Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 912/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 488/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichtes Reutlingen vom 08.08.2018 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen bleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme einer Heiz- und Nebenkostennachforderung für eine nicht mehr von der Klägerin bewohnten Wohnung im Landkreis E. in Höhe von 493,26 EUR.
Die Klägerin bewohnte bis zum 30.04.2016 eine 66 m² große, mit Öl beheizte Mietwohnung in der U. Straße in E.-Z., für die sie eine Kaltmiete von 450 EUR zzgl. einer Vorauszahlung für Nebenkosten von 150 EUR zu entrichten hatte. Sie bezog Leistungen nach dem SGB II vom Jobcenter Landkreis E ... Dieses hatte die Klägerin bereits mit Schreiben vom 12.03.2014 darüber informiert, dass die Kaltmiete unangemessen hoch sei. Angemessen sei eine Kaltmiete in Höhe von 400 EUR, weshalb sich die Klägerin um eine kostengünstigere Wohnung bemühen solle. Ab April 2014 legte das Jobcenter Landkreis E. bei den Leistungsbewilligungen eine angemessene Kaltmiete von 400 EUR zu Grunde. Zuletzt bewilligte es der Klägerin mit Bescheid vom 22.02.2016 Leistungen für die Zeit von März 2016 bis August 2016 in Höhe von 952,40 EUR monatlich (402,40 EUR Regelleistung zzgl. 550 EUR Kosten der Unterkunft).
Am 16.03.2016 sprach die Klägerin beim Jobcenter Landkreis E. vor und teilte mit, sie werde zum 01.05.2016 in die F. in 7XXXX W. verziehen. Die Kaltmiete der neuen Wohnung betrage 450 EUR. Mit Bescheid vom 18.03.2016 lehnte das Jobcenter Landkreis E. eine Zustimmung für den geplanten Umzug ab und führte aus, die (künftige) Kaltmiete überschreite die für R. angemessene Mietobergrenze um 91 EUR. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es (im Landkreis R.) Wohnraum innerhalb der angemessen Mietobergrenze gebe.
Am 23.03.2016 sprach die Klägerin beim Beklagten vor und teilte mit, dass sie "ungenehmigt in die neue Wohnung F. in 7XXXX W." im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten ziehen werde.
Am 05.04.2016 unterzeichnete die Klägerin einen ab dem 01.05.2016 beginnenden Mietvertrag über die 53qm große genannte Wohnung in W., mit dem eine Kaltmiete von 450 EUR zzgl. 150 EUR Nebenkostenvorauszahlung vereinbart wurde. Zum 01.05.2016 zog die Klägerin von E. in die Wohnung in W. um. Der Beklagte bewilligte der Klägerin sodann mit Bescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 20.12.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom Mai 2016 bis Oktober 2016, wobei er monatlich Kosten der Unterkunft in Höhe von 539 EUR (339 EUR Kaltmiete zzgl. 200 EUR Nebenkosten) zu Grunde legte.
Mit Bescheid vom 03.11.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 943‚00 EUR monatlich für die Zeit vom November 2016 bis Oktober 2017. Als Kosten der Unterkunft legte er wiederum 539 EUR (339 EUR Kaltmiete zzgl. 200 EUR Nebenkosten) zu Grunde.
Am 26.01.2017 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Übernahme einer Nebenkostennachforderung für die Wohnung in E. Z ... Die Klägerin legte ein Schreiben ihres ehemaligen Vermieters vom 07.12.2016 vor, mit dem dieser Nebenkosten für die Zeit vom 01.01.2016 bis 30.04.2016 abrechnete und von der Klägerin eine Nachzahlung in Höhe von 493,26 EUR bis 28.12.2016 forderte (Abfallgebühr 6,44 EUR‚ Niederschlagswasser 18,00 EUR‚ Wasser/Abwasser 59,74 EUR und auf Heizung/Warmwasser 409,08 EUR).
Zuvor hatte die Klägerin eine entsprechende Kostenübernahme bereits beim Jobcenter Landkreis E. beantragt, erhielt von dort jedoch mit Bescheid vom 16.01.2017 die Auskunft, dass der Beklagte zuständig sei. Eine später gegen das Jobcenter Landkreis E. erhobene Klage (Az.: S 3 AS 1546/17) nahm die Klägerin am 27.07.2018 zurück.
Mit Bescheid vom 27.01.2017 lehnte der Beklagte die Übernahme der Endnebenkostenabrechnung ab. Er führte zur Begründung aus, Nebenkostenabrechnungen würden nur dann bezahlt, wenn die Kostenübernahme dem Zwecke der Unterkunftssicherung diene. Da die Klägerin nicht mehr in der betroffenen Wohnung lebe, entfalle der Zweck der Unterkunftssicherung. Der ungenehmigte Umzug habe auch nicht der Kostensenkung gedient. Die Kaltmiete ihrer jetzigen Wohnung sei mit 450 EUR ebenso hoch wie die Miete in E.-Z. und liege über der im Landkreis R. geltenden Mietobergrenze.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 01.02.2017 Widerspruch und legte zur Begründung dar, sie sei seit 2012 ununterbrochen Leistungsempfänger, weshalb der Zweck der Unterkunftssicherung erfüllt sei. Dass sie "ungenehmigt umgezogen sei", habe mit der Endnebenkostenabrechnung nichts zu tun. Auch wenn nun eine andere Mietobergrenze greife, seien die Mietkosten gleichgeblieben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2017 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könnten Nebenkosten einer nicht mehr bewohnten Wohnung nur dann übernommen werden, wenn der Leistungsberechtigte sowohl im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten im Leistungsbezug nach dem SGB II gestanden habe als auch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung noch stehe und die Aufgabe der bisherigen Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsaufforderung durch den Leistungsträger erfolgt sei sowie keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten sei. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt.
