L 10 R 1079/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1908/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1079/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.03.2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Die am 1965 geborene Klägerin absolvierte von Anfang März 1983 bis Ende Februar 1986 eine Ausbildung zur Bauzeichnerin (Hochbau). Anschließend war sie - mit Unterbrechungen u.a. durch Zeiten der Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit - bis Herbst 1994 in diesem Beruf tätig, sodann - nach eigener Angabe (vgl. Falz 2/Bl. 34 und 42 VerwA) - als Tagespflegemutter (August 2006 bis Juni 2010) bzw. als Aushilfe bei der K. (Anfang April 2008 bis Ende März 2009, teilweise geringfügig beschäftigt, s. erneut Falz 2/Bl. 34 sowie Versicherungsverlauf Falz 2/Bl. 6 VerwA). In der Zeit danach war sie überwiegend ohne Beschäftigung und arbeitsuchend. Von Anfang September 2012 bis Ende August 2013 und von Mitte Oktober 2013 bis - so ihre Angabe (Falz 2/Bl. 42 VerwA) - Ende August 2014 arbeitete sie in Teilzeit (70 v.H. der monatlichen Arbeitszeit bzw. später dann 28 Stunden wöchentlich) als Küchenfachverkäuferin (s. Bl. 64 Rs. ff. SG-Akte S 8 R 1665/16). Anschließend war sie arbeitsunfähig und ohne Beschäftigung bzw. arbeitsuchend. Mitte Oktober 2017 nahm sie (s. Angaben Falz 2/Bl. 42 VerwA) eine geringfügige ("Minijob") Aushilfstätigkeit (dreimal wöchentlich drei Stunden, s. Bl. 95 SG-Akte S 4 R 1908/19) als Küchenplanerin in dem Küchenstudio auf, in dem sie bereits zuvor beschäftigt gewesen war.

Nach eigener Angabe (Falz 2/Bl. 23 VerwA) pflegte die Klägerin bis Mitte November 2013 ihren Vater und bis Anfang Juni 2017 ihre Mutter; im Versicherungsverlauf sind diesbezüglich Pflegetätigkeitszeiten ohne Beihilfe vom 01.11.2010 bis 07.06.2017 ausgewiesen.

Im August/September 2016 nahm die Klägerin an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der M. -Klinik für Rehabilitation - Abt. für Verhaltensmedizinische Orthopädie - in Bad O. teil (Diagnosen: chronisches Halswirbelsäulen(HWS)-Syndrom mit funktioneller Einschränkung, muskulärer Dysbalance und rezidivierenden Zephalgien; chronisches lumbales Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Symptomatik - links mehr als rechts - mit Ruhe-/ Belastungsschmerz; Protrusion L4/5 mit Retrospondylose und Einengung beider Neuroforamina sowie Spondylarthrose L5/S1; chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren; leichte depressive Episode bei Verdacht auf rezidivierende depressive Störung), aus der sie arbeitsfähig und mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde (Einschränkungen: kein häufiges Heben/Tragen von Lasten, keine Arbeiten in Zwangshaltungen). Nachdem die Beklagte einen Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) von Juni 2015 abgelehnt (Bescheid vom 02.07.2015, Widerspruchsbescheid vom 02.05.2016) und die Klägerin ihre dagegen erhobene Klage (S 8 R 1665/16) zurückgenommen hatte, begehrte sie Ende April 2018 von der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung (Formrentenantrag Falz 2/Bl. 20 VerwA). Die Beklagte zog daraufhin u.a. das im Klageverfahren S 8 R 1665/16 eingeholte Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. V. bei (Diagnosen nach Untersuchung im Juli 2017: dringender Verdacht auf Restless-legs-Syndrom, differentialdiagnostisch Schlafapnoesyndrom; chronisches Schmerzsyndrom mit körperlichen und psychischen Faktoren; Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion, s. Bl. 79 Rs. SG-Akte S 8 R 1665/16; vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne längeres Stehen/Gehen, ohne Zwangshaltungen, ohne Nässe-, Kälte-, Zugluftexposition, ohne Nachtschicht, ohne besondere Verantwortung für Menschen oder Maschinen sowie ohne erhöhte Anforderungen an Konzentration und Gedächtnis, s. Bl. 82 und ergänzende Stellungnahme des Dr. V. Bl. 92 SG-Akte S 8 R 1665/16). Anschließend holte sie das Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. F. (Diagnosen nach Untersuchung im August 2018: diffuses muskulo-skelettares Syndrom mit generalisierter Tendomyalgie, Lipödem vom Ganzbeintyp beidseits, degenerative mediale Meniskopathie beidseits, beidseitiger Tennisellenbogen, Adipositas) sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. G. (Diagnosen nach Untersuchung im September 2018: Somatisierungsstörung, somatoforme Schmerzstörung, Dysthymie, depressive Anpassungsstörung) ein. Beide Gutachter erachteten die Klägerin noch für in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (Dr. F.: kein überwiegendes Stehen/Gehen, keine Zwangshaltungen, kein Heben/Bewegen mittelschwerer bis schwerer Lasten; Dr. G.: kein besonderer Zeitdruck, keine Nachtschicht) sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 06.12.2018 und Widerspruchsbescheid vom 08.05.2019 und der Begründung ab, dass die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könne und daher keine Erwerbsminderung vorliege.

