L 7 P 48/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 P 47/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 48/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Abgrenzung zwischen dem Hilfedarf im Bereich der Grundpflege und dem Hilfebedarf im Rahmen der hauswirtschaftlichen Verrichtungen bei einem an Diabetes mellitus erkrankten Kind
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.08.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegstufe I seit Oktober 1996 streitig.

Der am ...1985 geborene Kläger leidet an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus (Typ I). Am 17.10.1996 beantragte er bei der Beklagten über seine gesetzlichen Vertreter Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung.

Die Beklagte holte ein Gutachten des Dr ..., MDK, - nach Hausbesuch der Pflegefachkraft ... am 23.01.1997 - vom 28.01.1997 ein. Danach wurde beim Kläger im Bereich der Körperpflege ein täglicher Hilfebedarf von 5 Minuten, bei der Ernährung von insgesamt 20 Minuten und bei der Mobilität von 10 Minuten angenommen, insgesamt ein altersentsprechender Hilfebedarf von 25 Minuten abgezogen, so daß der über das altersentsprechende Maß hinausgehende Hilfebedarf des Klägers mit 20 Minuten veranschlagt wurde. Bei der Behandlungspflege fielen Blutzuckermessungen zweimal täglich und nach Bedarf an sowie ein zwei- bis dreimal tägliches Insulinspritzen. Ein großer Anteil der Gesamtpflege sei der Behandlungspflege (Blutzucker-messungen, Insulinspritzen) sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung (Aufstellen eines Speise- bzw. Diätplanes, Einschätzung von Mengenverhältnissen und Zubereitung von Diäten) zuzurechnen; es wurde darauf hingewiesen, daß der Kläger die Blut- zuckermessungen und die Insulininjektionen tagsüber oft nahezu eigenständig ausführe, wobei jedoch am Morgen und Abend - gelegentlich auch während der Nacht - eine personelle Unterstützung erforderlich sei.

Mit Bescheid vom 30.12.1997 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung ab. Hiergegen hat der Kläger Widerspruch erhoben und darauf hingewiesen, daß ein erheblicher Aufwand in der Grundpflege bei folgenden regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen vorliege: Beim Kläger seien sieben Mahlzeiten pro Tag notwendig mit einer speziellen Zusammenstellung nach Energiegehalt (Broteinheiten), ferner drei Injektionen mit Insulin, sechsmal täglich seien Blutzuckerkontrollen notwendig, gelegentlich auch nachts. Der Zeitbedarf für die Blutzuckerkontrollen + Injektionen betrage 60 bis 90 Minuten pro Tag. Ein zusätzlicher Zeitbedarf bestehe auch darin, daß überwacht werden müsse, ob der Kläger alle zubereiteten Broteinheiten zu sich nehme, da sonst eine Gefahr der Unterzuckerung drohe. Bei Nahrungsaufnahme außer Haus müsse der Kläger entweder begleitet werden oder es müsse vorher mit dem Gastgeber genau besprochen werden, was es zu essen gebe bzw. müsse der Kläger abgepackte Portionen mitnehmen. Grundsätzlich verbleibe es bei einer Rufbereitschaft der Eltern. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung bestehe ein Hilfebedarf für die speziellen Einkäufe der Diabetes-Diät, Besorgungen aus der Apotheke und die spezielle Nahrungszubereitung in einem Umfang von ca. ein bis zwei Stunden täglich. Hinzu komme das fachgerechte Lagern von Insulin und die Wartung der medizinischen Geräte. Bei der Mobilität bestehe ein Hilfebedarf in der Beaufsichtigung des Klägers, damit sich dieser längere Zeit außer Haus bewegen und insbesondere sich sportlich betätigen könne. Der Zeitaufwand betrage durchschnittlich eine Stunde pro Tag. Schwer abzuschätzen sei die Zeit, in der Tätigkeiten kontrolliert und beaufsichtigt werden müßten, die der Kläger zwar selbständig durchführen könne, bei denen die Gegenwart der Eltern aber noch erforderlich sei. Die Beklagte habe auch nicht berücksichtigt den Zeitaufwand für spezielle Arztbesuche beim Diabetologen, das Sammeln von Urin für Eiweißbestimmungen zur Nierenkontrolle und andere Tätigkeiten, wie die Information der Lehrer, Freunde und Sportbetreuer, die Wartung der medizinischen Geräte, Apothekenbesuch, Besuch von Selbsthilfegruppen usw. Nach erneuter Anhörung des MDK (Stellungnahme Dr ... vom 04.03.1987) - wonach ein vermehrter Pflegebedarf im Vergleich zu einem gleichaltrigen Kind sich lediglich im Rahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung, hier insbesondere der Nahrungszubereitung ergebe - hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.1997 als unbegründet zurückgewiesen. Der kalendertägliche Hilfebedarf in der Grundpflege reiche für die Gewährung der Pflegestufe I nicht aus.

Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Klage erhoben: Die Entscheidung der Beklagten, ihn nicht in die Pflegestufe I einzustufen, sei nicht rechtens.

Im Erörterungstermin am 15.09.1997 hat das Sozialgericht den Kläger sowie als Pflegepersonen seine Eltern gehört. Wegen ihrer Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Das Sozialgericht hat ferner einen Befundbericht der Klinik mit Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vom 10.12.1997 sowie der Kinderärztin Dr ... vom 19.12.1997 beigezogen. Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.1997 zu verurteilen, ihm Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab Oktober 1996 zu bewilligen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Sozialgericht hat mit Beweisanordnung vom 09.01.1998 Dr ... mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, jedoch dann nachfolgend - im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG vom 19.02.1998 - B 3 P 3/97 R, B 3 P 11/97 R - die Beweisanordnung wieder aufgehoben, weil im Hinblick auf die Rechtsprechung - wonach der Mehrbedarf für Blutzuckermessung und Insulinspritzen im Rahmen der Grundpflege keine Berücksichtigung finden könne - eine Beweiserhebung durch das Sozialgericht nicht mehr erfolge.

Mit Urteil vom 10.08.1998 hat das Sozialgericht - gestützt auf die bisherigen medizinischen Feststellungen und die Rechtsprechung des BSG - die Klage abgewiesen: Der Kläger erreiche nicht den für die Pflegestufe I erforderlichen Mehraufwand im Bereich der Grundpflege von mehr als 45 Minuten kalendertäglich. Der wegen der Diabetes-Erkrankung des Klägers anfallende Mehrbedarf sei entweder der Behandlungspflege, also nicht der Grundpflege, oder bzw. der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzurechnen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt: Auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des BSG lägen die Voraussetzungen für die Einstufung in die Pflegestufe I vor. Denn es bestehe Hilfebedarf bei der Körperpflege (erhöhter Bedarf beim Waschen und bei der Haarpflege sowie bei der Zahn- und Fußpflege), bei der Nahrungszubereitung (portionsgerechte Vorgabe für die richtige Essensaufnahme), bei der Nahrungsaufnahme (Kontrolle und Überwachung) sowie im Bereich der Mobilität für die notwendigen Arztbesuche). Insbesondere bei der Nahrungsaufnahme sei zu berücksichtigen, daß Kinder im Alter des Klägers (10 Jahre zum Zeitpunkt der Antragstellung) noch nicht in der Lage seien, ohne entsprechende Überwachung die vorgegebenen Mahlzeiten in der erforderlichen Zeit zu sich zu nehmen. Für den bisher nicht genügend berücksichtigten Bereich der Körperpflege sei mindestens ein Zeitbedarf von 30 Minuten täglich anzusetzen. Für den Bereich der Nahrungsaufnahme sei für die täglichen Mahlzeiten mindestens von einem Zeitbedarf von 45 Minuten auszugehen. Im Bereich der Nahrungsaufnahme sei nicht berücksichtigt, daß bei einem Diabetiker jederzeit Unterzuckerungen auftreten können und er daher ständig im Haus und außer Haus auf Beaufsichtigung und Betreuung angewiesen sei. Beaufsichtigung außer Haus sei somit notwendig, um die richtige Nahrungsaufnahme zu gewährleisten. Dieser Aufwand für die Grundpflege von mehr als 45 Minuten ergebe zusammen mit dem Mehraufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung, ebenfalls mehr als 45 Minuten, die Voraussetzungen für die Einstufung in die Pflegestufe I.

