Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2955/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1007/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.03.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die am.1962 geborene Klägerin ist i. Staatsangehörige, lebt seit 1978 in Deutschland und war zuletzt als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt.
Die Klägerin erlitt im September 2012 einen Myokardinfarkt. Die Operation verlief mit Komplikationen (notwendige postinterventionelle Perikardpunktion, Verletzung der Leber). Ein daraufhin im April 2013 gestellter Rentenantrag der Klägerin wurde bestandskräftig abgelehnt (Bescheid vom 30.04.2013, Widerspruchsbescheid vom 15.10.2013, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.09.2014, S 15 R 3690/13, Urteil des Landessozialgerichts vom 24.02.2015, L 11 R 4085/14).
Im März 2015 wurde bei der Klägerin Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Der Tumor wurde operativ entfernt. Eine anschließende Chemotherapie und Bestrahlung war nicht notwendig, die Klägerin ist rezidivfrei. Arbeitsunfähigkeit bestand bis 23.02.2016.
Am 26.02.2016 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung unter Vorlage eines Befundberichtes des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. D. , der eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome bei einem Zustand nach in den Jahren 2012 und 2015 erlittenen Erkrankungen diagnostizierte und ausführte, dass die Klägerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in der Lage sei, einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen.
Die Beklagte holte das Gutachten der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Fachärztin für Innere Medizin Dr. S. ein (Teil I VA). Am Tag der Untersuchung (12.04.2016) war die Klägerin pünktlich, sehr gepflegt und ordentlich, modern gekleidet, im Kontakt freundlich, bewusstseinsklar, wach, zu allen Qualitäten voll orientiert bei intakter Auffassungsgabe und ohne Auffälligkeiten bezüglich der Merkfähigkeit oder Konzentration bei von ihr selbst beschriebener Grübelneigung. Inhaltliche Denkstörungen und Ich-Störungen lagen nicht vor. Die Stimmung war traurig, enttäuscht, die affektive Schwingungsfähigkeit eingeschränkt, wobei sie sich auch in der Untersuchungssituation nicht zum positiven Pol hin auslenken ließ. Der Antrieb war reduziert bei beschriebener innerer Unruhe und ohne psychomotorische Pathologien. Die Klägerin beschrieb Ängste und Panikattacken in Menschenansammlungen oder wenn sie selbst mit dem Auto fahren müsse. Zwänge stellte Dr. S. nicht fest. Sie diagnostizierte eine mittelgradige depressive Episode im Sinne einer verlängerten Anpassungsstörung nach körperlichen Erkrankungen, eine undifferenzierte Somatisierungsstörung mit Schmerz als Leitsymptom, leichte Panikstörungen mit Panikattacken in Menschenansammlungen, einen Zustand nach Corpus-Karzinom des Uterus in Remission, eine normale systolische linksventrikuläre Funktion nach Myokardinfarkt bei koronarer Eingefäßerkrankung, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter, eine Autoimmunthyreoiditis Hashimoto, Adipositas Grad I, eine kleine Hiatusgleithernie, Laktoseintoleranz und Vitamin D-Mangel. Die Klägerin - so Dr. S. - könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche verrichten, dies im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Nachtschicht, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten und ohne häufiges Bücken. In Gesamtschau der Befunde müsse man konstatieren, dass die Klägerin, während sie immer wieder Diagnostik eingefordert habe, kaum Therapien gehabt habe. Durch eine konsequente Behandlung sei eine deutliche Besserung zu erwarten. Auf die letzte Psychotherapie habe sie gut angesprochen, insofern sei die Prognose bei ihr günstig. Durch eine effektive Behandlung mit konsequenter antidepressiver Medikation und Fortsetzung der Psychotherapie, gegebenenfalls vorübergehend auch intensiviert im Sinne einer tagesklinischen oder vollstationären psychosomatischen Behandlung lasse sich eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes erreichen.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag hierauf gestützt mit Bescheid vom 22.04.2016 (Bl. 265 VA) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2016 (Bl. 329 VA) ab, nachdem Dr. S. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom Juni 2016 unter Berücksichtigung weiterer im Widerspruchsverfahren von der Klägerin vorgelegter Befundberichte an ihrer Leistungsbeurteilung im zuvor erstatteten Gutachten festhielt.
Die Klägerin hat am 31.08.2016 mit dem Begehren der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Das Sozialgericht hat die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Psychotherapie Dr. B. hat mitgeteilt, dass sie die Klägerin von Dezember 2015 bis Ende August 2016 tiefenpsychologisch fundiert behandelt habe und die Klägerin unter einer mittelschweren Depression gelitten habe. Die Therapie habe zu keiner Besserung geführt. Der Frauenarzt Dr. R. hat ausgeführt, dass die Klägerin zu Nachsorge-/Vorsorgeuntersuchungen bei ihm gewesen sei und dabei vereinzelt über ein Ziehen im Unterbauch geklagt habe. Von Seiten der Grunderkrankung seien sonst keine Beschwerden vorhanden gewesen und es sei auch zu keiner Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen. Der Arzt für Innere Medizin, Kardiologie Dr. P. hat mitgeteilt, dass die Klägerin immer wieder über unspezifisch auftretende thorakale Beschwerden klage, ohne dass sich ein eindeutiger Hinweis auf eine Progression der koronaren Herzerkrankung ergeben hätte. Auch ein immer wieder anfallsweise auftretendes Husten und Würgen habe kein organisches Korrelat. Von der organischen Seite her könne die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausführen. Der Praxisnachfolger des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. hat dessen Befundberichte übersandt, wonach eine bronchiale Hyperreagibilität und Refluxösophagitis ohne pathologische Geräusche und ohne manifeste Obstruktion vorgelegen hat. Dr. D. hat ausgeführt, dass bei der Klägerin eine mittelgradig ausgeprägte depressive Störung mit somatischem Syndrom (F32.11) bei Zustand nach den in den Jahren 2012 und 2015 erlittenen organischen Erkrankungen vorliege. Die Klägerin sei im Hinblick auf ihre chronifizierte körperliche und insbesondere psychische Beeinträchtigung allenfalls für unterhalbschichtig belastbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei sie nicht mehr vermittelbar. Der Erstkontakt in seiner Praxis habe im Januar 2016 stattgefunden. Seitdem habe sich die depressiv-phobische und somatoforme Störung der Klägerin chronifiziert, wenn auch nach Art und Ausmaß nicht anhaltend verschlechtert.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen die Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. B. