S 37 R 1226/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
37
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 37 R 1226/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 293/20
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit ist die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach der Kraftfahrzeughilfeverordnung.

Der am 25.01.19xx geborene Kläger ist gelernter Bankkaufmann und seit Februar 1991 versicherungspflichtig als Sparkassenangestellter im medialen Vertrieb bei der Sparkasse in G. beschäftigt. Sein Arbeitsweg beträgt 108km/Tag. Er ist anerkannter Schwerbehinderter mit einem GdB von 60 und dem Merkzeichen aG. Ab Juli 2015 wurde seitens des medizinischen Dienstes der Krankenkasse eine Pflegebedürftigkeit mit dem Pflegegrad I festgestellt.

Der Kläger nutzte bis zum Jahr 2016 zum Erreichen seiner Arbeitsstelle einen PKW der Marke Audi Modell A3 Sportsback. Diesen PKW hatte der Kläger über einen Darlehensvertrag vom 13.01.2004 mit der Audibank finanziert. Der damalige Kaufpreis betrug 25.250,00 EUR. Abzüglich eines nicht zu finanzierenden Betrages in Höhe von 8.100,00 EUR betrug der Nettodarlehensbetrag 17.150,00 EUR und der Darlehensbetrag inklusive Zinsen 18.010,44 EUR. Zur Abzahlung wurden monatliche Raten in Höhe von 134,72 EUR über 35 Monate und eine Schlussrate in Höhe von 13.160,52 EUR vereinbart. Der PKW wurde zur Sicherung der Forderung an die Audibank sicherungsübereignet. Die Darlehensbedingungen sahen vor, dass eine Rückübereignung nach vollständiger Tilgung des Darlehens zu erfolgen hat.

Nachdem der Kläger aufgrund seiner orthopädischen Leiden Schwierigkeiten beim Ein- und Aussteigen bekam, suchte er am 13.02.2016 ein Autohaus auf, um ein behindertengerechtes Fahrzeug zu finden. Zu diesem Zeitpunkt lief bis einschließlich zum 13.02.2016 eine Audi-Aktionsprämie, aufgrund derer eine Kundenprämie in Höhe von 2750,00 EUR als Rabatt gewährt wurde. Zugleich wurde der Kläger von dem Verkäufer darüber informiert, dass er als Schwerbehinderter einen weiteren Rabatt in Höhe von 4786,50 EUR erhalten kann. Der Kläger bestellte daraufhin noch am selben Tag einen Audi Q3 2.0 TDI zum Gesamtpreis von 32.290,00 EUR. Nach weiterer Konfiguration wurde der Kaufvertrag am 15.02.2016 abgeschlossen und unter dem 29.02.2016 durch das Autohaus noch einmal schriftlich bestätigt. Zu den Zahlungsbedingungen wurde ausgeführt, dass 25.577,75 EUR durch die Audibank finanziert werden und der bis dato genutzte Audi A3 Sportsback vom Autohaus zu dem zum Lieferzeitpunkt des Neufahrzeuges geltenden Ablösewert in Zahlung genommen wird. Für diese Inzahlungnahme veranschlagte das Autohaus einen Aufschlag in Höhe von 500,00 EUR.

Am 10.03.2016 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von Kraftfahrzeughilfe, mit dem er einen Zuschuss zu den Anschaffungskosten des neuen Kraftfahrzeuges begehrte. Darüber hinaus beantragte er die Übernahme der Kosten für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung. Er benötige ein Kraftfahrzeug zum Erreichen seiner Arbeitsstelle. Der Arbeitsweg betrage 108 km pro Tag. Unterlagen über seine gesundheitlichen Einschränkungen würden der Beklagten bereits vorliegen. Ihm sei ein Ein- und Aussteigen nicht mehr ohne Hilfe möglich. Der bisher von ihm genutzte Audi A3 Sportsback sei in der Sitzposition zu tief. Er habe bereits einen Kaufvertrag über das neue Fahrzeug abgeschlossen, aber erst jetzt durch den Schwerbehindertenvertreter der Sparkasse Kenntnis davon erlangt, dass er auch bei der Beklagten einen Antrag auf Kraftfahrzeughilfe stellen könne.