Hiergegen hat die Klägerin am 20.05.2019 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben (S 4 R 1908/19) und zur Begründung im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft. Ihre Beschwerden seien mittlerweile derart stark, dass sie "eine zeitlang nur unter großen Mühen mit Krücken" habe laufen können; zudem benötige sie "3x tägl. BTM und zusätzlich Ibuprofen 600 mg". Darüber hinaus sei im Verfahren S 8 R 1665/16 "beschlossen" worden, dass ihr LTA-Antrag in einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente "umgewandelt" werde. Außerdem habe ihr die Agentur für Arbeit "bestätigt", dass sie nicht vermittelbar sei.

Das SG hat sodann die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Allgemeinarzt und Internist Dr. P. hat in seiner Auskunft (Bl. 37 f. SG-Akte S 4 R 1908/19) über vier hausärztliche Behandlungen im Jahr 2019 berichtet, das orthopädische und psychiatrische Fachgebiet für maßgeblich erachtet und eine leichte Tätigkeit bis zu sechs Stunden täglich für zumutbar gehalten. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. hat u.a. bekundet (Bl. 64 f. SG-Akte S 4 R 1908/19), dass im Hinblick auf die bei der Klägerin bestehende Degeneration der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Spinalkanalstenose und Bandscheibenvorfall sowie die beginnende Hüftgelenksarthrose beidseits das Heben und Tragen schwerer Lasten sowie "langes" Stehen und Bücken nicht mehr "vollschichtig" möglich seien, sodass die Klägerin "ihren zuletzt ausgeübten Beruf" nicht mehr regelmäßig sechs Stunden täglich verrichten könne, sondern allenfalls noch "halbtagsschichtig" arbeiten könne. Ihr maßgebliches Leiden liege auf orthopädischem Fachgebiet.

Das SG hat anschließend von Amts wegen das Sachverständigengutachten des Facharztes u.a. für Orthopädie Dr. H. eingeholt, der nach Untersuchung (Mitte Oktober 2019) bei der Klägerin eine schmerzhafte Funktionsstörung der LWS seit Mitte der 90er Jahre ohne Anzeichen einer dauerhaften neurologischen Störung, eine schmerzhafte Funktionsstörung im linken Kniegelenk mit bildgebendem Anzeichen eines Knochenödems ohne darüber hinausgehende gravierende Strukturschäden und ohne sicheren entzündlichen Reizzustand sowie schmerzhafte Funktionsstörungen der linken oberen Gliedmaßen nach ausgeheilter distaler Radiusfraktur mit gelegentlichen Schmerzen in der linken Schulter nach besonderen Belastungen diagnostiziert hat. Leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen seien der Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich möglich (qualitative Einschränkungen: keine Arbeiten auf rutschigem/unebenem Boden sowie auf Leitern und Gerüsten, kein schnelles Gehen, Laufen oder Springen, keine besonderen mechanische Belastungen wie z.B. Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, Knien oder Hocken, kein häufiges Bücken, kein ständiger Wechsel zwischen Kälte- und Wärmezonen bzw. keine Nässe-, Kälte- oder Zugluftexposition ohne geeignete Schutzkleidung sowie keine besonderen Anforderungen an die oberen Gliedmaßen, wobei das kurzfristige Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg zumindest gelegentlich unbedenklich seien, vgl. Bl. 134, 113 SG-Akte S 4 R 1908/19). Auch sei die Klägerin - jedenfalls mit Gehstützen/Rollator - in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m in unter 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen.

In seiner ergänzenden Stellungnahme (Bl. 132 ff. SG-Akte S 4 R 1908/19) ist der Sachverständige in Ansehung der von der Klägerin erhobenen Einwände (Bl. 118 f., 125 ff. SG-Akte S 4 R 1908/19) bei seiner Leistungseinschätzung geblieben.

Mit Gerichtsbescheid vom 16.03.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach Darstellung der rechtlichen Grundlagen für eine Rente wegen Erwerbsminderung hat es hinsichtlich des orthopädischen Fachgebiets gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfülle, weil sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne und lediglich die im Einzelnen aufgeführten qualitativen Einschränkungen bestünden. Die entgegenstehende Leistungseinschätzung des "Dr. S. " (gemeint: Dr. S. ) sei nicht nachvollziehbar. Auch in nervenärztlicher Hinsicht lasse sich eine zeitliche Leistungsminderung nicht herleiten.