Hiergegen hat die Klägerin am 18.04.2018 Klage beim Sozialgericht R. (SG) erhoben. Sie hat ergänzend und vertiefend zum bisherigen Vorbringen vorgetragen, der Umzug von E. nach W. sei aufgrund von gesundheitlichen Probleme erforderlich gewesen, da sie wegen Bandscheibenvorfällen die im 1. Stock befindliche Wohnung in E.-Z. nicht mehr habe erreichen können. Bei der Wohnung in W. handle es sich um eine Erdgeschosswohnung. Zudem könne sie in der neuen Wohnung wegen örtlicher Nähe besser durch ihre Kinder unterstützt werden. Wäre sie nicht umgezogen, hätte das Jobcenter Landkreis E. die Abrechnung übernommen. Die vom Beklagten angeführte Rechtsprechung des BSG sei auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar. Der Umzug sei auch nicht unverhältnismäßig oder habe zu Mehrkosten geführt. Voraussetzung für die Übernahme beim Wohnungswechsel könne nur ein durchgehender Leistungsbezug sein. Hätte die Klägerin höhere Nebenkostenvorauszahlungen geleistet, so wäre sie "auch einer Rückforderung" ausgesetzt. Deswegen müsse umgekehrt auch eine Nebenkostennachforderung übernommen werden.
Mit Urteil vom 08.08.2018 hat das SG der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.01.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2017 verurteilt, der Klägerin weitere Kosten der Unterkunft und Heizung auf der Grundlage der Nebenkostenabrechnung vom 07.12.2016 in Höhe von 493,26 EUR zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, nach Rechtsprechung des BSG komme die Übernahme einer Nachforderung einer nicht mehr bewohnten Wohnung jedenfalls dann in Betracht, wenn der Betroffenen sowohl im Zeitpunkt der Entstehung der Kosten als auch der Fälligkeit im Leistungsbezug stand und der Umzug zur Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit erfolgt und keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten sei oder der Betroffene durchgängig im Leistungsbezug gestanden und eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs vorgelegen habe. Zur der Frage, ob im Falle des durchgängigen Leistungsbezugs ohne Vorliegen einer Kostensenkungsobliegenheit oder einer Zusicherung zum Umzug die Kosten zu übernehmen sind, habe sich das BSG noch nicht ausdrücklich geäußert. Das BSG habe durch die in den dortigen Urteilgründen gewählte Formulierung " ... gilt ... jedenfalls dann, wenn" zum Ausdruck gebracht, dass durchaus auch eine Übernahme in anderen Fallkonstellationen in Betracht kommen könnte. Die grundsätzliche Argumentation des BSG sei aber auch auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar.
Gegen das am 19.09.2018 zugestellte Urteilt hat der Beklagte am 17.10.2018 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese u.a. mit der grundsätzlichen Bedeutung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage begründet.
Mit Beschluss vom 11.02.2019 (L 1 AS 3694/18) hat der Senat die Berufung zugelassen.
Der Beklagte hat zur Begründung der Berufung vorgetragen, die Klägerin habe die frühere Wohnung in E. nicht wegen einer Kostensenkungsaufforderung aufgeben und es habe auch keine Zusicherung zu den angemessenen Aufwendungen für die neue Unterkunft vorgelegen. Die durch Rechtsprechung des BSG geprägten Voraussetzungen für die Übernahme von Nebenkosten einer nicht mehr bewohnten Wohnung lägen daher nicht vor. Die Entscheidung des SG widerspreche daher der Rechtsprechung des BSG, wonach Bedarfe für Unterkunft und Heizung grundsätzlich nur der Sicherung einer aktuell bewohnten Wohnung dienen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts R. vom 08.08.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend und hält an ihrer bislang vertretenen Auffassung fest.
Auf Anregung des Senats haben die Beteiligten einen dahingehenden Verfahrensvergleich geschlossen, dass vorliegend ausschließlich die Heiz- und Nebenkostennachforderung in Höhe von 493,26 EUR für die frühere Wohnung im Landkreis E. im Streit stehen, wohingegen die Kosten der Unterkunft für die aktuell bewohnte Wohnung in W. kein Gegenstand des Verfahrens sind.
Die Beteiligten haben Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann hier gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist nach Zulassung durch den Senat mit Beschluss vom 11.02.2019 statthaft und zulässig (vgl. 145 Abs. 5 Satz 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zutreffend dazu verurteilt, der Klägerin (für Dezember 2016) weitere Kosten der Unterkunft und Heizung auf der Grundlage der Nebenkostenabrechnung vom 07.12.2016 in Höhe von 493,26 EUR zu gewähren.
Die mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2017 verfügte Ablehnung des Beklagten, den bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheid vom 03.11.2016 abzuändern und der Klägerin für den Monat Dezember 2016 höhere Bedarfe für Heizung zu gewähren, erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) ist zulässig und begründet, wobei die Beteiligten den Streitstoff durch den geschlossenen Verfahrensvergleich ausdrücklich und zulässig auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Form der Übernahme der Nebenkostennachforderung in Höhe von 493,26 EUR für die Wohnung in E. Z. begrenzt haben.
Grundlage des Anspruchs der Klägerin sind die §§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III iVm § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X.
Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, die Leistungsbewilligung für den Monat Dezember 2016 durch Bescheid vom 03.11.2016 abzuändern. Gemäß § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, hier der Bewilligungsbescheid vom 03.11.2016 mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III iVm § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt. So liegt es hier. Durch die zum 28.12.2016 fällig gewordene Zahlungsaufforderung des ehemaligen Vermieters der Klägerin vom 07.12.2016 ist im Vergleich zur Situation bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 03.11.2016 insoweit eine wesentliche Änderung eingetreten, als im Dezember 2016 ein weiterer Heizkostenbedarf entstanden ist, der gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II seitens des Beklagten zu übernehmen war. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme dieser Nebenkostennachforderung, obwohl sich diese Nebenkostennachforderung auf ihre frühere, bis April 2016 bewohnte Wohnung bezieht.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Nebenkosten in Form von Betriebskosten gemäß § 556 BGB und Heizkosten, sind von den Bedarfen für Unterkunft und Heizung erfasst (vgl. z.B. BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R -, juris). Hierzu gehören nicht nur Leistungen für laufende, sondern auch für einmalige Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Soweit eine Nachforderung von Unterkunfts- und/oder Heizkosten in einer Summe fällig wird, gehört sie im Fälligkeitsmonat zum tatsächlichen, aktuellen Bedarf (vgl. BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R -, Rn. 14, juris; BSG, Urteil vom 30.03.2017 – B 14 AS 13/16 R –, Rn. 13, juris), weshalb die Beteiligten auch zutreffend von der grundsätzlichen Leistungszuständigkeit des Beklagten ausgehen.