Mit Bescheid vom 16.03.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Nach § 10 der Kraftfahrzeughilfeverordnung solle der Antrag auf Kraftfahrzeughilfe vor Abschluss des Kaufvertrages oder vor Beginn der Fahrausbildung gestellt werden. Dies gelte für die Hilfe zur Beschaffung bzw. zum Einbau von behinderungsbedingten Zusatzausstattungen entsprechend. Anträge, die nach Abschluss eines Kaufvertrages über das Kraftfahrzeug und die behinderungsbedingte Zusatzausstattung bzw. nach Beginn der theoretischen oder praktischen Fahrausbildung gestellt wurden, seien daher nicht berücksichtigungsfähig. Da der Kläger bereits im Februar einen Kaufvertrag über das Fahrzeug abgeschlossen habe, sei der Antrag verspätet gestellt worden.

Gegen diesen Bescheid legte der Bevollmächtigte des Klägers unter dem 23.03.2016 Widerspruch ein. Der Kläger habe das Autohaus am 13.02.2016 ohne einen eigentlichen Kaufwillen aufgesucht. Aufgrund seiner Behinderung benötige er ein behindertengerechtes Fahrzeug. Der ihm angebotene Audi Q3 verfüge über den erforderlichen hohen Einstieg. Der Verkäufer habe den Kläger dann darauf hingewiesen, dass er als Schwerbehinderter einen besonderen Rabatt in Höhe von insgesamt 4786,50 EUR erhalte. Darüber hinaus habe es gerade eine weitere Aktion des Autohauses gegeben, die vom Fahrzeugpreis abgezogen werden konnte. Hierbei habe es sich um eine begrenzte Aktion gehandelt, die nur bis zum Ablauf der sechsten Kalenderwoche, mithin bis zum 13.02.2016 lief. Der Kläger habe sich also unmittelbar für das Fahrzeug entscheiden müssen, um auch noch die Kundenprämie i.H.v. 2750,00 EUR zu erhalten. Da das Fahrzeug insgesamt mit über 7500,00 EUR von Audi bezuschusst werden sollte, habe sich der Kläger unmittelbar am 13.02.2016 für den Kauf entschieden und einen verbindlichen Kaufvertrag unterzeichnet. Zu diesem Zeitpunkt sei das Fahrzeug jedoch noch nicht vollständig konfiguriert gewesen. Am 15.02.2016 und am 29.02.2016 seien dann noch einmal Nach-Konfigurationen erfolgt. Nach der Kaufentscheidung habe der Kläger sofort das Antragsformular vorbereitet; er habe jedoch noch ärztliche Unterlagen sowie Unterlagen der Stadt V. und vom Arbeitgeber anfordern müssen. Im Falle des Klägers liege ein atypischer Fall zu § 10 S. 1 KfzHV vor. Beim ersten Besuch im Autohaus habe der Kläger nämlich gar nicht gewusst, dass es eine gesonderte Kundenprämie gebe. Er habe sich zwar informiert, dass er als Schwerbehinderter möglicherweise ein Rabatt erhält, habe aber nicht gewusst, dass eine sofortige Entscheidung erforderlich ist. Zu einem späteren Zeitpunkt wäre das Fahrzeug 2750,00 EUR teurer gewesen. Der Kläger hat somit vor der Wahl gestanden, einen zehnprozentigen Preisnachlass für das Fahrzeug zu erhalten oder das Fahrzeug zu einem höheren Preis erwerben zu müssen.

Im Anschluss bat die Beklagte noch um Angabe des Kilometerstandes des Altfahrzeuges. Dieser wurde mit 37.729 km beziffert. Außerdem bat die Beklagte um detaillierte Angaben zu den körperlichen Funktionseinschränkungen des Klägers. Hierauf teilte der Bevollmächtigte des Klägers mit, der Kläger verfüge über das Merkzeichen aG und werde seit Jahren von einem Neurochirurgen betreut. Der Bescheid über die Feststellung der Schwerbehinderung liege der Beklagten bereits vor. Der Kläger könne nicht einmal mehr Treppensteigen oder alleine die Dusche betreten. Hierzu benötige er die Hilfe seiner Ehefrau. Darüber hinaus sei auch eine Pflegestufe anerkannt. Unter dem 23.06.2016 wurde sodann ein ärztliches Attest des Neurochirurgen übersandt. Dieser hielt eine wirbelsäulengerechte Ausstattung des Fahrzeugs für erforderlich.