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, das diese nach Untersuchung der Klägerin am 07.07.2017 am 15.01.2018 verfasst hat. Da das Gutachten mehr als ein halbes Jahr nach Untersuchung der Klägerin erstattet worden war, hat das Sozialgericht das Gutachten von Dr. B. als unverwertbar angesehen und von Amts wegen das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie M. eingeholt, der nach Untersuchung der Klägerin im Mai 2018 eine mittelgradige depressive Erkrankung (F32.1) diagnostiziert hat (Bl. 137 ff. SG-Akte). Die Klägerin ist zum Untersuchungszeitpunkt wach, bewusstseinsklar, allseits orientiert gewesen. Während des Gespräches haben sich keine Auffälligkeiten in Kognition und Mnestik gezeigt. Im formalen Gedankengang hat sie sich geordnet bei deutlicher Fixierung und Einengung auf die erlebten körperlichen Vorerkrankungen wie Herzinfarkt und Gebärmutterhalskrebserkrankung gezeigt. Es hat sich kein Anhalt für inhaltliche Denkstörungen, kein Anhalt für Halluzinationen und kein Anhalt für Ich-Störungen gezeigt. Die Klägerin hat Ängste vor großen Menschenmengen angegeben, aber ohne Panikattacken. Die Klägerin ist im Affekt freundlich, aber wenig zugewandt gewesen, die Schwingungsfähigkeit ist reduziert gewesen, das Stimmungsbild deutlich zum depressiven Pol hin verschoben mit Angaben von Freudlosigkeit, Lustlosigkeit, sozialem Rückzug, Interessenverlust, Traurigkeit und innerer Leere. Die Zukunftsängste haben sich auf die körperlichen Vorerkrankungen bezogen. Der Antrieb ist ohne auffälligen Befund gewesen. Der Sachverständige M. hat ausgeführt, dass die Klägerin noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich sechs Stunden und mehr tätig zu sein. Qualitative Einschränkungen bestünden für Arbeiten mit Publikumsverkehr, Arbeiten mit erhöhtem Anspruch an die emotionale und geistige Belastbarkeit, Arbeiten mit erhöhtem Anspruch an die Flexibilität, in Schichttätigkeit (Nachtschichtarbeiten) und mit erhöhtem Anspruch an die Tempoleistung (Akkordarbeiten). Unter einer stationären Rehabilitationsbehandlung und einer weiterführenden ambulanten psychotherapeutischen Behandlung sei das psychiatrische Beschwerdebild nochmals günstig beeinflussbar.
Das Sozialgericht hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des die Klägerin behandelnden Dr. D. eingeholt, der nach Untersuchung im September 2018 eine "mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10: F32.11)" diagnostiziert hat, welche mittlerweile trotz diverser ambulanter und stationärer therapeutischer Bemühungen weitgehend chronifiziert sei (Bl. 172 SG-Akte). Die diagnostischen Kriterien für eine Panikstörung und eine posttraumatische Belastungsstörung lägen nicht vor. Auch sei eine somatoforme autonome Funktionsstörung des Atmungssystems nicht ausreichend gesichert. Es sei unstrittig, dass die depressive Störung der Klägerin in einem Zusammenhang stehe mit einer unglücklichen Verkettung erlittener körperlicher Erkrankungen und medizinischer Komplikationen. Gleichwohl - so Dr. D. (Bl. 173 SG-Akte) - sei in dem psychiatrischen Vorgutachten die Frage der Erwerbsfähigkeit der Klägerin ausschließlich unter psychopathologischen Gesichtspunkten - insbesondere nach dem Ausmaß ihrer depressiven Störung - diskutiert worden, während psychodynamische Gesichtspunkte weitgehend unberücksichtigt geblieben seien. Es könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die bei der Klägerin vorliegende chronifizierte depressive Symptomatik - wenn auch nach objektiven Kriterien nur als "mittelschwer" einzuordnen - sich auf Grund eines prognostisch ungünstigen psychodynamischen Verarbeitungsmodus in ihrem subjektiven Erleben als unüberwindbare Barriere darstelle. Ihre anhaltende Gereiztheit bei der Frage nach ihrem Befinden, ihre unterschwellig vorwurfsvolle Haltung gegenüber Ärzten, Gutachtern und Behörden sowie ihr Widerstand gegen weitere psychotherapeutische und/oder rehabilitative Maßnahmen sprächen dafür, dass sie in Ermangelung sonstiger psychischer Kompensationsstrategien die Gewährung einer Rente als einzige Möglichkeit sehe, ihr durch mutmaßliche ärztliche Behandlungsfehler erlittenes Leiden zu entschädigen und ihre Selbstachtung wiederherzustellen - "ein Mechanismus, der früher durch den inzwischen zu Recht aufgegebenen Begriff ‚Rentenneurose‘ beschrieben" worden sei. Die Beurteilung der Auswirkungen der psychischen Störung der Klägerin auf deren Erwerbsfähigkeit hänge deshalb seines Erachtens weniger von der Frage ab, ob ihre Depression als solche "schwer genug" für eine Berentung sei - wie in mehreren Vorgutachten nachvollziehbar ausgeführt, sei sie das wahrscheinlich tatsächlich nicht -, sondern ob der Klägerin die Willensanspannung zumutbar sei, ihre einer Genesung im Wege stehende neurotische Fehlhaltung zu überwinden. Die Tatsache, dass sämtliche bisherigen therapeutischen Maßnahmen einschließlich mehrerer stationärer Rehabilitationskuren, zweier ambulanter psychotherapeutischer Behandlungen und einer mehrjährigen psychiatrischen einschließlich medikamentösen Behandlung nicht oder zumindest nicht nachhaltig erfolgreich gewesen seien, sprächen diesbezüglich für eine ungünstige Prognose. Aus dem gleichen Grund könne er die Empfehlung mehrerer Vorgutachter, die Klägerin ungeachtet ihrer langjährigen Therapieresistenz jetzt einer weiteren Psychotherapie und/oder stationären Rehabilitationskur zu unterziehen, nicht nachvollziehen: Ihre innere Festlegung auf das aus ihrer Sicht einzig mögliche Ziel der Berentung würde sie im Falle einer quasi zwangsweise verordneten erneuten Therapie in einen Zielkonflikt bringen, wodurch letztere seiner Überzeugung nach höchstwahrscheinlich von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. Wenn überhaupt, würden erneute psychotherapeutische Therapieversuche allenfalls nach definitivem Abschluss des Rentenstreits einen Sinn machen (zu allem Bl. 173 SG-Akte). Dies habe nichts mit einer etwaigen Aggravation oder Simulation zu tun. Beides liege bei der Klägerin nicht vor und sei ihr auch von keinem der vorbegutachtenden Kollegen unterstellt worden. Auf Grund seiner praktischen psychiatrischen Erfahrung sei er davon überzeugt, dass die Klägerin es bei noch so viel therapeutischem Engagement nicht schaffen werde, die zur Überwindung ihrer neurotischen Krankheitsfehlverarbeitung und für eine Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt notwendige Willensanstrengung aufzubringen. Abgesehen von diesen Überlegungen, welche die Annahme einer "vollständigen" Minderung der Erwerbsfähigkeit nahelägen, halte er übereinstimmend mit dem Sachverständigen M. auf jeden Fall Arbeiten mit starkem Publikumsverkehr, erhöhtem Anspruch an die emotionale und geistige Belastbarkeit, Flexibilität oder Kooperationsfähigkeit im Team sowie Schichtarbeit, Nachtarbeit und Akkordarbeit für nicht mehr zumutbar. Die Klägerin sei auch unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen nur unter drei Stunden täglich beruflich leistungsfähig.
