Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 KO 2036/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vergütung des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Gutachtensauftrag vom 01.10.2019 wird auf 83,88 EUR festgesetzt. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
In dem beim Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren L 8 SB 152/19 ging es um die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers.
Nachdem ein vom Kläger vorgelegter augenärztlicher Befundbericht des Universitätsklinikums T. angesichts in der Vergangenheit aufgetretener Diskrepanzen in der Sehschärfebestimmung seitens der Beklagten zur Empfehlung weiterer Sachaufklärung (u.a. Sehschärfebestimmung mit "gutachterlichen Sehzeichen": Landolt-Ringe) führte, wurde der Antragsteller mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Weil der Kläger nicht zur Untersuchung erschienen war und nachfolgend die Berufung zurücknahm, gab der Antragsteller die Akten aufforderungsgemäß und ohne Gutachtenserstellung zurück und er verlangt nun ein Honorar für eine Stunde zu 100,00 EUR, das verauslagte Porto und die Umsatzsteuer, insgesamt 125,53 EUR.
Die Kostenbeamtin hat antragsgemäß eine Stunde, allerdings zu einem Stundensatz von 75 EUR, das verauslagte Porto und die gesetzliche Umsatzsteuer, insgesamt einen Betrag von 95,78 EUR vergütet.
Mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung hält der Antragsteller am Honorarsatz von 100,00 EUR fest und hat dies zunächst damit begründet, dass es sich um ein Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad gehandelt habe, weil vielschichtige Überlegungen anzustellen und unterschiedliche Vorgutachten zu berücksichtigen und zu bewerten gewesen seien. Nach richterlichem Hinweis, dass gar kein Gutachten erstatten worden sei, aus dem sich vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen ergeben könnten, trägt er nun vor, bereits bei Planung der Untersuchung in Bezug auf die Untersuchungsmethoden hätten sich aus dem Studium der Vorgutachten bzw. der Berufungsbegründung vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen ergeben.
II.
Über den Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) entscheidet der nach dem Geschäftsverteilungsplan für Kostensachen zuständige 10. Senat nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Einzelrichter. Gründe für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat liegen nicht vor.
Die richterliche Festsetzung der Vergütung ist kein Rechtsbehelf gegen die Feststellung der Kostenbeamtin. Sie erfolgt "originär", allein nach den gesetzlichen Regelungen und den vom Kostensenat aufgestellten Grundsätzen, also im Grundsatz unabhängig von den Berechnungen der Kostenbeamtin. Der Senat kann die Vergütung daher auch niedriger festsetzen.
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist. Dementsprechend wird es gem. § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages. Hier gehen die Beteiligten übereinstimmend und zutreffend von einer vergütungsfähigen Stunde aus.
Medizinische Sachverständige erhalten nach § 9 Abs. 1 für jede Stunde ein Honorar in Höhe von 65, 75 oder 100 EUR, je nachdem, welcher Honorargruppe (M 1 bis M 3) das von ihnen erstattete Gutachten nach der Anlage 1 JVEG zuzuordnen ist.
