L 4 KR 1631/20 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 28 KR 399/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1631/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. April 2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die vorläufige Kostentragung für die Versorgung mit Zahnersatz gemäß Heil- und Kostenplan vom 24. Mai 2019.

Facharzt für Oralchirugie und Implantation Dr. K. reichte am 24. Mai 2019 für die Behandlung des Antragstellers die am selben Tag erstellten Heil- und Kostenpläne 4678 und 4679 bei der Antragsgegnerin ein und bat um Veranlassung einer Begutachtung, da aufgrund der Diagnosestellung eine "Ausnahmeindikation nach § 28" Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) vorliege. Heil- und Kostenplan 4678 sah eine Versorgung mit sechs Implantaten im Oberkiefer vor (veranschlagte Gesamtkosten in Höhe von 4.760,87 EUR), Nr. 4679 die weitere Versorgung mit einer hieran zu befestigenden Suprakonstruktion in Form von Teleskopkronen und Brücken. Hierfür wurden im beiliegenden Kostenvoranschlag Gesamtkosten in Höhe von 10.015,51 EUR (Honorar 3.438,82 EUR; Material und Laborkosten 6.578,69 EUR) veranschlagt.

Durch mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 14. Juni 2019 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Kostenübernahme des Antragstellers ab ("wir können Ihren Antrag auf Kostenübernahme für Zahnersatz nicht im geplanten Umfang bezuschussen") und erklärte, sie habe den Heil- und Kostenplan an dessen Zahnarztpraxis zurückgesandt. Mit gesondertem Schreiben gleichen Datums teilte die Antragsgegnerin Dr. K. die Ablehnung mit und bat um die Prüfung des Heil- und Kostenplan hinsichtlich der Freiendbrücken mit mehr als einem Bindeglied. Dergleichen sei keine Kassenleistung und löse in der Regelversorgung und Therapieplanung nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Zahnersatz-Richtlinie) keinen Festzuschuss aus.

Mit Schreiben vom 19. Juni 2019 sandte Dr. K. den Heil- und Kostenplan unverändert zurück an die Antragsgegnerin mit der Bitte um Prüfung des "unbearbeiteten Antrages" auf eine Ausnahmeindikation. Es liege kein Regelfall oder eine konventionelle Kassenleistung vor, da eine Ausnahmeindikation bestehe. Im weiteren Verlauf forderte er die Antragsgegnerin zur Durchführung einer entsprechenden Begutachtung auf.

Eine von der Antragsgegnerin veranlasste Begutachtung durch den Zahnarzt Dr. T., gegen die Dr. K. dessen fehlende Qualifikation für die maßgebliche Frage einwandte, wurde in der Folge nicht durchgeführt.

Nachdem der nun rechtsanwaltlich vertretene Antragsteller den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V geltend gemacht hatte, bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. November 2019 die Kostenübernahme für die kieferchirurgische Behandlung für Implantate im Bereich der sechs im Heil- und Kostenplan 4678 vorgesehenen Zähne in der dort geltend gemachten Gesamthöhe von 4.760,87 EUR. Den gesetzlichen Festzuschuss für die Suprakonstruktion könne sie erst festlegen, wenn ein vertraglicher Heil- und Kostenplan mit regelkonformer Versorgung und entsprechenden Festzuschüssen vorgelegt werde. Die im Heil- und Kostenplan 4679 vorgesehene Versorgung mit zwei Freiendbrücken sei keine Kassenleistung (Verweis auf den Ablehnungsbescheid vom 14. Juni 2019).

Am 31. Januar 2020 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Stuttgart (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Übernahme der Kosten für den Heil- und Kostenplan vom 24. Mai 2019 Nr. 4679 durch die Antragsgegnerin. Er habe durch die Strahlen- und Chemotherapie wegen Tonsillenkarzinoms sämtliche Zähne verloren. Hinsichtlich des Unterkiefers sei eine Versorgung – nach der entsprechenden Genehmigung durch die Antragsgegnerin – bereits erfolgt. Derzeit sei er mit einem Gebiss versorgt, das mit allen marktgängigen, von ihm getesteten Haftcremes jedoch nicht halte. Daher könne er ausschließlich Nahrung in Brei- oder Suppenform zu sich nehmen. Er wiege bei einer Körpergröße von 190 cm nur noch 73 kg. Dies entspreche einem Body-Maß-Index (BMI) von 20,2 kg/m² und liege somit deutlich unter dem Normalbereich von 24 bis 29 kg/m² (vorgelegte eidesstattliche Versicherung vom 16. Dezember 2019). Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus der Genehmigungsfiktion (Verweis auf Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27. Juni 2017 – L 5 KR 260/16 –). Der Heil- und Kostenplan sei von der Praxis nach am 24. Mai 2019 an die Antragsgegnerin versandt worden. Diese habe erst mit Schreiben vom 9. Juli 2019 und damit außerhalb der Drei-Wochen-Frist über die Einleitung der Begutachtung informiert. Sofern in dem Schreiben vom 14. Juni 2019 ein Bescheid vorliege, so habe jedenfalls Dr. K. Widerspruch erhoben. Die Antragsgegnerin lasse außerdem außer Acht, dass aufgrund des bestehenden Krankheitsbildes ein Fall der Ausnahmeindikation nach § 28 Absatz 2 Satz 9 SGB V vorliege. Nach der Festlegung des Gemeinsamen Bundesausschusses liege eine solche bei einer dauerhaft bestehenden extremen Sklerotomie (Mundtrockenheit) vor, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung, wie es bei ihm, dem Antragsteller, gegeben sei. Auch lägen in Folge der Tumoroperation größere Kieferdefekte vor.

Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen. Bereits ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Der Ablehnungsbescheid vom 14. Juni 2019 sei nicht angefochten und damit bestandskräftig geworden. Es sei lediglich ein Gutachterverfahren zur Prüfung einer Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V beantragt worden. Dieses sei nicht zustande gekommen, da für die Entscheidung über die Implantatversorgung die Frist nach § 13 Abs. 3a SGB V versäumt worden sei. Daher habe sie, die Antragsgegnerin, die Kostenübernahme für die Implantatversorgung mit Bescheid vom 6. November 2019 genehmigt. Eine Kostenbeteiligung an dem Zahnersatz im Oberkiefer sei nicht möglich, da die gewählte Versorgungsform unter Einschluss einer Freiendbrücke nicht den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses entspreche (Abschnitt D.II.2 Zahnersatz-Richtlinie). Außerdem sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Antragstellers seien keine Angaben gemacht worden.

Mit Beschluss vom 9. April 2020 lehnte das SG den Antrag ab. Der Ablehnungsbescheid vom 14. Juni 2019 sei nicht bestandskräftig geworden, da die Einwendungen von Dr. K. als Widerspruch des Antragstellers auszulegen seien. Dieser habe jedoch keinen Anspruch auf die Versorgung mit Zahnersatz gemäß dem Heil- und Kostenplan 4679. Der Anspruch bestimme sich nach §§ 27, 55, 56 Abs. 2 SGB V i.V.m. Zahnersatz-Richtlinie. Die in D.II.22 Zahnersatz-Richtlinie normierten Voraussetzungen für eine Versorgung mit Brücken lägen nicht vor. D.II.36 b Zahnersatz-Richtlinie gewähre einen Anspruch auf Versorgung mit einer Suprakonstruktion bei atrophiertem zahnlosen Kiefer, wie er beim Antragsteller vorliege. Nach D.V.37 Zahnersatz-Richtlinie sei in einem solchem Fall die Versorgung im Rahmen der Regelversorgung auf die Versorgung mit einer Totalprothese begrenzt, über die der Antragsteller bereits verfüge. Die Ausnahmeregelung des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V gelte nach ihrem Wortlaut ausschließlich für implantologische Maßnahmen. Ein Anspruch aufgrund einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V bestehe nicht, da die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. Juni 2019 innerhalb der Drei-Wochen-Frist über den frühestens am 25. Mai 2019 gestellten Antrag entschieden habe.

Gegen diesen ihm am 15. April 2020 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 15. Mai 2020 beim SG Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Zu deren Begründung hat er unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens ausgeführt, entgegen der Auffassung des SG stelle das "Schreiben" vom 14. Juni 2020 keinen Verwaltungsakt dar. Des Weiteren sei zu berücksichtigten, dass zu keinem Zeitpunkt eine Regelversorgung beantragt worden sei, sondern eine andersartige Versorgungsform im Rahmen einer Ausnahmeindikation.

Der Antragsteller beantragt (sachdienlich gefasst),

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. April 2020 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für den Heil- und Kostenplan vom 24. Mai 2019, Nr. 4679, zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. mit dem Heil- und Kostenplan, Nr. 4679, sei eine Versorgung beantragt worden, die nicht den Zahnersatz-Richtlinien entspreche.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

1. Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insbesondere nicht nach §§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 SGG ausgeschlossen. Die Kosten für die begehrte Zahnersatzversorgung belaufen sich nach dem vorgelegten Kostenvoranschlag auf 10.015,51 EUR.

2. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Kostenübernahme für die im Heil- und Kostenplan Nr. 4679 vorgesehene – implantatgestütze – Zahnersatzversorgung des Oberkiefers. Die Versorgung mit Implantaten war Inhalt des Heil- und Kostenplans Nr. 4678 und wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. November 2019 in beantragtem Umfange bewilligt.

3. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – juris, Rn. 23 ff. und vom 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09 – juris, Rn. 11). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt bereits ein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit nicht vor. Der Antragsteller ist nach seinen eigenen Angaben – bei bestehender und funktionierender Unterkieferversorgung – für den Oberkiefer mit einer Totalprothese versorgt. Hierzu trägt er vor, diese nicht ausreichend befestigen zu können; er habe alle marktgängigen Haftcremes ausprobiert. So könne er nur noch Flüssignahrung zu sich nehmen. Ob und inwieweit er insoweit um fachmännische Hilfe nachgesucht hat, hat er nicht vorgetragen. Weiter führt er an, sein Gewicht sei auf 73 kg (bei 1,90 m Körpergröße; BMI 20,2 kg/m²) zurückgegangen. Mit dem angegebenen BMI liegt der Antragsteller entgegen seiner Einschätzung im Bereich des Normalgewichts (BMI 18,5 – ( 25 kg/m²; vgl. Pschyrembel-online, Stichwort Body-Mass-Index). Eine hierdurch bedingte Gesundheitsgefährdung ist daher nicht erkennbar. Der Antragsteller selbst hat eine solche auch nicht substantiiert behauptet und erst recht nicht, etwa durch ärztliche Unterlagen oder Bescheinigungen, glaubhaft gemacht. Gegen eine besondere Eilbedürftigkeit spricht auch, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG erst acht Monate nach Aufstellung des Heil- und Kostenplans gestellt wurde. Des Weiteren hat der Antragsteller weder behauptet noch glaubhaft gemacht, die Kosten nicht – vorläufig – selbst tragen zu können. Zwar handelt es sich bei den veranschlagten 10.015,51 EUR um eine hohe Summe. Allerdings hat der – rechtsanwaltlich vertretene – Antragsteller bislang keinerlei Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht, obwohl die Antragsgegnerin bereits im Schriftsatz vom 6. Februar 2020 auf deren Fehlen hingewiesen hatte. Es ist daher zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung nicht erkennbar, dass der Antragsteller die Kosten trotz der genannten Höhe nicht vorläufig übernehmen könnte. Schließlich ist zu beachten, dass im Falle einer zusprechenden Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Hauptsache bereits vorweggenommen wäre. Eine Solches rechtfertigende Eilbedürftigkeit ist nach dem Vorstehenden nicht gegeben.

c) Ob der Antragsteller einen Anordnungsanspruch i.S.e. materiell-rechtlichen Leistungsanspruches hat, kann der Senat daher offenlassen. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob einem solchen Anspruch die von Antragsgegnerin und SG angeführten Regelungen D.II.22 oder D.V.36, 37 Zahnersatz-Richtlinie entgegenstehen. Denn die Zahnersatz-Richtlinie regelt gemäß § 92 in Verbindung mit §§ 73 Abs. 2 Nr. 2a, 56 Abs. 2 SGB V die Regelversorgung mit Zahnersatz, Zahnkronen und Suprakonstruktionen (vgl. A.1. Zahnersatz-Richtlinie). Der Antragsteller stützt sein Begehren aber ausweislich der Schreiben von Dr. K. vom 24. Mai und 19. Juni 2019 ausdrücklich auf eine Ausnahmeindikation nach § 28 SGB V, gemeint nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V. Die vom SG angeführte Regelung D.V.36, 37 Zahnersatz-Richtlinie über die Begrenzung auf eine Totalprothese betrifft schon tatbestandlich nur den Anspruch auf Suprakonstruktion bei atrophiertem zahnlosen Kiefer, also einer medizinischen Situation, die gerade nicht unter die Ausnahmeindikation des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V und die dort erfasste medizinische Gesamtbehandlung fällt.

Die in § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V enthaltene – und durch die Behandlungs-Richtlinie näher ausgestaltete – Regelung gewährt bei Vorliegen einer Ausnahmeindikation einen Anspruch auf die implantologischen Leistungen, ausdrücklich einschließlich Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung. Die Antragsgegnerin hat mithin gemäß B.VII.Nr. 2 und 4 der Behandlungs-Richtlinie – entweder im Rahmen eines Widerspruchs- oder Neuantragsverfahrens – den Antragsteller durch einen implantologisch erfahrenen Zahnarzt zu begutachten.

4. Die Kostenerstattung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

5. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved