L 11 EG 1234/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 EG 2845/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 1234/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.03.2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig sind die Höhe sowie die Erstattung von Elterngeld.

Der 1978 geborene und verheiratete Kläger ist Vater des am 17.11.2014 geborenen Kindes K ... Er ist zum einen bei der L. Baden-Württemberg in S. beschäftigt und übt zum anderen eine selbständige Tätigkeit aus (Motivationscoach und Dienstleistungszentrum).

Am 20.01.2015 beantragte er Basiselterngeld für den zweiten, dritten, sechsten und zehnten Lebensmonat seines Kindes (insgesamt 4 Monate) und gab an, in diesen Monaten über kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit bzw selbständiger Tätigkeit zu verfügen. Seine selbständige Tätigkeit werde er jeweils vorübergehend niederlegen. Da ihm der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2013 noch nicht vorlag, legte er ein Formular zur Gewinnermittlung für Einkünfte aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2013 vor, worin ein Gewinn von 18.387,65 EUR ausgewiesen war. Seine Ehefrau beantragte parallel dazu Elterngeld für den ersten bis einschließlich zehnten Lebensmonat des Kindes (insgesamt 10 Monate).

Mit Bescheid vom 05.02.2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die von ihm gewünschten Monate wegen der noch nicht gesicherten tatsächlichen Einkommenssituation zunächst vorläufig Elterngeld in Höhe von jeweils 1.444,22 EUR monatlich.

Mit Schreiben vom 18.09.2015 forderte die Beklagte den Kläger auf, seinen Einkommensteuerbescheid für 2013 sowie Nachweise über sein tatsächliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit vorzulegen. Der Kläger reagierte hierauf nicht. Nachdem er auch auf die Mitwirkungsaufforderung mit Fristsetzung gemäß § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und die Androhung einer Versagung, eines Entzugs bzw einer Rückforderung des Elterngeldes (Schreiben vom 16.11.2015) untätig geblieben war, erließ die Beklagte am 28.12.2015 einen Änderungsbescheid, worin dem Kläger nur noch der Mindestbetrag von 300 EUR pro Monat bewilligt und zugleich eine Erstattungsforderung in Höhe von 4.576,88 EUR geltend gemacht wurden. Der Bescheid vom 05.02.2015 werde entsprechend geändert.

Der Kläger legte gegen diese Entscheidung keinen Widerspruch ein. Die Vollstreckung der Erstattungsforderung wurde nach Abgabe einer Vermögensauskunft vorübergehend niedergeschlagen. In der Folgezeit mahnte die Beklagte weitere Male die Vorlage der begehrten Unterlagen an.

Mit Schreiben vom 04.12.2018 trug der Kläger vor, die Rückforderung des ausgezahlten Elterngeldes sei rechtswidrig. Er habe der Beklagten bereits mehrfach die angeforderten Unterlagen zur abschließenden Prüfung zukommen lassen. Nach erneuter Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen gab der Kläger nunmehr in den Formularen zur Gewinnermittlung aus selbständiger Arbeit für die streitigen Monate jeweils an, keinen Gewinn erzielt zu haben. Außerdem legte er nach weiterer entsprechender Aufforderung im März 2019 die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 und 2014 vor. Der Steuerbescheid vom 17.07.2015 für das Jahr 2013 wies für die selbständige Arbeit Negativeinkünfte in Höhe von -2.542 EUR aus, der Steuerbescheid für 2014 Negativeinkünfte in Höhe von -5.739 EUR.

Mit Änderungsbescheid vom 20.03.2019 bewilligte die Beklagte dem Kläger, nachdem dieser die mehrfach angeforderten Unterlagen eingereicht und eine Überprüfung des Elterngeldanspruches stattgefunden habe, für die streitigen Monate Elterngeld in Höhe von jeweils 947,90 EUR unter Zugrundelegung des Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit. Die Rückforderung aus dem Bescheid vom 28.12.2015 in Höhe von 4.576,88 EUR werde zurückgenommen. Die Erstattungsforderung betrage nun 1.985,28 EUR.

Der Kläger legte am 10.04.2019 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen.

Die Beklagte veranlasste zunächst eine schriftliche Anhörung des Klägers und wies den Widerspruch anschließend mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2019 mit ausführlicher Berechnungsbegründung zurück. Die Differenz zur ursprünglichen Bewilligung ergebe sich daraus, dass nun im Bemessungszeitraum kein unzutreffender Gewinn aus selbständiger Tätigkeit mehr angesetzt worden sei. Die endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch durch Bescheid vom 28.12.2015 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 20.03.2019 sei daher rechtmäßig.

Am 27.08.2019 hat der Kläger am SG Heilbronn Klage erhoben. Die Beklagte setze den im Einkommensteuerbescheid genannten Betrag der Betriebseinkünfte als "Negativbetrag" an. Dies sei nicht zulässig, da in dem Betrag auch Abschreibungen für mehrjährige Wirtschaftsgüter enthalten seien. Auch fühle er sich benachteiligt, da das Gesetz für Leistungsbezieher, die auch eine selbständige Tätigkeit ausübten, einen anderen Bemessungszeitraum vorsehe als bei ausschließlich nichtselbständig Beschäftigten.

Die Beklage hat erwidert, keine negativen Beträge aus selbständiger Tätigkeit berücksichtigt zu haben, sondern - entsprechend den gesetzlichen Vorschriften - einen Betrag von 0 EUR.

Mit Gerichtsbescheid vom 16.03.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sei § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), der anwendbar sei, weil der Bescheid vom 28.12.2015 bestandskräftig geworden sei. Die Auslegung dieses Bescheides ergebe, dass die Beklagte darin das Elterngeld endgültig festgesetzt habe. Im Hinblick auf die tatsächlichen Einkommensverhältnisse des Klägers im Bemessungszeitraum sei der Bescheid vom 28.12.2015 unzutreffend und die Beklagte entsprechend zu einer Abänderung nach § 44 SGB X befugt gewesen. Hinsichtlich der Details zum Einkommen im Bemessungszeitraum und der sich daraus ergebenden Anspruchshöhe werde auf die zutreffende Berechnung im Bescheid vom 20.03.2019 verwiesen, der einen höheren Leistungsanspruch als 300 EUR pro Monat regele. Ergänzend werde ausgeführt, die Ermächtigung zu einer von dem vorläufigen Bescheid abweichenden abschließenden Regelung ergebe sich aus §§ 26 Abs 2 BEEG iVm § 328 Abs 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach Ablauf des Bezugszeitraumes sei ein endgültiger Bescheid zu erlassen. Dabei sei das dem Leistungsempfänger tatsächliche zustehende Elterngeld endgültig zu beziffern, aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen seien auf die zustehende Leistung anzurechnen, und soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nur in geringerer Höhe zuerkannt werde, seien auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen gern. § 26 Abs. 2 BEEG iVm § 328 Abs 3 SGB III zu erstatten. Einen Anspruch auf höheres Elterngeld, als im Bescheid vom 20.03.2019 genannt, habe der Kläger nicht. Entgegen der Klagebegründung habe die Beklagte kein negatives Einkommen aus selbständiger Tätigkeit angerechnet, sondern vielmehr 0 EUR Einkommen im Jahr 2013 berücksichtigt statt der 18.387,64 EUR, die aufgrund der Angaben des Klägers im Antragsverfahren ursprünglich angesetzt worden seien. Nach § 2d Abs 2 Satz 1 BEEG sei die Beklagte an die im Steuerbescheid ausgewiesenen Gewinne gebunden. Sie dürfe allerdings nur positive Einkünfte berücksichtigen (§ 2d Abs 1 Satz 1 BEEG).Auf welchen Grundlagen der Steuerbescheid ergangen sei und welche Wirtschaftsgüter dabei im Wege der Abschreibung berücksichtigt worden seien, spiele für die Berechnung des Elterngeldes keine Rolle. Wegen der zusätzlich zur nichtselbständigen Beschäftigung ausgeübten selbständigen Tätigkeit sei auch auf das Jahr 2013 als Bemessungszeitraum abzustellen, da dieses den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor Geburt des Kindes darstelle (§ 2b Abs 1 Satz 1, Abs 3 BEEG). Dies gelte, obwohl der Kläger im Jahr 2013 ein negatives Einkommen aus selbständiger Tätigkeit erzielt habe. Dass der Kläger sich durch die gesetzliche Regelung benachteiligt fühle, ändere nichts an deren Anwendbarkeit. Das Bundessozialgericht (BSG) halte die Vorschriften nachvollziehbar für verfassungsgemäß. Zwischen Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Erwerbstätigkeit bestünden hinreichend gewichtige Unterschiede, die es rechtfertigten, den Bemessungszeitraum je nach Einkunftsart auf die vom Gesetzgeber gewählte unterschiedliche Weise festzulegen. Auch die Behandlung von Mischeinkünften sei verhältnismäßig und damit verfassungsrechtlich unbedenklich. Die unterschiedliche Behandlung von Elterngeldberechtigten mit Einkünften nur aus nichtselbständiger Tätigkeit einerseits und solchen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit und mit Mischeinkünften andererseits sei im Normzweck der Rationalisierung und Verwaltungsbeschleunigung angelegt. Ihn verfolge das Gesetz im Interesse aller Elterngeldberechtigten. Sie profitierten als Gruppe davon, wenn das Elterngeld beschleunigt berechnet und ausgezahlt werde. Die damit in atypischen Fällen verbundenen Härten ließen sich nicht vermeiden, ohne das maßgeblich mit § 2b BEEG verfolgte Konzept der Verwaltungsvereinfachung weitgehend aufzugeben. Nachdem die endgültige Festsetzung nicht zu beanstanden ist, habe der Kläger gemäߧ 26 Abs 2 BEEG iVm § 328 Abs 3 Satz 2 SGB III der Beklagten die Differenz zwischen den vorläufig erbrachten Leistungen und den endgültig festgesetzten Leistungen zu erstatten.