In Anlage 1 des JVEG werden die medizinischen Gutachten ihrem Schwierigkeitsgrad entsprechend in die bereits genannten drei Honorargruppen M 1, M 2 und M 3 eingeteilt, wobei sich der Gesetzgeber an den verschiedenen Gegenständen medizinischer Gutachten und ihrem Umfang orientiert hat und die Vergütung damit aufwandsbezogen gestaltet haben will (BTDrs. 15/1971 Seite 186). Im Einzelnen lautet die Regelung (soweit der typische Bereich der Sozialgerichtsbarkeit betroffen ist):
Gegenstand medizinischer und psychologischer Gutachten Honorar M1 Einfache gutachtliche Beurteilungen, insbesondere
• zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung 65 EUR M2 Beschreibende (Ist-Zustands-) Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, insbesondere Gutachten
• in Verfahren nach dem SGB IX, • zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität, • zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebungen (z.B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen), 75 EUR M3 Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten
• zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen, • in Verfahren nach dem OEG, • zur Geschäfts- oder Prozessfähigkeit, • zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten. 100 EUR
Nach der ständigen Rechtsprechung des Kostensenats (vgl. Beschluss vom 22.09.2004, L 12 RJ 3868/04 KO-A, u.a. in juris und MedR 2006, 118) gelten folgende Kriterien:
Einfachere gutachtliche Beurteilungen mit einer Vergütung nach Honorargruppe M 1 (65 EUR) sind medizinische Gutachten, bei denen die Diagnose zu beurteilender Gesundheitsstörungen verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind, insbesondere wenn die Beurteilung durch antizipierte Sachverständigengutachten oder einschlägige Tabellenwerke erleichtert wird. Hierunter fallen etwa • augen- und ohrenfachärztliche Gutachten zur Frage des Ausmaßes einer Seh- oder Hörminderung sowie • Gutachten unabhängig vom Sachgebiet (also auch die unten genannten "Zustandsgutachten") ohne schwierige Diagnostik, wenn die Beurteilung - z.B. bei einer Monoverletzung - im Wesentlichen auf Zustand oder Funktion eines Organs (Organpaares) bzw. Körperteiles gerichtet ist und keine komplizierten Überlegungen anzustellen sind.
Gutachten mit einer Vergütung nach der Honorargruppe M 2 (75 EUR) sind die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gutachten, die durchschnittliche Anforderungen stellen. In diese Gruppe fällt daher der Großteil der von den Sozialgerichten eingeholten Gutachten. Gutachten mit durchschnittlicher Schwierigkeit sind solche, bei denen die diagnostischen oder die ätiologischen Fragen oder die Beurteilung des Leistungsvermögens eingehendere Überlegungen erfordern. Hierbei handelt es sich • vor allem um sog. "Zustandsgutachten", in denen das Leistungsvermögen des Untersuchten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung oder im Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX und • die Leidensbesserungen oder -verschlimmerungen bei Neufeststellungen in der gesetzlichen Unfallversicherung oder im sozialen Entschädigungsrecht unter Berücksichtigung von Vorgutachten und Vorbefunden zu erörtern sind sowie • Gutachten aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung oder des sozialen Entschädigungsrechts, wenn die zu klärenden Kausalfragen keine besonders schwierigen Überlegungen erfordern, insbesondere wenn sich die Beantwortung der Kausalfragen ohne kritische Auseinandersetzung allein an den Standardwerken der unfallmedizinischen Literatur (z.B. Schöneberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit) orientiert.
Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad nach der Honorargruppe M 3 (100 EUR) liegen vor, wenn der Sachverständige umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen anstellen muss. Die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen, aber auch andere Gründe haben, z.B. durch eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben bedingt sein. In erster Linie sind hier • Zusammenhangsgutachten in der gesetzlichen Unfallversicherung und im sozialen Entschädigungsrecht einzuordnen, die sich im notwendigen Umfang mit den im Schrifttum vertretenen wissenschaftlichen Meinungen im Gutachten auseinandersetzen sowie • Zustandsgutachten bei sehr komplizierten, widersprüchlichen Befunden und entsprechenden Schwierigkeiten bei deren diagnostischer Einordnung. In diese Honorargruppe gehören auch die in der Anlage 1 des JVEG beispielhaft aufgeführten Gutachten zur Geschäfts- oder Prozessfähigkeit, sofern der eingangs dargestellte hohe Schwierigkeitsgrad vorliegt.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer nach dem Schwierigkeitsgrad völlig gleichmäßigen Abstufung die betragsmäßig ungleichmäßige, aber vom Gesetz verbindlich vorgegebene unterschiedliche Vergütung der Honorargruppen von 65 EUR über 75 EUR bis zu 100 EUR nicht nachvollziehbar erscheinen würde. Deshalb erfordert eine Vergütung nach Honorargruppe M 3 einen gegenüber Gutachten, die nach Honorargruppe M 2 vergütet werden, deutlich höheren Schwierigkeitsgrad, wobei sich dieser Schwierigkeitsgrad gerade aus den Darlegungen im Gutachten entnehmen lassen muss. Es genügt daher für eine Vergütung nach Honorargruppe M 3 nicht, dass ein schwieriges Gutachten in Auftrag gegeben wurde. Aus dem Gutachten selbst muss sich vielmehr ergeben, dass der Sachverständige die geforderten vielseitigen bzw. vielschichtigen Überlegungen auch anstellte und wodurch diese veranlasst wurden.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Honorar für die Aktendurchsicht nach Honorargruppe M 1 zu bemessen.
