Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2066/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 411/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Dezember 2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anpassung der Altersrente des Klägers nach Versterben der im Rahmen des Versorgungsausgleichs Ausgleichsberechtigten streitig.
Der 1939 geborene Kläger war mit der 1944 geborenen G. F. (im Folgenden: Versicherte) verheiratet. Anlässlich der Ehescheidung wurden im Rahmen des Versorgungsausgleichs für die Ehezeit vom 1. März 1970 bis 31. März 1979 Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 181,00 DM, was 6,8730 Entgeltpunkten entsprach, auf die Versicherte übertragen. Aus der übertragenen Anwartschaft bezog die Versicherte, die am 12. August 2018 verstarb, vom 1. Juli 1998 bis 31. August 2018 eine gesetzliche Rente.
Mit Bescheid vom 14. März 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. Dezember 2004 Regelaltersrente. Dabei berücksichtigte sie einen Abschlag aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich, wodurch sich eine Bruttorente von anfänglich 695,49 EUR ergab.
Am 12. März 2019 beantragte der Kläger die Rückübertragung der an seine geschiedene Ehefrau übertragenen Rentenanwartschaften und dementsprechend die Gewährung höherer Altersrente ab Oktober 2018. Er verwies auf die Höhe seiner Altersrente, mit der er im Armutsbereich liege.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2019 lehnte es die Beklagte ab, die Kürzung der Altersrente durch den Versorgungsausgleich anzupassen, weil die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Gemäß § 37 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) werde die Rente der ausgleichspflichtigen Person nicht gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person verstorben sei und sie nicht länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen habe. Da die Versicherte länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen habe, werde die Rente des Klägers weiterhin um den Abschlag aus dem Versorgungsausgleich gekürzt. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2019 zurück.
Am 17. Juli 2019 erhob der Kläger dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage und führte aus, er wolle seine geleisteten Rentenanteile zurück. Die 36-Monats-Regelung könne nicht in jedem Scheidungsfall gelten. Er sei bedürftig und dies sei bisher nicht geprüft worden. Der Zurückerhalt der entzogenen Entgeltpunkte könne lediglich von der Bedürftigkeit des noch lebenden Scheidungspartners abhängen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. Dezember 2019 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, die Versicherte habe aus den übertragenen Rentenanwartschaften mehr als 20 Jahre Rente bezogen, mithin mehr als 36 Monate, weshalb ein Absehen von der Kürzung gemäß § 37 Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen sei. Die gesetzliche Regelung verstoße weder gegen das aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) folgende Willkürverbot noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Hierzu verwies es auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Februar 2015 (B 13 R 9/14 R – juris, Rn. 30), das es in Auszügen zitierte.
Am 13. Januar 2020 hat der Kläger dagegen beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und geltend gemacht, er sei zu Unrecht nicht persönlich angehört worden. Im Rahmen des von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin hat der Kläger das Vorliegen eines Härtefalls geltend gemacht. Er sei wegen seiner geringen Rente bedürftig und benötige die höhere Rente, um seine Kinder zu unterstützen, die im Zusammenhang mit der Ehescheidung durch staatliche Maßnahmen getrennt worden seien, worunter sie noch heute litten.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Dezember 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juli 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Wert seines Rechts auf Regelaltersrente unter Feststellung des Rückausgleichs ohne Abschlag an Entgeltpunkten für den durchgeführten Versorgungsausgleich ab dem 1. Oktober 2018 festzusetzen, sowie diese zu verurteilen, ihm ab demselben Zeitpunkt entsprechend höhere Geldbeträge zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Berichterstatterin hat am 27. August 2020 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt. Insoweit wird auf die Niederschrift vom 27. August 2020 (Bl. 19/21 Senatsakte) verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Bl. 20 Senatsakte).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Verfahrensakten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger höhere laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Kläger greift mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Regelung 2 SGG) den Verwaltungsakt über die Ablehnung der Aussetzung der Rentenkürzung an, macht mit der Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Regelung 3 SGG) die Festsetzung eines höheren Rentenwerts unter Außerachtlassung des Abschlags aus dem Versorgungsausgleich sowie mit der unechten Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) die Zahlung eines höheren monatlichen Rentenbetrags geltend, und zwar zulässigerweise im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 5 R 2/12 R – juris, Rn. 12). Der Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juli 2019 (§ 95 SGG) ist jedoch rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat nach dem Tod der Versicherten keinen Anspruch auf höhere Regelaltersrente unter Anpassung des Versorgungsausgleichs.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Anpassung des Versorgungsausgleichs – sog. Rückausgleich – ist § 37 VersAusglG. Abs. 1 Satz 1 der Regelung bestimmt, dass bei Tod der ausgleichsberechtigten Person ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird. Nach Abs. 2 der Regelung findet die Anpassung nach Satz 1 nur statt, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat.
