich leichte Tätigkeiten, die in wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen ausgeübt werden können. Eine Einschränkung der Handfunktion insbesondere auch der linken Hand konnte im Rahmen der Begutachtungen nicht objektiviert werden. Dr. K. hat insoweit keinerlei Einschränkungen festgestellt, Dr. B. sieht eine Einschränkung für besondere Anforderungen an die Kraftentfaltung der Arme und Hände, die aber bereits in der Beschränkung auf leichte Tätigkeiten aufgeht. Die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände ist dagegen rechts überhaupt nicht eingeschränkt (der Kläger ist Rechtshänder), links lediglich im Rahmen des vermuteten Karpaltunnelsyndroms. Hier ist zu bemerken, dass neurologische Ausfälle im Rahmen der gutachterlichen Untersuchungen nicht nachzuweisen waren; Dr. B. weist zutreffend daraufhin, dass der gesamte Aktenverlauf durch den fehlenden Nachweis neurologischer Ausfälle gekennzeichnet ist. Die angegebenen sensiblen Störungen der linken Hand stehen daher einer Einsetzbarkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten nicht entgegen. Die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule sind nicht stark ausgeprägt. Die am 27.11.2019 durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule ergab nach dem vom Kläger vorgelegten Bericht des Dr. S. keinen Hinweis für einen Bandscheibenprolaps oder eine relevante Bandscheibenprotrusion bezüglich einer Nervenwurzelirritation und keine auffälligen Einengungen des Spinalkanals oder der Neuroforamina. Es fand sich lediglich eine leichte dorsale Bandscheibenprotrusion im Segment L5/S1. Die am 20.11.2019 von Dr. K. durchgeführte kernspintomographische Untersuchung der Brustwirbelsäule ergab ebenfalls keine relevante Spinalkanalenge und keine Myelopathie.
Überlagert wird das orthopädische Beschwerdebild durch eine Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Dies hat auch der Gutachter Dr. B. berücksichtigt, der Inkonsistenzen in Form zB variabler muskulärer Gegenspannung bei Bewegungsprüfung der Halswirbelsäule, besserer Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei scheinbar unbeobachteten Spontanbewegungen, variabler Darbietung des Faustschlusses und der groben Kraft der linken Hand als diagnostisches Kriterium einer psychosomatischen Überlagerung gesehen hat. Diese psychische Problematik – neben der chronischen Schmerzstörung besteht eine Dysthymia – ist jedoch nicht derart ausgeprägt, dass sie quantitative Einschränkungen hervorrufen würde. Insoweit bestehen lediglich qualitative Einschränkungen in Bezug auf besondere geistige Beanspruchung oder Stressbelastung. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf den Entlassungsbericht der F.-Klinik. Dort wird ausdrücklich dargelegt, dass der Kläger aus psychiatrisch/psychotherapeutischer Sicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig sein könnte, die Problematik vielmehr in der erheblichen Überforderungssituation als Alleinerziehender mit der Pflege von zwei behinderten Kindern liege. Diese Einschätzung ist schlüssig und nachvollziehbar. Im psychischen Befund während der Rehabilitation gab es keinen Hinweis auf Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Die Stimmung war zum negativen Pol gedrückt, die affektive Schwingungsfähigkeit eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Dies entspricht dem Befund, wie er sich auch nachfolgend orientierend geschildert bei der Begutachtung durch Dr. B. findet. Im Entlassungsbericht wird zudem an mehreren Stellen ausgeführt, dass sich die Selbsteinschätzung des Klägers hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit nicht mit der ärztlichen Beurteilung deckt. Auch im Rahmen der Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (der Kläger wurde im Rahmen der Reha-Maßnahme in das Verfahren der Medizinisch beruflich orientierten Rehabilitation (MBOR) Stufe B eingeschlossen) wurde im interdisziplinären Team von einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden ausgegangen für leichte Tätigkeiten bei allerdings eingeschränkter Beurteilung wegen Verdeutlichungstendenzen und abweichender Angaben zur letzten Tätigkeit. Der Kläger selbst schätzte sich dagegen auf ein minimales Belastungsniveau ein, welches aus therapeutischer Sicht und aufgrund der Testergebnisse als zu tief zu bewerten war. Die vom Kläger mehrfach ausgesprochenen Versorgungswünsche mit Rentenbegehren sind angesichts seiner äußerst schwierigen psychosozialen Situation zwar ohne weiteres nachvollziehbar, können jedoch dem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.
