L 4 KR 347/20 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 3876/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 347/20 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen mehrere Mahnungen der Antragsgegnerinnen sowie die Einstellung der mittels Pfändungs- und Einziehungsverfügung betriebenen Zwangsvollstreckung.

Der Antragsteller war bis zum 31. März 2018 aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bei der Antragsgegnerin zu 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert und damit auch sozial pflegeversichert bei der Antragsgegnerin zu 2. Zum 1. April 2018 wurde er durch das Land Baden-Württemberg unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Obersekretäranwärter ernannt. Seither ist er beihilfeberechtigt nach beamtenrechtlichen Vorschriften bei einem Bemessungssatz von 50 Prozent (Bestätigung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung des Landes Baden-Württemberg – LBV – vom 30. Juli 2019).

Am 9. April 2018 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin zu 1 mit, dass er verbeamtet werde und zu einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung (im Folgenden D) wechsle. Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 wies die Antragsgegnerin zu 1 auf seine Abmeldung zum 31. März 2018 hin. Damit ein lückenloser Versicherungsschutz sichergestellt werden könne, solle er bis 23. Mai 2018 einen beigelegten Antwortbogen zurücksenden. Bei bereits anderweitiger Versicherung werde zusätzlich ein Nachweis über den neuen Versicherungsschutz benötigt. Weiter wurde ausgeführt: "Besteht für Sie kein anderweitiger Versicherungsschutz oder erklären Sie einen Austritt nicht fristgerecht, wird Ihre Kranken- und Pflegeversicherung als beitragspflichtige Anschlussversicherung weitergeführt." Nachdem der Antragsteller einen solchen Nachweis nicht vorgelegt hatte, teilte die Antragsgegnerin zu 1 unter dem 1. Juni 2018 mit, die bisherige Versicherung werde ab 1. April 2018 als beitragspflichtige Anschlussversicherung weitergeführt, und forderte den Antragsteller auf, Angaben zum Einkommen zu machen sowie den Versicherungsnachweis der D und die Verbeamtungsurkunde vorzulegen. Mit Schreiben vom 4. Juli 2018 bestätigte sie die Weiterführung als beitragspflichtige Anschlussversicherung, forderte erneut zu Angaben zum Einkommen auf und hörte zur Beitragsfestsetzung zur Kranken- und Pflegeversicherung (Höchstbeiträge) an. Hierauf regierte der Antragsteller nicht.

Mit Bescheid vom 19. Juli 2018 setzte die Antragsgegnerin zu 1 – hinsichtlich der Pflegeversicherung auch im Namen der Antragsgegnerin zu 2 – die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. April 2018 unter Ansatz der Beitragsbemessungsgrenze auf monatlich insgesamt 805,35 EUR (681,45 EUR Kranken- und 123,90 EUR Pflegeversicherung) sowie wegen der Senkung des Zusatzbeitrags ab 1. Mai 2018 auf monatlich insgesamt 796,50 EUR (672,60 EUR Kranken- und 123,90 EUR Pflegeversicherung) fest. Da ein Austritt nicht erklärt worden sei, werde die Krankenversicherung, wie angekündigt, ab 1. April 2018 als gesetzliche Anschlussversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld weitergeführt. Dies umfasse auch die gesetzliche Pflegeversicherung. Diesen mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid focht der Antragsteller nicht an. Die Beiträge zahlte er in der Folge nicht.

Mit als "Mahnung" bezeichnetem, nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenem Schreiben vom 28. August 2018 forderten die Antragsgegnerinnen den Antragsteller zur Zahlung von Beitragsrückständen (beigefügte "Mahnpositionsliste": Zeitraum 1. April bis 31. Juli 2017 in Höhe von 3.194,85 EUR), Säumniszuschlägen (30,50 EUR) und Mahngebühren (16,00 EUR) in Höhe von insgesamt 3.241,35 EUR auf. Ein Vollstreckungsauftrag der Antragsgegnerinnen an den Gerichtsvollzieher vom 11. September 2018 über diese Forderung führte zu einer erfolglosen Pfändung (Pfändungsprotokoll vom 2. November 2018). Weitere Mahnungen dieser Art erfolgten unter dem 27. September, 27. November und 29. Dezember 2018 (zuletzt insgesamt 6.615,10 EUR: Beiträge für den Zeitraum vom 1. April bis 30. November 2018 6.380,85 EUR; Mahngebühren 31,00 EUR; Säumniszuschläge 167,00 EUR; Sonstige – Auslagen, Forderungen aus Wahltarifen – 36,25 EUR).

Mit am 2. November 2018 bei der Antragsgegnerin zu 1 eingegangenem Fragebogen vom selben Tag gab der Antragsteller unter Vorlage von Bezügemitteilungen des LBV für Juli bis September 2018 Einkommen in Höhe von monatlich 1.848,97 EUR brutto an. Mit einem in der Verwaltungsakte enthaltenen Bescheid vom 16. November 2018 setzte die Antragsgegnerin zu 1 – auch im Namen der Antragsgegnerin zu 2 – die Beiträge ab 1. Dezember 2018 aufgrund des nachgewiesenen Einkommens in Höhe von 1.848,97 EUR auf insgesamt 309,25 EUR neu fest (Krankenversicherung 281,05 EUR, Pflegeversicherung 28,20 EUR). Wegen der beamtenrechtlichen Ansprüche werde der Beitragssatz zur Pflegeversicherung (nicht der Beitragszuschlag für Kinderlose) halbiert.