Die Beklagte hält dem entgegen, daß weder im Vorverfahren noch im erstinstanzlichen Verfahren bisher ein erhöhter Hilfebedarf beim Waschen, bei der Hautpflege, der Zahnpflege und bei der Fußpflege geltend gemacht worden sei. Nach den Feststellungen des MDK - Gutachten vom 23.01.1997 - liege beim Kläger im Bereich der Körperpflege ein altersentsprechender Hilfebedarf vor. Soweit allenfalls Kontrollen bzw. Aufforderungen erfolgen müssen, sei dies als altersentsprechend und nicht krankheitsbedingt erforderlich anzusehen. Dasselbe gelte bei der Hautpflege. Die Fußpflege sei der Behandlungspflege zuzuordnen und als solche nicht in die Berechnung des Grundpflegebedarfs miteinzubeziehen (vgl. BSG vom 24.06.1998 - B 3 P 4/97 R). Zur Ernährung gehöre die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme selbst sowie die letzte Vorbereitungsmaßnahme, soweit eine solche nach der Fertigstellung der Mahlzeit krankheits- oder behinderungsbedingt erforderlich sei. Die Tätigkeiten des Berechnens, Abwiegens und der Zusammenstellung der Speisen zur Herstellung der erforderlichen Diät gehörten hingegen nicht zum Bereich der Ernährung und damit zur Grundpflege, sondern zur hauswirtschaftlichen Versorgung (vgl. BSG vom 19.02.1998 - B 3 P 3/97 R). Eine mundgerechte Zubereitung in diesem Sinne sei nach den Begutachtungsrichtlinien in der Regel allenfalls nur bis zum vollendeten 7. Lebensjahr erforderlich. Bei dem Kläger sei Aufforderung und Kontrolle im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme erforderlich. Nach den Feststellungen des BSG im Urteil vom 24.06.1998 - B 3 P 4/97 R - reiche aber eine allgemeine Aufsicht, die darin bestehe, zu überwachen, ob die erforderlichen Verrichtungen ordnungsgemäß ausgeführt werden und dazu führe, daß der Kläger gelegentlich zu bestimmten Handlungen aufgefordert werden müsse, nicht aus, weil eine nennenswerte Beanspruchung der Pflegeperson damit nicht verbunden sei. In diesem Zusammenhang habe der MDK die bei dem Kläger erforderliche Aufforderung und Kontrolle mit 15 Minuten Mehraufwand bereits ausreichend berücksichtigt. Die vom Kläger geltend gemachte Notwendigkeit der Betreuung und Beaufsichtigung, um im Falle einer Unterzuckerung sofort die notwendigen Maßnahmen einleiten zu können, werde seitens der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Die Notwendigkeit einer allgemeinen Betreuung und Beaufsichtigung könne jedoch nicht als anspruchsbegründender Pflegebedarf gewertet werden. Denn die berücksichtigungsfähige Beaufsichtigung im Sinne von § 14 Abs.3 SGB ziele allein auf die in Abs.4 der Vorschrift genannten Verrichtungen ab. Eine darüber hinaus gehende Betreuung und allgemeine Beaufsichtigung gehöre nicht zu den maßgeblichen Hilfeleistungen. Beim Kläger liege daher kein Mehraufwand von mehr als 45 Minuten bei der Grundpflege vor.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.08.1998 sowie des Bescheides vom 30.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.1997 zu verurteilen, ihm Leistungen der Pflegestufe I zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Sozialgericht hat mit Recht die Klage abgewiesen. Denn beim Kläger liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegestufe I - unter Berücksichtigung der Feststellungen des MDK (Gutachten Dr ... und Dr ...) und der bisherigen Rechtsprechung des BSG/Ausführungen in den vorgenannten Urteilen zu dem im Rahmen der Grundpflege berücksichtigungsfähigen Zeiten - nach allem nicht vor (§§ 14 Abs.1, Abs.3 und 4, 15 Abs.1 Nr.1, Abs.2, Abs.3 Nr.1 SGB XI).