Gegen den ihr am 18.03.2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 31.03.2020 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, mit der sie - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt - eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung begehrt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass sie nicht länger als "2-3 Stunden" sitzen sowie nicht länger als 20 Minuten gehen und auf einer Stelle stehen könne. Außerdem habe sich ihr Gesundheitszustand innerhalb der letzten Jahre kontinuierlich verschlechtert - weswegen man ihr auch geraten habe, einen Grad der Behinderung (GdB) zu beantragen -, namentlich müssten auch ihre vermehrten psychischen Beschwerden berücksichtigt werden. Ihre Schmerzen seien nur "mit BTM und sonstigen Schmerzmitteln einigermaßen erträglich". Auch sei bereits "gerichtlich festgehalten" worden, dass eine LTA-Maßnahme nicht in Betracht komme, vermittelbar sei sie ohnehin nicht.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.03.2020 und den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2019 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge und der SG-Akte S 8 R 1665/16 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das SG hat die Klage im Hinblick auf die (hier allein noch streitige) Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung - jedenfalls im Ergebnis - zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 06.12.2018 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2019 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht teilweise erwerbsgemindert, sodass ihr Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI -) nicht zusteht; eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) kann die Klägerin von Gesetzes wegen ohnehin nicht beanspruchen, weil sie nach dem 02.01.1961 - nämlich im Oktober 1965 - geboren wurde (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin allein noch beanspruchte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 SGB VI) dargelegt; darauf wird hier zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Klägerin ist in ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit im Wesentlichen durch Gesundheitsstörungen von Seiten des orthopädischen und des psychiatrischen Fachgebiets eingeschränkt.

In orthopädischer Hinsicht leidet sie an einer schmerzhaften Funktionsstörung der LWS ohne neurologische Ausfallerscheinungen, an einer schmerzhaften Kniegelenksstörung links ohne gravierende Strukturschäden und ohne sichere entzündliche Reizerscheinungen bei Vorliegen eines Knochenödems in der inneren Oberschenkelrolle, an einer endgradig schmerzhaft eingeschränkten Beweglichkeit im linken Ellenbogengelenk (auswärts/einwärts Drehen: 50-0-80°; zum Vergleich rechts: 80-0-80°) mit Ausstrahlung in das linke Handgelenk (die Klägerin ist Rechtshänderin) bei Zustand nach ausgeheilter Radiusfraktur sowie an einer leichten Bewegungseinschränkung der linken Schulter (Beugung/Streckung: 150-0-40°, zum Vergleich rechts: 170-0-40°) mit gelegentlichen belastungsabhängigen Schmerzen. Dies stützt der Senat auf das Sachverständigengutachten des Dr. H. (vgl. Bl. 104 ff., 111 f. SG-Akte S 4 R 1908/19), der auf seinem Fachgebiet im Wesentlichen die Diagnosen der Ärzte in Bad O. (namentlich: chronisch lumbale Wirbelsäulenschmerzen) sowie die des Gutachters Dr. F. (namentlich: diffuses muskulo-skelettares Syndrom, Kniegelenksbeschwerden, Tennisellenbogen) bestätigt hat. Soweit die Ärzte in Bad O. zusätzlich ein chronisches HWS-Syndrom mit funktioneller Einschränkung bei der Klägerin diagnostizierten, hat eine derartige Störung zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. H. nicht (mehr) vorgelegen. Ihre HWS bzw. Kopfgelenke sind vielmehr nach allen Richtungen altersentsprechend normal beweglich gewesen (Bl. 103 SG-Akte S 4 R 1908/19), einen Schmerz hat die Klägerin bei der Beweglichkeitsprüfung insoweit nicht angegeben (Bl. 110 SG-Akte S 4 R 1908/19).

Soweit die Klägerin gemeint hat, Dr. H. habe ihren Bandscheibenvorfall mit Vorwölbung und Spinalkanalstenose nicht gewürdigt, ist dies unzutreffend. Der Sachverständige hat vielmehr unter Zugrundelegung des MRT der LWS von Januar 2019 und unter ausdrückliche Bezugnahme auf die Beurteilung der Radiologen (Befundbericht Bl. 74 SG-Akte S 4 R 1908/19) explizit darauf hingewiesen (s. Bl. 100, 109 SG-Akte S 4 R 1908/19 sowie in der ergänzenden Stellungnahme, Bl. 134 SG-Akte S 4 R 1908/19, ausgeführt), dass radiologisch ein "ausgeprägter" Bandscheibenvorfall bzw. eine Spinalkanalstenose nicht vorliegt und dass sich - so auch der radiologische Befundbericht - eine wesentliche Befundänderung seit der Voruntersuchung (im Dezember 2016, vgl. Bl. 74 SG-Akte S 4 R 1908/19) nicht ergeben habe. Ungeachtet dessen kommt es im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung nicht maßgeblich auf eine bestimmte Diagnosestellung, die Art oder Anzahl von Diagnosen oder auf die Bezeichnung von Befunden an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 B, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen. Dem entsprechend spielen auch die Ursachen der Gesundheitsstörung keine entscheidende Rolle (BSG, a.a.O.).