Auf die am 4. Januar 2019 bei ihr eingegangene Kündigung des Antragstellers vom 2. Januar 2019 übersandte ihm die Antragsgegnerin zu 1 eine Kündigungsbestätigung vom 8. Januar 2019 mit dem Hinweis auf die notwendige Vorlage eines Nachweises anderweitiger Absicherung im Krankheitsfall. Einen solchen legte der Antragsteller in der Folge nicht vor. Die Antragsgegnerinnen führten daher die Kranken- und Pflegeversicherung weiter durch (Hinweisschreiben vom 3. April 2019).

Am 18. Januar 2019 erhob der Antragsteller rechtsanwaltlich vertreten Widerspruch gegen die "als Mahnung bezeichneten Bescheide vom 28. August 2018, 27. September 2018, 27. November 2018 und 29. Dezember 2018" und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, da nach Auskunft des Gerichtsvollziehers bereits die Zwangsvollstreckung betrieben werde.

Mit Bescheid vom 24. Januar 2019 setzte die Antragsgegnerin zu 1 – auch im Namen der Antragsgegnerin zu 2 – die Beiträge ab 1. Januar auf insgesamt 313,87 EUR neu fest (Krankenversicherung 281,05 EUR, Pflegeversicherung 32,82 EUR). Wegen einer Senkung des Zusatzbeitrags erfolgte mit Bescheid vom 29. April 2019 eine Beitragsneufestsetzung zum 1. Mai 2019 (Krankenversicherung 277,35 EUR; Pflegeversicherung unverändert). Diese mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheide focht der Antragsteller jeweils nicht an.

Auf die Kündigung des Antragstellers vom 30. April 2019 übersandte ihm die Antragsgegnerin zu 1 eine Kündigungsbestätigung vom 8. Mai 2019 mit dem Hinweis auf die notwendige Vorlage eines Nachweises anderweitiger Absicherung im Krankheitsfall. Einen solchen legte der Antragsteller in der Folge nicht vor. Die Antragsgegnerinnen führten daher wegen Unwirksamkeit der Kündigung die Kranken- und Pflegeversicherung weiter durch (Hinweisschreiben vom 13. August 2019).

Zu dem gegen die Mahnungen eingelegten Widerspruch wiesen die Antragsgegnerinnen mit Schreiben vom 16. Juli 2019 auf die durch Bescheid vom 19. Juli 2018 erfolgte Beitragsfestsetzung hin, erläuterten die Zusammensetzung der am 29. Dezember 2018 angemahnten Forderung und schlüsselten die Forderungshöhe zum damaligen Stand von 9.398,17 EUR zum 30. Juni 2019 auf (Beitragsrückstand 1. April 2018 bis 30. Juni 2019 8.565,92 EUR; Säumniszuschläge 735,00 EUR; Mahngebühren 61,00 EUR; Vollstreckungsauslagen 36,25 EUR) auf. Die Erhebung von Säumniszuschlägen und Mahngebühren stellten anfechtbare Verwaltungsakte dar, deren Rechtsgrundlage und Höhe erläutert wurden. Gleichzeitig wiesen sie auf die Möglichkeit des hälftigen Erlasses der Säumniszuschläge bei Vorlage entsprechender Nachweise hin. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 99/101 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Hierauf reagierte der Antragsteller nicht.

Nach Mahnungen vom 25. Januar und 27. März hatten die Antragsgegnerinnen unter dem 27. Juni 2019 Zahlungsrückstände für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis Mai 2019 zzgl. weiterer Säumniszuschläge und Mahngebühren in Gesamthöhe von 9.006,50 EUR angemahnt. Weitere Mahnungen unter Einschluss von Folgezeiträumen erfolgten am 25. Juli und 26. August 2019.

Mit dem LBV als Drittschuldner am 9. August 2019 zugestellter Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 6. August 2019 verfügte der Vollstreckungsbeamte der Antragsgegnerin zu 1 wegen einer Forderung in Höhe von 9.06,50 EUR zzgl. Vollstreckungsgebühren (26,00 EUR) und Zustellungskosten (4,11 EUR) für diese Verfügung die Pfändung der näher bezeichneten Ansprüche des Antragstellers gegen den Drittschuldner gemäß § 313 Abgabenordnung (AO), das Verbot der Zahlung an den Schuldner (den Antragsteller) sowie die Einziehung gemäß 314 AO. Beigefügt war in der Anlage eine Aufschlüsselung der Forderungsbestandteile (Beiträge für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis 31. Mai 2019 in jeweils genannter monatlicher Höhe; Vollstreckungsauslagen 36,25 EUR; Säumniszuschläge 653,50 EUR; Mahngebühren 61,00 EUR); auf Bl. 198/200 der Verwaltungsakte wird Bezug genommen. Am 15. August 2019 gab das LBV eine entsprechende Drittschuldnererklärung gemäß § 316 AO ab und meldete die Pfändung der Dienststelle des Antragstellers.