Diese Voraussetzungen für die Anpassung der Rente wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person sind vorliegend nicht erfüllt. Denn die im August 2018 verstorbene Versicherte bezog aus ihrem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht vom 1. Juli 1998 bis 31. August 2018 (= Sterbemonat; § 102 Abs. 5 SGB VI), mithin insgesamt 242 Monate und damit mehr als 36 Monate Rente. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den vom Kläger beantragten sog. Rückausgleich ablehnte.
Soweit der Kläger das Vorliegen eines Härtefalles und dabei seine Bedürftigkeit sowie persönliche Umstände seiner Kinder im Zusammenhang mit der erfolgten Scheidung geltend macht, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung.
Ein Härteausgleich findet lediglich in den Fällen statt, in denen sich der Versorgungsausgleich beim Ausgleichsberechtigten nur geringfügig ausgewirkt hat, was vorliegend angesichts des mehr als 20-jährigen Rentenbezugs der Versicherten zweifellos nicht der Fall ist. Das Gesetz sieht neben der Regelung des § 37 VersAusglG keine Härteregelung für den jeweiligen Einzelfall vor, so dass die vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkte keine abweichende Beurteilung zulassen. Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das durch das Erste Eherechtsreformgesetz vom 14. Juni 1976 (BGBl. I, S. 1421 ff.) am 1. Juli 1977 in Kraft getretene Rechtsinstitut des Versorgungsausgleichs zwischen Ehegatten im Falle einer Scheidung ist grundsätzlich verfassungsgemäß (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 28. Februar 1980 - 1 BvL 17/77 – juris) und die aufgrund der Ausführungen des BVerfG zum Fehlen einer Härtefallregelung vom Gesetzgeber zunächst geschaffene Vorschrift des § 4 Abs. 2 Gesetz zur Regelung von Härten beim Versorgungsausgleich (VAHRG) – Vorgängernorm des § 37 VersAusglG – war verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 – 1 BvL 11/87, 1 BvR 1053/87, 1 BvR 556/88 – juris). Insbesondere hat das BVerfG von Verfassung wegen eine einzelfallbezogene Härteregelung nicht für geboten erachtet (BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989, a.a.O., juris, Rn. 48 ff.).
Gründe, die es rechtfertigen könnten, die Verfassungsmäßigkeit des § 37 VersAusglG abweichend zu beurteilen, sind nicht erkennbar. Zu Recht hat das BSG in seinem bereits vom SG herangezogenen Urteil vom 11. Februar 2015 (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass mit dieser Norm die Grenze, bis zu der ein Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten einer Anpassung nicht entgegensteht, gegenüber dem früheren Recht zu Gunsten des Ausgleichspflichtigen mit der erfolgten Umstellung von einer Wert- auf eine Zeitgrenze faktisch sogar noch um ein Jahr (von 24 auf 36 Monate) verlängert wurde. Auch der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung nach eigener Prüfung an. Die Begrenzung des Wegfalls der Versorgungskürzung auf Fälle eines Rentenbezugs von bis zu 36 Monaten ist mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar; die Regelung verstößt insbesondere nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 2 GG (zur Verfassungsmäßigkeit des § 37 Abs. 2 VersAusglG: BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 13 R 9/14 R –, a.a.O.; Breuers, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, Stand: April 2020, § 37 VersAusglG, Rn. 18).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absatz 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anpassung der Altersrente des Klägers nach Versterben der im Rahmen des Versorgungsausgleichs Ausgleichsberechtigten streitig.