Der Sachverständige Dr. H. hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass von orthopädischer Seite derartige, schwerwiegende funktionelle Beeinträchtigungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen bei der Klägerin nicht vorliegen und den o.a. Gesundheitsstörungen vielmehr mit den oben im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten qualitativen Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen wird.

Bei der Untersuchung durch Dr. H. hat die Klägerin zwar einen diffusen Druck- und Klopfschmerz über sämtlichen Dornfortsätzen der gesamten Wirbelsäule demonstriert, dabei ist indes die paravertebrale Muskulatur thorakolumbal beidseits klinisch lediglich mäßig verspannt gewesen, ebenso wie die Gesäßmuskulatur (Bl. 103 SG-Akte S 4 R 1908/19, auch zum Nachfolgenden). In der Seitenansicht haben sich eine normale Halslordose, eine normale Brustkyphose und eine normale Lendenlordose gezeigt. Zwar hat die Klägerin endgradig lumbale (zur HWS s. bereits oben) Schmerzen beklagt und lediglich eine unvollständige Entfaltung der Wirbelsäule gezeigt, gleichwohl ist eine massive Einschränkung der globalen Wirbelsäulenbeweglichkeit bzw. eine Fixierung bei der Beobachtung von Komplexbewegungen (z.B. Hinsetzen, Aufstehen, Auskleiden) nicht im selben Umfang aufgefallen, wobei die Seitneigungen, Rotationen sowie die Rückneigung der LWS nicht wesentlich eingeschränkt gewesen sind (Bl. 110 SG-Akte S 4 R 1908/19).

Was die oberen Gliedmaßen anbelangt (s. Bl. 104 ff., 110 SG-Akte S 4 R 1908/19, auch zum Nachfolgenden), haben sich bei der Klägerin - bei Vorliegen eines annähernden Schultergradstands und normal entwickelter Muskulatur im Bereich der Arme und Schultergürtel - unauffällige Konturen beider Schlüsselbeine sowie der Schulterblätter gezeigt, wobei eine Druckschmerzhaftigkeit weder im Bereich der Oberarmköpfe noch im Bereich der SC- und AC-Gelenke vorgelegen hat und die Schultergelenksbeweglichkeit lediglich links leicht eingeschränkt (s. dazu bereits oben) - ohne Reibegeräusche - gewesen ist. Ein nämlicher Befund hat sich hinsichtlich der Ellenbogen ergeben (Konturen im Seitenvergleich unauffällig, kein Druckschmerz, keine Reibegeräusche, lediglich leichte Bewegungseinschränkung links mit endgradiger Schmerzhaftigkeit). Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigungen im Bereich der oberen Extremitäten haben nicht vorgelegen. Die Klägerin ist namentlich in der Lage gewesen, sich ihre Oberbekleidung ohne massive Bewegungseinschränkung (der linken Schulter) beidhändig über den Kopf abzustreifen (Bl. 102 SG-Akte S 4 R 1908/19). Auch die Handgelenksbeweglichkeit ist lediglich links endgradig schmerzhaft gewesen, ohne dass Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hände - bei seitengleicher, nicht auffälliger Handbeschwielung - bzw. Sensibilitäts- oder Gefühlsstörungen respektive Paresen aufgetreten sind. Sowohl der Nacken- als auch der Schürzengriff ist beidseits vollständig und ohne Schmerzangaben möglich gewesen, den Faust-, Spitz- und Schlüsselgriff hat sie beidseits kräftig ausführen können (Bl. 106 SG-Akte S 4 R 1908/19).

Im Hinblick auf die unteren Extremitäten (dazu Bl. 106 ff. SG-Akte S 4 R 1908/19) hat die Klägerin zwar namentlich über endgradige Bewegungsschmerzen im Bereich der linken Leiste sowie über ausgeprägte, diffuse Druckschmerzen im linken Knie geklagt, weshalb eine genauere Überprüfung der Kniegelenksbeweglichkeit nicht möglich gewesen ist ("links spontan Beugungen von mindestens 60° bis 70°", Bl. 107 SG-Akte S 4 R 1908/19). Auch ist die Klägerin nicht in der Lage gewesen, den Einbeinstand links (rechts nur etwas unsicher) sowie den Zehen- und Hackengang bzw. Hackenstand vorzuführen (der hohe Zehenstand ist indes beidseits kurzfristig möglich gewesen) und den tiefen Hockensitz einzunehmen. Zudem haben sich weder rechts noch links Fuß- bzw. Kniekehlenpulse tasten lassen (Bl. 108, 111 SG-Akte S 4 R 1908/19). Gleichwohl sind die unteren Gliedmaßen nicht auffällig blass oder kalt gewesen, das linke Knie hat keine sichere Rötung, Überwärmung oder Schwellung gezeigt und auch keinen massiven Erguss (Bl. 107 f., 111 SG-Akte S 4 R 1908/19). Sensibilitätsstörungen, neurologische Ausfällerscheinungen bzw. Nervenwurzelschädigungen, Paresen, Seitendifferenzen oder deutliche einseitige Muskelverminderungen im Bereich der unteren Gliedmaßen haben bei regelgerechtem Muskeltonus und einer normal entwickelten Gesäß-, Ober- und Unterschenkelmuskulatur sowie einer uneingeschränkten Sprung- und Zehengelenksbeweglichkeit und annähernd seitengleicher Fußsohlenbeschwielung nicht vorgelegen. Mittels Gehstützen ist die Klägerin (mit Konfektions-Sommersandaletten bekleidet) in der Lage gewesen, sich - wenn auch langsam - fortzubewegen (Bl. 102 SG-Akte S 4 R 1908/19).