Für die Beklagte hat MUDr. H. eine sozialmedizinische Stellungnahme abgegeben, wonach keine Zweifel darüber bestünden, dass die Klägerin subjektiv fest davon überzeugt sei, dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Diese feste subjektive Überzeugung bedeute aber nicht zwangsläufig, dass die Frage der sogenannten zumutbaren Willensanspannung verneint werden müsste. Denn die Klägerin sollte es trotz der beschriebenen, etwa mittelgradigen depressiven Symptomatik, einer gewissen Verbitterung und subjektiven Überzeugung, nicht mehr arbeiten zu können, weiterhin möglich sein, leichte leidensgerechte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden arbeitstäglich regelmäßig zu verrichten. Dr. D. sei darin zuzustimmen, dass die Durchführung einer stationären Rehabilitationskur in der aktuellen Situation/bei der beschriebenen Motivationslage der Klägerin nicht erfolgversprechend wäre. Dennoch wäre dringend eine Wiederaufnahme der ambulanten Psychotherapie zu empfehlen, z.B. auch, um die mutmaßlichen Behandlungsfehler zu bearbeiten bzw. einer weiteren Fixierung dieser subjektiven Überzeugung vorzubeugen. Die aktuellen etwa zehnminütigen psychiatrischen Gespräche alle vier Wochen sowie eine einfache antidepressive Medikation seien bei der beschriebenen psychischen Situation aus therapeutischer Sicht nicht ausreichend.
Mit Urteil vom 07.03.2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Klägerin für in der Lage gesehen, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich und mehr unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Es hat sich dabei dem Gutachten von Dr. S. und des Sachverständigen M. sowie der sozialmedizinischen Stellungnahme von MUDr. H. angeschlossen und dies im Einzelnen begründet. Der sachverständigen Zeugenauskunft und dem Gutachten von Dr. D. ist es indes nicht gefolgt und hat auch dies ausführlich dargelegt und ausgeführt, dass bei einer sogenannten Rentenneurose die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung typischerweise ausscheide. Das Gutachten von Dr. B. hat es nicht verwertet, da keine zeitnahe Erstellung nach der Untersuchung der Klägerin erfolgt ist.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.03.2019 Berufung eingelegt und zu deren Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass sich das Sozialgericht zu Unrecht über die ärztlichen Stellungnahmen von Dr. B. und Dr. D. hinweggesetzt habe. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.03.2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2016 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung die rechtlichen Grundlagen für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI -) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt, weil sie nicht erwerbsgemindert ist, sondern zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von dem Sachverständigen M. angeführten qualitativen Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben kann. Das Sozialgericht hat sich zu Recht den Beurteilungen von Dr. Simon, des Sachverständigen M. und der sozialmedizinischen Stellungnahme von MUDr. H. angeschlossen und zutreffend ausgeführt, dass und aus welchen Gründen diese Leistungsbeurteilungen überzeugen und das Gutachten von Dr. B. nicht verwertet werden kann. Schließlich hat das Sozialgericht überzeugend dargelegt, dass und warum dem Gutachten von Dr. D. nicht zu folgen ist. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zu Gunsten der Klägerin legt der Senat auch die weiteren von Dr. S. genannten und im Tatbestand aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen zu Grunde.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass alle Ärzte des psychiatrischen Fachgebiets - die Gutachterin Dr. Simon, der Sachverständige M. und die behandelnde Dr. B. sowie Dr. D. , sowohl als behandelnder Arzt als auch als Sachverständiger - bei der Klägerin übereinstimmend eine mittelgradige depressive Erkrankung festgestellt haben und - auch insoweit alle übereinstimmend - zu der Beurteilung gelangt sind, dass diese mittelgradige depressive Erkrankung keine funktionellen Einschränkungen bedingt, die zu einer zeitlichen Leistungsminderung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern ausschließlich zu bestimmten - auch insoweit alle im Wesentlichen übereinstimmend - qualitativen Leistungseinschränkungen führt.
Damit liegt bei der Klägerin zwar - und diese steht sowohl nach ihrem Vorbringen als auch nach dem Ergebnis der Sachaufklärung im Vordergrund der Beurteilung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit - eine psychische Erkrankung vor und sie ist deshalb auch krankheitsbedingt gesundheitlich in ihrem Leistungsvermögen eingeschränkt. Allerdings führt diese Erkrankung - auch in Zusammenschau mit den sonstigen von Dr. S. diagnostizierten Gesundheitsstörungen - zu keiner rentenrelevanten Minderung des Leistungsvermögens. Wie bereits dargelegt, hat keiner der Gutachter wegen dieser Erkrankung ein derartiges Ausmaß an Leistungseinschränkungen angenommen, auch und gerade Dr. D. nicht. Er hat ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen, dass die Depression, wie in den Vorgutachten nachvollziehbar ausgeführt, nicht "schwer genug" für eine Berentung sei.
Auf die von Dr. D. einerseits und Dr. Simon, dem Sachverständigen M. und MUDr. H. andererseits kontrovers diskutierte Frage, ob die Klägerin diese Erkrankung ggf. aus eigener Kraft oder mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe überwinden kann, kommt es deshalb von vornherein nicht an. Denn führt die Erkrankung - hier also die mittelschwere Depression - zu keinen rentenrelevanten Einschränkungen, ändert sich hieran durch eine unterlassene Behandlung nichts, weil das Unterlassen einer Behandlung keine weiteren funktionellen Einschränkungen begründet. Die Behauptung der Klägerin in diesem Zusammenhang auf den entsprechenden Hinweis des Senats, es bestünden funktionelle Einschränkungen, weil sie ihre Fehlhaltung nicht überwinden könne, trifft daher nicht zu.
Die von der Klägerin in der Berufung vorgebrachten Einwände führen zu keiner anderen Beurteilung.
Soweit die Klägerin rügt, das Sozialgericht habe die Beurteilung der behandelnden Ärztin Dr. B. nicht berücksichtigt, ist lediglich darauf hinzuweisen, dass Dr. B. gar keine Beurteilung zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin abgegeben hat.
Soweit die Klägerin vorträgt, sie sei bis zuletzt arbeitsunfähig gewesen, kommt es hierauf nicht an. Die Frage des Bestehens von Arbeitsunfähigkeit ist für die hier zu beurteilende Frage der Erwerbsminderung nicht von entscheidender Bedeutung. Denn während sich die Arbeitsunfähigkeit nach der arbeitsvertraglich geschuldeten, zuletzt ausgeübten Arbeit richtet (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R), sind Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Deshalb kommt es für die Frage der Erwerbsminderung nicht darauf an, ob wegen Krankheit oder Behinderung Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B).
Dem entsprechend ist auch der zuletzt von der Klägerin angeregten Beweiserhebung zur Frage von Arbeitsunfähigkeit nicht nachzugehen. Gleiches gilt für die Frage der Rehabilitationsfähigkeit. Auch diese Frage ist ohne Belang, weil eine Erwerbsminderung - wie oben dargelegt - gar nicht vorliegt und Erwerbsfähigkeit durch Rehabilitation somit auch nicht wiederhergestellt werden kann.
Soweit die Klägerin vorbringt, dass der gerichtliche Sachverständige M. - anders als die behandelnden Ärzte - sie nur einmal untersucht habe und die behandelnden Ärzte auf Grund der jahrelangen ärztlichen Behandlung ihre Arbeitsfähigkeit gut beurteilen könnten, kommt es zum einen - wie dargelegt - auf Arbeitsfähigkeit nicht an. Zum anderen ist die einmalige Untersuchung der typische Fall bei der Ermittlung in einem Rentenverfahren und genügt in der Regel für die Erhebung der beurteilungsrelevanten anamnestischen Daten und des Befundes. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Frage der Überwindbarkeit ihrer psychischen Erkrankung anspricht, ist dies - wie dargelegt - nicht entscheidungsrelevant. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind behandelnde Ärzte auch nicht besser zur Leistungsbeurteilung geeignet. Denn ein gerichtlicher Sachverständiger hat - anders als ein ärztlicher Therapeut, der in der Regel die Beschwerdeschilderungen seines Patienten seiner Beurteilung zu Grunde legt - eine kritische Distanz zum Probanden einzunehmen, um so zu einer möglichst objektiven Leistungsbeurteilung zu gelangen (Urteil des Senats vom 14.11.2019, L 10 R 1508/19, Senatsbeschluss vom 26.11.2015, L 10 R 2946/14).
Im Hinblick auf die Ausführungen von Dr. D. ist ergänzend auszuführen, dass er der Klägerin zwar schlussendlich ein aufgehobenes zeitliches Leistungsvermögen bescheinigt. Allerdings begründet er dies nicht mit der von ihm allein diagnostizierten mittelschweren Depression (s.o.), sondern isoliert mit einer neurotischen Fehlverarbeitung, die die Klägerin an der Überwindung ihrer depressiven Symptomatik hindere. Abgesehen davon, dass Dr. D. verkennt, dass die Nichtüberwindbarkeit einer nicht zur Erwerbsminderung führenden Störung keine Erwerbsminderung begründen kann (s.o.), hat Dr. D. neben der mittelschweren Depression auch keine weiteren psychischen Erkrankungen, insbesondere keine neurotische Störung nach ICD-10 F40 bis F48, diagnostiziert, sondern weitere Störungen ausgeschlossen. Auch deshalb überzeugt seine Leistungsbeurteilung nicht. Im Grunde beruht die Beurteilung von Dr. D. auf der Haltung der Klägerin, wonach sie sich darüber ärgere, dass Behörden und Gutachter nicht einsehen würden, dass sie nicht mehr arbeiten könne und sie keinen Sinn darin sehe, ein weiteres Mal an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teilzunehmen und ihr alles zu viel sei, sie jetzt endlich einmal ihre Ruhe haben wolle, sonst nichts (Bl. 172 SG-Akte). Wie MUDr. H. hat auch der Senat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin subjektiv fest davon überzeugt ist, nicht mehr erwerbsfähig zu sein. Indessen ist dies der Regelfall bei Versicherten, die Rente wegen Erwerbsminderung begehren und diese subjektive Überzeugung hat keinen Krankheitswert. Soweit Dr. D. zur Begründung seiner Einschätzung, die Klägerin könne die depressive Störung krankheitsbedingt (wie dargelegt, ohne entsprechende Befunde zu erheben und ohne eine derartige Erkrankung zu diagnostizieren) nicht überwinden, angenommen hat, die Klägerin habe sämtliche Behandlungsoptionen ausgeschöpft hat, trifft auch dies nicht zu. Denn Dr. S. und der Sachverständige M. haben therapeutische Behandlungsoptionen in Form einer stationären fachpsychiatrischen bzw. psychotherapeutischen/psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme gesehen. Die Behauptung der Klägerin, sie habe bereits mehrere stationäre Rehabilitationsmaßnahmen hinter sich, die allesamt erfolglos verlaufen seien (Bl. 24 LSG-Akte), führt in die Irre. Die früheren stationären Rehabilitationsmaßnahmen fanden nämlich auf orthopädischem, kardiologischem und gynäkologischem Fachgebiet statt (vgl. Entlassungsberichte der Fachklinik S. vom 31.05.2010, Bl. 53 VA ärztlicher Teil, der Reha-Klinik H.-K. vom 30.01.2013, Bl. 89 VA ärztlicher Teil und des Rehazentrums bei der Therme Bad W. vom 23.07.2015, Bl. 275 VA ärztlicher Teil) und nicht auf psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die am.1962 geborene Klägerin ist i. Staatsangehörige, lebt seit 1978 in Deutschland und war zuletzt als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt.
