L 11 KR 515/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 3542/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 515/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.12.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für eine Haushaltshilfe in Höhe von 1.559,92 EUR in einem Umfang von täglich acht Stunden im Zeitraum vom 15.12.2016 bis 06.01.2017.

Die am 01.11.1973 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin, die im streitgegenständlichen Zeitraum mit ihrem 44-jährigen Ehemann M., ihrem 20-jährigen Sohn H. und ihrer 14-jährigen Tochter A. in einem Haushalt lebte, erlitt am 08.08.2016 bei einem Verkehrsunfall in der Türkei ein Schädelhirntrauma. Ihre Tochter zog sich eine Hüftverletzung zu. Die Erstversorgung der Klägerin fand in der Türkei statt, in der weiteren Folge wurde die Klägerin an multiplen Gesichtsfrakturen in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des K.-Hospitals in S. versorgt. Am 09.12.2016 erfolgte in der Neurochirurgischen Klinik des K.-Hospitals die Implantation einer CAD-Plastik, am 15.12.2016 wurde die Klägerin aus dem Krankenhaus entlassen.

Am 03.01.2017 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 15.12.2016 bis zum 06.01.2017 mit einem täglichen Umfang von vier Stunden. Dem Antrag war eine ärztliche Bescheinigung des Hausarztes E. vom 02.01.2017 beigefügt, wonach eine Haushaltshilfe in dem beantragten Zeitraum für vier Stunden täglich erforderlich sei. Die Klägerin könne nicht die Wohnung reinigen, nicht kochen, die Kinder nicht beaufsichtigen und versorgen sowie nicht einkaufen. Weiterhin wurde eine Bestätigung der N. S., einer Freundin der Familie, vom 03.01.2017 vorgelegt, wonach diese als selbst beschaffte Ersatzkraft im Haushalt der Klägerin im Zeitraum vom 15.12.2016 bis 06.01.2017 mit einem Umfang von vier Stunden täglich tätig gewesen sei und hierfür 920 EUR erhalten habe.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein, worin Dr. K. am 11.01.2017 ausführte, eine Haushaltshilfe könne für sechs Wochen postoperativ nachvollzogen werden, der zeitliche Umfang sei von der Krankenkasse zu ermitteln.

Mit zwei Bescheiden vom 18.01.2017 gewährte die Beklagte der Klägerin Kostenerstattung für eine Haushaltshilfe im Umfang von zwei Stunden täglich im Zeitraum vom 15.12.2016 bis zum 06.01.2017 in Höhe von insgesamt 280,08 EUR unter Abzug des eigenen Zuzahlungsbetrages in Höhe von 115 EUR.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, der Arbeitsumfang der Haushaltshilfe sei erheblich größer gewesen als zwei Stunden täglich. Sie habe vielmehr ihre Haushaltshilfe jeweils acht Stunden täglich mit einem Stundenlohn von 10 EUR beschäftigt. Dies ergebe einen Betrag von 1.840 EUR. Sie könne bis heute nicht alleine aufstehen, leide unter Schwindelanfällen, benötige Hilfe beim Toilettengang und bei der Körperpflege.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2017 zurück mit der Begründung, der Anspruch auf Haushaltshilfe bestehe nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen könne. Im Haushalt der Klägerin lebten aber eine 14-jährige Tochter, ein erwachsener Sohn und der Ehemann. Diesen sei die Mithilfe im Haushalt möglich gewesen, so dass eine Haushaltshilfe im Umfang von zwei Stunden täglich ausreichend gewesen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 06.11.2017 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und ausgeführt, sie habe eine Haushaltshilfe im Umfang von acht Stunden täglich benötigt. Der MDK habe die Notwendigkeit bestätigt, und der Ehemann sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, den Haushalt zu führen.

Das SG hat die Akte zum Verfahren S 12 KR 839/17, das die Erstattung von Kosten einer Haushaltshilfe für andere Zeiträume betraf, zum Verfahren beigezogen. Darin enthalten ist ein Attest der Neurologin Dr. W. vom 27.09.2016, wonach sich der Ehemann der Klägerin seit dem 14.11.2014 in regelmäßiger psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung befinde. Aus gesundheitlichen Gründen könne der Haushalt nicht geführt werden.

Mit Schreiben vom 26.01.2018 bestätigte die Bundesagentur für Arbeit, der Ehemann der Klägerin sei vom 05.09.2016 durchgehend bis 25.07.2017 arbeitslos gemeldet gewesen und habe Arbeitslosengeld I bezogen. In der beigezogenen Leistungsakte der Bundesagentur für Arbeit findet sich eine sozialmedizinische gutachterliche Stellungnahme vom 21.10.2016, in der die Gutachterin der Agentur für Arbeit L., N. G., eine Leistungsfähigkeit des Ehemannes der Klägerin mit einem Umfang von sechs Stunden und mehr angenommen hat.