Der 1939 geborene Kläger war mit der 1944 geborenen G. F. (im Folgenden: Versicherte) verheiratet. Anlässlich der Ehescheidung wurden im Rahmen des Versorgungsausgleichs für die Ehezeit vom 1. März 1970 bis 31. März 1979 Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 181,00 DM, was 6,8730 Entgeltpunkten entsprach, auf die Versicherte übertragen. Aus der übertragenen Anwartschaft bezog die Versicherte, die am 12. August 2018 verstarb, vom 1. Juli 1998 bis 31. August 2018 eine gesetzliche Rente.
Mit Bescheid vom 14. März 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. Dezember 2004 Regelaltersrente. Dabei berücksichtigte sie einen Abschlag aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich, wodurch sich eine Bruttorente von anfänglich 695,49 EUR ergab.
Am 12. März 2019 beantragte der Kläger die Rückübertragung der an seine geschiedene Ehefrau übertragenen Rentenanwartschaften und dementsprechend die Gewährung höherer Altersrente ab Oktober 2018. Er verwies auf die Höhe seiner Altersrente, mit der er im Armutsbereich liege.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2019 lehnte es die Beklagte ab, die Kürzung der Altersrente durch den Versorgungsausgleich anzupassen, weil die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Gemäß § 37 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) werde die Rente der ausgleichspflichtigen Person nicht gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person verstorben sei und sie nicht länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen habe. Da die Versicherte länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen habe, werde die Rente des Klägers weiterhin um den Abschlag aus dem Versorgungsausgleich gekürzt. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2019 zurück.
Am 17. Juli 2019 erhob der Kläger dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage und führte aus, er wolle seine geleisteten Rentenanteile zurück. Die 36-Monats-Regelung könne nicht in jedem Scheidungsfall gelten. Er sei bedürftig und dies sei bisher nicht geprüft worden. Der Zurückerhalt der entzogenen Entgeltpunkte könne lediglich von der Bedürftigkeit des noch lebenden Scheidungspartners abhängen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. Dezember 2019 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, die Versicherte habe aus den übertragenen Rentenanwartschaften mehr als 20 Jahre Rente bezogen, mithin mehr als 36 Monate, weshalb ein Absehen von der Kürzung gemäß § 37 Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen sei. Die gesetzliche Regelung verstoße weder gegen das aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) folgende Willkürverbot noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Hierzu verwies es auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Februar 2015 (B 13 R 9/14 R – juris, Rn. 30), das es in Auszügen zitierte.
Am 13. Januar 2020 hat der Kläger dagegen beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und geltend gemacht, er sei zu Unrecht nicht persönlich angehört worden. Im Rahmen des von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin hat der Kläger das Vorliegen eines Härtefalls geltend gemacht. Er sei wegen seiner geringen Rente bedürftig und benötige die höhere Rente, um seine Kinder zu unterstützen, die im Zusammenhang mit der Ehescheidung durch staatliche Maßnahmen getrennt worden seien, worunter sie noch heute litten.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Dezember 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juli 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Wert seines Rechts auf Regelaltersrente unter Feststellung des Rückausgleichs ohne Abschlag an Entgeltpunkten für den durchgeführten Versorgungsausgleich ab dem 1. Oktober 2018 festzusetzen, sowie diese zu verurteilen, ihm ab demselben Zeitpunkt entsprechend höhere Geldbeträge zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Berichterstatterin hat am 27. August 2020 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt. Insoweit wird auf die Niederschrift vom 27. August 2020 (Bl. 19/21 Senatsakte) verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Bl. 20 Senatsakte).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Verfahrensakten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger höhere laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Kläger greift mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Regelung 2 SGG) den Verwaltungsakt über die Ablehnung der Aussetzung der Rentenkürzung an, macht mit der Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Regelung 3 SGG) die Festsetzung eines höheren Rentenwerts unter Außerachtlassung des Abschlags aus dem Versorgungsausgleich sowie mit der unechten Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) die Zahlung eines höheren monatlichen Rentenbetrags geltend, und zwar zulässigerweise im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 5 R 2/12 R – juris, Rn. 12). Der Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juli 2019 (§ 95 SGG) ist jedoch rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat nach dem Tod der Versicherten keinen Anspruch auf höhere Regelaltersrente unter Anpassung des Versorgungsausgleichs.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Anpassung des Versorgungsausgleichs – sog. Rückausgleich – ist § 37 VersAusglG. Abs. 1 Satz 1 der Regelung bestimmt, dass bei Tod der ausgleichsberechtigten Person ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird. Nach Abs. 2 der Regelung findet die Anpassung nach Satz 1 nur statt, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat.