Die Angemessenheit der Nebenkosten für die Wohnung in E. wurde weder vom vormals zuständigen Jobcenter E. noch vom Beklagten in Zweifel gezogen. Letztlich bedarf die Frage der Angemessenheit der Nebenkosten der E. Wohnung vorliegend keiner detaillierten Prüfung, da diese selbst dann in vollem Umfang zu übernehmen wären, wenn sie (teilweise) unangemessen wären. Auch bei tatsächlich objektiv unangemessenen Neben- und Heizkosten sind diese solange zu übernehmen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (BSG, Urteil vom 19.09.2008 – B 14 AS 54/07 R –, Rn. 22, m.w.N., juris; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage, § 22, Rn. 115). Dies gilt nach Rechtsprechung des BSG auch bzw. erst recht, wenn die tatsächlichen Heizkosten deshalb unangemessen sind, weil sie auf eine unangemessen große Wohnfläche entfallen. Einschränkungen können sich allenfalls aus einem unwirtschaftlichen Heizverhalten ergeben (BSG, Urteil vom 19.09.2008, a.a.O.). Obwohl hier vergleichsweise hohe Heizkosten entstanden sind, hat der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte, um ein unwirtschaftliches Heizverhalten feststellen zu können. Da eine Obliegenheit zur Kostensenkung für einen Leistungsberechtigten erst ab Kenntnis der Unangemessenheit besteht (Luik, a.a.O., Rn. 131) und die Klägerin zu keinem Zeitpunkt auf unangemessene Heiz- oder sonstige Nebenkosten hingewiesen wurde, sind hier die tatsächlichen Kosten in Form der Nachforderungen von 493,26 EUR zu übernehmen.
Der Bedarf in Höhe von 493,26 EUR ist im Gegensatz zu der vom Beklagten vertretenen Auffassung tatsächlich im Dezember 2016 mit dem Zugang der Nebenkostenabrechnung entstanden und vom Beklagten zu übernehmen, obwohl die Klägerin die Wohnung, für die die Betriebskosten nachgefordert worden sind, im Monat des Erhalts der Betriebskostennachforderung nicht mehr bewohnt hat.
Durch die Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass Nebenkostennachforderungen für eine Wohnung, die erst fällig geworden sind, nachdem diese nicht mehr bewohnt wird, und deren tatsächliche Entstehung nicht auf Zeiten der Hilfebedürftigkeit zurückgeht, keinen anzuerkennenden Bedarf für Unterkunft und Heizung darstellen (BSG, Urteil vom 25.06.2015 – B 14 AS 40/14 R –, juris). Demgegenüber sind Aufwendungen durch eine Betriebskostennachforderung aus einem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis nach Rechtsprechung des BSG "jedenfalls" dann vom Beklagten zu übernehmende Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II, wenn der Leistungsberechtigte sowohl im Zeitpunkt der Entstehung als auch der Fälligkeit der Betriebskosten im SGB II-Leistungsbezug stand und steht sowie die Aufgabe der Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt ist (BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 9/11 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 50) oder eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs vorlag (BSG, Urteil vom 30.03.2017 – B 14 AS 13/16 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 92, Rn. 15 und BSG, Urteil vom 13.07.2017 – B 4 AS 12/16 R –, Rn. 18, juris).
Die Klägerin stand sowohl im Zeitpunkt der Entstehung als auch der Fälligkeit der Betriebskosten für die Esslinger Wohnung im SGB II-Leistungsbezug. Zwar erfolgte die Aufgabe der früheren Wohnung weder in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit (da die neue Wohnung ebenfalls eine unangemessene Kaltmiete aufweist), noch wurde eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs erteilt; vielmehr wurde eine entsprechende Zusicherung ausdrücklich abgelehnt. Dennoch sprechen die besseren Argumente dafür, die Aufwendungen für eine Betriebs- und Heizkostennachforderung aus dem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis durch Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu übernehmen, jedenfalls solange eine durchgängige Hilfebedürftigkeit bestand.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass die Argumentation des BSG - in den genannten Entscheidungen 20.12.2011 (a.a.O.) und vom 30.03.2017 (a.a.O.) - auch für die vorliegende Fallkonstellation gelten und überzeugen.
Zunächst überzeugt die Argumentation des BSG, dass es eine faktische Umzugssperre bewirken könnte, würden Nachforderungen für eine frühere Wohnung bei durchgehender Hilfebedürftigkeit nicht übernommen, weil Leistungsbezieher sich dann dem Risiko ausgesetzt sähen, nur wegen nicht auskömmlich festgesetzter Nebenkostenvorauszahlungen mit Schulden belastet zu werden, ohne dass insoweit ein Begründungszusammenhang mit einer Kostensenkungsaufforderung und/oder einer Zustimmung zum Umzug besteht.
