L 11 KR 221/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 4759/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 221/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.11.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für ambulante transarterielle Chemoembolisation/-perfusion.

Die 1954 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie erkrankte im August 2015 an einem Mammakarzinom. Unter der Behandlung mit mehreren Chemotherapien (Herceptin und Xeloda, Taxol/Herceptin und nur Herceptin) schritt die Erkrankung weiter fort. Im Rahmen einer Tumorkonferenz palliativ am 18.01.2018 wurde vom interdisziplinären Brustzentrum S. ein pulmonaler Progress festgestellt bei primär pulmonal metastasiertem mäßig differenziertem, invasivem Mammakarzinom (NST links pT1c N3a (13/13) G2 R0 L1 V0 Pn1; Her-2 positiv, Rezeptor negativ; hepatisch keine Filiae). Bei Karnofsky Index 100% wurde eine Therapieumstellung auf Herceptin und Lapatinib oder Navelbine beschlossen; LITT (laserinduzierte interstitielle Thermotherapie) sei bei multiplen Herden nicht sinnvoll. Als spätere Alternativen wurden T-DM1, Navelbine, Halaven und Abraxane vorgeschlagen.

Mit Schreiben vom 23.01.2018, eingegangen bei der Beklagten am 26.01.2018, beantragte Prof. Dr. V., Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum F, für die Klägerin die Kostenübernahme für zwei Phasen einer transvenös pulmonalarteriellen Chemoperfusion TPCE (transpulmonelle Chemoembolisation) und TACP (transarterielle Chemoperfusion) zum Downsizing der Herde und zur Deaktivierung bei Vorliegen von insgesamt vier Lungenmetastasen. Die Kosten für diese Therapie lägen pro Therapiesitzung bei 3.000 bis 3.500 EUR. Falls nach Durchführung dieser Therapie noch Herde zu finden seien, werde eine gesonderte Kostenanfrage an den Kostenträger erfolgen. Prof. Dr. V. verfügt nicht über eine Ermächtigung zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus.

Mit Bescheid vom 02.02.2018 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Es handle sich bei der Chemoperfusion TPCE und TACP um eine sogenannte neue Behandlungsmethode. Sie gehöre nicht zur vertragsärztlichen Versorgung und könne daher auch nicht über die Gesundheitskarte abgerechnet werden. Solange der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) eine Behandlungsmethode nicht anerkannt habe, sei eine Finanzierung durch gesetzliche Krankenkassen nicht möglich.

Die Klägerin ließ sich am 08.02.2018 und am 08.03.2018 von Prof. Dr. V. im Zentrum der Radiologie - Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie - ambulant mit transarterieller Chemoembolisation/-perfusion behandeln. Die Kosten hierfür von jeweils 3.900 EUR wurden der Klägerin privat in Rechnung gestellt und von ihr bezahlt. Bei der TACP handelt es sich um eine lokale Chemotherapie, bei der mittels Angiographie größere Organabschnitte über die versorgenden Arterien dargestellt und mit einem konzentrierten Medikament über 30 bis 60 Minuten durchflutet werden. Bei der TPCE werden gegen die Tumorzellen wirksame Chemotherapeutika gemeinsam mit einer embolisierenden Flüssigkeit oder kleinen Partikeln in die tumorzuführenden Gefäße injiziert. Die Gefäße werden auf diese Weise gleichzeitig mit einem Embolisat verschlossen. Die Zytostatika sollen Tumorzellen durch Einwirkung auf deren Zellteilung abtöten, während die Embolisation dazu dient, Tumorzellen von der Blutzirkulation abzuschneiden und das eingebrachte Zytostatikum am Ort zu halten.

Mit Schreiben vom 26.02.2018 erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, die bisherigen Therapiemaßnahmen seien nicht erfolgreich gewesen. Im Gegenteil hätten sich innerhalb von 18 Monaten drei weitere Lungenmetastasen gebildet. Ihr derzeitiger exzellenter Allgemeinzustand unterstütze die beantragte Therapie zum jetzigen Zeitpunkt. Die transarterielle Chemoperfusion möge noch nicht zum "allgemein anerkannten Standard" gehören, jedoch seien Therapien und Maßnahmen im Sinne der Grundversorgung bisher fehlgeschlagen. Es bestehe daher eine Leistungspflicht hinsichtlich weiterer Therapien wie der Chemoperfusion, wobei dies auch lebensnotwendig sei.

Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Mit Gutachten vom 05.04.2018 führte Dr. M. aus, bei der TPCE handele es sich um eine Form der transarteriellen Chemoembolisation (TACE). Letztere sei bei Vorliegen einer entsprechenden Indikation ein anerkanntes Behandlungsverfahren. Sie sei aber nicht durch den GBA für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen, so dass die ambulante Leistungserbringung der TCPE nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abbildbar sei. Diese Leistung werde in Baden-Württembergischen Krankenhäusern (zB Uniklinik H.) nur stationär erbracht. Zwar handle es sich bei einem pulmonal metastasierten Mammakarzinom mit Progredienz der Metastasen um eine lebensbedrohliche Erkrankung, es sei von einer palliativen Situation auszugehen. Es stünden aber noch zugelassene Behandlungsoptionen als vertragliche leitliniengerechte Therapie zur Verfügung. Nach der S3-Leitlinie "Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms" sei ein hier vorliegendes metastasiertes HER2-positives Mammakarzinom mit einer Anti-HER2-Therapie zu behandeln. Zudem seien auch in der letzten Tumorkonferenz vom 18.01.2018 weitere Therapieoptionen empfohlen worden. Die bei der Klägerin bereits durchgeführte TCPE/TACP finde in der genannten S3-Leitlinie keine Erwähnung. Lediglich die TACE finde Erwähnung und könne ggf bei Vorliegen von Lebermetastasen indiziert sein. Keine der zu der beantragten Leistung aufgefundenen Publikationen könne einen wissenschaftlich fundierten Nachweis der Wirksamkeit der Methode erbringen. Bei keiner der Arbeiten sei eine Aussage dazu gemacht worden, ob die beschriebene initiale Verkleinerung der Tumore bei einem Teil der Patienten einen Einfluss auf für den Patienten relevante Faktoren - zB eine Verlängerung der Lebenszeit oder Verringerung der Beschwerden - gehabt habe. Die beantragte Methode habe bei der Anwendung an Lungenmetastasen bisher keine Verbreitung gefunden. Die Kostenübernahme könne aus sozialmedizinischer Sicht nicht empfohlen werden.

Die Klägerin hielt an ihrem Widerspruch fest und übersandte der Beklagten Bilder einer aktuellen CT-Aufnahme vom 27.03.2018. Hier seien die signifikanten Verbesserungen seit Anwendung der TCPE/TACP-Behandlungen vermerkt. Die Kosten für die Behandlungen seien daher zu erstatten.

Die Beklagte beauftragte den MDK erneut. Mit Gutachten vom 17.05.2018 führte Dr. S. aus, dass bei der Klägerin eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliege, vertragliche palliative Behandlungsmethoden aber zur Verfügung stünden. Ein Wirksamkeitsnachweis anhand einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen mit wissenschaftlich einwandfrei geführten Studien liege bisher für die beantragte Methode bei der hier vorliegenden Indikation nicht vor. Dass kurzfristig die Metastasen durch die nun bereits begonnene Behandlung kleiner geworden seien, könne nachvollzogen werden, dies bedeute aber nicht, dass bei der Anwendung dieser Methode bei dem hier vorliegenden Krankheitsbild nachgewiesen sei, dass sie auch in einem für Patienten relevanten Bereich wie der Lebenszeitverlängerung Vorteile bewirke. Eine Kostenerstattung könne deshalb nicht empfohlen werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2018 wies die Beklagten den Widerspruch zurück und verwies dazu insbesondere auf die Gutachten des MDK.