Mit Bescheid vom 22.08.2016 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zum Erwerb eines Kraftfahrzeuges als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ab. Nach der Begründung des Verordnungsgebers zu § 5 Abs. 3 Kraftfahrzeughilfe-Verordnung sei der Verkehrswert eines Altwagens anhand einschlägiger Listen, mithin nach den Händlereinkaufspreisen, der sogenannten Schwackeliste, zu ermitteln und vom errechneten Zuschussbetrag abzuziehen. Dadurch solle eine willkürliche oder manipulierte Entscheidung vermieden werden und eine Gleichbehandlung aller Versicherten gewährleistet werden. Unter Zugrundelegung der Schwackeliste ergebe sich unter Berücksichtigung der Mehr-Fahrleistung ein Zeitwert für den Altwagen i.H.v. 12.005,00 EUR. Nach Anrechnung des Altwagens verbleibe kein Zuschussbetrag. Die Kosten für eine Lendenwirbelstütze könne man nicht übernehmen, da diese behinderungsbedingt nicht erforderlich sei.

Auch gegen diesen Bescheid legte der Bevollmächtigte des Klägers unter dem 02.09.2016 Widerspruch ein. Die Anrechnung des Altfahrzeuges könne hier nicht erfolgen, weil das Altfahrzeug nicht im Eigentum des Klägers gestanden habe. Eigentümer sei die Audibank gewesen, die das Fahrzeug finanziert habe. Der Finanzierungsvertrag sei durch den Kfz-Händler bei der Audi Bank abgelöst worden. Der Kläger habe dann das Ersatzfahrzeug wiederum finanziert. Für die Inzahlungnahme des Altfahrzeuges habe das Autohaus auch einen Aufschlag i.H.v. 500 EUR berechnet. Im Übrigen sei auch die Kostenübernahme für die Lendenwirbelstütze erforderlich. Der Kläger sei bereits zweimal an der Wirbelsäule operiert worden. Die Lendenwirbelstütze sei daher allein zu einer erträglichen Autofahrt medizinisch dringend erforderlich.

Mit Bescheid vom 07.11.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Verkehrswert des Altwagens sei grundsätzlich anhand der Schwacke-Liste zu ermitteln. Dabei seien die Verhältnisse im Monat vor Antragstellung maßgebend. Die Nutzung der Schwacke-Liste stelle eine einfache und kostengünstige Möglichkeit zur Feststellung des Verkehrswertes dar und entspreche den Anforderungen des Verordnungsgebers in der Begründung zur KfzHV. Beim Abschluss eines zweckgebundenen Autokredits werde mit der Unterzeichnung einer Sicherungsübereignung die Übertragung des Eigentums an dem Kraftfahrzeug für die Laufzeit des Kredits auf die Bank geregelt. Der Kreditnehmer bleibe während der Laufzeit des Kredites jedoch weiterhin im Besitz des Fahrzeugs. Nach Ende der Laufzeit gehe das Eigentum dann wieder auf den Kreditnehmer über. Für die Frage der Altwagenanrechnung sei dies jedoch nicht von Bedeutung. Anderenfalls würde von der Frage des Eigentumserwerbs die Anrechenbarkeit auf den Bemessungsbetrag und damit von der Kredithöhe und der Laufzeit abhängen. Im Übrigen käme es so zu einer Ungleichbehandlung mit Versicherten, die ihr Fahrzeug anderweitig finanziert haben. Hinsichtlich der Lendenwirbelstütze komme eine Kostenübernahme ebenfalls nicht in Betracht, da hierfür nach den medizinischen Gesichtspunkten keine zwingende Notwendigkeit vorliege.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 30.11.2016 Klage erhoben. Er vertritt die Auffassung, dass ihm ein Zuschuss zu den Anschaffungskosten des neuen PKW zu gewähren ist. Angesichts des guten und zeitlich begrenzten Angebotes des Autohändlers habe er unverzüglich einen Kaufvertrag abschließen müssen. Den Wert des Altfahrzeuges dürfe die Beklagte bei der Berechnung des Zuschusses nicht in Abzug bringen, da das Altfahrzeug nicht sein Eigentum gewesen sei. Die Lendenwirbelstütze sei medizinisch erforderlich, so dass die Beklagte die Kosten hierfür zu tragen habe.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 16.03.2016 und vom 22.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.11.2016 und des Bescheides vom 20.11.2019 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von Kraftfahrzeughilfe nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist weiterhin der Ansicht, dass der Kläger keinen Anspruch auf einen Zuschuss zu den Anschaffungskosten seines neuen PKW hat, da der Wert des Altwagens auch im Falle einer Sicherungsübereignung an einen Kreditgeber anzurechnen sei; der Wert des Altwagens sei indes höher, als der mögliche Zuschuss. Auch die Kosten für eine Lendenwirbelstütze seien nicht zu übernehmen, da diese medizinisch nicht erforderlich sei.

