L 4 KR 596/20 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 349/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 596/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 7. Februar 2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes insbesondere die Versorgung mit den Hörhilfen UNITRON D MOXI FIT 3 S.

Der 1973 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin zu 1 krankenversichert. Er leidet an einem Tinnitus aurium beidseits sowie an einer geringgradigen Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Er ist gelernter Fliesenleger und war überwiegend in seinem Ausbildungsberuf tätig. Im Rahmen einer von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV) bewilligten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nahm er im September 2018 an der Hochschule A. ein Studium (IT-Sicherheit) auf.

Mit Schreiben vom 5. Juni 2019 wandte sich der Antragsteller mit dem Antrag an die Antragsgegnerin zu 1, ihm ein rauschtonerzeugendes Gerät beidseits (Tinnitusmarker) zu gewähren und führte aus, aufgrund jahrelanger Lärmeinwirkung mit mehr als 95 dB habe sich bei ihm berufsbedingt ein Hörschaden eingestellt, der sich in einer Innenohrschwerhörigkeit und einem ständigen Pfeifton manifestiere, der nun in den Vordergrund getreten sei. Er erhalte derzeit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der DRV und absolviere eine Umschulung. Um das Ausbildungsziel zu erreichen, sei das Übertönen des Tinnitusgeräusches zwingend erforderlich. Er benötige dieses Hilfsmittel äußerst dringend. Mit einem weiteren, im Wesentlichen inhaltsgleichen Schreiben vom 5. Juni 2019 beantragte der Antragsteller ein entsprechendes Gerät auch bei der Antragsgegnerin zu 2, ferner beantragte er bei dieser die Anerkennung von Berufskrankheiten sowie Übergangs- und Rentenleistungen.

Nach Vorlage eines Kostenvoranschlags der Firma Hörakustik D. V. GmbH vom 2. Juli 2019 über 2.590,00 EUR für zwei Hörgeräte ("Audio Service HdO MOOD 8 G5" je 1.295,00 EUR) bewilligte die Antragsgegnerin zu 1 mit Bescheid vom 16. Juli 2019 die Übernahme der Kosten für eine Tinnitusversorgung in Höhe von 1.480,00 EUR. Hiergegen erhob der Antragsteller Einwände und machte geltend, ohne ein Gerät mit Bluetooth-Kopplungsmöglichkeit könne er das Lernziel der Umschulung nicht erreichen, da er seine selbst aufgenommenen Audiolernstücke über mindestens zwei Stunden hinweg (An- und Abfahrt A.) hören müsse. Aufgrund der laufenden Umschulung habe er nicht die Zeit, die Entscheidung der Antragsgegnerin zu 2 abzuwarten. Auch habe er keine finanziellen Mittel, um eine Zuzahlung von 1.000,00 EUR zu leisten (Schreiben vom 9. August 2019).

Mit Bescheid vom 10. September 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2019 lehnte die Antragsgegnerin zu 2 die Anerkennung der Hörminderung des Antragstellers als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage 1 zu Berufskrankheiten-Verordnung (im Folgenden BK 2301) ab.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2020 wies der Widerspruchsausschuss der Antragsgegnerin zu 1 den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 16. Juli 2019 zurück und führte zur Begründung aus, für die erforderlichen Hörhilfen habe sie mit Zahlung des Festbetrags ihre Leistungspflicht erfüllt. Mit zwei Hörgeräten zum Vertragspreis sei das gleiche Sprachverständnis wie mit der beantragten Versorgung erzielt worden. Soweit der Versicherte eine über das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen hinausgehende Versorgung wähle, habe er die Mehrkosten selbst zu tragen.

Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2020, der beim SG am 28. Januar 2020 einging, erhob der Kläger gegen die Antragsgegner "Feststellungs- und Verpflichtungsklage" (S 16 KR 269/20), mit der er insbesondere beantragte, den Bescheid der Antragsgegnerin zu 1 vom "17.06.2019" und den Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2020 aufzuheben, die Antragsgegnerin zu 1 zu verpflichten, die Kosten der Hörhilfen in Höhe von 2.046,00 EUR vorläufig vollumfänglich zu zahlen, gegenüber der Hochschule A. und der DRV schriftlich zu erklären, dass er aufgrund der rechtswidrig nicht erbrachten Hörhilfenversorgung unverschuldet seit Sommer 2019 nicht an Prüfungen hat teilnehmen können, festzustellen, dass die Voraussetzungen zur Anerkennung der BK 2301 gesichert vorliegen und diese BK deshalb zumindest vorläufig anzuerkennen sowie die Antragsgegnerin zu 2 zu verurteilen, den Eintritt des Versicherungsfalls der BK 2301 sowie die Höhe der MdE festzustellen. Gleichzeitig stellte er "Antrag auf Eilrechtsschutz bzw. Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG oder 123 VwGO" (S 16 KR 268/20 ER) und machte im Rahmen seiner ausführlichen Ausführungen der Sache nach u.a. geltend, er habe trägerübergreifend Anspruch auf die höherpreisigen Hörhilfen UNITRON D MOXI FIT 3 S, und zwar gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 in Höhe des Festbetrages und gegenüber der Antragsgegnerin zu 2 hinsichtlich der Mehrkosten.