Das BSG hat des Weiteren zu Recht betont, dass eine Nebenkostenerstattung unabhängig von der Frage eines vorangegangenen Umzugs nach § 22 Abs. 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung mindert und zudem hervorgehoben, dass Hilfebedürftige die Höhe der Abschlagszahlungen regelmäßig nicht (oder zumindest nur in begrenztem Umfang) beeinflussen können. Dies bedeutet, dass bei Vereinbarung einer Nebenkostenvorauszahlung, welche die tatsächlich entstandenen, angemessenen Nebenkosten gedeckt hätte, diese vom damals zuständigen SGB II Leistungsträger (dem Jobcenter E.) zu übernehmen gewesen wären. Hätte sich die Nebenkostenvorauszahlung als zu hoch erwiesen, hätte der Beklagte eine etwaige Rückerstattung als die Kosten der Unterkunft mindernd berücksichtigen müssen (§ 22 Abs. 3 SGB II). Vor diesem Hintergrund gibt es kein überzeugendes Argument dafür, dass eine zu gering bemessene Nebenkostenvorauszahlung einen Anspruch gegen den SGB II Leistungsträger ausschließt. Folgt man der Sichtweise des Beklagten, so würde dies faktisch bedeuten, dass letztlich die Höhe der Nebenkostenvorauszahlung darüber entscheidet, welche Kosten der Unterkunft von einem SGB II Leistungsträger zu übernehmen sind und eine zu gering vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung leistungsrechtliche Nachteile für Hilfebedürftige mit sich bringt. Eine derartige, leistungsbeschränkende Funktion, kommt jedoch der zivilrechtlich zwischen Vermieter und Hilfebedürftigem vereinbarten Nebenkostenvorauszahlung nicht zu. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) drückt die Verwendung des Begriffs "Vorauszahlungen" nach allgemeinem Verständnis lediglich aus, dass dem Mieter bei der Abrechnung die vorausbezahlten Beträge gutzubringen sind. Dieser Begriff legt aber nicht die Annahme nahe, die Summe der Vorauszahlungen werde den voraussichtlichen Abrechnungsbetrag auch nur annähernd erreichen, und begründet für den Mieter keinen entsprechenden Vertrauenstatbestand (BGH, Urteil vom 11.02.2004 – VIII ZR 195/03 –, juris). Die vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen beruhen regelmäßig nur auf einer vorläufigen Schätzung oder einer freien Festsetzung (vgl. AG Dresden, Urteil vom 26.03.2015 – 145 C 3568/14 –, Rn. 33, juris). Die Funktion der Vorauszahlung beschränkt sich daher ausschließlich auf die Festlegung einer Vorleistung der Betriebsnebenkosten, die vom Mieter an den Vermieter erfolgt. Anders als im Falle einer Nebenkostenpauschale hat nach Ende des Abrechnungszeitraums eine Auswertung des tatsächlichen Verbrauchs und dementsprechend eine Nachzahlung durch den Mieter oder eine Rückzahlung durch den Vermieter zu erfolgen. Maßgeblich für den Leistungsanspruch eines Hilfebedürftigen nach dem SGB II ist hingegen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Angemessenheit der tatsächlichen Bedarfe, welche von der Höhe der Vorauszahlung unabhängig ist. Die Sichtweise des Beklagten würde dazu führen, dass sich die zivilrechtlich vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung – im Falles eines Umzugs - leitungsrechtlich wie eine unzulässige Deckelungspauschale auswirken würde (vgl. zur Unzulässigkeit einer pauschalierten Gewährung von Heizkosten: BSG, Urteil vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R –, Rn. 24, juris; vgl. auch Luik, a.a.O., Rn. 64, 65).
Auch die weitere Argumentation des BSG, dass Folgeprobleme für die aktuelle Wohnsituation drohen könnten (etwa, dass die neue Wohnung beim Vermieter der früheren Wohnung gemietet ist, oder, dass für die Heizenergieversorgung derselbe Energielieferant zuständig ist), und deshalb Zahlungsschwierigkeiten aus dem früheren Miet- oder Versorgungsverhältnis auf die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen durchschlagen, was wiederum Beratungspflichten auf Seiten der Jobcenter auslösen würde, ist unabhängig davon gültig, ob ein Umzug in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt ist oder eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs erteilt wurde.
Zwar wurde hier eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs abgelehnt, so dass eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf sich nicht mit dem Kriterium einer erteilten Zusicherung begründen lässt (vgl. zu dieser Argumentation: BSG, Urteil vom 13.07.2017, a.a.O., Rn. 19). Dennoch ist auch im Fall der Klägerin von einer existenzsicherungsrechtlich relevanten Verknüpfung zwischen Nebenkostennachforderung und dem aktuellen Bedarf auszugehen, weil sowohl die Entstehung der Nachforderung als auch ihre Fälligkeit einen Zeitraum der ununterbrochenen Hilfebedürftigkeit betrifft, in dem der SGB II-Träger für die unterkunftsbezogenen Bedarfe der Leistungsbezieher einschließlich der Nebenkosten aufzukommen hat. Dies ist leistungsrechtlich ausreichend (im Ergebnis wie hier: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.05.2019 - L 7 AS 1440/18 -, juris; SG Detmold, Urteil vom 30.11.2017 - S 23 AS 1759/17 -, juris).
Demgegenüber stellt die Einholung der Zusicherung gerade keine Voraussetzung der weiteren Leistungsgewährung für Unterkunft und Heizung dar (Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Rn. 181; vgl. auch: BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R , juris, Rn. 27 zu § 22 Abs. 2 a.F.). Gemäß § 22 Abs. 4 SGB II in der hier anzuwenden Fassung vom 13.05.2011 soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind; der für den Ort der neuen Unterkunft örtlich zuständige kommunale Träger ist zu beteiligen. Das Zusicherungsverfahren hat Aufklärungs- und Warnfunktion. Es dient dazu, dem Hilfebedürftigen vor Abschluss eines neuen Mietvertrages Klarheit darüber zu verschaffen, welche Aufwendungen als angemessen betrachtet und im Weiteren übernommen werden (Piepenstock, a.a.O.). Bereits hieraus ergibt sich, dass sich die Zusicherung des § 22 Abs. Abs. 4 SGB II perspektivisch auf die neue Wohnung fokussiert und kein Bezug zur Abrechnung von Nebenkosten der bislang bewohnten Wohnung besteht. Das Jobcenter Landkreis E. hat seine Zustimmung für einen Umzug nach R. mit der Begründung abgelehnt hat, die (künftige) Kaltmiete überschreite die für R. angemessene Mietobergrenze um 91 EUR. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG - der der Senat folgt - ist hinsichtlich der Kosten der Unterkunft aber zwischen Unterkunfts- und Heizkosten zu trennen, so dass der Frage, ob die Aufwendungen für die Unterkunft unangemessen sind, für die Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten grundsätzlich keine Bedeutung zukommt (so explizit: BSG, Urteil vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R –, Rn. 26, juris). Trifft die vom Beklagten in Bezug genommene Ablehnung der Zusicherung zum Umzug nach alledem bereits keine Aussage über die Angemessenheit der Neben- und Heizkosten der neuen Wohnung, so besteht erst Recht kein rechtslogischer Zusammenhang mit den Neben-/ Heizkosten für die vormals bewohnte Wohnung.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- einschließlich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 160 SGG sind nicht erfüllt, da sich der Senat der Argumentation des BSG (BSG, Urteile vom 20.12.2011, 30.03.2017 und 13.07.2017, a.a.O.) vollumfänglich anschließt und keinerlei - eine abweichende Sichtweise stützende - Rechtsprechung oder Literaturmeinung ersichtlich ist (im Ergebnis wie hier: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.05.2019, a.a.O. und SG Detmold, Urteil vom 30.11.2017, a.a.O.), so dass der Senat keine verbleibende Klärungsbedürftigkeit sieht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme einer Heiz- und Nebenkostennachforderung für eine nicht mehr von der Klägerin bewohnten Wohnung im Landkreis E. in Höhe von 493,26 EUR.
