Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1290/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2978/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 19. August 2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
1. Die am 17. September 2020 beim Sozialgericht Konstanz (SG) zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 19. August 2020 ist zulässig, insbesondere ist sie nicht gemäß §§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Denn das Begehren der Antragstellerin, die Antragsgegnerin vorläufig zur Gewährung einer Haushaltshilfe für die Zeit vom 30. Mai 2020 bis 30. Juni 2020 in Form der Erstattung des Verdienstausfalles ihres Ehemannes zu verpflichten, übersteigt den Beschwerdewert von 750,00 EUR.
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit – wie hier – nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache können auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden, solange jedenfalls nicht schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – juris, Rn. 23 ff. und vom 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09 – juris, Rn. 11). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
b) Bei Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt bereits kein Anordnungsgrund i.S.e. besonderen Eilbedürftigkeit vor. Die Antragstellerin begehrt die Gewährung von Haushaltshilfe für einen bei Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz bereits in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass und aus welchen Gründen grundsätzlich durch Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine Leistungen für einen Zeitpunkt erstritten werden können, der vor der Erhebung des Antrags bei Gericht liegt, und in welchen dies ausnahmsweise nicht gilt. Ebenso zutreffend hat es in Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Antragstellerin dargelegt, dass diese nicht glaubhaft gemacht hat, dass eine in der Vergangenheit eingetretene Notlage noch in die Gegenwart hineinwirkt, dass also fehlende oder unzulängliche Leistungen in der Vergangenheit wirtschaftliche Auswirkungen in der Gegenwart zeitigen. Der Senat schließt sich dem an und nimmt nach eigener Prüfung auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Auch dem Beschwerdevorbringen ist eine bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats fortbestehende Eilbedürftigkeit nicht zu entnehmen. Die Antragstellerin hat ausgeführt, sie und ihr Ehegatte müssten auf einen noch offenen Gesamtkredit in Höhe von 50.000,00 EUR monatliche Raten leisten. Aufgrund des Lohnausfalles ihres Ehegatten und nichtkompensierter Zahlungen der Antragsgegnerin als Haushaltshilfekosten hätten sie diese Ratenzahlungsverpflichtung nicht mehr einhalten können, weshalb es per 21. August 2020 zu einem Zahlungsrückstand über 686,97 EUR gekommen sei und die kreditgebende Bank die Kündigung des Darlehensvertrages angedroht habe. Komme es zur bereits angedrohten Kündigung des Darlehensvertrages, müsse die gesamte Restschuld mit nach wie vor fast 50.000,00 EUR sofort und in einer Summe zurückbezahlt werden, wozu sie und ihre Familie nicht in der Lage seien; insoweit läge dann auch eine Notlage in der Form einer Existenzgefährdung vor.
Nach dem zur Untermauerung ihres Vorbringens vorgelegten Schreiben der kreditgebenden Bank vom 21. August 2020 ("Dritte Mahnung") war der ausstehende Betrag in Höhe von 686,97 EUR bis zum 5. September 2020, spätestens aber zwei Wochen nach Zugang des Mahnschreibens zu zahlen, andernfalls erfolge die Kündigung des Kreditvertrags. Den genauen Zugangszeitpunkt des Mahnschreibens hat die Antragstellerin nicht mitgeteilt. Ausgehend vom Datum des Schreibens und bei Berücksichtigung normaler Postlaufzeiten war die Zahlung des Rückstandes jedenfalls noch vor Einlegung der Beschwerde am 17. September 2020 zu leisten; Gleiches ergibt sich bei Berücksichtigung des im Schreiben genannten Zahlungstermins am 5. September 2020. Die Antragstellerin hat jedoch weder in der Beschwerdebegründung noch im Schriftsatz vom 6. Oktober 2020 (Übersendung des Mahnschreibens) vorgetragen, ob der Rückstand mittlerweile beglichen wurde, die Kündigung des Kreditvertrags bereits erfolgt ist oder wodurch sie gegebenenfalls abgewendet wurde. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass der Ehemann der Antragstellerin jedenfalls bereits ab dem 1. Juli 2020 wieder zeitlich uneingeschränkt im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses tätig wurde, also ungeminderte Entgeltansprüche erwarb. Nach den dem SG vorgelegten Entgeltabrechnungen für Januar und Februar 2020, also vor Beginn der Haushaltsübernahme durch den Ehemann im April 2020, betrug dessen Nettolohn 3.007,02 EUR (Januar) bzw. 2.687,42 EUR (Februar). Die Höhe der regelmäßigen monatlichen Raten hat sie nicht mitgeteilt. Eine Begleichung des Rückstandes durch den seit Juli 2020 wieder bezogenen Verdienst ist daher nicht unwahrscheinlich.