Am 6. September 2019 beantragte der Antragsteller rechtsanwaltlich vertreten beim Sozialgericht Stuttgart (SG) einstweiligen Rechtsschutz mit dem Begehren (1.) der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen die als "Mahnung bezeichneten Beitragsbescheide" vom 28. August, 27. September, 27. November und 29. Dezember 2018 sowie vom 25. Januar, 27. März, 27. Juni, 25. Juli und 26. August 2019 sowie (2.) der Einstellung der bereits mittels Pfändungs- und Einziehungsverfügung betriebenen Zwangsvollstreckung. Der Widerspruch vom 18. Januar 2019 erfasse nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auch die späteren Mahnungen. Die Antragsgegnerinnen machten zu Unrecht Beiträge für die Zeit ab dem 1. April 2018 geltend. Beamte seien, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge hätten, in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung versicherungsfrei. Bereits am 9. April 2018 sei den Antragsgegnerinnen bekannt gewesen, dass er, der Antragsteller, verbeamtet werde, also versicherungsfrei sei. Durch die Vorlage der weiteren Unterlagen (Besoldungsmitteilungen) sei dies belegt worden. Sie hätten daher keine Pflichtbeiträge festsetzen dürfen. Des Weiteren habe er seine Mitgliedschaft bereits im März 2018 gekündigt. Daher bestehe auch keine freiwillige Anschlussversicherung. Einen Beitragsbescheid vom 16. November 2018 habe er nicht erhalten; höchst hilfsweise werde gegen diesen Widerspruch eingelegt. Selbst ein bestandskräftiger Bescheid müsste wegen Änderung der Verhältnisse rückwirkend aufgehoben werden. Beiträge für freiwillig Versicherte mit Beihilfeanspruch müssten erheblich niedriger sein als aus den Mahnungen ersichtlich. Die Vollziehung der Bescheide hätte für ihn eine unbillige, nicht durch überwiegendes öffentliches Interesse gebotene Härte zur Folge. Die Pfändung drohe, beamtenrechtliche Konsequenzen bis hin zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis nach sich zu ziehen (vorgelegtes Anhörungsschreiben seiner Dienststelle vom 26. August 2019; Bl. 59 der SG-Akte). Zudem sei er nicht in der Lage, einen Betrag von mehreren Tausend Euro zu bezahlen. Vielmehr müsse er zunächst die eidesstattliche Versicherung abgeben, mit der Folge, dass seine Kreditwürdigkeit schon im Ansatz geschädigt würde. Gegebenenfalls müsse er sogar einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen, was auch zum Verlust seines Beamtenverhältnisses und damit seiner gesamten Zukunft führen würde. Im Erörterungstermin vor dem SG am 16. Oktober 2019 gab der Antragsteller an, keine private Krankenversicherung abgeschlossen zu haben. Am 23. Dezember 2019 legte er dem SG einen Versicherungsschein der D vom 6. Mai 2019 über eine private Kranken- und Pflegeversicherung mit Beginn des Vertragsverhältnisses am 1. Juli 2019 mit Tarifen für Beihilfeberechtigte mit einem Erstattungsprozentsatz von 50 vor.

Die Antragsgegnerinnen traten dem Antrag entgegen. Der Antragsteller sei zwar als Beamter auf Widerruf versicherungsfrei. Die frühere Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung habe sich allerdings als freiwillige Mitgliedschaft fortgesetzt, da der Antragsteller weder seinen Austritt erklärt noch die Mitgliedsbescheinigung einer privaten Krankenversicherung vorgelegt habe. Die erklärte Kündigung sei mangels Nachweises über anderweitige Absicherung nicht wirksam. Die Beitragsbescheide seien alle bestandskräftig geworden, die Mahnungen zu Recht ergangen. Dass der Antragsteller den Beitragsbescheid vom 16. November 2018 nicht erhalten habe, sei nicht nachvollziehbar. Eine unbillige Härte in Bezug auf die Zwangsvollstreckung sei nicht zu erkennen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2019 wurden die Widersprüche gegen die Schreiben vom 28. August 2018, 27.September, 27. November und 29. Dezember 2018 zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Antragsteller am 11. November 2019 Klage beim SG (S 11 KR 4913/19).

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2019 lehnte das SG die Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Das bezogen auf die Mahnungen der Antragsgegnerinnen als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zulässige Begehren sei nicht begründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in zutreffender Höhe festgesetzten Säumniszuschläge und Mahngebühren bestünden. Das Bestehen der der Beitragsforderung zugrundeliegenden Anschlussversicherung sei durch Bescheid vom 19. Juli 2018 bestandskräftig festgestellt und begegne unabhängig davon keinen rechtlichen Bedenken. Auch im Falle der Versicherungsfreiheit als Beamter mit Beihilfeansprüchen komme eine obligatorische Anschlussversicherung in Betracht (Verweis auf Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 9. August 2018 – L 4 KR 435/17 – juris). Die Erklärung des Austritts sowie die mehrfach erklärten Kündigungen des Antragstellers hätten die Anschlussversicherung mangels rechtzeitigen Nachweises einer anderen Absicherung im Krankheitsfall jeweils nicht wirksam beenden können. Die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung führe zur Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung. Der Erhebung von Mahngebühren und Säumniszuschlägen stehe nicht entgegen, dass der Antragsteller nach seiner Behauptung den Änderungsbescheid vom 16. November 2018 nicht erhalten habe. Mit diesem seien lediglich die Beiträge zu seinen Gunsten niedriger festgesetzt worden. Die erstmalige Beitragsfestsetzung sei hingegen durch den bestandskräftigen Bescheid vom 19. Juli 2018 erfolgt. Eine der sofortigen Vollziehung der Bescheide entgegenstehende unbillige Härte sei weder in einer drohenden Insolvenz noch in den drohenden dienstrechtlichen Konsequenzen zu erkennen. Denn der Antragsteller sei angesichts seines Einkommens in der Lage, die Beitragsnachzahlung durch Kredit zu finanzieren oder die Antragsgegnerinnen um eine Ratenzahlung zu ersuchen. Das Begehren, die Antragsgegnerinnen zur Unterlassung von Vollstreckungsmaßnahmen in Bezug auf rückständige Beitragsforderungen zu verpflichten, sei als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, aber mangels Anordnungsanspruches ebenfalls unbegründet. Die inhaltliche Richtigkeit eines (tatsächlich existierenden) Beitragsbescheides, die Art und Weise der Vollstreckung sowie inhaltliche Einwendungen aufgrund eines erst nach Erlass des zu vollstreckenden Bescheides eingetretenen Sachverhalts seien nicht zulässiger Gegenstand einer auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung gerichteten Leistungsklage und somit auch nicht des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens. Auf seinen Haupteinwand, eine freiwillige Anschlussversicherung bestehe nicht, könne der Antragsteller dieses Begehren daher nicht zulässig stützen. Aber auch der zulässige Einwand, dass der als zu vollstreckender Verwaltungsakt bezeichnete Bescheid gar nicht existiere, greife nicht durch. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei – zulässig – nicht auf einen konkreten Bescheid gestützt worden, sondern auf eine beigefügte Aufstellung, die Schuldgrund und -höhe ausweise. Auch wenn der Antragsteller den Änderungsbescheid vom 16. November 2018 nicht erhalten haben sollte, sei die zu vollstreckende Forderung hinsichtlich der Beiträge durch den Dauerverwaltungsakt vom 19. Juli 2018 gestützt.