Gegen den ihm am 19.03.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.04.2020 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht mit der Begründung, er sehe das Gleichheitsprinzip nach Art 18 Grundgesetz (GG) gefährdet. Das Elterngeld solle den Verdienstausfall während Erziehungszeiten und das Aufkommen der Kleinkindbetreuung reduzieren. Hierzu sollten die Einnahmen vor Antritt des Mutterschaftsurlaubs als Berechnungsgröße herangezogen werden. Bei Gewerbetreibenden, selbständig Tätigkeiten und Freiberuflern werde indes das Einkommen des letzten Veranlagungszeitraumes herangezogen, im ungünstigsten Fall somit Einkommen, das deutlich mehr als 12 Monate vor Antritt des Elterngeldzeitraumes liege. So könne aber der tatsächliche Verdienstausfall nicht berücksichtigt werden. Vorliegend habe der Kläger 2013 einen Umzug gehabt, der sich auf die Ausgaben der nebenberuflichen Einkünfte ausgewirkt habe. Diese Kosten seien steuerrechtlich mindernd geltend gemacht worden, während sich die dadurch entstehenden neuen Aufträge erst im Veranlagungszeitraum 2014 ausgewirkt hätten. Somit entstehe dem Kläger ein deutlicher Nachteil.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.03.2020 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20.03.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2019 zu verurteilen, den Bescheid vom 28.12.2015 aufzuheben und ihm endgültig Elterngeld in der Höhe zu bewilligen, die sich aus dem Bescheid vom 05.02.2015 ergibt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid, Widerspruchsbescheid sowie in den erstinstanzlichen Schriftsätzen verwiesen und hinzugefügt, das BSG habe entschieden, dass die Festlegung unterschiedlicher Bemessungszeiträume für das Elterngeld bei Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit einerseits und Einkommen aus selbständiger Tätigkeit sowie Mischeinkünften andererseits nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des GG verstoße.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie Gerichtsakten erster Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da der Kläger in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Die Terminsmitteilung ist dem Kläger ordnungsgemäß zugestellt worden. Erscheint ein Beteiligter trotz ordnungsgemäßer Terminsmitteilung nicht zur Verhandlung, kann das Gericht nach Lage der Akten (§ 126 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) oder aufgrund "einseitiger" mündlicher Verhandlung entscheiden (BSG 26.05.2014, B 12 KR 67/13 B; BSG 07.07.2011, B 14 AS 35/11 B; BSG 19.03.1992, 12 RK 62/91, SozR 3-1500 § 110 Nr 3).

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet, da das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist der Bescheid der Beklagten vom 20.03.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2019, in dem die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28.12.2015 die Höhe des Elterngeldes auf 947,90 EUR monatlich festgesetzt und 1.985,28 EUR zurückgefordert hat. Gleichzeitig hat sie damit konkludent abgelehnt, dem vom Kläger sinngemäß gemäß § 44 SGB X im Schreiben vom 04.12.2018 gestellten Antrag, den Bescheid vom 28.12.2015 in Bezug auf die Rückforderung in vollem Umfang aufzuheben und das Elterngeld auf den ursprünglichen Betrag von 1.444,22 EUR endgültig festzusetzen, nachzukommen. Diese Entscheidung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ist Rechtsgrundlage des Bescheides vom 20.03.2019 § 44 Abs 1 SGB X, wonach ein Verwaltungsakt, bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist.