Bezüglich der Erforderlichkeit einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung und der Notwendigkeit der Nutzung eines Kfz hat das Gericht Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. S. und Dr. B. eingeholt.

Nachdem das Kfz durch einen Unfall beschäftigt worden war, hat der Kläger ein Ersatzfahrzeug erworben. Auf seinen Antrag vom 01.06.2017 hat die Beklagte mit Bescheid vom 17.11.2017 die Kosten für ein Automatikgetriebe in Höhe vom 1636,00 EUR inkl. Mwst. übernommen.

Hinsichtlich der Gesundheitsstörungen und des Leistungsvermögens des Klägers im Erwerbsleben und der Notwendigkeit der Nutzung eines Kfz sowie einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Dr. B. aufgrund einer am 18.09.2018 durchgeführten ambulanten Untersuchung.

Der Sachverständige hat festgestellt, dass das Leistungsvermögen des Klägers durch eine chronische Schmerzerkrankung Grad III nach G. mit psychischen und physischen Faktoren und Hinweisen auf eine Komorbidität durch Depression, Schlafstörung und Störung der affektiven Schmerzverarbeitung durch linksbetonte Lumboischialgien mit Belastbarkeitsdefizit und geringem Beweglichkeitsdefizit nach dorsoventraler Spondylodese wegen Spondylolisthese in den Lendenwirbelkörpern 4 und 5 in 2013 mit neuropathischer Schmerzsymptomatik, residualer Fußheberschwäche links, muskulärer Fehlsteuerung der Lenden-, Becken- und Hüftregion sowie der unteren Extremität linksbetont eingeschränkt ist. Darüber hinaus leidet der Kläger an degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule und führend kernspintomografisch nachgewiesenem Bandscheibenvorfall in den Segmenten C4/5. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen sei der Kläger nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kfz angewiesen, um seine Arbeitsstelle zu erreichen. Die verbliebene Leistungsfähigkeit, insbesondere die Belastbarkeit und Gehfähigkeit stünden der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entgegen. Aufgrund der Fußheberschwäche sei der Kläger auf ein Automatikgetriebe angewiesen; wegen des Belastbarkeitsdefizits und der Unfähigkeit zu einseitigen Körperhaltungen bestehe die Notwendigkeit für eine beschwerdeangepasst einstellbare Abstützung der Rückenlehne des Fahrersitzes.

Die Beklagte hat daraufhin mit Schreiben vom 21.11.2018 einen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Lendenwirbelstütze in Höhe von 265 EUR anerkannt.

Mit Bescheid vom 20.11.2019 hat die Beklagte den Abhilfebescheid vom 22.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2016 dahingehend ergänzt, dass es sich bei dem Bescheid vom 22.08.2016 um eine teilweise Abhilfe hinsichtlich des Bescheides vom 16.03.2016 handelt. Der Kläger habe zwar dem Grunde nach Anspruch auf einen Zuschuss zum Kraftfahrzeug; der Wert des Altwagens übersteige indes die Höhe des Zuschusses.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide vom 16.03.2016 und vom 22.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2016 und der Bescheid vom 20.11.2019 sind nicht rechtswidrig und beschweren den Kläger im Sinne des § 54 Abs.2 SGG (Sozialgerichtsgesetz) in seinen Rechten. Die Beklagte hat darin die Gewährung von Kraftfahrzeughilfe zu Recht abgelehnt.

Nach Annahme des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 21.11.2018 in der mündlichen Verhandlung ist nur noch streitgegenständlich, ob dem Kläger ein Zuschuss zur Neuanschaffung eines KfZ zu gewähren war.

Leistungen nach der Kraftfahrzeughilfeverordnung (KfzHV) sind zu gewähren, wenn neben den allgemeinen Leistungsvoraussetzungen von § 10 SGB VI (persönliche Voraussetzungen), § 11 SGB VI (versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und § 12 SGB VI (kein Leistungsausschluss) die in der KfzHV genannten zusätzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Die Träger der Rentenversicherung erbringen gemäß § 9 Abs.1 S.1 SGB VI Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Nachsorge sowie ergänzende Leistungen, um 1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und 2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen nach Absatz 1 sind zu erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, § 9 Abs.2 SGB VI.

Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte nach § 10 Abs.1 SGB VI die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und bei denen voraussichtlich bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte erfüllt, die bei Antragstellung die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen, § 11 Abs.1 SGB VI.

Liegen die versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen vor, erbringen die Rentenversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 SGB VI.

Die vorgenannten allgemeinen Leistungsvoraussetzungen liegen unstreitig vor. Die Beklagte ist zuständiger Leistungsträger gemäß §§ 9 und 16 Abs.1 Nr.1 SGB VI. Nach § 16 Abs.1 Nr.1 SGB VI umfassen die berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation insbesondere Leistungen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes. Zu diesen Leistungen gehört auch die Gewährung von Kraftfahrzeughilfe.

Die Kraftfahrzeughilfe umfasst nach § 2 Abs.1 KfzHV Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung und zur Erlangung einer Fahrerlaubnis. Die Leistungen werden entweder als Zuschüsse und nach Maßgabe des § 9 KfzHV als Darlehen erbracht (§ 2 Abs.2 KfzHV).

Die Leistungen setzen voraus, dass der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort oder den Ort einer sonstigen Leistung der beruflichen Bildung zu erreichen, und der behinderte Mensch ein Kraftfahrzeug führen kann oder gewährleistet ist, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für ihn führt (§ 3 Abs.1 KfzHV). Ist der behinderte Mensch zur Berufsausübung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nicht nur vorübergehend auf ein Kraftfahrzeug angewiesen, wird Kraftfahrzeughilfe geleistet, wenn infolge seiner Behinderung nur auf diese Weise die Teilhabe am Arbeitsleben dauerhaft gesichert werden kann und die Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber nicht üblich oder nicht zumutbar ist (§ 3 Abs.3 KfzHV).

Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs können behinderte Menschen gemäß § 4 Abs.1 KfzHV dann beanspruchen, wenn sie nicht über ein Kraftfahrzeug verfügen, das die Voraussetzungen nach § 4 Abs.2 KfzHV erfüllt und dessen weitere Benutzung ihm zumutbar ist. Nach § 4 Abs.2 KfzHV muss das Kraftfahrzeug nach Größe und Ausstattung den Anforderungen entsprechen, die sich im Einzelfall aus der Behinderung ergeben und, soweit erforderlich, eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung ohne unverhältnismäßigen Mehraufwand ermöglichen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hätte der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf einen Zuschuss zur Neuanschaffung eines PKW.

Der Kläger erfüllt die versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen gemäß §§ 10, 11 SGB VI. Auch die persönlichen Voraussetzungen nach §3 Abs.1 und § 4 KfzHV sind dem Grunde nach erfüllt.

Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. B. ist der Kläger aus gesundheitlichen Gründen auf die Nutzung eines Kfz angewiesen, um seine Arbeitsstelle zu erreichen. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist ihm nicht zumutbar. Zum Zeitpunkt der Antragstellung nutze der Kläger einen Audi A3 Sportsback. Aufgrund seiner orthopädischen Leiden und der tiefen Sitzposition hatte er jedoch zunehmend Probleme beim Ein- und Aussteigen, so dass ihm die weitere Benutzung dieses Fahrzeuges dauerhaft nicht mehr zumutbar war.

Damit bestand dem Grunde nach ein Anspruch auf Bezuschussung der Neuanschaffung eines Kfz nach Maßgabe der §§ 5 und 6 KfzHV. Zwar hat der Kläger den Antrag erst nach Abschluss des Kaufvertrages bei der Beklagten gestellt, jedoch hat die Beklagte im Abhilfebescheid vom 22.08.2016 einen atypischen Fall angenommen, aufgrund dessen der Kläger in Abweichung von § 10 KfzHV vom grundsätzlichen Erfordernis einer vorherigen Antragstellung befreit ist. Hieran ist das Gericht gebunden.

Nach § 5 Abs.3 KfzHV ist der Verkehrswert des Altfahrzeugs von dem maximalen Förderungsbetrag in Höhe von 9500,00 EUR abzusetzen. Der Verkehrswert des Altfahrzeugs wird grundsätzlich anhand der in der sog. Schwacke-Liste ausgewiesenen Händlereinkaufspreise und unter Beachtung der Korrekturtabelle für Mehr- oder Minderfahrleistungen, aber ohne Preisnachlässe sowie Abschläge für Sonderzubehör, ermittelt. Dabei sind die Verhältnisse im Monat vor Antragstellung maßgeblich. Dies entspricht dem Willen des Verordnungsgebers, da ausweislich der Begründung zu § 5 KfzHV (BT-Ds. 266/87, S.21) der Verkehrswert des Altfahrzeugs im Regelfall anhand einschlägiger Listen zu ermitteln ist.