Gegen diesen ihm am 23. Dezember 2019 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 22. Januar 2020 Beschwerde beim SG eingelegt.

Am 23. Januar 2020 erklärte der Antragsteller erneut die Kündigung der Mitgliedschaft zum 31. März 2020 und legte innerhalb der Kündigungsfrist eine Versicherungsbescheinigung der D vom 11. März 2020 über eine substitutive Kranken- sowie eine Pflegepflichtversicherung mit Versicherungsbeginn 1. April 2020 vor.

Zur Begründung seiner Beschwerde führte er aus, das SG habe weder § 6 Abs. 1 Ziff. 2 1. Alt. SGB V beachtet noch, dass laut Versicherungsschein der D seit 1. Juli 2019 eine anderweitige Absicherung bestanden habe. Mangels bestandskräftiger Bescheide sei das Bestehen einer freiwilligen Versicherung Kernpunkt des gesamten Verfahrens.

Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2019 aufzuheben, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die als "Mahnung bezeichneten Beitragsbescheide" vom 28. August, 27. September, 27. November und 29. Dezember 2018 sowie vom 25. Januar, 27. März, 27. Juni, 25. Juli und 26. August 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2019 anzuordnen sowie die Antragsgegnerinnen zur vorläufigen Einstellung der mittels Pfändungs- und Einziehungsverfügung betriebenen Zwangsvollstreckung zu verpflichten.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten den angefochtenen Beschluss für zutreffend und haben ergänzend auf die Kündigung der Mitgliedschaft zum 31. März 2020 hingewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerinnen sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

1. Die nach § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Der Antragsteller wendet sich gegen die Vollziehung und Vollstreckung einer Forderung in Höhe von 9.036,61 EUR also von mehr als 750,00 EUR.

2. Gegenstand des Verfahrens ist zunächst das Begehren des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs gegen die Festsetzung von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und zur sozialen Pflegeversicherung nebst Säumniszuschlägen und Mahngebühren (dazu 3.). Des Weiteren begehrt er die – vorläufige – Einstellung der Zwangsvollstreckung durch die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 6. August 2019 (dazu 4.).

3. Das gegen die Vollziehung gerichtete Begehren ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage statthaft (dazu a), hinsichtlich der Beitragsfestsetzung aber bereits unzulässig (dazu b) und bezüglich der Säumniszuschläge und Mahngebühren unbegründet (dazu c).

a) Statthaft ist das Begehren als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Entgegen der Grundregel des § 86a Abs. 1 SGG entfaltet die Klage nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Denn die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei – wie vorliegend - Entscheidungen über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Nicht nur die Festsetzung von Beiträgen und Säumniszuschlägen, sondern auch die Festsetzung von Mahngebühren stellt einen Verwaltungsakt gemäß § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. November 2012 – B 4 AS 97/11 R – juris, Rn. 17). Der einstweilige Rechtsschutz erfolgt daher auch insoweit nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG.

b) Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist hinsichtlich der Festsetzung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht zulässig.

aa) Gegen den belastenden Verwaltungsakt, gegen dessen Vollziehung sich das einstweilige Rechtsschutzbegehren richtet, muss ein Hauptsacherechtsbehelf eingelegt worden sein (besondere Sachentscheidungsvoraussetzung). Zwar kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bereits vor Klageerhebung gestellt werden (§ 86b Abs. 3 SGG). Zumindest Widerspruch muss aber eingelegt worden sein. Denn erst dann kann das Gericht denknotwendig dessen aufschiebende Wirkung anordnen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 7; Binder in: HK-SGG, 5. Aufl. 2017, § 86b Rn. 9).

bb) Der Antragsteller focht vorliegend die Verwaltungsakte der Beitragsfestsetzung nicht an.