Vorliegend hat die Beklagte zutreffend erkannt, dass bei Erlass des Bescheides vom 28.12.2015 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist insofern, als nicht die tatsächlichen Einkommensverhältnisse des Klägers im Bemessungszeitraum zugrundegelegt wurden. Regelungsgehalt des Bescheides vom 28.12.2015 war - wie auch das SG richtigerweise festgestellt hat - die endgültige Festsetzung des Elterngeldes sowie die Rückforderung der zuviel geleisteten Zahlung gemäß § 26 Abs 2 BEEG iVm § 328 Abs 3 SGB III. Auch wenn die Beklagte zuvor den Kläger wiederholt unter Hinweis auf § 60 SGB I um Mitwirkung gebeten und auf die möglichen Folgen fehlender Mitwirkung hingewiesen hatte, handelt es sich bei dem Bescheid vom 28.12.2015 nicht um einen solchen auf Basis des § 66 SGB I. § 66 Abs 1 Satz 1 SGB I bildet die Ermächtigungsgrundlage für eine Reaktion des Leistungsträgers auf eine Verletzung der Mitwirkungsobliegenheiten nach den §§ 60 - 62, 65 SGB I und berechtigt zur Versagung oder zum Entzug der Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung. Weder Leistungsversagung noch deren Entzug im Sinne des § 66 SGB I beinhalten eine endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch selbst (vgl hierzu nur Voelzke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl, § 66 SGB I [Stand: 21.04.2020], Rn 59 und 64). Vorliegend hat die Beklagte jedoch im Bescheid vom 28.12.2015 ausdrücklich Leistungen zurückgefordert und damit offensichtlich eine endgültige Entscheidung über die Bewilligung des Elterngeldes, das zuvor nur vorläufig bewilligt worden war, treffen wollen. Insofern legt der Senat den Bescheid vom 28.12.2015 trotz des darin genannten § 60 SGB I dahingehend aus, dass dieser auf Basis des § 328 Abs 3 SGB III endgültig über den Leistungsanspruch entschieden und nicht nur die fehlende Mitwirkung des Klägers sanktioniert hat. Der vom Kläger konkludent nach § 44 SGB X gestellte Überprüfungsantrag hat daher nicht zum Inhalt, die Folgen fehlender Mitwirkung im Sinne des § 66 SGB I zu überprüfen, sondern die Höhe des Elterngeldanspruches.

Wie die Beklagte zutreffend erkannt hat, war der Bescheid vom 28.12.2015 insofern rechtswidrig, als nur der Mindestbetrag von 300 EUR zuerkannt wurde. Tatsächlich stand dem Kläger ein Elterngeldanspruch in Höhe von 947,90 EUR monatlich, nicht aber ein höherer Betrag zu.

Die Grundvoraussetzungen des Elterngelds richten sich wegen der Geburt seines Kindes vor dem 01.01.2015 gemäß § 27 Abs 1 Satz 1 BEEG (idF der Bekanntmachung vom 27.01.2015, BGBl I 33) noch nach der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung des § 1 Abs 1 BEEG (idF des Gesetzes vom 15.02.2013, BGBl I 254). Wie von § 1 Abs 1 Nr 1 bis 4 BEEG vorausgesetzt, hatte der Kläger im Bezugszeitraum des Elterngelds seinen Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit dem von ihm selbst betreuten und erzogenen Kind und übte keine Erwerbstätigkeit aus.

Gemäß § 2 Abs 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 bis 65 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 des EStG sowie Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 EStG, die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs 3 BEEG erzielt hat (§ 2 Abs 1 Satz 3 BEEG).

Für den Bemessungszeitraum des Elterngeldanspruchs des Klägers ist § 2b BEEG (in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.09.2012, BGBl I 2012, 1878) einschlägig, wonach für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit iSv § 2c vor der Geburt die 12 Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich sind (§ 2b Abs 1 Satz 1 BEEG), sofern nicht ein - hier nicht vorliegender - Sonderfall des § 1 Abs 1 Satz 2 (ua Elterngeld für ein älteres Kind, Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes, schwangerschaftsbedingte Krankheit, Wehrdienst) gegeben ist, durch den der Bemessungszeitraum noch weiter nach vorne geschoben wird. Für die Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit iSv § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen (§ 2b Abs 2 BEEG). Gemäß Abs 3 der Vorschrift ist abweichend von Abs 1 für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach Abs 2 zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Abs 1 oder Abs 2 Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit hatte.