Entgegen der ursprünglichen Auffassung des Sachverständigen kommt es für die Einstufung in die Honorargruppen regelmäßig nicht auf den Gutachtensauftrag an, ob also nach den Beweisfragen ein einfaches, durchschnittliches oder schwieriges Gutachten zu erwarten war, sondern darauf, was für ein Gutachten schließlich erstattet wurde. Denn auch bei augenscheinlich schwierigen Beweisfragen kann die Beantwortung einfach oder durchschnittlich sein (z. B. weil die Untersuchung einen bislang unbekannten Aspekt lieferte), und umgekehrt. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, nach welcher Honorargruppe bei Erstattung des Gutachtens durch den Antragsteller die Vergütung hätte erfolgen müssen. Denn ein Gutachten wurde tatsächlich nicht erstattet.
Damit geht der Vortrag des Antragstellers in seinem Antrag auf richterliche Festsetzung, es habe sich um ein Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad gehandelt, weil vielschichtige Überlegungen anzustellen und unterschiedliche Vorgutachten zu berücksichtigen und zu bewerten gewesen seien, am Sachverhalt vorbei, eben weil es nicht zur Gutachtenserstellung mit solchen Überlegungen kam.
Auch die Ausführungen des Antragstellers auf den entsprechenden richterlichen Hinweis, bereits bei Planung der Untersuchung in Bezug auf die Untersuchungsmethoden seien vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen erforderlich gewesen, führen zu keiner anderen Bewertung. Zu klären wäre eine Sehminderung und eine Gesichtsfeldeinschränkung gewesen, wobei bereits die Beklagte für den Sehtest und im Hinblick auf die dabei in der Vergangenheit aufgetretenen Diskrepanzen die geeignete Untersuchungsmethode nach DIN 58220 (Landolt-Ringe) beschrieb. Es erschließt sich nicht und es ist vom Antragsteller auch nicht dargelegt, welche vielseitigen bzw. vielschichtigen Überlegungen er im Vorfeld der Untersuchung angestellt haben will. Gerade augenfachärztliche Gutachten zur Frage des Ausmaßes einer Sehminderung - und damit auch die Auswahl der entsprechenden Untersuchungen - fallen nach den oben dargelegten Grundsätzen unter die Honorargruppe M 1, wobei es an dieser Stelle keiner Darlegung bedarf, dass auch augenärztliche Gutachten mit einer abverlangten Beurteilung des GdB - die hier nicht erfolgte - nach den dargelegten Grundsätzen die Voraussetzungen für eine Vergütung nach Honorargruppe M 2 erfüllen.
Soweit der Antragsteller das Studium von Vorgutachten anführt, trifft seine Argumentation schon deshalb nicht zu, weil gar keine Vorgutachten vorlagen. Auf augenärztlichem Gebiet lagen Befundberichte der Behandler, deren sachverständige Zeugenauskünfte, versorgungsärztliche Stellungnahmen und - im Berufungsverfahren vorgelegt und die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung begründend - der Befundbericht des Universitätsklinikums T. mit einem einzigen Satz zum Grad der Behinderung vor. Im Übrigen ist auch mit Blick auf diese Vorbefunde weder ersichtlich noch vom Antragsteller dargelegt, welche vielseitigen bzw. vielschichtigen Überlegungen er im Vorfeld der Untersuchung angestellt haben will. Gleiches gilt in Bezug auf die Berufungsbegründung, in der sich der Kläger lediglich auf den Befundbericht des Universitätsklinikums T. bezog.
Damit steht dem Antragsteller bei einer zu vergütenden Stunde ein Honorar in Höhe von 65,00 EUR zu. Mit dem verauslagten Porto (5,49 EUR) und der gesetzlichen Umsatzsteuer (19 %) ergibt sich eine Vergütung in Höhe von 83,88 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Gründe:
I.