Die Klägerin bewohnte bis zum 30.04.2016 eine 66 m² große, mit Öl beheizte Mietwohnung in der U. Straße in E.-Z., für die sie eine Kaltmiete von 450 EUR zzgl. einer Vorauszahlung für Nebenkosten von 150 EUR zu entrichten hatte. Sie bezog Leistungen nach dem SGB II vom Jobcenter Landkreis E ... Dieses hatte die Klägerin bereits mit Schreiben vom 12.03.2014 darüber informiert, dass die Kaltmiete unangemessen hoch sei. Angemessen sei eine Kaltmiete in Höhe von 400 EUR, weshalb sich die Klägerin um eine kostengünstigere Wohnung bemühen solle. Ab April 2014 legte das Jobcenter Landkreis E. bei den Leistungsbewilligungen eine angemessene Kaltmiete von 400 EUR zu Grunde. Zuletzt bewilligte es der Klägerin mit Bescheid vom 22.02.2016 Leistungen für die Zeit von März 2016 bis August 2016 in Höhe von 952,40 EUR monatlich (402,40 EUR Regelleistung zzgl. 550 EUR Kosten der Unterkunft).
Am 16.03.2016 sprach die Klägerin beim Jobcenter Landkreis E. vor und teilte mit, sie werde zum 01.05.2016 in die F. in 7XXXX W. verziehen. Die Kaltmiete der neuen Wohnung betrage 450 EUR. Mit Bescheid vom 18.03.2016 lehnte das Jobcenter Landkreis E. eine Zustimmung für den geplanten Umzug ab und führte aus, die (künftige) Kaltmiete überschreite die für R. angemessene Mietobergrenze um 91 EUR. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es (im Landkreis R.) Wohnraum innerhalb der angemessen Mietobergrenze gebe.
Am 23.03.2016 sprach die Klägerin beim Beklagten vor und teilte mit, dass sie "ungenehmigt in die neue Wohnung F. in 7XXXX W." im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten ziehen werde.
Am 05.04.2016 unterzeichnete die Klägerin einen ab dem 01.05.2016 beginnenden Mietvertrag über die 53qm große genannte Wohnung in W., mit dem eine Kaltmiete von 450 EUR zzgl. 150 EUR Nebenkostenvorauszahlung vereinbart wurde. Zum 01.05.2016 zog die Klägerin von E. in die Wohnung in W. um. Der Beklagte bewilligte der Klägerin sodann mit Bescheid vom 23.05.2016 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 20.12.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom Mai 2016 bis Oktober 2016, wobei er monatlich Kosten der Unterkunft in Höhe von 539 EUR (339 EUR Kaltmiete zzgl. 200 EUR Nebenkosten) zu Grunde legte.
Mit Bescheid vom 03.11.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 943‚00 EUR monatlich für die Zeit vom November 2016 bis Oktober 2017. Als Kosten der Unterkunft legte er wiederum 539 EUR (339 EUR Kaltmiete zzgl. 200 EUR Nebenkosten) zu Grunde.
Am 26.01.2017 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Übernahme einer Nebenkostennachforderung für die Wohnung in E. Z ... Die Klägerin legte ein Schreiben ihres ehemaligen Vermieters vom 07.12.2016 vor, mit dem dieser Nebenkosten für die Zeit vom 01.01.2016 bis 30.04.2016 abrechnete und von der Klägerin eine Nachzahlung in Höhe von 493,26 EUR bis 28.12.2016 forderte (Abfallgebühr 6,44 EUR‚ Niederschlagswasser 18,00 EUR‚ Wasser/Abwasser 59,74 EUR und auf Heizung/Warmwasser 409,08 EUR).
Zuvor hatte die Klägerin eine entsprechende Kostenübernahme bereits beim Jobcenter Landkreis E. beantragt, erhielt von dort jedoch mit Bescheid vom 16.01.2017 die Auskunft, dass der Beklagte zuständig sei. Eine später gegen das Jobcenter Landkreis E. erhobene Klage (Az.: S 3 AS 1546/17) nahm die Klägerin am 27.07.2018 zurück.
Mit Bescheid vom 27.01.2017 lehnte der Beklagte die Übernahme der Endnebenkostenabrechnung ab. Er führte zur Begründung aus, Nebenkostenabrechnungen würden nur dann bezahlt, wenn die Kostenübernahme dem Zwecke der Unterkunftssicherung diene. Da die Klägerin nicht mehr in der betroffenen Wohnung lebe, entfalle der Zweck der Unterkunftssicherung. Der ungenehmigte Umzug habe auch nicht der Kostensenkung gedient. Die Kaltmiete ihrer jetzigen Wohnung sei mit 450 EUR ebenso hoch wie die Miete in E.-Z. und liege über der im Landkreis R. geltenden Mietobergrenze.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 01.02.2017 Widerspruch und legte zur Begründung dar, sie sei seit 2012 ununterbrochen Leistungsempfänger, weshalb der Zweck der Unterkunftssicherung erfüllt sei. Dass sie "ungenehmigt umgezogen sei", habe mit der Endnebenkostenabrechnung nichts zu tun. Auch wenn nun eine andere Mietobergrenze greife, seien die Mietkosten gleichgeblieben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2017 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könnten Nebenkosten einer nicht mehr bewohnten Wohnung nur dann übernommen werden, wenn der Leistungsberechtigte sowohl im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten im Leistungsbezug nach dem SGB II gestanden habe als auch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung noch stehe und die Aufgabe der bisherigen Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsaufforderung durch den Leistungsträger erfolgt sei sowie keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten sei. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt.