Diese Voraussetzungen für die Anpassung der Rente wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person sind vorliegend nicht erfüllt. Denn die im August 2018 verstorbene Versicherte bezog aus ihrem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht vom 1. Juli 1998 bis 31. August 2018 (= Sterbemonat; § 102 Abs. 5 SGB VI), mithin insgesamt 242 Monate und damit mehr als 36 Monate Rente. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den vom Kläger beantragten sog. Rückausgleich ablehnte.
Soweit der Kläger das Vorliegen eines Härtefalles und dabei seine Bedürftigkeit sowie persönliche Umstände seiner Kinder im Zusammenhang mit der erfolgten Scheidung geltend macht, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung.
Ein Härteausgleich findet lediglich in den Fällen statt, in denen sich der Versorgungsausgleich beim Ausgleichsberechtigten nur geringfügig ausgewirkt hat, was vorliegend angesichts des mehr als 20-jährigen Rentenbezugs der Versicherten zweifellos nicht der Fall ist. Das Gesetz sieht neben der Regelung des § 37 VersAusglG keine Härteregelung für den jeweiligen Einzelfall vor, so dass die vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkte keine abweichende Beurteilung zulassen. Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das durch das Erste Eherechtsreformgesetz vom 14. Juni 1976 (BGBl. I, S. 1421 ff.) am 1. Juli 1977 in Kraft getretene Rechtsinstitut des Versorgungsausgleichs zwischen Ehegatten im Falle einer Scheidung ist grundsätzlich verfassungsgemäß (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 28. Februar 1980 - 1 BvL 17/77 – juris) und die aufgrund der Ausführungen des BVerfG zum Fehlen einer Härtefallregelung vom Gesetzgeber zunächst geschaffene Vorschrift des § 4 Abs. 2 Gesetz zur Regelung von Härten beim Versorgungsausgleich (VAHRG) – Vorgängernorm des § 37 VersAusglG – war verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 – 1 BvL 11/87, 1 BvR 1053/87, 1 BvR 556/88 – juris). Insbesondere hat das BVerfG von Verfassung wegen eine einzelfallbezogene Härteregelung nicht für geboten erachtet (BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989, a.a.O., juris, Rn. 48 ff.).
Gründe, die es rechtfertigen könnten, die Verfassungsmäßigkeit des § 37 VersAusglG abweichend zu beurteilen, sind nicht erkennbar. Zu Recht hat das BSG in seinem bereits vom SG herangezogenen Urteil vom 11. Februar 2015 (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass mit dieser Norm die Grenze, bis zu der ein Versorgungsbezug des Ausgleichsberechtigten einer Anpassung nicht entgegensteht, gegenüber dem früheren Recht zu Gunsten des Ausgleichspflichtigen mit der erfolgten Umstellung von einer Wert- auf eine Zeitgrenze faktisch sogar noch um ein Jahr (von 24 auf 36 Monate) verlängert wurde. Auch der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung nach eigener Prüfung an. Die Begrenzung des Wegfalls der Versorgungskürzung auf Fälle eines Rentenbezugs von bis zu 36 Monaten ist mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar; die Regelung verstößt insbesondere nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 2 GG (zur Verfassungsmäßigkeit des § 37 Abs. 2 VersAusglG: BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 13 R 9/14 R –, a.a.O.; Breuers, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, Stand: April 2020, § 37 VersAusglG, Rn. 18).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absatz 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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