Die Klägerin erlitt im September 2012 einen Myokardinfarkt. Die Operation verlief mit Komplikationen (notwendige postinterventionelle Perikardpunktion, Verletzung der Leber). Ein daraufhin im April 2013 gestellter Rentenantrag der Klägerin wurde bestandskräftig abgelehnt (Bescheid vom 30.04.2013, Widerspruchsbescheid vom 15.10.2013, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.09.2014, S 15 R 3690/13, Urteil des Landessozialgerichts vom 24.02.2015, L 11 R 4085/14).
Im März 2015 wurde bei der Klägerin Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Der Tumor wurde operativ entfernt. Eine anschließende Chemotherapie und Bestrahlung war nicht notwendig, die Klägerin ist rezidivfrei. Arbeitsunfähigkeit bestand bis 23.02.2016.
Am 26.02.2016 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung unter Vorlage eines Befundberichtes des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. D. , der eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome bei einem Zustand nach in den Jahren 2012 und 2015 erlittenen Erkrankungen diagnostizierte und ausführte, dass die Klägerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in der Lage sei, einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen.
Die Beklagte holte das Gutachten der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Fachärztin für Innere Medizin Dr. S. ein (Teil I VA). Am Tag der Untersuchung (12.04.2016) war die Klägerin pünktlich, sehr gepflegt und ordentlich, modern gekleidet, im Kontakt freundlich, bewusstseinsklar, wach, zu allen Qualitäten voll orientiert bei intakter Auffassungsgabe und ohne Auffälligkeiten bezüglich der Merkfähigkeit oder Konzentration bei von ihr selbst beschriebener Grübelneigung. Inhaltliche Denkstörungen und Ich-Störungen lagen nicht vor. Die Stimmung war traurig, enttäuscht, die affektive Schwingungsfähigkeit eingeschränkt, wobei sie sich auch in der Untersuchungssituation nicht zum positiven Pol hin auslenken ließ. Der Antrieb war reduziert bei beschriebener innerer Unruhe und ohne psychomotorische Pathologien. Die Klägerin beschrieb Ängste und Panikattacken in Menschenansammlungen oder wenn sie selbst mit dem Auto fahren müsse. Zwänge stellte Dr. S. nicht fest. Sie diagnostizierte eine mittelgradige depressive Episode im Sinne einer verlängerten Anpassungsstörung nach körperlichen Erkrankungen, eine undifferenzierte Somatisierungsstörung mit Schmerz als Leitsymptom, leichte Panikstörungen mit Panikattacken in Menschenansammlungen, einen Zustand nach Corpus-Karzinom des Uterus in Remission, eine normale systolische linksventrikuläre Funktion nach Myokardinfarkt bei koronarer Eingefäßerkrankung, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter, eine Autoimmunthyreoiditis Hashimoto, Adipositas Grad I, eine kleine Hiatusgleithernie, Laktoseintoleranz und Vitamin D-Mangel. Die Klägerin - so Dr. S. - könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche verrichten, dies im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Nachtschicht, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten und ohne häufiges Bücken. In Gesamtschau der Befunde müsse man konstatieren, dass die Klägerin, während sie immer wieder Diagnostik eingefordert habe, kaum Therapien gehabt habe. Durch eine konsequente Behandlung sei eine deutliche Besserung zu erwarten. Auf die letzte Psychotherapie habe sie gut angesprochen, insofern sei die Prognose bei ihr günstig. Durch eine effektive Behandlung mit konsequenter antidepressiver Medikation und Fortsetzung der Psychotherapie, gegebenenfalls vorübergehend auch intensiviert im Sinne einer tagesklinischen oder vollstationären psychosomatischen Behandlung lasse sich eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes erreichen.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag hierauf gestützt mit Bescheid vom 22.04.2016 (Bl. 265 VA) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2016 (Bl. 329 VA) ab, nachdem Dr. S. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom Juni 2016 unter Berücksichtigung weiterer im Widerspruchsverfahren von der Klägerin vorgelegter Befundberichte an ihrer Leistungsbeurteilung im zuvor erstatteten Gutachten festhielt.
Die Klägerin hat am 31.08.2016 mit dem Begehren der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Das Sozialgericht hat die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Psychotherapie Dr. B. hat mitgeteilt, dass sie die Klägerin von Dezember 2015 bis Ende August 2016 tiefenpsychologisch fundiert behandelt habe und die Klägerin unter einer mittelschweren Depression gelitten habe. Die Therapie habe zu keiner Besserung geführt. Der Frauenarzt Dr. R. hat ausgeführt, dass die Klägerin zu Nachsorge-/Vorsorgeuntersuchungen bei ihm gewesen sei und dabei vereinzelt über ein Ziehen im Unterbauch geklagt habe. Von Seiten der Grunderkrankung seien sonst keine Beschwerden vorhanden gewesen und es sei auch zu keiner Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen. Der Arzt für Innere Medizin, Kardiologie Dr. P. hat mitgeteilt, dass die Klägerin immer wieder über unspezifisch auftretende thorakale Beschwerden klage, ohne dass sich ein eindeutiger Hinweis auf eine Progression der koronaren Herzerkrankung ergeben hätte. Auch ein immer wieder anfallsweise auftretendes Husten und Würgen habe kein organisches Korrelat. Von der organischen Seite her könne die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausführen. Der Praxisnachfolger des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. hat dessen Befundberichte übersandt, wonach eine bronchiale Hyperreagibilität und Refluxösophagitis ohne pathologische Geräusche und ohne manifeste Obstruktion vorgelegen hat. Dr. D. hat ausgeführt, dass bei der Klägerin eine mittelgradig ausgeprägte depressive Störung mit somatischem Syndrom (F32.11) bei Zustand nach den in den Jahren 2012 und 2015 erlittenen organischen Erkrankungen vorliege. Die Klägerin sei im Hinblick auf ihre chronifizierte körperliche und insbesondere psychische Beeinträchtigung allenfalls für unterhalbschichtig belastbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei sie nicht mehr vermittelbar. Der Erstkontakt in seiner Praxis habe im Januar 2016 stattgefunden. Seitdem habe sich die depressiv-phobische und somatoforme Störung der Klägerin chronifiziert, wenn auch nach Art und Ausmaß nicht anhaltend verschlechtert.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen die Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. B. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, das diese nach Untersuchung der Klägerin am 07.07.2017 am 15.01.2018 verfasst hat. Da das Gutachten mehr als ein halbes Jahr nach Untersuchung der Klägerin erstattet worden war, hat das Sozialgericht das Gutachten von Dr. B. als unverwertbar angesehen und von Amts wegen das Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie M. eingeholt, der nach Untersuchung der Klägerin im Mai 2018 eine mittelgradige depressive Erkrankung (F32.1) diagnostiziert hat (Bl. 137 ff. SG-Akte). Die Klägerin ist zum Untersuchungszeitpunkt wach, bewusstseinsklar, allseits orientiert gewesen. Während des Gespräches haben sich keine Auffälligkeiten in Kognition und Mnestik gezeigt. Im formalen Gedankengang hat sie sich geordnet bei deutlicher Fixierung und Einengung auf die erlebten körperlichen Vorerkrankungen wie Herzinfarkt und Gebärmutterhalskrebserkrankung gezeigt. Es hat sich kein Anhalt für inhaltliche Denkstörungen, kein Anhalt für Halluzinationen und kein Anhalt für Ich-Störungen gezeigt. Die Klägerin hat Ängste vor großen Menschenmengen angegeben, aber ohne Panikattacken. Die Klägerin ist im Affekt freundlich, aber wenig zugewandt gewesen, die Schwingungsfähigkeit ist reduziert gewesen, das Stimmungsbild deutlich zum depressiven Pol hin verschoben mit Angaben von Freudlosigkeit, Lustlosigkeit, sozialem Rückzug, Interessenverlust, Traurigkeit und innerer Leere. Die Zukunftsängste haben sich auf die körperlichen Vorerkrankungen bezogen. Der Antrieb ist ohne auffälligen Befund gewesen. Der Sachverständige M. hat ausgeführt, dass die Klägerin noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich sechs Stunden und mehr tätig zu sein. Qualitative Einschränkungen bestünden für Arbeiten mit Publikumsverkehr, Arbeiten mit erhöhtem Anspruch an die emotionale und geistige Belastbarkeit, Arbeiten mit erhöhtem Anspruch an die Flexibilität, in Schichttätigkeit (Nachtschichtarbeiten) und mit erhöhtem Anspruch an die Tempoleistung (Akkordarbeiten). Unter einer stationären Rehabilitationsbehandlung und einer weiterführenden ambulanten psychotherapeutischen Behandlung sei das psychiatrische Beschwerdebild nochmals günstig beeinflussbar.
Das Sozialgericht hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des die Klägerin behandelnden Dr. D. eingeholt, der nach Untersuchung im September 2018 eine "mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10: F32.11)" diagnostiziert hat, welche mittlerweile trotz diverser ambulanter und stationärer therapeutischer Bemühungen weitgehend chronifiziert sei (Bl. 172 SG-Akte). Die diagnostischen Kriterien für eine Panikstörung und eine posttraumatische Belastungsstörung lägen nicht vor. Auch sei eine somatoforme autonome Funktionsstörung des Atmungssystems nicht ausreichend gesichert. Es sei unstrittig, dass die depressive Störung der Klägerin in einem Zusammenhang stehe mit einer unglücklichen Verkettung erlittener körperlicher Erkrankungen und medizinischer Komplikationen. Gleichwohl - so Dr. D. (Bl. 173 SG-Akte) - sei in dem psychiatrischen Vorgutachten die Frage der Erwerbsfähigkeit der Klägerin ausschließlich unter psychopathologischen Gesichtspunkten - insbesondere nach dem Ausmaß ihrer depressiven Störung - diskutiert worden, während psychodynamische Gesichtspunkte weitgehend unberücksichtigt geblieben seien. Es könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die bei der Klägerin vorliegende chronifizierte depressive Symptomatik - wenn auch nach objektiven Kriterien nur als "mittelschwer" einzuordnen - sich auf Grund eines prognostisch ungünstigen psychodynamischen Verarbeitungsmodus in ihrem subjektiven Erleben als unüberwindbare Barriere darstelle. Ihre anhaltende Gereiztheit bei der Frage nach ihrem Befinden, ihre unterschwellig vorwurfsvolle Haltung gegenüber Ärzten, Gutachtern und Behörden sowie ihr Widerstand gegen weitere psychotherapeutische und/oder rehabilitative Maßnahmen sprächen dafür, dass sie in Ermangelung sonstiger psychischer Kompensationsstrategien die Gewährung einer Rente als einzige Möglichkeit sehe, ihr durch mutmaßliche ärztliche Behandlungsfehler erlittenes Leiden zu entschädigen und ihre Selbstachtung wiederherzustellen - "ein Mechanismus, der früher durch den inzwischen zu Recht aufgegebenen Begriff ‚Rentenneurose‘ beschrieben" worden sei. Die Beurteilung der Auswirkungen der psychischen Störung der Klägerin auf deren Erwerbsfähigkeit hänge deshalb seines Erachtens weniger von der Frage ab, ob ihre Depression als solche "schwer genug" für eine Berentung sei - wie in mehreren Vorgutachten nachvollziehbar ausgeführt, sei sie das wahrscheinlich tatsächlich nicht -, sondern ob der Klägerin die Willensanspannung zumutbar sei, ihre einer Genesung im Wege stehende neurotische Fehlhaltung zu überwinden. Die Tatsache, dass sämtliche bisherigen therapeutischen Maßnahmen einschließlich mehrerer stationärer Rehabilitationskuren, zweier ambulanter psychotherapeutischer Behandlungen und einer mehrjährigen psychiatrischen einschließlich medikamentösen Behandlung nicht oder zumindest nicht nachhaltig erfolgreich gewesen seien, sprächen diesbezüglich für eine ungünstige Prognose. Aus dem gleichen Grund könne er die Empfehlung mehrerer Vorgutachter, die Klägerin ungeachtet ihrer langjährigen Therapieresistenz jetzt einer weiteren Psychotherapie und/oder stationären Rehabilitationskur zu unterziehen, nicht nachvollziehen: Ihre innere Festlegung auf das aus ihrer Sicht einzig mögliche Ziel der Berentung würde sie im Falle einer quasi zwangsweise verordneten erneuten Therapie in einen Zielkonflikt bringen, wodurch letztere seiner Überzeugung nach höchstwahrscheinlich von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. Wenn überhaupt, würden erneute psychotherapeutische Therapieversuche allenfalls nach definitivem Abschluss des Rentenstreits einen Sinn machen (zu allem Bl. 173 SG-Akte). Dies habe nichts mit einer etwaigen Aggravation oder Simulation zu tun. Beides liege bei der Klägerin nicht vor und sei ihr auch von keinem der vorbegutachtenden Kollegen unterstellt worden. Auf Grund seiner praktischen psychiatrischen Erfahrung sei er davon überzeugt, dass die Klägerin es bei noch so viel therapeutischem Engagement nicht schaffen werde, die zur Überwindung ihrer neurotischen Krankheitsfehlverarbeitung und für eine Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt notwendige Willensanstrengung aufzubringen. Abgesehen von diesen Überlegungen, welche die Annahme einer "vollständigen" Minderung der Erwerbsfähigkeit nahelägen, halte er übereinstimmend mit dem Sachverständigen M. auf jeden Fall Arbeiten mit starkem Publikumsverkehr, erhöhtem Anspruch an die emotionale und geistige Belastbarkeit, Flexibilität oder Kooperationsfähigkeit im Team sowie Schichtarbeit, Nachtarbeit und Akkordarbeit für nicht mehr zumutbar. Die Klägerin sei auch unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen nur unter drei Stunden täglich beruflich leistungsfähig.