Zutreffend hat die Beklagte hier als Bemessungszeitraum nach § 2b Abs 3 Satz 1 BEEG iVm § 4a Abs 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) den abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 zugrunde gelegt, da der Kläger neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit auch solche aus selbständiger Erwerbstätigkeit hatte.

Dass die Tätigkeit des Klägers als Motivationscoach und Dienstleister um eine selbständige Erwerbstätigkeit handelt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und wird auch vom Senat nicht infrage gestellt. Der Kläger hatte auch Einkünfte aus dieser selbständigen Erwerbstätigkeit, da hierunter nach der ständigen Rspr des BSG auch negative Einkommensbeträge fallen (BSG 27.10.2016, B 10 EG 5/15 R, BSGE 122, 102-112, SozR 4-7837 § 2b Nr 3, Rn 23 ff; BSG 28.03.2019, B 10 EG 6/18 R, SozR 4-7837 § 2b Nr 5, Rn 19). Dies folge zum einen bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die nur von Einkommen, nicht aber von Gewinn spricht (BSG 27.10.2016 aaO), zum anderen stünden auch systematische Erwägungen dieser Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit" in § 2b Abs 3 BEEG nicht entgegen. Vor allem aber entspreche diese Auslegung dem Sinn und Zweck der Regelung, nämlich ua bei Mischeinkünften eine Deckungsgleichheit der Bemessungszeiträume zu erreichen und die Einkommensermittlung und damit den Elterngeldvollzug durch Rückgriff auf Feststellungen der Steuerbehörden maßgeblich zu vereinfachen (BSG 27.10.2016 aaO unter Verweis auf den Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drucks 17/1221 S 1; Beschlussempfehlung und Bericht des 13. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 17/9841 S 15 f, 21). Eine enge Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit" könnte dazu führen, dass die Elterngeldstelle - mangels positiven Einkommens aus selbständiger Tätigkeit im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum - die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes als Bemessungszeitraum feststellen und für diesen Zeitraum - mangels Einkommensteuerbescheides - erneut eine aufwändige Gewinnermittlung durchführen müsste (vgl § 2d Abs 2 S 2, Abs 3 BEEG). Um demgegenüber in diesen Fällen der gesetzgeberischen Zielsetzung des § 2b Abs 3 BEEG möglichst nahezukommen, sei der Begriff des "Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit" im Rahmen dieser Vorschrift weit auszulegen. Dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Überzeugend hat das BSG in seiner Entscheidung vom 27.10.2016 aaO auch dargelegt, dass dieser weiten Begriffsauslegung keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen und sie insbesondere nicht gegen Art 3 Abs 1 GG verstoße, da der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen könne und die damit verbundene Belastung hinzunehmen sei, wenn die durch sie eintretenden Härten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffe.