Hiergegen richtet sich die am 07.09.2018 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Der Kostenerstattungsanspruch ergebe sich aus dem vorliegenden Systemversagen. Die streitgegenständliche Methode habe sich als wirksam erwiesen und sei trotzdem noch nicht vom GBA anerkannt worden. Es liege zudem eine lebensbedrohliche und regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Therapie nicht zur Verfügung stehe. Die streitige Behandlungsmethode verspreche zudem eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung bzw habe bereits eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf gehabt. Aufgrund der Behandlung bei Prof. Dr. V. seien die vier Lungenmetastasen embolisiert und die Tumorzellen abgetötet worden. Nach erneuter Durchführung der Standardtherapie sei es zu einer Verschlimmerung des Krankheitsbildes gekommen. Der Kostenerstattungsanspruch bestehe daher.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.11.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Streitgegenständlich seien lediglich die am 08.02. und 08.03.2018 durch Prof. Dr. V. durchgeführten Behandlungen, hinsichtlich derer die Klägerin einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt habe. Die weiteren, später durchgeführten Behandlungen seien dagegen nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten der durchgeführten Behandlungen mittels Chemoembolisation sei § 13 Abs 3 Satz 1 Alt. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Hiernach dürften Versicherte Kostenerstattung nur in Anspruch nehmen, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden seien. Die Beklagte habe die streitbefangene Chemoembolisation als Sachleistung nicht zu Unrecht verweigert. Vorliegend sei eine Kostenerstattung ausgeschlossen, weil die Chemoembolisation nicht vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst und damit nicht Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenkasse sei. Im Rahmen einer ambulanten Behandlung dürften nach § 135 SGB V neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der GBA Empfehlungen abgegeben habe über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit. Neu seien Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, soweit sie noch nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung und insoweit nicht als abrechnungsfähige Leistung im EBM aufgeführt seien. Dies gelte für die Behandlung von Lungenmetastasen mit Chemoembolisation/-perfusion, für die derzeit keine positive Empfehlung des GBA vorliege. Einen Anspruch auf Kostenerstattung könne die Klägerin auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines sog "Systemversagens" herleiten. Ein solches liege vor, wenn das Anerkennungsverfahren trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt werde bzw die Einleitung oder Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert werde. Nur im Fall einer derartigen Untätigkeit des GBA sei für das Vorliegen einer Versorgungslücke zu prüfen, ob sich die Wirksamkeit der neuen Behandlungsmethode aufgrund wissenschaftlich geführter Statistiken in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen nachweisen lasse und gegen die Qualität der Methode keine durchgreifenden Bedenken bestünden. Hierfür seien keine Anhaltspunkte ersichtlich. Wie sich aus dem Gutachten des MDK vom 05.04.2018 ergebe, könne die Chemoembolisation nach aktuellem Stand der Wissenschaft lediglich zur Behandlung von Lebermetastasen indiziert sein. Ein Systemversagen ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagte hinsichtlich des Antrags vom 23.01.2018 nicht darauf hingewiesen habe, dass ggf eine stationäre Behandlung mit der streitigen Methode in Betracht kommen könnte. Dies ergebe sich schon daraus, dass sich der Antrag durch Prof. Dr. V. konkret auf zwei ambulante Behandlungen bezogen habe. Die Beklagte habe den Antrag auch nicht als Leistungsantrag auf alle folgenden Behandlungen mit Chemoembolisation verstehen müssen, denn Prof. Dr. V. habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine gesonderte Kostenanfrage erfolgen werde, falls nach der beantragten Behandlung noch Herde verbleiben sollten. Es bestehe auch kein Anspruch aus § 2 Abs 1a SGB V. Zwar handele es sich bei der Erkrankung der Klägerin an einem pulmonal metastasierten Mammakarzinom um eine lebensbedrohliche Erkrankung. Die Klägerin werde zudem palliativ behandelt, so dass sie an einer regelmäßig tödlichen Erkrankung leide. Allerdings hätte ihr zum Zeitpunkt der Behandlungen vom 08.02. und 08.03.2018 nach den übereinstimmenden Angaben der Tumorkonferenz des Brustzentrums S. und des MDK eine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung in Gestalt einer Chemotherapie zur Verfügung gestanden (Therapieumstellung auf Herceptin und Lapatinib oder Navelbine und als spätere Alternative Therapie mit T-DM1, Navelbine, Halaven und Abraxane). Auch der MDK gebe unter Hinweis auf die einschlägige S3-Leitlinie weitere konkrete Alternativtherapien an (Anti-HER2-Therapie; Erstlinientherapie: duale Blockade mit Trastuzumab/Pertuzumab und Taxan; Zweitlinientherapie: T-DM-1 Trastuzumab-Emtansin). Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Beschluss der Tumorkonferenz vom 27.09.2018 eine erneute Vorstellung in F. und ggf eine erneute Embolisation empfehle, denn dieser Beschluss sei erst nach der Durchführung der streitgegenständlichen Behandlungen ergangen. Auf die Frage, ob hinsichtlich der streitigen Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf vorliege, komme es daher nicht mehr an. Der MDK weise diesbezüglich daraufhin, dass die Chemoembolisation in der wissenschaftlichen Medizin einen Stellenwert in der Therapie des hepatozellulären Karzinoms habe. Zudem sei Prof. Dr. V. bei einem Großteil der Publikationen über die Behandlung von Lungenmetastasen mit Chemoembolisation als Autor beteiligt, so dass sich daraus schließen lasse, dass die streitige Behandlungsmethode bisher keine Verbreitung gefunden habe. Zudem sei nicht ersichtlich, dass trotz der Verkleinerung der Metastasen die für die Patienten relevanten Faktoren, wie eine Verlängerung der Lebenszeit, durch die Behandlung positiv beeinflusst worden seien. Dies sei jedoch bei der Behandlung einer Tumorerkrankung der wesentliche Faktor und auch in relevanten Studien der wichtigste primäre Endpunkt.