Für die Beklagte hat MUDr. H. eine sozialmedizinische Stellungnahme abgegeben, wonach keine Zweifel darüber bestünden, dass die Klägerin subjektiv fest davon überzeugt sei, dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Diese feste subjektive Überzeugung bedeute aber nicht zwangsläufig, dass die Frage der sogenannten zumutbaren Willensanspannung verneint werden müsste. Denn die Klägerin sollte es trotz der beschriebenen, etwa mittelgradigen depressiven Symptomatik, einer gewissen Verbitterung und subjektiven Überzeugung, nicht mehr arbeiten zu können, weiterhin möglich sein, leichte leidensgerechte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden arbeitstäglich regelmäßig zu verrichten. Dr. D. sei darin zuzustimmen, dass die Durchführung einer stationären Rehabilitationskur in der aktuellen Situation/bei der beschriebenen Motivationslage der Klägerin nicht erfolgversprechend wäre. Dennoch wäre dringend eine Wiederaufnahme der ambulanten Psychotherapie zu empfehlen, z.B. auch, um die mutmaßlichen Behandlungsfehler zu bearbeiten bzw. einer weiteren Fixierung dieser subjektiven Überzeugung vorzubeugen. Die aktuellen etwa zehnminütigen psychiatrischen Gespräche alle vier Wochen sowie eine einfache antidepressive Medikation seien bei der beschriebenen psychischen Situation aus therapeutischer Sicht nicht ausreichend.
Mit Urteil vom 07.03.2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Klägerin für in der Lage gesehen, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich und mehr unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Es hat sich dabei dem Gutachten von Dr. S. und des Sachverständigen M. sowie der sozialmedizinischen Stellungnahme von MUDr. H. angeschlossen und dies im Einzelnen begründet. Der sachverständigen Zeugenauskunft und dem Gutachten von Dr. D. ist es indes nicht gefolgt und hat auch dies ausführlich dargelegt und ausgeführt, dass bei einer sogenannten Rentenneurose die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung typischerweise ausscheide. Das Gutachten von Dr. B. hat es nicht verwertet, da keine zeitnahe Erstellung nach der Untersuchung der Klägerin erfolgt ist.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.03.2019 Berufung eingelegt und zu deren Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass sich das Sozialgericht zu Unrecht über die ärztlichen Stellungnahmen von Dr. B. und Dr. D. hinweggesetzt habe. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.03.2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2016 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung die rechtlichen Grundlagen für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI -) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt, weil sie nicht erwerbsgemindert ist, sondern zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von dem Sachverständigen M. angeführten qualitativen Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben kann. Das Sozialgericht hat sich zu Recht den Beurteilungen von Dr. Simon, des Sachverständigen M. und der sozialmedizinischen Stellungnahme von MUDr. H. angeschlossen und zutreffend ausgeführt, dass und aus welchen Gründen diese Leistungsbeurteilungen überzeugen und das Gutachten von Dr. B. nicht verwertet werden kann. Schließlich hat das Sozialgericht überzeugend dargelegt, dass und warum dem Gutachten von Dr. D. nicht zu folgen ist. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zu Gunsten der Klägerin legt der Senat auch die weiteren von Dr. S. genannten und im Tatbestand aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen zu Grunde.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass alle Ärzte des psychiatrischen Fachgebiets - die Gutachterin Dr. Simon, der Sachverständige M. und die behandelnde Dr. B. sowie Dr. D. , sowohl als behandelnder Arzt als auch als Sachverständiger - bei der Klägerin übereinstimmend eine mittelgradige depressive Erkrankung festgestellt haben und - auch insoweit alle übereinstimmend - zu der Beurteilung gelangt sind, dass diese mittelgradige depressive Erkrankung keine funktionellen Einschränkungen bedingt, die zu einer zeitlichen Leistungsminderung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern ausschließlich zu bestimmten - auch insoweit alle im Wesentlichen übereinstimmend - qualitativen Leistungseinschränkungen führt.
Damit liegt bei der Klägerin zwar - und diese steht sowohl nach ihrem Vorbringen als auch nach dem Ergebnis der Sachaufklärung im Vordergrund der Beurteilung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit - eine psychische Erkrankung vor und sie ist deshalb auch krankheitsbedingt gesundheitlich in ihrem Leistungsvermögen eingeschränkt. Allerdings führt diese Erkrankung - auch in Zusammenschau mit den sonstigen von Dr. S. diagnostizierten Gesundheitsstörungen - zu keiner rentenrelevanten Minderung des Leistungsvermögens. Wie bereits dargelegt, hat keiner der Gutachter wegen dieser Erkrankung ein derartiges Ausmaß an Leistungseinschränkungen angenommen, auch und gerade Dr. D. nicht. Er hat ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen, dass die Depression, wie in den Vorgutachten nachvollziehbar ausgeführt, nicht "schwer genug" für eine Berentung sei.