Der Bluthochdruck wird hausärztlich behandelt und bedingt ebenfalls keine quantitative Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Der Senat stützt sich insoweit auf die Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 23.10.2019 (Dr. J.). Diese Einschätzung wird auch bestätigt durch den Gutachter Dr. B. unter Heranziehung sozialmedizinischer Literatur.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Da eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich ist, gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2 mwN; 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R). Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5864 § 13 Nr 2; 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand (ca 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (zB Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R (juris) mwN). Vorliegend ist der Kläger in seiner Wegefähigkeit nicht eingeschränkt. Dies hat Dr. B., zu dessen Untersuchung der Kläger im Übrigen mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist ist, ausdrücklich bestätigt.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Die zur früheren Rechtslage entwickelten Grundsätze sind auch für Ansprüche auf Rente wegen Erwerbsminderung nach dem ab 01.01.2001 geltenden Recht weiter anzuwenden (BSG 11.12.2019, B 13 R 7/18 R). Vom praktisch gänzlichen Fehlen von Arbeitsplätzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die nur mit leichten körperlichen und geistigen Anforderungen verknüpft sind, kann derzeit nicht ausgegangen werden, auch nicht aufgrund der Digitalisierung oder anderer wirtschaftlicher Entwicklungen (BSG 11.12.2019, aaO, juris Rn 27). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr 90). Der Ausschluss von Zwangshaltungen, Tätigkeiten im Bücken oder Knien sowie häufiges Treppensteigen oder Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten wird von der Beschränkung auf leichte Arbeit ohnehin erfasst. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn – wie hier – typische Verrichtungen wie zB das Bedienen von Maschinen oder das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen möglich sind. Einschränkungen, die dem entgegenstehen könnten, lassen sich den vorliegenden Gutachten nicht entnehmen. Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden zu der Frage, welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist gemäß § 240 SGB VI, dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist zwar vor dem Stichtag geboren, jedoch nicht berufsunfähig. Hinsichtlich des zur Beurteilung der Berufsunfähigkeit von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen (§ 153 Abs 2 SGG). Entgegen der Auffassung des Klägers kann auf die erlernte Tätigkeit als Kfz-Mechaniker nicht abgestellt werden. Diese wurde zuletzt vor Jahrzehnten ausgeübt. Nach den eigenen Angaben des Klägers im beruflichen Orientierungsgespräch am 17.07.2018 war er nach der Lehre sechs Jahre Zeitsoldat, dann Maschinist im Hoch- und Tiefbau für zwölf Jahre, anschließend Paketzusteller, selbstständiger Lkw-Fahrer und zuletzt befristet als Pflegehelfer bzw Hauswirtschafter beschäftigt. Der Kläger hat sich damit von dem Bezugsberuf als Kfz-Mechaniker, der eine Facharbeitertätigkeit darstellt, gelöst. Dafür, dass die Tätigkeit als Kfz-Mechaniker aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde, was einer Lösung vom bisherigen Beruf entgegenstehen würde (vgl BSG 04.11.1998, B 13 RJ 95/97 R), gibt es bei diesem Werdegang nicht die geringsten Anhaltspunkte. Aufgrund der zuletzt ausgeübten ungelernten Tätigkeit kann der Kläger auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.
Weiterer Ermittlungen bedurfte es nicht, insbesondere bestand für den Senat keine Veranlassung zur Einholung eines weiteren Gutachtens. Liegen bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten iS von § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ungenügend sind, weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (vgl BSG 12.12.2003, B 13 RJ 179/03 B, SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9 mwN; BSG 20.02.2019, B 10 LW 3/17 B; BSG 03.02.2020, B 13 R 295/18 B). Solche Mängel sind vorliegend nicht ersichtlich. Vielmehr ist der Sachverhalt vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren sowie die Gutachten aus dem Gerichtsverfahren und die sonstigen medizinischen Unterlagen bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats und haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Weitere Gutachten auf neurologischem oder internistischem Gebiet sind nicht veranlasst. Die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sind nicht mit relevanten neurologischen Defiziten verbunden, wie Dr. B. und Dr. K. übereinstimmend dargelegt haben. Die psychosomatischen Beschwerden bzw Dysthymia lagen bereits zum Zeitpunkt der Reha-Maßnahme in der F.-Klinik und wurden dort umfassend und nachvollziehbar gewürdigt. Die bekannte Hypertonie wird hausärztlich behandelt und begründet keine weitergehenden Leistungseinschränkungen. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers ist seither nicht eingetreten, es wird auch keine fachärztliche Behandlung in Anspruch genommen. Auch der Hausarzt des Klägers Dr. R. hat bestätigt, dass maßgebend für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen allein das Fachgebiet der Orthopädie ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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