Entgegen den Ausführungen des Klägers liegt in der unterschiedlichen Festlegung des Bemessungszeitraums je nachdem, ob eine nichtselbständige oder (auch) eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, ebenfalls kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (hierzu und zum Folgenden BSG 21.06.2016, B 10 EG 8/15 R, BSGE 121, 222-230, SozR 4-7837 § 2b Nr 1, Rn 28 unter Verweis auf die stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 Rn 55; BVerfGE 117, 272, 300 f; vgl zuletzt auch BSG 24.04.2019, B 10 EG 2/19 B, juris Rn 8). Hierzu hat das BSG dargelegt, bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz komme es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden habe, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit, die im Bereich des Elterngeldes als fürsorgerische Leistung weit zu fassen seien, eingehalten habe (BSG 21.06.2016 aaO mwN). Diesen Spielraum habe der Gesetzgeber mit der unterschiedlichen Ausgestaltung der Regelungen zum Bemessungszeitraum nicht überschritten. Zwischen Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Erwerbstätigkeit bestünden hinreichend gewichtige Unterschiede, die es rechtfertigten, den Bemessungszeitraum je nach Einkunftsart auf die vom Gesetzgeber gewählte unterschiedliche Weise festzulegen (vgl BSG 05.04.2012, B 10 EG 10/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 14 Rn 36). Zum einen schwankten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit ihrer Natur nach häufiger als solche aus nichtselbständiger Tätigkeit und könnten von den Berechtigten zudem im Regelfall leichter beeinflusst werden. Damit sei der letzte wirtschaftliche Dauerzustand vor der Geburt, den der Bemessungszeitraum abbilden und den das Elterngeld zumindest teilweise aufrechterhalten solle (zu dieser Referenzmethode vgl BSG 03.12.2009, B 10 EG 2/09 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 5 Rn 35 mwN), tendenziell ohnehin weniger stabil und zeitlich weniger präzise einzugrenzen. Die Verschiebung des Bemessungszeitraums vom Zwölfmonatszeitraum vor dem Geburtsmonat zurück auf die maßgeblichen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume müsse daher nicht zwingend und noch nicht einmal regelmäßig mit einem Verlust an Aussagekraft für die Bemessung des durch das Elterngeld zu ersetzenden Einkommens einhergehen. Zum anderen unterschieden sich Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit regelmäßig erheblich durch den Aufwand für ihre Feststellung durch Behörden und Berechtigte. Während das Einkommen aus Beschäftigung durch den Rückgriff auf Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers problemlos festgestellt werden könne, erfordere die Bestimmung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit die Ermittlung des betriebswirtschaftlichen Überschusses der Einnahmen über die Ausgaben. Diese uU aufwändige Gewinnermittlung könne durch den Rückgriff auf den Einkommensteuerbescheid maßgeblich vereinfacht und beschleunigt werden. Mit der geänderten Festlegung des Bemessungszeitraums habe der Gesetzgeber daher ein geeignetes Mittel gewählt, um sein maßgebliches und legitimes Ziel der Verwaltungsvereinfachung zu erreichen. Die Schwierigkeiten der Gewinnermittlung ergäben sich in derselben Weise, wenn Elterngeldberechtigte nur einen Teil ihrer Einkünfte vor der Geburt aus selbständiger Tätigkeit erzielt hätten; zudem müssten die Bemessungszeiträume für beide Einkommensarten deckungsgleich sein. Dies rechtfertige es, bei Elterngeldberechtigten mit Mischeinkünften als Bemessungszeitraum ebenfalls die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume heranzuziehen, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt zugrunde lägen. Auch diese Rspr des BSG hält der Senat für überzeugend.

Im Hinblick auf die Mischeinkünfte des Klägers ist Bemessungszeitraum somit gemäß § 2 b Abs 3 BEEG das Jahr 2013 als steuerlicher Veranlagungszeitraum. Zur Bestimmung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit hat die Beklagte zutreffend auf die Lohnbescheinigungen des Arbeitgebers zurückgegriffen (vgl § 2c Abs 2 BEEG), die einzelnen Einkommen mit Ausnahme derer, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden (vgl § 2 c Abs 1 Satz 2 BEEG; hier: Mehrarbeit jährlich, Jahresprämie, Reisekosten, Fahrkosten) addiert, den Arbeitnehmer-Pauschbetrag abgezogen (§ 2c Abs 1 Satz 1 BEEG), diese Summe auf zwölf Monate verteilt und von den Monatsbeträgen Abzüge für Steuern und Sozialabgaben vorgenommen (§ 2c Abs 3 BEEG). Im Ergebnis errechneten sich monatliche Einkünfte in Höhe von 1.458,31 EUR. Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden. Das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit war negativ und floss somit nicht in die Berechnung des Elterngeldes ein. Soweit der Kläger hier die Berücksichtigung von Negativeinkünften bemängelt, trifft dieser Vorwurf nicht zu, da die Beklagte von den positiven Einkünften aus unselbständiger Tätigkeit nicht etwa die Negativeinkünfte aus selbständiger Tätigkeit abgezogen, sondern letztere richtigerweise unberücksichtigt gelassen hat. Ein solches Vorgehen entspricht der gesetzlichen Regelung, da ein vertikaler Verlustausgleich nicht stattfinden soll (vgl BSG 27.10.2016 aaO Rn 26 unter Verweis auf BT-Drucks 16/2785 S 37 linke Spalte unten zu § 2).

65 % von 1.458,31 EUR ergeben 947,90 EUR und damit den von der Beklagten errechneten Betrag.

Die Beklagte hat damit die Höhe des Elterngeldanspruchs im Bescheid vom 20.03.2019 zutreffend errechnet und den vorangegangenen Bescheid vom 28.12.2015 in zutreffendem Umfang abgeändert. Ein weitergehender Anspruch nach § 44 SGB X steht dem Kläger nicht zu. Auch hat die Beklagte den zu viel gezahlten Betrag unter Anwendung des § 26 Abs. 2 BEEG iVm § 328 Abs 3 SGB III zurückfordern dürfen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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