Gegen den dem Bevollmächtigten der Klägerin am 03.12.2019 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 02.01.2020 beim SG eingelegte Berufung. Das SG habe den unterlassenen Hinweis der Beklagten, dass eine stationäre Behandlung erstattungsfähig sei, zu Unrecht nicht als Systemversagen gewertet. Die Klägerin habe bei Antragstellung bereits seit Jahren an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gelitten. Ihr primäres Ziel sei gewesen, die Kosten für die streitige Behandlungsmethode erstattet zu bekommen. Ob die Behandlung ambulant oder stationär erfolgen würde, sei für sie nicht von Belang gewesen. Die Beklagte hätte hierauf hinweisen müssen. Die Klägerin habe erst im MDK-Gutachten vom 05.04.2018 einen Hinweis auf die Möglichkeit einer stationären Behandlung erhalten. Es gehöre nicht nur zur Pflicht der Beklagten, sich starr auf die Bescheidung eines Antrags zu fokussieren, sondern ihre Versicherten umfassend zu beraten, zumal bei einer so schwerwiegenden Erkrankung. Die Beklagte habe versagt. Das System habe versagt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.11.2019 und den Bescheid der Beklagten vom 02.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die ärztliche Behandlung durch Prof. Dr. med. T ... V. zu übernehmen bzw zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Eine Beratungspflicht der Beklagten dahingehend, dass die fragliche OP auch in Unikliniken und anderen zugelassenen Krankenhäusern stationär und insoweit für die Klägerin kostenfrei durchgeführt werden könne, habe nicht bestanden. Die Klägerin habe sich unter Vorlage des privaten Kostenvoranschlages des Prof. Dr. V. an die Berufungsbeklagte gewandt und die Kostenübernahme der dort konkret benannten zwei ambulanten Behandlungen beantragt. Hierauf sei sie bereits festgelegt gewesen. Für die Beklagte habe daher keine Beratungspflicht über evtl stationäre Behandlungsmöglichkeiten bestanden. Hinzu komme, dass ambulante und stationäre Behandlungsmöglichkeiten nicht beliebig austauschbar seien. Eine stationäre Behandlung könne nur beansprucht werden, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung erreicht werden könne. Vorliegend habe Prof. Dr. V. in dem zur Antragstellung vorgelegten ärztlichen Attest vom 23.01.2018 jedoch ausdrücklich eine ambulante Behandlung geplant und attestiert. Wie die dann konkret durchgeführte ambulante Behandlung zeige, habe es einer stationären Aufnahme der Klägerin tatsächlich auch nicht bedurft. Insoweit hätte sich das Krankenhaus einem Rückforderungsanspruch der Beklagten ausgesetzt sehen müssen, wenn die Klägerin gleichwohl stationär aufgenommen worden wäre. Die Aufklärungspflicht einer Krankenkasse gehe aber nicht so weit, den Versicherten auch über Umgehungsmöglichkeiten des gesetzlich vorgeschriebenen Leistungsweges aufzuklären.