(1) Die Beitragsfestsetzung erfolgte erstmals durch den Bescheid vom 19. Juli 2018. Bereits nach dem eindeutigen Wortlaut traf die Antragsgegnerin zu 1 – hinsichtlich der Pflegeversicherung ausdrücklich im Namen der Antragsgegnerin zu 2 – eine verbindliche Regelung i.S.d. § 31 Abs. 1 SGB X über die Verpflichtung des Antragstellers, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in jeweils genau bestimmter Höhe ab 1. April 2018 – ohne zeitliche Befristung und damit auf Dauer – zu zahlen. Auch nach seiner äußeren Form (Bezeichnung als Bescheid; Rechtsbehelfsbelehrung) war dieser ohne weiteres als Verwaltungsakt zu erkennen. Diesen Verwaltungsakt focht der Antragsteller nicht mit Widerspruch an. Der Widerspruch vom 18. Januar 2019 richtete sich – bei rechtsanwaltlicher Vertretung – nach seinem Wortlaut ("gegen die als "Mahnung" bezeichneten Bescheide vom 28. August 2018, 27. September 2018, 27. November 2018 und 29. Dezember 2018") eindeutig nicht gegen den Beitragsbescheid vom 19. Juli 2018. Ohnehin wäre ein solcher Widerspruch nicht mehr innerhalb der Monatsfrist des § 84 Abs. 1 SGG erfolgt, so dass der Bescheid zu diesem Zeitpunkt bereits bestandskräftig und damit bindend (§ 77 SGG) war.

Eine Änderung der Beitragsfestsetzung mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2018 sollte durch den Bescheid vom 16. November 2018 erfolgen, dessen Erhalt der Antragsteller bestreitet. Trifft dies zu, wäre dieser Änderungsbescheid mangels Bekanntgabe an den Antragsteller nicht wirksam geworden (§ 39 Abs. 1 SGB X). Dann ginge auch der hiergegen gerichtete – höchsthilfsweise eingelegte – Widerspruch des Antragstellers im Schriftsatz vom 18. September 2019 ins Leere. Da in diesem Änderungsbescheid die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in niedriger Höhe neu festgesetzt wurden, verbliebe es mangels Wirksamkeit der Abänderung bei der ursprünglichen – auf Dauer erfolgten – Beitragsfestsetzung durch den Bescheid vom 19. Juli 2018.

Neufestsetzungen der Beiträge erfolgten mit Beitragsbescheiden vom 24. Januar 2019 (ab 1. Januar 2019) und vom 29. April 2019 (ab 1. Mai 2019), deren Erhalt der Antragsteller nicht in Abrede stellt. Beide Bescheide focht der Antragsteller nicht mit Widerspruch an. Sie werden von dem – höchsthilfsweise eingelegten – Widerspruch des Antragstellers im Schriftsatz vom 18. September 2019 ausdrücklich nicht erfasst. Ohnehin wären sie zum Zeitpunkt dieses Widerspruches bereits bestandskräftig gewesen. Eine Einbeziehung nach § 86 SGG kommt nicht in Betracht, da sie nicht nach Einlegung dieses höchsthilfsweise eingelegten Widerspruches und damit nicht während des dadurch eingeleiteten Vorverfahrens ergingen. Der ausdrücklich gegen die "Mahnungen" gerichtete Widerspruch vom 18. Januar 2019 kann nicht als Widerspruch gegen diese Beitragsbescheide ausgelegt werden, da sie zum Zeitpunkt des Widerspruches noch gar nicht ergangen waren. Da die Mahnungen keine Regelung zur Beitragsfestsetzung enthielten (dazu (2)), kann auch insoweit keine Einbeziehung nach § 86 SGG erfolgen.

(2) Die mit Widerspruch vom 18. Januar 2019 angefochtenen Mahnungen vom 28. August 2018, 27. September 2018, 27. November 2018 und 29. Dezember 2018 trafen entgegen der Auffassung des Antragstellers keine Regelung über die Festsetzung der Beiträge und die Zahlungsverpflichtung. Bereits dem Wortlaut ist nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont zu entnehmen, dass lediglich der bisher aufgelaufene "Zahlungsrückstand" in einem Gesamtbetrag mitgeteilt wurde. Verwiesen wird zur "Erläuterung" auf die beigefügte Mahnpositionsliste, die nur die Gesamtsumme der Beitragsrückstände für den jeweils angegebenen Zeitraum auswies. An keiner Stelle wird über die Beitragspflicht und -höhe sowie die Zahlungspflicht eine verbindliche Entscheidung getroffen. Auch nach der äußeren Form erweckte die ausdrücklich als solche bezeichnete "Mahnung" nicht den Anschein einer neuen Regelung der Beitragsfestsetzung.

c) Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich der Säumniszuschläge und Mahngebühren ist zulässig, aber nicht begründet.

aa) Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches erfasst bei – wie hier – zwischenzeitlich ergangenem Widerspruchsbescheid auch jenen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Bayerisches LSG, Beschluss vom 14. Mai 2009 – L 8 AS 215/09 B ER – juris, Rn. 14). Das Gericht nimmt eine eigenständige Abwägung der Beteiligteninteressen vor.

Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung. Da der vorläufige Rechtsschutz den Rechtsschutz in der Hauptsache sichern soll, sind für diese Interessenabwägung zwar grundsätzlich die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs ausschlaggebend, allerdings nicht stets in jedem Fall; je nach Fallgestaltung sind auch andere Belange zu berücksichtigen (Beschluss des Senats vom 13. Juli 2016 – L 4 KR 1980/16 ER-B – nicht veröffentlicht). Bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfs die Anordnung hingegen abzulehnen.