Hiergegen hat die Klägerin am 18.04.2018 Klage beim Sozialgericht R. (SG) erhoben. Sie hat ergänzend und vertiefend zum bisherigen Vorbringen vorgetragen, der Umzug von E. nach W. sei aufgrund von gesundheitlichen Probleme erforderlich gewesen, da sie wegen Bandscheibenvorfällen die im 1. Stock befindliche Wohnung in E.-Z. nicht mehr habe erreichen können. Bei der Wohnung in W. handle es sich um eine Erdgeschosswohnung. Zudem könne sie in der neuen Wohnung wegen örtlicher Nähe besser durch ihre Kinder unterstützt werden. Wäre sie nicht umgezogen, hätte das Jobcenter Landkreis E. die Abrechnung übernommen. Die vom Beklagten angeführte Rechtsprechung des BSG sei auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar. Der Umzug sei auch nicht unverhältnismäßig oder habe zu Mehrkosten geführt. Voraussetzung für die Übernahme beim Wohnungswechsel könne nur ein durchgehender Leistungsbezug sein. Hätte die Klägerin höhere Nebenkostenvorauszahlungen geleistet, so wäre sie "auch einer Rückforderung" ausgesetzt. Deswegen müsse umgekehrt auch eine Nebenkostennachforderung übernommen werden.
Mit Urteil vom 08.08.2018 hat das SG der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.01.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2017 verurteilt, der Klägerin weitere Kosten der Unterkunft und Heizung auf der Grundlage der Nebenkostenabrechnung vom 07.12.2016 in Höhe von 493,26 EUR zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, nach Rechtsprechung des BSG komme die Übernahme einer Nachforderung einer nicht mehr bewohnten Wohnung jedenfalls dann in Betracht, wenn der Betroffenen sowohl im Zeitpunkt der Entstehung der Kosten als auch der Fälligkeit im Leistungsbezug stand und der Umzug zur Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit erfolgt und keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten sei oder der Betroffene durchgängig im Leistungsbezug gestanden und eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs vorgelegen habe. Zur der Frage, ob im Falle des durchgängigen Leistungsbezugs ohne Vorliegen einer Kostensenkungsobliegenheit oder einer Zusicherung zum Umzug die Kosten zu übernehmen sind, habe sich das BSG noch nicht ausdrücklich geäußert. Das BSG habe durch die in den dortigen Urteilgründen gewählte Formulierung " ... gilt ... jedenfalls dann, wenn" zum Ausdruck gebracht, dass durchaus auch eine Übernahme in anderen Fallkonstellationen in Betracht kommen könnte. Die grundsätzliche Argumentation des BSG sei aber auch auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar.
Gegen das am 19.09.2018 zugestellte Urteilt hat der Beklagte am 17.10.2018 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese u.a. mit der grundsätzlichen Bedeutung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage begründet.
Mit Beschluss vom 11.02.2019 (L 1 AS 3694/18) hat der Senat die Berufung zugelassen.
Der Beklagte hat zur Begründung der Berufung vorgetragen, die Klägerin habe die frühere Wohnung in E. nicht wegen einer Kostensenkungsaufforderung aufgeben und es habe auch keine Zusicherung zu den angemessenen Aufwendungen für die neue Unterkunft vorgelegen. Die durch Rechtsprechung des BSG geprägten Voraussetzungen für die Übernahme von Nebenkosten einer nicht mehr bewohnten Wohnung lägen daher nicht vor. Die Entscheidung des SG widerspreche daher der Rechtsprechung des BSG, wonach Bedarfe für Unterkunft und Heizung grundsätzlich nur der Sicherung einer aktuell bewohnten Wohnung dienen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts R. vom 08.08.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend und hält an ihrer bislang vertretenen Auffassung fest.
Auf Anregung des Senats haben die Beteiligten einen dahingehenden Verfahrensvergleich geschlossen, dass vorliegend ausschließlich die Heiz- und Nebenkostennachforderung in Höhe von 493,26 EUR für die frühere Wohnung im Landkreis E. im Streit stehen, wohingegen die Kosten der Unterkunft für die aktuell bewohnte Wohnung in W. kein Gegenstand des Verfahrens sind.
Die Beteiligten haben Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann hier gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist nach Zulassung durch den Senat mit Beschluss vom 11.02.2019 statthaft und zulässig (vgl. 145 Abs. 5 Satz 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zutreffend dazu verurteilt, der Klägerin (für Dezember 2016) weitere Kosten der Unterkunft und Heizung auf der Grundlage der Nebenkostenabrechnung vom 07.12.2016 in Höhe von 493,26 EUR zu gewähren.
Die mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2017 verfügte Ablehnung des Beklagten, den bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheid vom 03.11.2016 abzuändern und der Klägerin für den Monat Dezember 2016 höhere Bedarfe für Heizung zu gewähren, erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) ist zulässig und begründet, wobei die Beteiligten den Streitstoff durch den geschlossenen Verfahrensvergleich ausdrücklich und zulässig auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Form der Übernahme der Nebenkostennachforderung in Höhe von 493,26 EUR für die Wohnung in E. Z. begrenzt haben.
Grundlage des Anspruchs der Klägerin sind die §§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III iVm § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X.
Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, die Leistungsbewilligung für den Monat Dezember 2016 durch Bescheid vom 03.11.2016 abzuändern. Gemäß § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, hier der Bewilligungsbescheid vom 03.11.2016 mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III iVm § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt. So liegt es hier. Durch die zum 28.12.2016 fällig gewordene Zahlungsaufforderung des ehemaligen Vermieters der Klägerin vom 07.12.2016 ist im Vergleich zur Situation bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 03.11.2016 insoweit eine wesentliche Änderung eingetreten, als im Dezember 2016 ein weiterer Heizkostenbedarf entstanden ist, der gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II seitens des Beklagten zu übernehmen war. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme dieser Nebenkostennachforderung, obwohl sich diese Nebenkostennachforderung auf ihre frühere, bis April 2016 bewohnte Wohnung bezieht.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Nebenkosten in Form von Betriebskosten gemäß § 556 BGB und Heizkosten, sind von den Bedarfen für Unterkunft und Heizung erfasst (vgl. z.B. BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R -, juris). Hierzu gehören nicht nur Leistungen für laufende, sondern auch für einmalige Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Soweit eine Nachforderung von Unterkunfts- und/oder Heizkosten in einer Summe fällig wird, gehört sie im Fälligkeitsmonat zum tatsächlichen, aktuellen Bedarf (vgl. BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R -, Rn. 14, juris; BSG, Urteil vom 30.03.2017 – B 14 AS 13/16 R –, Rn. 13, juris), weshalb die Beteiligten auch zutreffend von der grundsätzlichen Leistungszuständigkeit des Beklagten ausgehen.