Die Beteiligten habe sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 02.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.08.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Streitgegenstand ist allein die Kostenerstattung für die am 08.02. und 08.03.2018 durchgeführten Behandlungen der Chemoembolisation durch Prof. Dr. V ... Für die Zulässigkeit der Klage ist bei Erstattungsansprüchen stets die konkrete Bezifferung des geltend gemachten Betrags erforderlich (st Rspr vgl Bundessozialgericht (BSG) 28.01.1999, B 3 KR 4/98 R, SozR 3-2500 § 37 Nr 1). Dies lässt sich hier hinreichend deutlich aus dem Sachvortrag und den vorgelegten Rechnungen über jeweils 3.900 EUR entnehmen, so dass dem Berufungsantrag im Wege der Auslegung zu entnehmen ist, dass die Klägerin die Erstattung von insgesamt 7.800 EUR begehrt. Spätere Behandlungen bei Dr. V. sind von dem hier streitigen Antrag mit Schreiben vom 23.01.2018 nicht umfasst. Das SG hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Antrag ausdrücklich auf zwei ambulante Behandlungen beschränkt war unter Hinweis darauf, dass im Falle der weiteren Behandlungsnotwendigkeit ein weiterer Antrag gestellt werde. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 25.10.2018 an die Beklagte einen Antrag auf Übernahme der stationären Behandlung für TCPE und TACP beantragt hat, ist auch dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V kommt vorliegend schon von vornherein nicht in Betracht, da die Klägerin nicht das Kostenerstattungsverfahren gewählt hatte.

Auch die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Fall 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Fall 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse, und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl BSG 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Die Regelung des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V will Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Naturalleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Naturalleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke besteht. Eine Versorgungslücke besteht nicht, wenn der Versicherte eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen kann, aber nicht will.

Ein Fall der Unaufschiebbarkeit lag nicht vor. Die geplante Behandlung fand erst nach der ablehnenden Entscheidung der Beklagten statt, so dass § 13 Abs 3 Satz 1 Variante 2 SGB V einschlägig ist. Nach dieser Vorschrift gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind "dadurch" Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch setzt demgemäß voraus, dass zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung ein Ursachenzusammenhang besteht (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, BSGE 105, 170 SozR 4-2500 § 36 Nr 2 mwN). Der Versicherte darf sich insbesondere nicht - unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt - von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG 16.12.2008, B 1 KR 2/08 R SozR 4-2500 § 13 Nr 20). Die Beklagte macht zwar geltend, dass die Klägerin schon von vornherein auf die ambulante Behandlung bei Prof. Dr. V. festgelegt gewesen sei, der zudem keine Ermächtigung zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hat. Dies ist jedoch im Hinblick auf den plausiblen Vortrag der Klägerin, ihr sei es um die Behandlung an sich und nicht um eine bestimmte Form der Erbringung gegangen, nicht nachgewiesen. Der Beschaffungsweg ist damit eingehalten.

Allerdings ist schon zweifelhaft, ob die Klägerin überhaupt einer wirksamen Vergütungsforderung ausgesetzt war, was Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch ist (st Rspr, vgl BSG 15.03.2018, B 3 KR 41/17 B). Rechtsgrundlos geleistete Zahlungen lösen keinen Kostenerstattungsanspruch aus (BSG 23.07.1998, B 1 KR 3/97 R, SozR 3-2500 § 13 Nr 17). Bei Vereinbarung einer privatärztlichen Behandlung – wie hier - muss auch die Abrechnung den weitgehend zwingenden Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) entsprechen. Es handelt sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. Sind die Vorgaben dieser Rechtsverordnung nicht erfüllt, besteht kein ärztlicher Vergütungsanspruch und kann Kostenerstattung nicht verlangt werden (st Rspr seit BSG 15.04.1997, 1 RK 4/96, SozR 3-2500 § 13 Nr 14; BSG 27.03.2007, B 1 KR 25/06 R, SozR 4-2500 § 116b Nr. 1). Die hier vorliegenden formularmäßigen Rechnungen ("Invoice") vom 08.02. und 08.03.2018 (Bl 185, 186 SG-Akte), jeweils bezahlt am gleichen Tag, enthalten lediglich einen Pauschalbetrag ("For the following radiological service at our institute – Chemoembolisation - For Mr./Mrs. Date We charge EUR 3.900,-"). Die Rechnungen nennen schon keine im Gebührenverzeichnis aufgeführte Leistung und enthalten weder eine Bewertung nach § 5 GOÄ noch eine Analogbewertung nach § 6 Abs 2 GOÄ. Sie enthalten auch keine Position zum Ersatz von Auslagen, sondern benennen lediglich einen umfassenden Pauschalpreis. Es ist aber gerade unzulässig, anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung zu stellen und den Auslagenersatz zu pauschalieren (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 17 S 79 mwN; Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 19.04.1991, 1 BvR 1301/89, NJW 1992, 737). Trotzdem - ohne positive Kenntnis dieser Rechtslage - geleistete Zahlungen kann der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt hat (vgl Bundesgerichtshof (BGH) 23.03.2006, III ZR 223/05, NJW 2006, 1879). Lediglich dann, wenn Leistungserbringer nicht Prof. Dr. V., sondern das Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie als Träger war, erfordert die Rechnung keine GOÄ-Konformität (vgl BSG 11.09.2012, B 1 KR 3/12 R, SozR 4-2500 § 27 Nr 23; BSG 08.09.2015, B 1 KR 14/14 R). Der von der Klägerin geschlossene, zugrundeliegende Behandlungsvertrag liegt dem Senat nicht vor. Diese Frage kann jedoch letztlich offenbleiben, denn die hier durchgeführte ambulante Chemoembolisation bei Lungenmetastasen gehört nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung und kann daher auch nicht im Wege der Kostenerstattung begehrt werden.

Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (vgl BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R; 07.05.2013, B 1 KR 44/12 R). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.

Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung sind nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190, SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Die hier durchgeführte Chemoembolisation mit TPCE und TACP ist eine neue Behandlungsmethode, weil sie nicht als abrechenbare Leistung im EBM enthalten ist. Der GBA hat für diese Behandlungsmethode auch keine positive Bewertung abgegeben. Damit steht fest, dass die Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung nicht erbracht werden darf und die Krankenkassen Kosten dafür nicht erstatten dürfen.

Es besteht auch keine Leistungspflicht der Krankenkasse wegen Systemversagens. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (vgl BSG Urteil vom 18.12.2018, B 1 KR 34/17 R, SozR 4-2500 § 28 Nr 9). Dafür, dass diese Voraussetzungen erfüllt waren, ist nichts ersichtlich. Hier sind schon die notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen für eine Überprüfung nicht erfüllt. Weder wurde ein Antrag auf Durchführung eines Bewertungsverfahrens nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V gestellt, noch hätte ein solcher gestellt werden müssen im Hinblick auf einen bereits vorhandenen Beleg durch einwandfreie Studien zur sicheren Beurteilung der Behandlungsmethode (vgl BSG 12.08.2009, B 3 KR 10/07 R, SozR 4-2500 § 139 Nr 4). Denn bislang gibt es keine entsprechende Studienlage, die eine positive Abschätzung des therapeutischen Nutzens der Chemoembolisation pulmonaler Metastasen bei Mammakarzinom durch den GBA wahrscheinlich erscheinen lässt. Insoweit stützt sich der Senat auf die Ausführungen in den MDK-Gutachten vom 05.04.2018 und 17.05.2018.

Ein Systemversagen folgt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus einem Beratungsfehler der Beklagten. Angesichts des eindeutig auf ambulante Behandlung gerichteten Antrags mit Schreiben vom 23.01.2018 musste die Beklagte nicht anregen, sich die Leistung stationär zu verschaffen, zumal schon nach Auffassung des behandelnden Arztes Prof. Dr. V. keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit bestand.

Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf die Verfassung unmittelbar oder den in Umsetzung der Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 25 Nr 12) eingeführten § 2 Abs 1a SGB V stützen. Der Gesetzgeber hat den vom BVerfG formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.12.2011, BGBl I 2983) Rechnung getragen. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine neue ärztliche Behandlungsmethode sei ausgeschlossen, weil der GBA diese nicht anerkannt habe, verstößt dann gegen das Grundgesetz bzw § 2 Abs 1a SGB V, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor (1.); bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung (2.) und bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (3.).