Bei der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG, in denen wie hier der Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat, ist diese Entscheidung des Gesetzgebers, den abstrakten öffentlichen Interessen den Vorrang einzuräumen, zu beachten. In analoger Anwendung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG sind Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nur zu berücksichtigen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen, wenn also ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 15. April 2014 – L 4 R 3716/13 ER-B – m.w.N. und vom 30. Januar 2015 – L 4 KR 2/15 ER-B – beide nicht veröffentlicht). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Vollziehung häufig nicht durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. Juli 2004 – L 5 B 2/04 KR ER – juris, Rn. 19 m.w.N.). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann (Beschlüsse des Senats vom 15. April 2014 – L 4 R 3716/13 ER-B – und vom 30. Januar 2015 – L 4 KR 2/15 ER-B – beide nicht veröffentlicht). Zu berücksichtigen ist auch, welche nachteiligen Folgen dem Antragsteller aus der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, vor allem für seine grundrechtlich geschützten Rechtspositionen, erwachsen und ob bzw. wie diese ggf. rückgängig gemacht werden können. Außerdem darf der Rechtsschutzanspruch (Art. 19 Abs. 4 GG) gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug einer Maßnahme umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (Beschluss des Senats vom 23. Oktober 2013 – L 4 R 4066/13 ER-B – nicht veröffentlicht). Ein Überwiegen des privaten Aufschubinteresses liegt daher vor, wenn die sofortige Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG). Von besonderer Bedeutung ist, ob eine Dringlichkeit für das im Eilverfahren geltend gemachte Begehren vorliegt (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. November 2017 – L 18 AS 2232/17 B ER – juris, Rn. 3; Thüringer LSG, Beschluss vom 16. März 2012 – L 4 AS 106/12 B ER – juris, Rn. 5).

bb) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte bestehen nicht.

(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist nach § 24 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Bei einem rückständigen Betrag unter 100,00 EUR ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert schriftlich anzufordern wäre.

Für die Mahnung nach § 3 Abs. 3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) wird gemäß § 19 Abs. 2 VwVG eine Mahngebühr erhoben. Sie beträgt ein halbes Prozent des Mahnbetrages, mindestens jedoch 5,00 EUR und höchstens 150,00 EUR. Die Mahngebühr wird auf volle Euro aufgerundet. Die Anwendung des VwVG ergibt sich vorliegend aus § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Denn bei den Antragsgegnerinnen handelt es sich um bundesmittelunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 2 ihrer Satzungen), da sich ihr Geschäftsbereich nach § 1 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 1 Abs. 4 Satz 2 ihrer Satzungen nicht auf ein Bundesland beschränkt. Nach § 3 Abs. 3 VwVG soll der Schuldner vor Anordnung der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden. Die Einleitung der Vollstreckung selbst setzt nach § 3 Abs. 2 VwVG u.a. den Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist, und die Fälligkeit der Leistung voraus.

Die in den Mahnungen liegenden Regelungen der Säumniszuschläge und Mahngebühren sind somit rechtmäßig, wenn die Höhe zutreffend bestimmt und die durch einen Leistungsbescheid geregelten Beiträge fällig waren. Dies ist gegeben, wenn die zugrundliegenden Beitragsfestsetzungen nicht in der Vollziehung gehemmt sind.

(2) Ausgehend von den in den Beitragsbescheiden geregelten Beitragsfestsetzungen ist die Höhe der Säumniszuschläge und Mahngebühren nicht zu Lasten des Antragstellers rechtswidrig. Insbesondere wurden die Säumniszuschläge für Beiträge ab dem 1. Dezember 2018 nach der für den Antragsteller günstigeren, weil niedrigeren Beitragsfestsetzung aus dem Bescheid vom 16. November 2018 berechnet. Der Antragsteller selbst erhob gegen die Berechnung der Säumniszuschläge und Mahngebühren auch keine Einwendungen.

(3) Die Beitragsfestsetzungen erfolgten, wie oben ausgeführt, jedenfalls durch die Beitragsbescheide vom 19. Juli 2018, 24. Januar 2019 und vom 29. April 2019. Deren sofortige Vollziehbarkeit ergibt sich aus § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Auf deren Rechtmäßigkeit kommt es insoweit nicht an. Ohnehin sind die genannten Beitragsbescheide, wie oben dargelegt, mangels Anfechtung bestandskräftig geworden (§ 77 SGG) und damit im vorliegenden Verfahren ohnehin einer Rechtmäßigkeitsüberprüfung entzogen.