Mit Urteil vom 13.12.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs 3 Satz 1 Alternative 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) scheide aus. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen könne. Anhaltspunkte für einen Notfall seien hier jedoch nicht zu erkennen, da sich die Klägerin zu einem geplanten Eingriff im K.-Hospital befunden habe. Auch ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V scheitere an der fehlenden Kausalität zwischen Ablehnung und Beschaffung, da die Haushaltshilfe vom 15.12.2016 bis 06.01.2017 geleistet worden sei, der Antrag aber erst am 03.01.2017 gestellt und am 18.01.2017 beschieden worden sei. Ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 38 Abs 4 Satz 1 SGB V sei ebenfalls nicht gegeben. In dem Zeitraum vor dem 03.01.2017 scheitere ein Kostenerstattungsanspruch an der fehlenden vorherigen Antragstellung, die im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 38 Abs 4 Satz 1 SGB V eine zwingende Voraussetzung sei. Für den Zeitraum vom 03.01.2017 bis 06.01.2017 sei lediglich eine Haushaltshilfe im Umfang von vier Stunden beantragt worden. Eine nachträgliche weitere Antragstellung für einen Umfang von weiteren vier - also insgesamt acht - Stunden, wie sie dann im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erfolgt sei, sei damit ebenfalls verspätet. Unabhängig davon bestehe aber für den gesamten Zeitraum kein Anspruch für eine über vier Stunden täglich hinausgehende Haushaltshilfe, da diese nicht geleistet worden und auch keine Kosten entstanden seien. Ein Anspruch auf Kostenerstattung setze stets voraus, dass auch tatsächlich Kosten entstanden seien. Wie sich aus den übereinstimmenden Bestätigungen der Haushaltshilfe als auch des Ehemanns der Klägerin ergebe, sei die Haushaltshilfe nur für vier Stunden geleistet und dafür ein Betrag von 920 EUR gezahlt worden. Darüber hinaus seien der Klägerin keine Kosten entstanden. Die Klägerin habe aber auch deshalb keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, da bereits kein Sachleistungsanspruch bestehe. Gemäß § 38 Abs 3 SGB V bestehe der Anspruch auf Haushaltshilfe nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen könne. Im Haushalt der Klägerin hätten im Zeitraum vom 15.12.2016 bis zum 06.01.2017 neben der Klägerin der zu diesem Zeitpunkt 44-jährige Ehemann, der 20-jährige Sohn sowie die 14-jährige Tochter gelebt. Sowohl der Ehemann als auch der Sohn seien in der Lage gewesen, den Haushalt zu führen. Dabei sei auch berücksichtigt worden, dass die Klägerin nach ihrem Unfall und der weiteren Operation im Dezember 2016 habe gepflegt werden müssen, was nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung von dem Ehemann der Klägerin übernommen worden sei. Auch sei berücksichtigt, dass die 14-jährige Tochter unfallbedingt auf Krücken angewiesen gewesen sei. Allerdings sei hier auch zu berücksichtigen, dass die Tochter der Klägerin selbst keine Pflege mehr benötigt habe. Sie habe ab dem 17.10.2016 wieder den Unterricht besucht, ab November 2016 sei es ihr wieder erlaubt gewesen zu schwimmen, ab März sei sie nicht mehr auf die Krücken angewiesen gewesen. Insofern habe die Tochter der Klägerin zwar nicht zur Haushaltsführung beitragen können, doch sei eine Belastung des Ehemanns der Klägerin durch die Pflege der Tochter auszuschließen. Denn auch während der Unterrichtszeiten, die immerhin an drei Tagen acht Stunden und an zwei Tagen sechs Stunden umfasst hätten, habe die Tochter alleine zurechtkommen müssen. Der Ehemann sei nicht wegen einer psychischen Erkrankung zur Haushaltsführung außerstande gewesen. Zwar habe die Neurologin Dr. W. in einem Attest bescheinigt, er befinde sich seit 14.11.2014 in ihrer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung und aus gesundheitlichen Gründen könne der Haushalt nicht geführt werden. Jedoch sei keine weitere Bestätigung der behandelnden Neurologin vorgelegt worden. Auch finde sich in der zur Akte des SG Heilbronn mit dem Aktenzeichen S 12 KR 3542/17 genommenen Leistungsakte der Agentur für Arbeit S. eine sozialmedizinische gutachterliche Stellungnahme der N. G. vom 21.10.2016, wonach der Ehemann auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leistungsfähig sei. Diesem Ergebnis habe dieser sich auch angeschlossen, weshalb ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I durch die Agentur für Arbeit bejaht worden sei. Dem Ehemann und dem Sohn sei die Haushaltsführung auch zumutbar gewesen. Der Ehemann sei wegen Arbeitslosigkeit zu Hause gewesen, der Sohn habe zwar die Schule besucht, nicht aber am Wochenende 17.12. und 18.12.2016 und wegen der Schulferien in Baden-Württemberg auch nicht ab dem 23.12.2016 bis 06.01.2017.

Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 09.01.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.02.2020 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt mit der Begründung, das SG führe in den Entscheidungsgründen aus, ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs 3 Satz 1 1. Alternative SGB V setze voraus, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen könne und hier ein Notfall nicht zu erkennen sei. Diese Einschätzung sei unzutreffend. Richtig sei zwar, dass es sich um einen geplanten Eingriff im K.-Hospital gehandelt habe. Hintergrund des Eingriffs sei jedoch der schwere Verkehrsunfall, den die Klägerin erlitten habe. Hiervon habe die Klägerin sich nicht nur einen offenen Schädelbasisbruch zugezogen, sondern auch die Tochter A. eine Beckenringfraktur erlitten.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichtes Heilbronn vom 13.12.2019 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 18.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2017 zu verurteilen, ihr weitere Kosten einer Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 15.12.2016 bis 06.01.2017 in Höhe von 1.559,92 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf das Urteil des SG Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 16.04.2020 hat der Senat eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Aussicht gestellt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, der vom SG beigezogenen Gerichtsakte S 12 KR 839/17 sowie der zum Verfahren S 12 KR 839/17 beigezogenen Akte der Bundesagentur für Arbeit Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung der Beklagten, ihr keine weiteren Kosten für eine Haushaltshilfe im Zeitraum vom 15.12.2016 bis 06.01.2017 zu erstatten, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insofern hat das SG die dagegen gerichtete Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen.

Der Senat konnte den Rechtsstreit gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hielt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.

Anspruchsgrundlage für eine Erstattung der Kosten für eine Haushaltshilfe ist § 38 Abs 4 SGB V. Hiernach sind den Versicherten den Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen kann oder Grund besteht, davon abzusehen.

Vorliegend ist bereits nicht schlüssig dargetan worden, in welcher Höhe der Klägerin Kosten entstanden sind. Zunächst war eine Haushaltshilfe nur in einem Umfang von vier Stunden beantragt worden und hatte die Haushaltshilfe Frau S. mit Datum vom 03.01.2017 unter Angabe des Beginns sowie des Endes ihrer Tätigkeit (täglich 9 bis 13 Uhr) bestätigt, der Klägerin im Umfang von vier Stunden täglich zu helfen bzw geholfen und hierfür 920 EUR erhalten zu haben. Diesen Umfang bestätigte auch der Ehemann der Klägerin noch am 03.01.2017. Im Widerspruchsverfahren und auch im späteren Gerichtsverfahren wird im Gegensatz dazu nunmehr behauptet, die Haushaltshilfe sei täglich acht Stunden beschäftigt worden. Angesichts dieser widersprüchlichen Angaben ist bereits nicht nachvollziehbar, in welcher Höhe überhaupt Kosten angefallen sind.

Hierauf kommt es aber nicht an, da ein Erstattungsanspruch der Klägerin nicht besteht.

Ein solcher Erstattungsanspruch setzt - wie auch bei § 13 Abs 3 SGB V- voraus, dass ein Naturalleistungsanspruch bestanden hätte, denn der Kostenerstattungs- bzw Freistellungsanspruch reicht nicht weiter als der entsprechende Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse (st Rspr zu § 13 Abs 3 SGB V, vgl nur Bundessozialgericht [BSG] vom 24.01.2013, B 3 KR 5/12, SozR 4-3250 § 14 Nr 19 mwN). Ein solcher Sachleistungsanspruch besteht indes vorliegend nicht. Gemäß § 38 Abs 1 Satz 3 SGB V (in der Fassung vom 10.12.2015) erhalten Versicherte ua dann Haushaltshilfe, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen. Ab dem 01.01.2017 ist zudem Voraussetzung, dass keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt (§ 38 SGB 5 in der Fassung vom 23.12.2016). Dieser Anspruch besteht indes nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann (§ 38 Abs 3 SGB V).

Zwar haben der behandelnde Arzt E. ebenso wie der MDK übereinstimmend die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe nach Entlassung der Klägerin aus der Krankenhausbehandlung bestätigt, doch hätten, wie das SG zutreffend und ausführlich dargelegt hat, der Ehemann der Klägerin ebenso wie ihr Sohn den Haushalt weiterführen können. An dieser Stelle ist zunächst klarzustellen, dass ein Anspruch auf Haushaltshilfe - wie der Name schon sagt - nur Hilfe im Haushalt beinhaltet. Hierzu gehören alle Arbeiten, die der konkrete Haushalt des Versicherten erfordert, also zB das Besorgen und Zubereiten von Speisen, die Kinderbetreuung, die Pflege von Kleidung und Wohnung etc (BSG vom 22.04.1987, 8 RK 22/85, SozR 2200 § 185b Nr 11 mwN; Krauskopf/Wagner, 105. EL Januar 2020, SGB V § 38 Rn 6), nicht hingegen Pflegetätigkeiten wie die von dem behandelnden Allgemeinarzt E. in der ärztlichen Bescheinigung vom 01.01.2017 erwähnte notwendige Hilfe bei der Dusche oder die von der Klägerin im Widerspruchsschreiben beschriebenen Hilfestellungen beim Aufstehen, beim Toilettengang oder bei der Körperpflege. Da es entgegen den Angaben des Arztes E. einer Pflege/Versorgung sowie Beaufsichtigung ihrer Kinder angesichts deren Alters offensichtlich nicht mehr bedurfte, blieben als zu verrichtende Arbeiten im Wesentlichen nur noch die Reinigung der Wohnung, Kochen, Einkaufen und Wäscheversorgung. Es ist kein Grund ersichtlich, warum diese Tätigkeiten nicht durch den arbeitslosen Ehemann der Klägerin verrichtet werden konnten. Wie das SG zutreffend dargelegt hat, bezog der Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum durchgängig Arbeitslosengeld I und hatte sich - entsprechend der gutachterlichen Stellungnahme der Gutachterin G. vom 21.10.2016 - der Bundesagentur für Arbeit zur Vermittlung in eine vollschichtige Arbeit zur Verfügung gestellt. Insofern ist es für den Senat nicht überzeugend, sich hier wegen einer psychischen Erkrankung auf das Nichtvermögen zur Haushaltsführung zu berufen, die einen geringeren Umfang hat als eine vollschichtige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und noch dazu in vertrautem Umfeld und ohne Zeit- sowie Leistungsdruck stattfindet. Dies gilt umso mehr, als sich der Ehemann die Arbeit nach der Schule bzw an den Wochenenden mit seinem erwachsenen Sohn hätte teilen können. Dies gilt erst recht für die Ferien ab dem 23.12.2016. Ab diesem Zeitpunkt lebten zwei erwachsene Männer im Haushalt der Klägerin, die von morgens bis abends Zeit gehabt hätten, sich - ggf unter mündlicher Anleitung durch die Klägerin oder auch deren Tochter - der Haushaltsführung zu widmen. Einer weiteren Hilfe durch Frau S. bedurfte es da nicht.

Im Hinblick auf diese Erwägungen kann der Senat offenlassen, ob die fehlende vorherige Antragstellung im Rahmen des § 38 Abs 4 SGB V einer Leistung auch dann entgegensteht, wenn die Krankenkasse wie hier eine Kostenerstattung - wenn auch in geringerem Umfang - bejaht hat (s grundsätzlich zur Notwendigkeit eines vorherigen Antrags LSG Baden-Württemberg vom 01.03.2011, L 11 KR 1694/10; ebenso KassKomm/Nolte, 107. EL Dezember 2019, SGB V § 38 Rn 34; Krauskopf/Wagner, 104. EL September 2019, SGB V § 38 Rn 22; BeckOK SozR/Knispel, 55. Ed. 01.12.2019, SGB V § 38 Rn 22; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 38 SGB V, Stand 03.02.2017, Rn 41; BSG vom 26.03.1980, 3 RK 62/79, FEVS 31, 173; aA BSG vom 23.11.1995, 1 RK 11/95, SozR 3-2500 § 38 Nr 1; Luthe in: Hauck/Noftz, SGB, 06/18, § 38 SGB V, Rn 7; offengelassen in BSG vom 16.11.1999, B 1 KR 16/98 R). Ebenso braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, inwieweit § 13 Abs 3 SGB V neben § 38 Abs 4 SGB V noch zum Tragen kommen kann (s hierzu BSG vom 23.11.1995, 1 RK 11/95, SozR 3-2500 § 38 Nr 1; Luthe in: Hauck/Noftz, SGB, 06/18, § 38 SGB V, Rn 74), da ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V ebenso wie ein Erstattungsanspruch gemäß § 38 Abs 4 SGB V an der Möglichkeit der Haushaltsfortführung durch Familienmitglieder scheitert.

Da die Klägerin somit keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten einer Haushaltshilfe hatte - auch nicht in einem Umfang von zwei Stunden -, kann der Senat offenlassen, ob die Beklagte die Höhe der von ihr berechneten Erstattung zutreffend bestimmt hat.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenerstattung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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