Für den Senat steht fest, dass die Klägerin an einer lebensbedrohlichen Erkrankung (metastasiertes Mammakarzinom) erkrankt ist. Dies ergibt sich aus sämtlichen vorliegenden ärztlichen Unterlagen und den Gutachten des MDK vom 05.04.2018 und 17.05.2018. Die Frage, ob eine alternative Behandlungsmethode von der gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzieren ist, darf nicht losgelöst davon betrachtet werden, was die dem anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlung zu leisten vermag und was die alternative Behandlung zu leisten vorgibt. Zur Klärung der Frage, ob eine Behandlung mit Mitteln der Schulmedizin in Betracht kommt und inwieweit Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen, ist zunächst das konkrete Behandlungsziel zu klären. Bietet die Schulmedizin nur palliative Behandlungsmöglichkeiten an, weil sie jede Möglichkeit einer kurativen Behandlung als aussichtslos betrachtet, kommt ein Anspruch auf eine alternative Behandlungsmethode allerdings nur dann in Betracht, wenn eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausreichenden Erfolg besteht (BVerfG vom 26.02.2013, 1 BvR 2045/12, juris).

Allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen stehen nicht zur Verfügung, wenn solche, bezogen auf das jeweilige konkrete Behandlungsziel iSv § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V, im medizinischen Leistungsspektrum (allgemein) nicht vorhanden sind oder diese für den konkreten Behandlungsfall wegen erheblicher gesundheitlicher Risiken, vor allem schwerwiegender Nebenwirkungen, nicht nutzbar sind; relevant für die Beurteilung ist der Zeitpunkt der Behandlung (Noftz in: Hauck/Noftz, SGB V, 7/18, § 2 SGB V, Rn 76f mwN).

Im Januar 2018 bestand eine palliative Situation. Dies ergibt sich aus den Berichten der Tumorkonferenz des interdisziplinären Brustzentrums S., in denen durchgehend und zwar bereits mit dem Bericht vom 09.02.2017 bei pulmonalem Progress von einer palliativen Situation ausgegangen wird. Entsprechend bestätigt auch der MDK in den Gutachten vom 05.04.2018 und 17.05.2018 eine palliative Situation. Auch die Behandlung durch Prof. Dr. V. verfolgte mit dem Ziel der Behandlung der Lungenmetastasen im Sinne eines Downsizing der Herde und Deaktivierung einen palliativen und keinen kurativen Ansatz. Hier standen jedoch leitliniengerechte Standardtherapien zur Verfügung. Auf die Ausführungen der Tumorkonferenz des Brustzentrums S. vom 18.01.2018 wird Bezug genommen. Auch die geltende S3-Leitlinie "Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms" (AMWF-Registernummer 032-045OL, Stand November 2017, gültig bis 30.11.2022) enthält weitere Empfehlungen. Hierauf hat der MDK im Gutachten vom 05.04.2018 nachvollziehbar hingewiesen.

Nach alledem standen der Versicherten Anfang 2018 umfassende, allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Möglichkeiten der ambulanten und stationären palliativen Behandlung zur Verfügung. Diese waren nicht ausgeschöpft. Damit sind die Voraussetzungen des § 2 Abs 1a SGB V bereits wegen einer möglichen Standardtherapie nicht erfüllt. Ob sich für spätere Zeiträume eine andere Beurteilung dadurch ergibt, dass die Tumorkonferenz im Bericht vom 27.09.2018 die Vorstellung in F. zur Chemoembolisation nunmehr empfohlen hat, bedarf für die hier streitigen Behandlungen im Februar und März 2018 keiner Entscheidung.

Angesichts der vorhandenen Standardtherapien kommt es nicht mehr darauf an, ob belastbare Indizien für eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf für die hier streitige Behandlungsmethode vorliegen. Eine rein experimentelle Behandlungsmethode, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt ist, reicht insoweit nicht aus (BVerfG 26.02.2013- 1 BvR 2045/12, NZW 2013, 500). Ebenso kann die Erfolgsaussicht der Behandlungsmethode keinesfalls auf das Erfahrungswissen eines einzelnen Arztes gestützt werden, zumal wenn kaum ein anderer Arzt die Methode bei pulmonalen Metastasen anwendet.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a SGB V berufen. Nach § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Hält die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Nach § 13 Abs 3a Satz 5 SGB V hat die Krankenkasse, sofern sie Fristen nach Satz 1 nicht einhalten kann, dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mitzuteilen. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7).

Die Beklagte hat die Frist von drei Wochen eingehalten, denn sie hat den am 26.01.2018 eingegangenen Antrag bereits mit Bescheid vom 02.02.2018 abgelehnt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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