Die Antragsgegnerin zu 1 trat dem Antrag entgegen und vertrat die Auffassung, es liege weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch vor.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2020 lehnte das SG den Antrag ab, weil der Antragsteller weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe.

Am 7. Februar 2020 legte der Antragsteller dagegen beim SG Beschwerde zum LSG Baden-Württemberg ein (L 4 KR 531/20 ER-B).

Darüber hinaus erhob der Antragsteller am 7. Februar 2020 beim SG unter (nochmaliger) Vorlage seines Schriftsatzes vom 22. Januar 2020, mit dem er beim SG bereits am 28. Januar 2020 "Feststellungs- und Verpflichtungsklage" (S 16 KR 269/20) erhoben und "Antrag auf Eilrechtsschutz bzw. Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG oder 123 VwGO" (S 16 KR 268/20 ER) gestellt hatte, erneut Klage (S 16 KR 350/20) und beantragte erneut die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (S 16 KR 349/20 ER). Diesen Antrag lehnte das SG mit Beschluss vom 7. Februar 2020 als unzulässig ab und führte zur Begründung aus, die Sache könne gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) während der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Die Rechtshängigkeit ende mit Rechtskraft der Entscheidung. Rechtskraft sei jedoch nicht eingetreten.

Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 13. Februar 2020, der keinen Eingangsvermerk enthält, beim SG Beschwerde eingelegt. Das SG hat die Beschwerdeschrift mit Schreiben vom 17. Februar 2020 dem LSG Baden-Württemberg vorgelegt. Zur Begründung hat der Antragsteller u.a. ausgeführt, nicht gewusst zu haben, ob die Klageart nach § 123 VwGO oder nach § 86b Abs. 2 SGG die statthafte sei; deshalb habe er beides versuchen müssen.

Der Antragsteller hat keinen Antrag gestellt.

Die Antragsgegnerin zu 1 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin zu 2 hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin zu 1 Bezug genommen.

II.

1. Die gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insbesondere statthaft. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil die Berufung in der Hauptsache nicht der Zulassung bedürfte. Der Antragsteller macht mit seinem wiederholten Antrag der Sache nach insbesondere die Kosten für die Hörhilfen UNITRON D MOXI FIT 3 S geltend und insoweit zwar lediglich einen Betrag von 566,00 EUR (2.046,00 EUR laut Kostenvoranschlag vom 17. Dezember 2019, vgl. Bl. 41 der Verfahrensakte S 16 KR 268/20, abzüglich des bewilligten Betrages von 1.480,00 EUR), jedoch bedürfte die Berufung unter Berücksichtigung der übrigen Anträge nicht der Zulassung.

2. Die Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Denn der am 7. Februar 2020 gestellte Antrag war unzulässig.

Das SG hat zutreffend entschieden, dass während der Rechtshängigkeit eines Verfahrens über denselben Streitgegenstand zwischen denselben Beteiligten ein zweites Verfahren unzulässig ist (vgl. § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG).

Mit seinem am 7. Februar 2020 beim SG eingegangenen Schriftsatz vom 22. Januar 2020 wiederholte der Antragsteller sein Begehren, das bereits rechtshängig war. Den inhaltsgleichen Schriftsatz vom 22. Januar 2020 hatte der Antragsteller nämlich schon am 28. Januar 2020 beim SG eingereicht (S 16 KR 268/20 ER). Gegen den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss des SG vom 3. Februar 2020 hat der Antragsteller am 7. Februar 2020 Beschwerde eingelegt, die beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen L 4 KR 531/20 ER-B anhängig ist. Während der Rechtshängigkeit jenes Verfahrens ist das vom Antragsteller am 7. Februar 2020 eingeleitete und denselben Streitgegenstand betreffende zweite Verfahren unzulässig.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

4. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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