Sie hat gegenüber dem Sachverständigen u.a. angegeben, dass ihre Schmerzmedikation zu einer spürbaren Schmerzlinderung führe ("für etwa 12 Stunden", Bl. 100 SG-Akte S 4 R 1908/19) und - zu ihren Alltagsaktivitäten befragt (Bl. 96 ff. SG-Akte S 4 R 1908/19) -, dass sie ihren Haushalt gemeinsam mit ihrem Mann versorge (Kochen, Waschen, Bügeln, Staubsaugen bzw. Wischsaugen), Einkäufe - wiederum mit ihrem Mann und mittels Pkw - erledige, mit ihrem mittelgroßen Hund spazieren gehe (dreimal täglich, "20 bis 30 Minuten"), Zeitung lese, Rätsel löse und fernsehe. Autofahren traue sie sich "aktuell maximal 30 bis 45 Minuten lang zu". Im September und im Frühjahr 2019 sei sie im Urlaub im B. W. gewesen (Fahrdauer mit zwei Pausen etwa 4,5 bis 5 Stunden, Bl. 99 SG-Akte S 4 R 1908/19).

Dass Dr. H. unter Zugrundelegung all dessen und unter expliziter Würdigung der von der Klägerin geklagten Schmerzzustände zu der Einschätzung gelangt ist, dass sie leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann, überzeugt den Senat. Der Sachverständige hat damit die Leistungsbeurteilung der Ärzte in Bad O. - diese auch unter Berücksichtigung der seinerzeit bei der Klägerin bestehenden HWS-Störungen und eines Zustands nach Bandscheibenprotrusion mit Spondylarthro- se - und die des Gutachters Dr. F. - der auch unter Berücksichtigung des bei der Klägerin bestehenden Lipödems eine zeitliche Leistungslimitierung verneint hat - bestätigt und sich ihnen ausdrücklich angeschlossen (vgl. Bl. 115 SG-Akte S 4 R 1908/19).

Soweit sich die Klägerin auf die Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte berufen und gemeint hat, Dr. H. kenne sie bzw. ihre Krankheitsgeschichte überhaupt nicht "persönlich", rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die einmalige Untersuchung durch einen Sachverständigen ist der typische Fall bei der medizinischen Sachaufklärung in einem Erwerbsminderungsrentenverfahren und genügt in aller Regel - so auch hier, nachdem Dr. H. auf Grund seiner Exploration zur Leistungsbeurteilung in der Lage gewesen ist - für die Erhebung der beurteilungsrelevanten anamnestischen Daten und des klinischen Befunds (vgl. Senatsurteil vom 28.05.2020, L 10 R 2651/19). Ohnehin hat ein gerichtlicher Sachverständiger - anders als ein ärztlicher Therapeut, der in der Regel die Beschwerdeschilderungen seines Patienten seiner Beurteilung zu Grunde legt - eine kritische Distanz zum Probanden einzunehmen, um so zu einer möglichst objektiven Leistungsbeurteilung zu gelangen (Senatsurteil a.a.O. m.w.N.). Nur am Rande merkt der Senat an, dass Dr. P. in seiner Auskunft gegenüber dem SG ohnehin die Einschätzung vertreten hat, dass der Klägerin noch leichte Tätigkeiten "bis zu" - also einschließlich - sechs Stunden täglich zumutbar sind, was Erwerbsminderung bereits ausschließt (arg. ex § 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI: "mindestens"). Der Leistungsbeurteilung des Dr. S. (Auskunft gegenüber dem SG) kann im Übrigen schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er von qualitativen Einschränkungen (kein Heben/Tragen von "schweren" Lasten, kein "langes" Stehen und Bücken) auf eine zeitliche Leistungslimitierung geschlossen und zudem den von der Klägerin "zuletzt ausgeübten Beruf" zum Maßstab genommen hat. Beides ist indes verfehlt, denn der Klägerin werden nur noch leichte Tätigkeiten "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" (vgl. erneut § 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI) und unter Beachtung der o.g. Einschränkungen zugemutet; ob die Klägerin ihre Tätigkeit als Küchenplanerin noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, ist unmaßgeblich. Dr. S. hat seine Leistungsbeurteilung überdies auch nicht weiter - anhand objektiv klinischer Befunde - begründet.

Soweit die Klägerin weiter gemeint hat, Dr. H. habe nicht berücksichtigt, dass sich ihre Rückenbeschwerden bei Kälte verschlimmerten und sie selbst im Sommer eine Wärmflasche im Lendenbereich benötige, hat der Sachverständige - sowohl in seinem Gutachten als auch in seiner ergänzenden Stellungnahme (s. Bl. 113, 133 SG-Akte S 4 R 1908/19) - zutreffend auf eine entsprechende Schutzbekleidung hingewiesen und im Übrigen dargelegt, dass daraus lediglich qualitative Einschränkungen resultieren.

Soweit die Klägerin ferner gemeint hat, Dr. H. habe ihre Schmerzen und den damit einhergehenden Schmerzmittelbedarf nicht ausreichend gewürdigt, ist auch dies unzutreffend. Der Sachverständige hat - ebenso wie bereits zuvor der Sachverständige Dr. V. und der Gutachter Dr. G. von psychiatrischer Seite - seiner Beurteilung vielmehr die geklagten Schmerzzustände ebenso zu Grunde gelegt wie die von der Klägerin angegebene Schmerzmitteleinnahme (vgl. Bl. 94 f., 100 SG-Akte S 4 R 1908/19). Ungeachtet dessen hat die Klägerin Dr. H. gegenüber selbst angegeben, dass die Schmerzmittel zu einer spürbaren Linderung ihrer Schmerzen "für etwa 12 Stunden" führen (Bl. 100 SG-Akte S 4 R 1908/19). Soweit sie später behauptet hat, sie könne ihre drei Arbeitsstunden nur überstehen, wenn sie vor Verlassen des Hauses und nach Rückkehr von der Arbeit noch eine weitere Schmerztablette einnehme, bewertet der Senat dies als angepassten Prozessvortrag, zumal die Klägerin verkennt, dass es für die Frage von Erwerbsminderung gerade nicht auf ihren derzeitigen - schon nicht ergonomischen (s. Bl. 96 SG-Akte S 4 R 1908/19) - (konkreten) Arbeitsplatz ankommt. Unabhängig davon ist aber auch nicht nachvollziehbar - darauf hat Dr. H. in seiner ergänzenden Stellungnahme hingewiesen -, warum die helfende Einnahme von Schmerzmitteln für sich gesehen zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung führen sollte. Die Klägerin hat insoweit auch lediglich darauf verwiesen, dass die von ihr eingenommenen Medikamente "auf den Magen gehen" bzw. Herzprobleme verursachen "können", also nicht einmal behauptet, dass bei ihr eine entsprechende Unverträglichkeit besteht.

Soweit die Klägerin schließlich gemeint hat, sie könne nicht längere Zeit Sitzen, Gehen und Stehen, hat sich Dr. H. auch damit auseinandergesetzt (Bl. 98, 113 SG-Akte S 4 R 1908/19) und auf das Erfordernis einer Arbeit in wechselnder Körperhaltung hingewiesen. Eine zeitliche Leistungseinschränkung resultiert daraus ebenfalls nicht.

In psychiatrischer Hinsicht leidet die Klägerin an einem chronischen Schmerzsyndrom mit körperlichen und psychischen Faktoren sowie an einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion. Dies stützt der Senat auf das urkundenbeweislich verwertbare Sachverständigengutachten des Dr. V. im Verfahren S 8 R 1665/16. Auch die Ärzte in Bad O. haben bei der Klägerin eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie eine leichte depressive Episode diagnostiziert, der Gutachter Dr. G. eine Somatisierungsstörung bzw. somatoforme Schmerzstörung sowie eine depressive Anpassungsstörung bei Dysthymie. Auch wenn die Ärzte die Gesundheitsstörungen teilweise abweichend bezeichnet haben, sind alle übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin auf seelischem Fachgebiet jedenfalls keine schwerwiegende Erkrankung mit höhergradigen funktionellen Einschränkungen vorliegt. Wie bereits oben dargelegt, kommt es vorliegend nicht auf Diagnosen oder die Bezeichnung von Krankheitsbildern an, sondern allein auf Funktionsstörungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen. Derartiges vermag der Senat nicht festzustellen, nachdem sowohl Dr. V. (vgl. Bl. 82, 92 SG-Akte S 8 R 1665/16) als auch Dr. G. und die Ärzte in Bad O. jeweils im Einzelnen dargelegt haben, dass und warum die bei der Klägerin bestehenden seelischen Beeinträchtigungen mit Schmerzzuständen lediglich zu den oben im Tatbestand wiedergegebenen qualitativen Einschränkungen nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungslimitierung führen. Nachdem keiner der im Verfahren gehörten Ärzte insoweit etwas Abweichendes bekundet hat, sich die Klägerin nicht in psychiatrischer Facharztbehandlung befindet - was nicht für einen entsprechenden hohen Leidensdruck spricht -, und eine Verschlimmerung der Leiden auf psychiatrischem Gebiet nicht (konkret) geltend gemacht worden oder sonst ersichtlich ist, besteht keine Veranlassung, von der Leistungsbeurteilung der Dres. V. und G. bzw. der Ärzte in Bad O. abzuweichen.