3. Die Kostenerstattung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
1. Die am 17. September 2020 beim Sozialgericht Konstanz (SG) zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 19. August 2020 ist zulässig, insbesondere ist sie nicht gemäß §§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Denn das Begehren der Antragstellerin, die Antragsgegnerin vorläufig zur Gewährung einer Haushaltshilfe für die Zeit vom 30. Mai 2020 bis 30. Juni 2020 in Form der Erstattung des Verdienstausfalles ihres Ehemannes zu verpflichten, übersteigt den Beschwerdewert von 750,00 EUR.
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit – wie hier – nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache können auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden, solange jedenfalls nicht schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – juris, Rn. 23 ff. und vom 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09 – juris, Rn. 11). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
b) Bei Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt bereits kein Anordnungsgrund i.S.e. besonderen Eilbedürftigkeit vor. Die Antragstellerin begehrt die Gewährung von Haushaltshilfe für einen bei Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz bereits in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass und aus welchen Gründen grundsätzlich durch Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine Leistungen für einen Zeitpunkt erstritten werden können, der vor der Erhebung des Antrags bei Gericht liegt, und in welchen dies ausnahmsweise nicht gilt. Ebenso zutreffend hat es in Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Antragstellerin dargelegt, dass diese nicht glaubhaft gemacht hat, dass eine in der Vergangenheit eingetretene Notlage noch in die Gegenwart hineinwirkt, dass also fehlende oder unzulängliche Leistungen in der Vergangenheit wirtschaftliche Auswirkungen in der Gegenwart zeitigen. Der Senat schließt sich dem an und nimmt nach eigener Prüfung auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Auch dem Beschwerdevorbringen ist eine bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats fortbestehende Eilbedürftigkeit nicht zu entnehmen. Die Antragstellerin hat ausgeführt, sie und ihr Ehegatte müssten auf einen noch offenen Gesamtkredit in Höhe von 50.000,00 EUR monatliche Raten leisten. Aufgrund des Lohnausfalles ihres Ehegatten und nichtkompensierter Zahlungen der Antragsgegnerin als Haushaltshilfekosten hätten sie diese Ratenzahlungsverpflichtung nicht mehr einhalten können, weshalb es per 21. August 2020 zu einem Zahlungsrückstand über 686,97 EUR gekommen sei und die kreditgebende Bank die Kündigung des Darlehensvertrages angedroht habe. Komme es zur bereits angedrohten Kündigung des Darlehensvertrages, müsse die gesamte Restschuld mit nach wie vor fast 50.000,00 EUR sofort und in einer Summe zurückbezahlt werden, wozu sie und ihre Familie nicht in der Lage seien; insoweit läge dann auch eine Notlage in der Form einer Existenzgefährdung vor.
Nach dem zur Untermauerung ihres Vorbringens vorgelegten Schreiben der kreditgebenden Bank vom 21. August 2020 ("Dritte Mahnung") war der ausstehende Betrag in Höhe von 686,97 EUR bis zum 5. September 2020, spätestens aber zwei Wochen nach Zugang des Mahnschreibens zu zahlen, andernfalls erfolge die Kündigung des Kreditvertrags. Den genauen Zugangszeitpunkt des Mahnschreibens hat die Antragstellerin nicht mitgeteilt. Ausgehend vom Datum des Schreibens und bei Berücksichtigung normaler Postlaufzeiten war die Zahlung des Rückstandes jedenfalls noch vor Einlegung der Beschwerde am 17. September 2020 zu leisten; Gleiches ergibt sich bei Berücksichtigung des im Schreiben genannten Zahlungstermins am 5. September 2020. Die Antragstellerin hat jedoch weder in der Beschwerdebegründung noch im Schriftsatz vom 6. Oktober 2020 (Übersendung des Mahnschreibens) vorgetragen, ob der Rückstand mittlerweile beglichen wurde, die Kündigung des Kreditvertrags bereits erfolgt ist oder wodurch sie gegebenenfalls abgewendet wurde. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass der Ehemann der Antragstellerin jedenfalls bereits ab dem 1. Juli 2020 wieder zeitlich uneingeschränkt im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses tätig wurde, also ungeminderte Entgeltansprüche erwarb. Nach den dem SG vorgelegten Entgeltabrechnungen für Januar und Februar 2020, also vor Beginn der Haushaltsübernahme durch den Ehemann im April 2020, betrug dessen Nettolohn 3.007,02 EUR (Januar) bzw. 2.687,42 EUR (Februar). Die Höhe der regelmäßigen monatlichen Raten hat sie nicht mitgeteilt. Eine Begleichung des Rückstandes durch den seit Juli 2020 wieder bezogenen Verdienst ist daher nicht unwahrscheinlich.
3. Die Kostenerstattung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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