Danach betrug der Wert des Altfahrzeuges 12.005,00 EUR, die bei der Ermittlung des Zuschusses in Abzug zu bringen waren. Da der Wert des Altfahrzeuges die Höhe des maximal zu gewährenden Zuschusses (9500,00 EUR) überstieg, hat die Beklagte zu Recht die Gewährung eines Zuschusses abgelehnt.

Entgegen der Auffassung des Klägers war die Anrechnung des Verkehrswerts des Altfahrzeugs nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Fahrzeug gemäß § 930 BGB an die Audibank sicherungsübereignet war und damit bei Abschluss des Kaufvertrages über den Audi Q3 nicht im Eigentum des Klägers stand; denn die KfzHV differenziert nicht danach, ob sich ein Altfahrzeug im Eigentum oder Besitz des Antragstellers befindet. Vielmehr ist es nach einer teleologischen Auslegung des Willens des Versorgungsgebers entscheidend, ob ein Antragsteller selbst den Wert aus einem Altfahrzeug ziehen und zur Finanzierung eines Neufahrzeugs einsetzen kann. Der Behinderte soll in diesem Punkt nämlich nicht anders behandelt werden als andere Kraftfahrzeughalter, die üblicherweise ihr Altfahrzeug zur Finanzierung des Neuwagens einsetzen (BT-Ds 266/87, S.21).

Auch im Falle der Sicherungsübereignung kann ein Altfahrzeug zur Finanzierung eines Neufahrzeuges eingesetzt werden. Dies ist vorliegend auch geschehen.

Der Kläger war zunächst Eigentümer des Altfahrzeuges geworden und im Kfz-Brief als solcher eingetragen. Beim Abschluss des zweckgebundenen Darlehens mit der Audibank wurde eine Sicherungsübereignung vereinbart, wonach der Kläger der Audibank das Eigentum am dem Fahrzeug für die Dauer der Laufzeit des Darlehensvertrages übertragen hat. Nach Ende der Laufzeit bzw. vollständiger Tilgung war die Audibank ausweislich der Darlehensbedingungen verpflichtet, dem Kläger das Eigentum an dem Fahrzeug zurück zu übereignen. Dieser Rückgewähranspruch aufgrund einer auflösend bedingten Übereignung stellt zugleich ein Anwartschaftsrecht an dem Fahrzeug dar. Als Inhaber des Anwartschaftsrechts konnte der Kläger über dieses wirksam verfügen, was er durch Inzahlunggabe des Altfahrzeuges bei seinem Autohaus auch getan hat. Durch die Ablösung des Kredits bei der Audibank bestand ein Anspruch auf Rückübereignung des Eigentums an dem Fahrzeug an den Kläger. Dies wird durch ein Schreiben der Audibank an das Autohaus vom 24.05.2016 auch bestätigt. Mit diesem Schreiben wurde dem Autohaus der Fahrzeugbrief zu treuen Händen mit der Bitte um Aushändigung an den Kläger übersandt. Damit kam die Audibank der Pflicht zur Rückübereignung nach. Da der Kläger sein Anwartschaftsrecht auf Rückübereignung aber bereits bei Kauf des Neufahrzeugs durch dessen Inzahlunggabe an das Autohaus übertragen hatte, ging das Eigentum an dem Altfahrzeug unmittelbar an das Autohaus über. Der Kläger hat damit den Wert des Altfahrzeuges zur Finanzierung des Neufahrzeuges eingesetzt.

Zudem war der Kläger aber auch befugt, nicht über das Anwartschaftsrecht, sondern auch über das Fahrzeug selbst zu verfügen; denn bei einer Sicherungsübereignung behält der Sicherungsgeber in der Regel die Befugnis, im eigenen Namen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft in Verbindung mit einer Vorausabtretung des Gegenleistungsanspruchs über das Sicherungsgut zu verfügen (Palandt, BGB, § 930, Rn.17). Dies hat er durch Inzahlungagbe mit der Vereinbarung, dass das Darlehen bei der Audibank durch das Autohaus abgelöst wird auch getan.

Da der Kläger über das Altfahrzeug und das bestehende Anwartschaftsrecht verfügen und sich so dessen Wert zu eigen machen konnte, musste er sich den Wert bei der Zuschussberechnung auch anrechnen lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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