Auf die von Dr. D. einerseits und Dr. Simon, dem Sachverständigen M. und MUDr. H. andererseits kontrovers diskutierte Frage, ob die Klägerin diese Erkrankung ggf. aus eigener Kraft oder mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe überwinden kann, kommt es deshalb von vornherein nicht an. Denn führt die Erkrankung - hier also die mittelschwere Depression - zu keinen rentenrelevanten Einschränkungen, ändert sich hieran durch eine unterlassene Behandlung nichts, weil das Unterlassen einer Behandlung keine weiteren funktionellen Einschränkungen begründet. Die Behauptung der Klägerin in diesem Zusammenhang auf den entsprechenden Hinweis des Senats, es bestünden funktionelle Einschränkungen, weil sie ihre Fehlhaltung nicht überwinden könne, trifft daher nicht zu.
Die von der Klägerin in der Berufung vorgebrachten Einwände führen zu keiner anderen Beurteilung.
Soweit die Klägerin rügt, das Sozialgericht habe die Beurteilung der behandelnden Ärztin Dr. B. nicht berücksichtigt, ist lediglich darauf hinzuweisen, dass Dr. B. gar keine Beurteilung zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin abgegeben hat.
Soweit die Klägerin vorträgt, sie sei bis zuletzt arbeitsunfähig gewesen, kommt es hierauf nicht an. Die Frage des Bestehens von Arbeitsunfähigkeit ist für die hier zu beurteilende Frage der Erwerbsminderung nicht von entscheidender Bedeutung. Denn während sich die Arbeitsunfähigkeit nach der arbeitsvertraglich geschuldeten, zuletzt ausgeübten Arbeit richtet (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R), sind Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Deshalb kommt es für die Frage der Erwerbsminderung nicht darauf an, ob wegen Krankheit oder Behinderung Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B).
Dem entsprechend ist auch der zuletzt von der Klägerin angeregten Beweiserhebung zur Frage von Arbeitsunfähigkeit nicht nachzugehen. Gleiches gilt für die Frage der Rehabilitationsfähigkeit. Auch diese Frage ist ohne Belang, weil eine Erwerbsminderung - wie oben dargelegt - gar nicht vorliegt und Erwerbsfähigkeit durch Rehabilitation somit auch nicht wiederhergestellt werden kann.
Soweit die Klägerin vorbringt, dass der gerichtliche Sachverständige M. - anders als die behandelnden Ärzte - sie nur einmal untersucht habe und die behandelnden Ärzte auf Grund der jahrelangen ärztlichen Behandlung ihre Arbeitsfähigkeit gut beurteilen könnten, kommt es zum einen - wie dargelegt - auf Arbeitsfähigkeit nicht an. Zum anderen ist die einmalige Untersuchung der typische Fall bei der Ermittlung in einem Rentenverfahren und genügt in der Regel für die Erhebung der beurteilungsrelevanten anamnestischen Daten und des Befundes. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Frage der Überwindbarkeit ihrer psychischen Erkrankung anspricht, ist dies - wie dargelegt - nicht entscheidungsrelevant. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind behandelnde Ärzte auch nicht besser zur Leistungsbeurteilung geeignet. Denn ein gerichtlicher Sachverständiger hat - anders als ein ärztlicher Therapeut, der in der Regel die Beschwerdeschilderungen seines Patienten seiner Beurteilung zu Grunde legt - eine kritische Distanz zum Probanden einzunehmen, um so zu einer möglichst objektiven Leistungsbeurteilung zu gelangen (Urteil des Senats vom 14.11.2019, L 10 R 1508/19, Senatsbeschluss vom 26.11.2015, L 10 R 2946/14).
Im Hinblick auf die Ausführungen von Dr. D. ist ergänzend auszuführen, dass er der Klägerin zwar schlussendlich ein aufgehobenes zeitliches Leistungsvermögen bescheinigt. Allerdings begründet er dies nicht mit der von ihm allein diagnostizierten mittelschweren Depression (s.o.), sondern isoliert mit einer neurotischen Fehlverarbeitung, die die Klägerin an der Überwindung ihrer depressiven Symptomatik hindere. Abgesehen davon, dass Dr. D. verkennt, dass die Nichtüberwindbarkeit einer nicht zur Erwerbsminderung führenden Störung keine Erwerbsminderung begründen kann (s.o.), hat Dr. D. neben der mittelschweren Depression auch keine weiteren psychischen Erkrankungen, insbesondere keine neurotische Störung nach ICD-10 F40 bis F48, diagnostiziert, sondern weitere Störungen ausgeschlossen. Auch deshalb überzeugt seine Leistungsbeurteilung nicht. Im Grunde beruht die Beurteilung von Dr. D. auf der Haltung der Klägerin, wonach sie sich darüber ärgere, dass Behörden und Gutachter nicht einsehen würden, dass sie nicht mehr arbeiten könne und sie keinen Sinn darin sehe, ein weiteres Mal an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teilzunehmen und ihr alles zu viel sei, sie jetzt endlich einmal ihre Ruhe haben wolle, sonst nichts (Bl. 172 SG-Akte). Wie MUDr. H. hat auch der Senat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin subjektiv fest davon überzeugt ist, nicht mehr erwerbsfähig zu sein. Indessen ist dies der Regelfall bei Versicherten, die Rente wegen Erwerbsminderung begehren und diese subjektive Überzeugung hat keinen Krankheitswert. Soweit Dr. D. zur Begründung seiner Einschätzung, die Klägerin könne die depressive Störung krankheitsbedingt (wie dargelegt, ohne entsprechende Befunde zu erheben und ohne eine derartige Erkrankung zu diagnostizieren) nicht überwinden, angenommen hat, die Klägerin habe sämtliche Behandlungsoptionen ausgeschöpft hat, trifft auch dies nicht zu. Denn Dr. S. und der Sachverständige M. haben therapeutische Behandlungsoptionen in Form einer stationären fachpsychiatrischen bzw. psychotherapeutischen/psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme gesehen. Die Behauptung der Klägerin, sie habe bereits mehrere stationäre Rehabilitationsmaßnahmen hinter sich, die allesamt erfolglos verlaufen seien (Bl. 24 LSG-Akte), führt in die Irre. Die früheren stationären Rehabilitationsmaßnahmen fanden nämlich auf orthopädischem, kardiologischem und gynäkologischem Fachgebiet statt (vgl. Entlassungsberichte der Fachklinik S. vom 31.05.2010, Bl. 53 VA ärztlicher Teil, der Reha-Klinik H.-K. vom 30.01.2013, Bl. 89 VA ärztlicher Teil und des Rehazentrums bei der Therme Bad W. vom 23.07.2015, Bl. 275 VA ärztlicher Teil) und nicht auf psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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