In dem beim Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren L 8 SB 152/19 ging es um die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers.
Nachdem ein vom Kläger vorgelegter augenärztlicher Befundbericht des Universitätsklinikums T. angesichts in der Vergangenheit aufgetretener Diskrepanzen in der Sehschärfebestimmung seitens der Beklagten zur Empfehlung weiterer Sachaufklärung (u.a. Sehschärfebestimmung mit "gutachterlichen Sehzeichen": Landolt-Ringe) führte, wurde der Antragsteller mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Weil der Kläger nicht zur Untersuchung erschienen war und nachfolgend die Berufung zurücknahm, gab der Antragsteller die Akten aufforderungsgemäß und ohne Gutachtenserstellung zurück und er verlangt nun ein Honorar für eine Stunde zu 100,00 EUR, das verauslagte Porto und die Umsatzsteuer, insgesamt 125,53 EUR.
Die Kostenbeamtin hat antragsgemäß eine Stunde, allerdings zu einem Stundensatz von 75 EUR, das verauslagte Porto und die gesetzliche Umsatzsteuer, insgesamt einen Betrag von 95,78 EUR vergütet.
Mit seinem Antrag auf richterliche Festsetzung hält der Antragsteller am Honorarsatz von 100,00 EUR fest und hat dies zunächst damit begründet, dass es sich um ein Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad gehandelt habe, weil vielschichtige Überlegungen anzustellen und unterschiedliche Vorgutachten zu berücksichtigen und zu bewerten gewesen seien. Nach richterlichem Hinweis, dass gar kein Gutachten erstatten worden sei, aus dem sich vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen ergeben könnten, trägt er nun vor, bereits bei Planung der Untersuchung in Bezug auf die Untersuchungsmethoden hätten sich aus dem Studium der Vorgutachten bzw. der Berufungsbegründung vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen ergeben.
II.
Über den Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) entscheidet der nach dem Geschäftsverteilungsplan für Kostensachen zuständige 10. Senat nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Einzelrichter. Gründe für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat liegen nicht vor.
Die richterliche Festsetzung der Vergütung ist kein Rechtsbehelf gegen die Feststellung der Kostenbeamtin. Sie erfolgt "originär", allein nach den gesetzlichen Regelungen und den vom Kostensenat aufgestellten Grundsätzen, also im Grundsatz unabhängig von den Berechnungen der Kostenbeamtin. Der Senat kann die Vergütung daher auch niedriger festsetzen.
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist. Dementsprechend wird es gem. § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages. Hier gehen die Beteiligten übereinstimmend und zutreffend von einer vergütungsfähigen Stunde aus.
Medizinische Sachverständige erhalten nach § 9 Abs. 1 für jede Stunde ein Honorar in Höhe von 65, 75 oder 100 EUR, je nachdem, welcher Honorargruppe (M 1 bis M 3) das von ihnen erstattete Gutachten nach der Anlage 1 JVEG zuzuordnen ist.
In Anlage 1 des JVEG werden die medizinischen Gutachten ihrem Schwierigkeitsgrad entsprechend in die bereits genannten drei Honorargruppen M 1, M 2 und M 3 eingeteilt, wobei sich der Gesetzgeber an den verschiedenen Gegenständen medizinischer Gutachten und ihrem Umfang orientiert hat und die Vergütung damit aufwandsbezogen gestaltet haben will (BTDrs. 15/1971 Seite 186). Im Einzelnen lautet die Regelung (soweit der typische Bereich der Sozialgerichtsbarkeit betroffen ist):
Gegenstand medizinischer und psychologischer Gutachten Honorar M1 Einfache gutachtliche Beurteilungen, insbesondere
• zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung 65 EUR M2 Beschreibende (Ist-Zustands-) Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, insbesondere Gutachten
• in Verfahren nach dem SGB IX, • zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität, • zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebungen (z.B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen), 75 EUR M3 Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten
• zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen, • in Verfahren nach dem OEG, • zur Geschäfts- oder Prozessfähigkeit, • zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten. 100 EUR
Nach der ständigen Rechtsprechung des Kostensenats (vgl. Beschluss vom 22.09.2004, L 12 RJ 3868/04 KO-A, u.a. in juris und MedR 2006, 118) gelten folgende Kriterien:
Einfachere gutachtliche Beurteilungen mit einer Vergütung nach Honorargruppe M 1 (65 EUR) sind medizinische Gutachten, bei denen die Diagnose zu beurteilender Gesundheitsstörungen verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind, insbesondere wenn die Beurteilung durch antizipierte Sachverständigengutachten oder einschlägige Tabellenwerke erleichtert wird. Hierunter fallen etwa • augen- und ohrenfachärztliche Gutachten zur Frage des Ausmaßes einer Seh- oder Hörminderung sowie • Gutachten unabhängig vom Sachgebiet (also auch die unten genannten "Zustandsgutachten") ohne schwierige Diagnostik, wenn die Beurteilung - z.B. bei einer Monoverletzung - im Wesentlichen auf Zustand oder Funktion eines Organs (Organpaares) bzw. Körperteiles gerichtet ist und keine komplizierten Überlegungen anzustellen sind.