Allerdings führte auch eine inhaltliche Prüfung der zugrundeliegenden Beitragsfestsetzungen nach summarischer Prüfung nicht zu einem anderen Ergebnis. Nach § 188 Abs. 4 SGB V setzt sich die Versicherung nach Ende der Versicherungspflicht (hier aufgrund des Arbeitslosengeldbezugs am 31. März 2018) als freiwillige Mitgliedschaft fort, es sei denn, das Mitglied erklärt fristgerecht seinen Austritt. Der Austritt wird nur wirksam, wenn das Mitglied das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Das gilt auch und gerade für versicherungsfreie Personen nach § 6 SGB V und damit auch für Beamte i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Bei diesen reicht eine Absicherung durch einen Beihilfeanspruch von 50 % nicht als anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall aus. Diese bereits vom SG angeführte Rechtsprechung des Bayerischen LSG wurde vom BSG nunmehr ausdrücklich bestätigt (Urteil vom 10. Dezember 2019 – B 12 KR 20/18 R – Terminbericht 57/19 – abrufbar auf der Homepage des BSG). Diesen Nachweis eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall hat der Antragsteller im Rahmen seiner Austrittserklärung zum 31. März 2018 nicht erbracht. Der – erste – Versicherungsschein der D datiert vom 6. Mai 2019, weist einen Beginn des Versicherungsverhältnisses erst zum 1. Juli 2019 aus und wurde erstmals am 20. Dezember 2019 (beim SG) vorgelegt. Unabhängig davon kann derzeit nicht festgestellt werden, dass ein solches Versicherungsverhältnis tatsächlich zum angegebenen Zeitpunkt zustande kam. Denn noch im Erörterungstermin vor dem SG am 16. Oktober 2019 – also nach dem im Versicherungsschein ausgewiesenen Beginn – gab der Antragsteller an, über keine private Krankenversicherung zu verfügen. So ist auch in der Versicherungsbestätigung der D vom 11. März 2020 ein Versicherungsbeginn erst zum 1. April 2020 ausgewiesen. Da die Vorlage auch des Versicherungsscheins der D vom 6. Mai 2019 erst im Dezember 2019 erfolgte, konnte dies jedenfalls nicht mehr zu einem wirksamen Austritt zum 31. März 2018 führen.

Die freiwillige Mitgliedschaft wurde auch nicht durch die Kündigungserklärungen vom 4. Januar und 30. April 2019 beendet. Eine wirksame Kündigung setzt nach § 175 Abs. 4 SGB V voraus, dass das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Die Kündigung der Mitgliedschaft ist zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt. Innerhalb der danach maßgeblich Frist bis zum 31. März 2019 bestand hinsichtlich der ersten Kündigung keine anderweitige Absicherung (ausgewiesener Beginn des Versicherungsverhältnisses mit der D frühestens am 1. Juli 2019). Jedenfalls erfolgte ein Nachweis erstmals durch Vorlage beim SG am 20. Dezember 2019 und damit nicht innerhalb der jeweiligen Fristen (31. März 2019 bzw. 30. Juni 2019). Erst die Kündigung vom 23. Januar 2020 zum 31. März 2020 konnte somit die Mitgliedschaft beenden (ausgewiesener Beginn des Versicherungsverhältnisses nun 1. April 2020). Auf Zeiträume ab diesem Zeitpunkt beziehen sich die den angefochtenen Mahnungen zugrunde liegenden Beitragsforderungen aber nicht.

Die Beitragspflicht bestand damit durchgehend seit dem 1. April 2018. Die Höhe der Beiträge wurde in den Beitragsbescheiden jeweils zutreffend festgesetzt sein. Mangels Angaben zum Einkommen hatte die Beitragsfestsetzung gemäß § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V in der bis zum 14. Dezember 2018 geltenden Fassung nach der Beitragsbemessungsgrenze (Höchstbeiträge) zu erfolgen (so zutreffend im Beitragsbescheid vom 19. Juli 2018 umgesetzt). Erst nach Nachweis eines geringeren Einkommens war nach dem tatsächlichen Einkommen festzusetzen. Wenn es zutrifft, dass der Beitragsbescheid vom 16. November 2018 über die erstmalige Beitragsfestsetzung nach dem tatsächlichen Einkommen ab dem 1. Dezember 2018 dem Antragsteller nicht zugegangen ist, wie der Antragsteller vorträgt, bliebe mangels Abänderung der Beitragsbescheid vom 19. Juli 2018 auch für die Zeit ab dem 1. Dezember 2018 maßgeblich, aber nur bis zu 31. Dezember 2018. Denn ab dem 1. Januar 2019 erfolgte die Beitragsfestsetzung durch den Beitragsbescheid vom 24. Januar 2019 nach dem tatsächlichen Einkommen. Das bedeutet, dass die Beitragsfestsetzung für Dezember 2018 durch den Beitragsbescheid vom 19. Juli 2018 teilweise rechtswidrig ist. Allerdings setzten die Antragsgegnerinnen den rechtswidrigen Teil dieses Bescheides gar nicht um. Denn sie machen – auch im Wege der Zwangsvollstreckung – für Dezember 2018 nicht den Beitrag nach der Beitragsbemessungsgrenze, sondern nur dem nach dem tatsächlichen Einkommen geltend. Eine im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes maßgebliche Beschwer des Antragstellers läge insoweit nicht vor.

cc) Die sofortige Vollziehung hat vorliegend für den Antragsteller keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte i.S.d. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zur Folge. Eine solche liegt vor, wenn dem Betroffenen durch die sofortige Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nur schwer wiedergutzumachen sind, z.B. bei drohender Zahlungsunfähigkeit, Insolvenz oder Existenzgefährdung.