Nur am Rande merkt der Senat an, dass die subjektive Leistungseinschätzung die Klägerin nicht maßgeblich, sondern in Ansehung der obigen Ausführungen und der vorhandenen (fach-)ärzt-lichen Äußerungen im Gegenteil widerlegt ist.

Soweit Dr. V. von Seiten des neurologischen Fachgebiets den Verdacht auf ein Restless-legs-Syndrom mit gestörter Schlafarchitektur und Tagesmüdigkeit bzw. - differentialdiagnos- tisch - ein Schlafapnoesyndrom äußerte, leitete er daraus keine zusätzlichen Einschränkungen ab. Bei der späteren Untersuchung durch Dr. G. ergab sich neurologischerseits im Übrigen kein krankhafter Befund und auch Dr. P. hat nichts dergleichen bekundet, sondern ausdrücklich das orthopädische bzw. psychiatrische Fachgebiet als maßgeblich erachtet. Soweit Dr. H. im Rahmen seiner Untersuchung (bei im Übrigen grobneurologisch unauffälligem Befund) Fuß- und Kniekehlenpulse nicht hat tasten können (s.o.), hat auch er daraus jedenfalls keine über die von ihm genannten qualitativen Einschränkungen hinausgehende hergeleitet.

Soweit die Klägerin auf schmerzbedingte Schlafstörungen verweist, gilt Ähnliches. Dr. V. legte seiner Beurteilung - wenn auch anders verursachte - Schlafstörungen zu Grunde. Er nahm ausdrücklich eine entsprechende Tagesmüdigkeit an, leitete hieraus aber gerade keine zeitliche Leistungseinschränkung (sondern nur qualitative Einschränkungen) ab, was angesichts des erhobenen Befundes (keine Hinweise für kognitive oder mnestische Defizite) nachvollziehbar ist. Dr. G. berücksichtigte bei seiner Beurteilung die Angaben der Klägerin über schmerzbedingte Schlafstörungen und kam zum selben Ergebnis wie Dr. V. und damit zu einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen.

Im Ergebnis ist somit keiner der mit der Beurteilung der Leistungsfähigkeit beauftragten Ärz- te - und auch nicht Dr. P. (s.o.) - zu einer rentenrelevanten Einschränkung gelangt. Diese Beurteilungen sieht der Senat durch die Angaben der Klägerin zu ihren Alltagsaktivitäten bestätigt (bis Mitte 2017 Pflege der Mutter, "Aushilfstätigkeit" als Küchenplanerin auf einem nicht leidensgerechten, unergonomischen Arbeitsplatz, Versorgung des Haushalts und des Hundes insbesondere mit regelmäßigem Gassi gehen, Urlaube mit längerer Fahrdauer).

Unter Zugrundelegung all dessen hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Klägerin noch in der Lage ist, jedenfalls leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der oben genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass sie nicht - auch nicht teilweise - erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI).

Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es vorliegend nicht (vgl. BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94, auch zum Nachfolgenden), weswegen die Spekulationen der Klägerin im Hinblick auf eine mögliche leidensgerechte Tätigkeit ins Leere gehen. Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie der Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein. So liegt der Fall bei der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten im Wechsel zwischen (überwiegendem) Sitzen und (gelegentlichem) Stehen bzw. Gehen zugemutet werden, wobei der Sachverständige Dr. H. namentlich auch das "zumindest" gelegentliche bzw. kurzfristige Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg als "unbedenklich" bezeichnet hat (Bl. 113 SG-Akte S 4 R 1908/19), woraus sich in Ansehung des von ihm erhobenen klinischen Befunds der oberen Extremitäten (nur leichte Bewegungseinschränkung im Bereich der linken Schulter und des linken Ellenbogens bei lediglich endgradiger Schmerzhaftigkeit, Nacken- und Schürzengriff beidseits vollständig ohne Schmerzangabe möglich; Faust-, Spitz- und Schlüsselgriff der Hände beidseits kräftig, s. dazu bereits oben) eine wesentliche Beeinträchtigung für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht ableiten lässt, zumal der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme (Bl. 134 SG-Akte S 4 R 1908/19) klarstellend darauf hingewiesen hat, dass die Beeinträchtigungen der linken oberen Gliedmaßen insgesamt einer leichten Tätigkeit "ohne besondere Anforderungen" an diese Extremität(en) nicht entgegenstehen.