Gutachten mit einer Vergütung nach der Honorargruppe M 2 (75 EUR) sind die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gutachten, die durchschnittliche Anforderungen stellen. In diese Gruppe fällt daher der Großteil der von den Sozialgerichten eingeholten Gutachten. Gutachten mit durchschnittlicher Schwierigkeit sind solche, bei denen die diagnostischen oder die ätiologischen Fragen oder die Beurteilung des Leistungsvermögens eingehendere Überlegungen erfordern. Hierbei handelt es sich • vor allem um sog. "Zustandsgutachten", in denen das Leistungsvermögen des Untersuchten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung oder im Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX und • die Leidensbesserungen oder -verschlimmerungen bei Neufeststellungen in der gesetzlichen Unfallversicherung oder im sozialen Entschädigungsrecht unter Berücksichtigung von Vorgutachten und Vorbefunden zu erörtern sind sowie • Gutachten aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung oder des sozialen Entschädigungsrechts, wenn die zu klärenden Kausalfragen keine besonders schwierigen Überlegungen erfordern, insbesondere wenn sich die Beantwortung der Kausalfragen ohne kritische Auseinandersetzung allein an den Standardwerken der unfallmedizinischen Literatur (z.B. Schöneberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit) orientiert.
Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad nach der Honorargruppe M 3 (100 EUR) liegen vor, wenn der Sachverständige umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen anstellen muss. Die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen, aber auch andere Gründe haben, z.B. durch eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben bedingt sein. In erster Linie sind hier • Zusammenhangsgutachten in der gesetzlichen Unfallversicherung und im sozialen Entschädigungsrecht einzuordnen, die sich im notwendigen Umfang mit den im Schrifttum vertretenen wissenschaftlichen Meinungen im Gutachten auseinandersetzen sowie • Zustandsgutachten bei sehr komplizierten, widersprüchlichen Befunden und entsprechenden Schwierigkeiten bei deren diagnostischer Einordnung. In diese Honorargruppe gehören auch die in der Anlage 1 des JVEG beispielhaft aufgeführten Gutachten zur Geschäfts- oder Prozessfähigkeit, sofern der eingangs dargestellte hohe Schwierigkeitsgrad vorliegt.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer nach dem Schwierigkeitsgrad völlig gleichmäßigen Abstufung die betragsmäßig ungleichmäßige, aber vom Gesetz verbindlich vorgegebene unterschiedliche Vergütung der Honorargruppen von 65 EUR über 75 EUR bis zu 100 EUR nicht nachvollziehbar erscheinen würde. Deshalb erfordert eine Vergütung nach Honorargruppe M 3 einen gegenüber Gutachten, die nach Honorargruppe M 2 vergütet werden, deutlich höheren Schwierigkeitsgrad, wobei sich dieser Schwierigkeitsgrad gerade aus den Darlegungen im Gutachten entnehmen lassen muss. Es genügt daher für eine Vergütung nach Honorargruppe M 3 nicht, dass ein schwieriges Gutachten in Auftrag gegeben wurde. Aus dem Gutachten selbst muss sich vielmehr ergeben, dass der Sachverständige die geforderten vielseitigen bzw. vielschichtigen Überlegungen auch anstellte und wodurch diese veranlasst wurden.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Honorar für die Aktendurchsicht nach Honorargruppe M 1 zu bemessen.