Vorliegend ist zu beachten, dass sich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung – wie oben dargelegt – zulässiger Weise nur auf die Regelung der Säumniszuschläge und Mahngebühren bezieht, aber gerade nicht auf die zugrundeliegenden Beitragsforderungen. Nach den vorliegenden Mahnungen und dem Schreiben der Antragsgegnerinnen vom 16. Juli 2019 beliefen sich die Mahngebühren bis zum 31. Juli 2019 auf 71,00 EUR, die Säumniszuschläge auf 819,50 EUR. In der Zwangsvollstreckung mittels Pfändungs- und Einziehungsverfügung sind geringere Beiträge verfolgt worden (Säumniszuschläge 653,50 EUR; Mahngebühren 61,00 EUR). Angesichts eines monatlichen Gehalts in Höhe von 1.848,97 EUR brutto monatlich, kann eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder Existenzgefährdung des Antragstellers nicht angenommen werden. Auch die von diesem angeführten beamtenrechtlichen Konsequenzen sind nicht als unbillige Härte im genannten Sinne anzusehen. Nach dem vorgelegten Schreiben seiner Dienststelle vom 26. August 2019 enthielt dieses lediglich eine Aufforderung zur Stellungnahme bis zum 6. September 2019 zur Prüfung, ob die vorgenommene Pfändung dienstrechtlich erheblich sei, und gegebenenfalls zur Prüfung der Einleitung geeigneter Maßnahmen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Antragsteller in einem sicherheitsrelevanten Bereich arbeite, nämlich von stärkerer Kontrolle über weitere Maßnahmen bis zur Umsetzung oder – in gravierenden Fällen – die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Über den weiteren Verlauf teilte der Antragsteller nichts mit, insbesondere nicht, dass eine der schärferen Maßnahmen tatsächlich und unmittelbar drohe.

4. Der Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nicht zulässig.

a) Der Antragsteller begehrt die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung mittels Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 6. August 2019. Dies ergibt sich aus dem bereits im Verfahren vor dem SG gestellten Antrag. Die frühere, über ein Vollstreckungsersuchen an den Gerichtsvollzieher betriebene Zwangsvollstreckung ist bereits – ergebnislos – abgeschlossen und könnte damit ohnehin nicht mehr zulässiger Gegenstand eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sein.

b) Der einstweilige Rechtsschutz gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung bestimmt sich vorliegend nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG.

Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 6. August 2019 erging durch den Vollstreckungsbeamten der Antragsgegnerin zu 1 gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB X i.V.m. § 5 Abs. 1 VwVG und §§ 309, 313, 314, 316 AO. Sie stellt einen Verwaltungsakt dar, der in der Hauptsache mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden kann (BSG, Urteil vom 15. Februar 1989 – 12 RK 3/88 – juris, Rn. 18 ff.), vorliegend nach den für die Gerichte der Sozialgerichtsgerichtsbarkeit geltenden Verfahrensregelungen.

Daher ist der einstweilige Rechtsschutz nach dem System der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen nach § 86b Abs. 1 SGG zu gewähren als Antrag auf Feststellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Hauptsacherechtsbehelfs. Nach der Kollisionsnorm des § 86b Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGG ist dieser einstweilige Rechtsschutz in Form der aufschiebenden Wirkung vorrangig gegenüber einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach Abs. 2.

c) Ein Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG ist bereits mangels Hauptsache, der einen aufschiebenden Wirkung auslösen könnte, unzulässig (s.o.).

Der Antragsteller legte gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung keinen Widerspruch ein. Aus der vorliegenden Verwaltungsakte der Antragsgegnerinnen ist ein solcher nicht ersichtlich. Der Antragsteller behauptet selbst nicht die Einlegung eines solches Widerspruches. In dem bei den Antragsgegnerinnen am 18. Januar 2019 gegen die Mahnungen erhobenen Widerspruch oder dem gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung kann kein Widerspruch gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 6. August 2019 gesehen werden, da diese zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erlassen war.

d) Selbst wenn man von einem zulässigen Begehren auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung ausginge, wäre dieser Antrag jedenfalls nicht begründet.

Der Einwand des Antragstellers, die vollstreckbare Forderung sei nicht berechtigt, da Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit keine Beitragspflicht bestehe, ist eine Einwendung gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt (Beitragsbescheide). Diese kann nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 5 Abs. 1 VwVG gemäß § 256 AO nicht im Vollstreckungsverfahren geltend gemacht werden. Soweit der Antragsteller des Weiteren einwendet, der Beitragsbescheid vom 16. November 2018 sei ihm nicht zugegangen, handelt es sich um einen im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigenden Einwand. Dieser ist aber im Ergebnis nicht begründet, da mit dem nicht angefochtenen Beitragsbescheid vom 19. Juli 2018 ein – wie bereits das SG ausführte – die vollstreckbare Forderung stützender Verwaltungsakt vorliegt. Insoweit verweist der Senat nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Auch auf § 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. § 257 Abs. 1 AO kann der Antragsteller sein Begehren nicht erfolgreich stützen. Nach § 257 Abs. 1 AO ist die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, sobald 1. die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 AO weggefallen sind, 2. der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird, 3. der Anspruch auf die Leistung erloschen ist, 4. die Leistung gestundet worden ist. Keine dieser Voraussetzungen ist gegeben. Die Beitragsbescheide und die Festsetzung der Säumniszuschläge und Mahngebühren für die Zeit vom 1. April 2018 bis 31. Mai 2019 sind vollstreckbar, weil – wie oben ausgeführt – ihre Vollziehung weder ausgesetzt noch durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist. Diese Bescheide sind nicht aufgehoben. Der Anspruch auf die Beiträge, Säumniszuschläge und Mahngebühren ist nicht erloschen. Die Antragsgegnerinnen haben die Beiträge nicht gestundet.

5. Die Kostenerstattung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

6. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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