Die Angemessenheit der Nebenkosten für die Wohnung in E. wurde weder vom vormals zuständigen Jobcenter E. noch vom Beklagten in Zweifel gezogen. Letztlich bedarf die Frage der Angemessenheit der Nebenkosten der E. Wohnung vorliegend keiner detaillierten Prüfung, da diese selbst dann in vollem Umfang zu übernehmen wären, wenn sie (teilweise) unangemessen wären. Auch bei tatsächlich objektiv unangemessenen Neben- und Heizkosten sind diese solange zu übernehmen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (BSG, Urteil vom 19.09.2008 – B 14 AS 54/07 R –, Rn. 22, m.w.N., juris; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage, § 22, Rn. 115). Dies gilt nach Rechtsprechung des BSG auch bzw. erst recht, wenn die tatsächlichen Heizkosten deshalb unangemessen sind, weil sie auf eine unangemessen große Wohnfläche entfallen. Einschränkungen können sich allenfalls aus einem unwirtschaftlichen Heizverhalten ergeben (BSG, Urteil vom 19.09.2008, a.a.O.). Obwohl hier vergleichsweise hohe Heizkosten entstanden sind, hat der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte, um ein unwirtschaftliches Heizverhalten feststellen zu können. Da eine Obliegenheit zur Kostensenkung für einen Leistungsberechtigten erst ab Kenntnis der Unangemessenheit besteht (Luik, a.a.O., Rn. 131) und die Klägerin zu keinem Zeitpunkt auf unangemessene Heiz- oder sonstige Nebenkosten hingewiesen wurde, sind hier die tatsächlichen Kosten in Form der Nachforderungen von 493,26 EUR zu übernehmen.
Der Bedarf in Höhe von 493,26 EUR ist im Gegensatz zu der vom Beklagten vertretenen Auffassung tatsächlich im Dezember 2016 mit dem Zugang der Nebenkostenabrechnung entstanden und vom Beklagten zu übernehmen, obwohl die Klägerin die Wohnung, für die die Betriebskosten nachgefordert worden sind, im Monat des Erhalts der Betriebskostennachforderung nicht mehr bewohnt hat.
Durch die Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass Nebenkostennachforderungen für eine Wohnung, die erst fällig geworden sind, nachdem diese nicht mehr bewohnt wird, und deren tatsächliche Entstehung nicht auf Zeiten der Hilfebedürftigkeit zurückgeht, keinen anzuerkennenden Bedarf für Unterkunft und Heizung darstellen (BSG, Urteil vom 25.06.2015 – B 14 AS 40/14 R –, juris). Demgegenüber sind Aufwendungen durch eine Betriebskostennachforderung aus einem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis nach Rechtsprechung des BSG "jedenfalls" dann vom Beklagten zu übernehmende Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II, wenn der Leistungsberechtigte sowohl im Zeitpunkt der Entstehung als auch der Fälligkeit der Betriebskosten im SGB II-Leistungsbezug stand und steht sowie die Aufgabe der Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt ist (BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 9/11 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 50) oder eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs vorlag (BSG, Urteil vom 30.03.2017 – B 14 AS 13/16 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 92, Rn. 15 und BSG, Urteil vom 13.07.2017 – B 4 AS 12/16 R –, Rn. 18, juris).
Die Klägerin stand sowohl im Zeitpunkt der Entstehung als auch der Fälligkeit der Betriebskosten für die Esslinger Wohnung im SGB II-Leistungsbezug. Zwar erfolgte die Aufgabe der früheren Wohnung weder in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit (da die neue Wohnung ebenfalls eine unangemessene Kaltmiete aufweist), noch wurde eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs erteilt; vielmehr wurde eine entsprechende Zusicherung ausdrücklich abgelehnt. Dennoch sprechen die besseren Argumente dafür, die Aufwendungen für eine Betriebs- und Heizkostennachforderung aus dem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis durch Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu übernehmen, jedenfalls solange eine durchgängige Hilfebedürftigkeit bestand.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass die Argumentation des BSG - in den genannten Entscheidungen 20.12.2011 (a.a.O.) und vom 30.03.2017 (a.a.O.) - auch für die vorliegende Fallkonstellation gelten und überzeugen.
Zunächst überzeugt die Argumentation des BSG, dass es eine faktische Umzugssperre bewirken könnte, würden Nachforderungen für eine frühere Wohnung bei durchgehender Hilfebedürftigkeit nicht übernommen, weil Leistungsbezieher sich dann dem Risiko ausgesetzt sähen, nur wegen nicht auskömmlich festgesetzter Nebenkostenvorauszahlungen mit Schulden belastet zu werden, ohne dass insoweit ein Begründungszusammenhang mit einer Kostensenkungsaufforderung und/oder einer Zustimmung zum Umzug besteht.