Soweit die Klägerin (pauschal) auf ihre "Beeinträchtigung" der linken Hand verwiesen hat, vermag der Senat eine entsprechende einschneidende Behinderung nicht zu erkennen, nachdem diese Hand bei der Untersuchung durch Dr. H. nur eine leichte Bewegungseinschränkung mit lediglich endgradiger Schmerzhaftigkeit gezeigt hat und die Klägerin - wie bereits dargelegt - in der Lage gewesen ist, den Faust-, Spitz- und Schlüsselgriff beidseits kräftig auszuführen. Ohnehin hat der Sachverständige auch insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme (s.o.) ausdrücklich klargestellt, dass lediglich "besondere Anforderungen" ausgeschlossen sind, was - wie oben dargelegt - keine außergewöhnliche Einschränkung bedeutet und auch im Übrigen keine ernsten Zweifel an der Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt begründet.

Soweit die Klägerin sinngemäß (und wiederum nur pauschal) gemeint hat, ihre Wegefähigkeit sei eingeschränkt, ist dem ebenfalls nicht zu folgen. Auf der Grundlage des klinischen Befunds und ihrer Angabe, dreimal täglich mit ihrem Hund spazieren zu gehen (500 bis 600 Meter, "20 bis 30 Minuten", Bl. 97, 98 SG-Akte S 4 R 1908/19), hat der Sachverständige Dr. H. schlüssig und nachvollziehbar eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Gehfähigkeit verneint, ohne dass es darauf ankommt, ob die Klägerin auf Unterarmgehstützen angewiesen ist. Denn bei der Beurteilung der Mobilität eines Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehhilfen) zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R; Senatsbeschluss vom 12.12.2016, L 10 R 2038/16). Ohnehin scheidet die Annahme einer fehlenden Wegefähigkeit der Klägerin hier bereits deshalb aus, weil sie nach eigenen Angaben (s.o.) ein Kfz nutzt (vgl. dazu nur BSG, a.a.O.), u.a. auch zum Aufsuchen ihres 25 km entfernten Arbeitsplatzes (s. Angabe Bl. 97 SG-Akte S 4 R 1908/19).

Soweit die Klägerin noch gemeint hat, dass man ihr geraten habe, einen GdB zu beantragen, ist dies für das vorliegende Verfahren schon deshalb irrelevant, weil selbst bei Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft dieser keinerlei Aussagekraft hinsichtlich der zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit eines Versicherten zukommt (BSG, Beschluss vom 19.09.2015, B 13 R 290/15 B). Ebenso irrelevant sind die Vermittlungschancen der Klägerin. Denn ob dem Versicherten ein für ihn geeigneter, freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, spielt für die Frage der Erwerbsminderung keine Rolle, da das Risiko, ob ein Versicherter auch tatsächlich einen für ihn geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz erhält, in den Bereich der Arbeitslosenversicherung fällt und deshalb nicht von der Rentenversicherung zu tragen ist, die ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (BSG, Urteil vom 14.05.1996, 4 RA 60/94). Irrelevant ist schließlich auch, ob die Klägerin weiterhin wegen Krankheit oder Behinderung behandlungsbedürftig oder - auch häufig - arbeitsunfähig ist (vgl. BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B). Der Begriff der Erwerbsminderung unterscheidet sich grundlegend von dem krankenversicherungsrechtlichen Begriff der Arbeitsunfähigkeit. Letztere richtet sich nach der arbeitsvertraglich geschuldeten, zuletzt ausgeübten Arbeit (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R), Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung sind indes - wie oben bereits ausgeführt - die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können. Deswegen ist auch nicht maßgeblich, dass sich die Klägerin in ihrem Beruf nur für "70 % arbeitsfähig" hält und dass ihr angeblich ein Oberarzt in Bad O. gesagt habe, dass man "anhand der Diagnosen gezwungen" sei, sie "arbeitsfähig" zu schreiben.

Abschließend merkt der Senat noch an, dass der wiederholte Hinweis der Klägerin auf das Verfahren S 8 R 1665/16 vorliegend nichts zur Sache tut. "Gerichtlich festgestellt" wurde in jenem Verfahren über LTA ohnehin nichts, nachdem die Klägerin ihre dortige Klage zurücknahm. Auch wenn im seinerzeitigen Verfahren davon ausgegangen wurde, dass LTA nicht in Betracht kommen, führt dies nicht dazu, dass die Klägerin nunmehr zu berenten wäre. Denn nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen im hiesigen Verfahren steht vielmehr fest, dass die Klägerin aus den vorstehenden Gründen eine Rente wegen Erwerbsminderung gerade nicht mit Erfolg beanspruchen kann. Demgemäß spielt auch ihr "Antrag" in jenem Verfahren, den Antrag auf LTA in einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente umzudeuten, keine entscheidungserhebliche Rolle.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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