Entgegen der ursprünglichen Auffassung des Sachverständigen kommt es für die Einstufung in die Honorargruppen regelmäßig nicht auf den Gutachtensauftrag an, ob also nach den Beweisfragen ein einfaches, durchschnittliches oder schwieriges Gutachten zu erwarten war, sondern darauf, was für ein Gutachten schließlich erstattet wurde. Denn auch bei augenscheinlich schwierigen Beweisfragen kann die Beantwortung einfach oder durchschnittlich sein (z. B. weil die Untersuchung einen bislang unbekannten Aspekt lieferte), und umgekehrt. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, nach welcher Honorargruppe bei Erstattung des Gutachtens durch den Antragsteller die Vergütung hätte erfolgen müssen. Denn ein Gutachten wurde tatsächlich nicht erstattet.
Damit geht der Vortrag des Antragstellers in seinem Antrag auf richterliche Festsetzung, es habe sich um ein Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad gehandelt, weil vielschichtige Überlegungen anzustellen und unterschiedliche Vorgutachten zu berücksichtigen und zu bewerten gewesen seien, am Sachverhalt vorbei, eben weil es nicht zur Gutachtenserstellung mit solchen Überlegungen kam.
Auch die Ausführungen des Antragstellers auf den entsprechenden richterlichen Hinweis, bereits bei Planung der Untersuchung in Bezug auf die Untersuchungsmethoden seien vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen erforderlich gewesen, führen zu keiner anderen Bewertung. Zu klären wäre eine Sehminderung und eine Gesichtsfeldeinschränkung gewesen, wobei bereits die Beklagte für den Sehtest und im Hinblick auf die dabei in der Vergangenheit aufgetretenen Diskrepanzen die geeignete Untersuchungsmethode nach DIN 58220 (Landolt-Ringe) beschrieb. Es erschließt sich nicht und es ist vom Antragsteller auch nicht dargelegt, welche vielseitigen bzw. vielschichtigen Überlegungen er im Vorfeld der Untersuchung angestellt haben will. Gerade augenfachärztliche Gutachten zur Frage des Ausmaßes einer Sehminderung - und damit auch die Auswahl der entsprechenden Untersuchungen - fallen nach den oben dargelegten Grundsätzen unter die Honorargruppe M 1, wobei es an dieser Stelle keiner Darlegung bedarf, dass auch augenärztliche Gutachten mit einer abverlangten Beurteilung des GdB - die hier nicht erfolgte - nach den dargelegten Grundsätzen die Voraussetzungen für eine Vergütung nach Honorargruppe M 2 erfüllen.
Soweit der Antragsteller das Studium von Vorgutachten anführt, trifft seine Argumentation schon deshalb nicht zu, weil gar keine Vorgutachten vorlagen. Auf augenärztlichem Gebiet lagen Befundberichte der Behandler, deren sachverständige Zeugenauskünfte, versorgungsärztliche Stellungnahmen und - im Berufungsverfahren vorgelegt und die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung begründend - der Befundbericht des Universitätsklinikums T. mit einem einzigen Satz zum Grad der Behinderung vor. Im Übrigen ist auch mit Blick auf diese Vorbefunde weder ersichtlich noch vom Antragsteller dargelegt, welche vielseitigen bzw. vielschichtigen Überlegungen er im Vorfeld der Untersuchung angestellt haben will. Gleiches gilt in Bezug auf die Berufungsbegründung, in der sich der Kläger lediglich auf den Befundbericht des Universitätsklinikums T. bezog.
Damit steht dem Antragsteller bei einer zu vergütenden Stunde ein Honorar in Höhe von 65,00 EUR zu. Mit dem verauslagten Porto (5,49 EUR) und der gesetzlichen Umsatzsteuer (19 %) ergibt sich eine Vergütung in Höhe von 83,88 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
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