Das BSG hat des Weiteren zu Recht betont, dass eine Nebenkostenerstattung unabhängig von der Frage eines vorangegangenen Umzugs nach § 22 Abs. 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung mindert und zudem hervorgehoben, dass Hilfebedürftige die Höhe der Abschlagszahlungen regelmäßig nicht (oder zumindest nur in begrenztem Umfang) beeinflussen können. Dies bedeutet, dass bei Vereinbarung einer Nebenkostenvorauszahlung, welche die tatsächlich entstandenen, angemessenen Nebenkosten gedeckt hätte, diese vom damals zuständigen SGB II Leistungsträger (dem Jobcenter E.) zu übernehmen gewesen wären. Hätte sich die Nebenkostenvorauszahlung als zu hoch erwiesen, hätte der Beklagte eine etwaige Rückerstattung als die Kosten der Unterkunft mindernd berücksichtigen müssen (§ 22 Abs. 3 SGB II). Vor diesem Hintergrund gibt es kein überzeugendes Argument dafür, dass eine zu gering bemessene Nebenkostenvorauszahlung einen Anspruch gegen den SGB II Leistungsträger ausschließt. Folgt man der Sichtweise des Beklagten, so würde dies faktisch bedeuten, dass letztlich die Höhe der Nebenkostenvorauszahlung darüber entscheidet, welche Kosten der Unterkunft von einem SGB II Leistungsträger zu übernehmen sind und eine zu gering vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung leistungsrechtliche Nachteile für Hilfebedürftige mit sich bringt. Eine derartige, leistungsbeschränkende Funktion, kommt jedoch der zivilrechtlich zwischen Vermieter und Hilfebedürftigem vereinbarten Nebenkostenvorauszahlung nicht zu. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) drückt die Verwendung des Begriffs "Vorauszahlungen" nach allgemeinem Verständnis lediglich aus, dass dem Mieter bei der Abrechnung die vorausbezahlten Beträge gutzubringen sind. Dieser Begriff legt aber nicht die Annahme nahe, die Summe der Vorauszahlungen werde den voraussichtlichen Abrechnungsbetrag auch nur annähernd erreichen, und begründet für den Mieter keinen entsprechenden Vertrauenstatbestand (BGH, Urteil vom 11.02.2004 – VIII ZR 195/03 –, juris). Die vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen beruhen regelmäßig nur auf einer vorläufigen Schätzung oder einer freien Festsetzung (vgl. AG Dresden, Urteil vom 26.03.2015 – 145 C 3568/14 –, Rn. 33, juris). Die Funktion der Vorauszahlung beschränkt sich daher ausschließlich auf die Festlegung einer Vorleistung der Betriebsnebenkosten, die vom Mieter an den Vermieter erfolgt. Anders als im Falle einer Nebenkostenpauschale hat nach Ende des Abrechnungszeitraums eine Auswertung des tatsächlichen Verbrauchs und dementsprechend eine Nachzahlung durch den Mieter oder eine Rückzahlung durch den Vermieter zu erfolgen. Maßgeblich für den Leistungsanspruch eines Hilfebedürftigen nach dem SGB II ist hingegen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Angemessenheit der tatsächlichen Bedarfe, welche von der Höhe der Vorauszahlung unabhängig ist. Die Sichtweise des Beklagten würde dazu führen, dass sich die zivilrechtlich vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung – im Falles eines Umzugs - leitungsrechtlich wie eine unzulässige Deckelungspauschale auswirken würde (vgl. zur Unzulässigkeit einer pauschalierten Gewährung von Heizkosten: BSG, Urteil vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R –, Rn. 24, juris; vgl. auch Luik, a.a.O., Rn. 64, 65).
Auch die weitere Argumentation des BSG, dass Folgeprobleme für die aktuelle Wohnsituation drohen könnten (etwa, dass die neue Wohnung beim Vermieter der früheren Wohnung gemietet ist, oder, dass für die Heizenergieversorgung derselbe Energielieferant zuständig ist), und deshalb Zahlungsschwierigkeiten aus dem früheren Miet- oder Versorgungsverhältnis auf die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen durchschlagen, was wiederum Beratungspflichten auf Seiten der Jobcenter auslösen würde, ist unabhängig davon gültig, ob ein Umzug in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt ist oder eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs erteilt wurde.
Zwar wurde hier eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs abgelehnt, so dass eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf sich nicht mit dem Kriterium einer erteilten Zusicherung begründen lässt (vgl. zu dieser Argumentation: BSG, Urteil vom 13.07.2017, a.a.O., Rn. 19). Dennoch ist auch im Fall der Klägerin von einer existenzsicherungsrechtlich relevanten Verknüpfung zwischen Nebenkostennachforderung und dem aktuellen Bedarf auszugehen, weil sowohl die Entstehung der Nachforderung als auch ihre Fälligkeit einen Zeitraum der ununterbrochenen Hilfebedürftigkeit betrifft, in dem der SGB II-Träger für die unterkunftsbezogenen Bedarfe der Leistungsbezieher einschließlich der Nebenkosten aufzukommen hat. Dies ist leistungsrechtlich ausreichend (im Ergebnis wie hier: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.05.2019 - L 7 AS 1440/18 -, juris; SG Detmold, Urteil vom 30.11.2017 - S 23 AS 1759/17 -, juris).
Demgegenüber stellt die Einholung der Zusicherung gerade keine Voraussetzung der weiteren Leistungsgewährung für Unterkunft und Heizung dar (Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Rn. 181; vgl. auch: BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R , juris, Rn. 27 zu § 22 Abs. 2 a.F.). Gemäß § 22 Abs. 4 SGB II in der hier anzuwenden Fassung vom 13.05.2011 soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind; der für den Ort der neuen Unterkunft örtlich zuständige kommunale Träger ist zu beteiligen. Das Zusicherungsverfahren hat Aufklärungs- und Warnfunktion. Es dient dazu, dem Hilfebedürftigen vor Abschluss eines neuen Mietvertrages Klarheit darüber zu verschaffen, welche Aufwendungen als angemessen betrachtet und im Weiteren übernommen werden (Piepenstock, a.a.O.). Bereits hieraus ergibt sich, dass sich die Zusicherung des § 22 Abs. Abs. 4 SGB II perspektivisch auf die neue Wohnung fokussiert und kein Bezug zur Abrechnung von Nebenkosten der bislang bewohnten Wohnung besteht. Das Jobcenter Landkreis E. hat seine Zustimmung für einen Umzug nach R. mit der Begründung abgelehnt hat, die (künftige) Kaltmiete überschreite die für R. angemessene Mietobergrenze um 91 EUR. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG - der der Senat folgt - ist hinsichtlich der Kosten der Unterkunft aber zwischen Unterkunfts- und Heizkosten zu trennen, so dass der Frage, ob die Aufwendungen für die Unterkunft unangemessen sind, für die Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten grundsätzlich keine Bedeutung zukommt (so explizit: BSG, Urteil vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R –, Rn. 26, juris). Trifft die vom Beklagten in Bezug genommene Ablehnung der Zusicherung zum Umzug nach alledem bereits keine Aussage über die Angemessenheit der Neben- und Heizkosten der neuen Wohnung, so besteht erst Recht kein rechtslogischer Zusammenhang mit den Neben-/ Heizkosten für die vormals bewohnte Wohnung.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- einschließlich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 160 SGG sind nicht erfüllt, da sich der Senat der Argumentation des BSG (BSG, Urteile vom 20.12.2011, 30.03.2017 und 13.07.2017, a.a.O.) vollumfänglich anschließt und keinerlei - eine abweichende Sichtweise stützende - Rechtsprechung oder Literaturmeinung ersichtlich ist (im Ergebnis wie hier: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.05.2019, a.a.O. und SG Detmold, Urteil vom 30.11.2017, a.a.O.), so dass der Senat keine verbleibende Klärungsbedürftigkeit sieht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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