Auf die Urteilsgründe im angefochtenen Urteil wird im weiteren Bezug genommen (§ 153 Abs.2 SGG).

Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren nichts vorgebracht, was eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte oder weiteren Aufklärungsbedarf ergäbe. Zu den einzelnen Punkten hat die Beklagte sehr ausführlich Stellung genommen (vgl. Schriftsatz vom 20.11.1998) und detailliert und zutreffend dargelegt, daß hierdurch keine Grundlage für die Pflegestufe I gesehen werden kann.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren einen weitaus höheren Pflegebedarf im Bereich der Körperpflege geltend macht, ist zusammenfassend darauf hinzuweisen, daß dies nicht in Einklang gebracht werden kann mit den früheren Angaben des Klägers bzw. seiner Pflegepersonen, auch stehen diese Angaben nicht in Übereinstimmung mit den bisherigen Feststellungen des MDK. Im wesentlichen stützt sich die Berufungsbegründung auf einen erhöhten Aufsichtsbedarf, der zwar grundsätzlich nicht in Abrede gestellt werden kann, jedoch insoweit zu berücksichtigen ist, daß Zeiten für eine Beaufsichtigung im wesentlichen nicht dem Bereich der Ernährung/Grundpflege, sondern der Hauswirtschaft (Diät) bzw. Behandlungspflege zuzurechnen sind und daher im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung bei der Feststellung der Voraussetzungen der Pflegestufe I keine Berücksichtigung finden können. Zur Grundpflege gehört nach § 14 Abs.4 Nr.2 SGB XI nur die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme selbst sowie die letzte Vorbereitungsmaßnahme, soweit eine solche nach der Fertigstellung der Mahlzeit krankheits- oder behinderungsbedingt noch erforderlich ist. Dies schließt bei an Stoffwechelstörung leidenden Personen die Einbeziehung solcher Hilfen in der Grundpflege aus, die nur dazu dienen, die Verträglichkeit der Nahrung sicher zu stellen - etwa durch besonderes Einkaufen, Berechnen, Zusammenstellen und Abwiegen -, wenn derartige Maßnahmen nicht zwangsläufig im Zusammenhang mit den im Katalog aufgeführten Verrichtungen der Grundpflege vorgenommen werden müssen. Die Tätigkeit des Berechnens, Abwiegens, Zusammenstellens und Zubereitens der Speisen zur Herstellung der für den Kläger erforderlichen Diät zählen zur Nahrungszubereitung und damit der Verrichtung Kochen im Bereich der hauswirtsschaftlichen Versorgung. Die Blut- und Urinzuckertests sowie das Spritzen von Insulin zählen ebenfalls nicht zur Grundpflege (vgl. u.a. Urteil des BSG vom 19.02.1998 - B 3 P 11/97 R). Wie das BSG wiederholt ausgeführt hat, ist zwar das Verlangen voller Einbeziehung krankheitspezifischer Pflegemaßnahmen in die Bemessung des Pflegebedarfs nachvollziehbar. Zu berücksichtigen ist aber, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung der gesetzlichen Pflegeversicherung diesen Vorstellungen nicht Rechnung getragen hat. Im Hinblick auf den vorgesehenen engen Finanzrahmen ist einer solchen weiten Leistungsgewährung seitens des Gesetzgebers eine Grenze gesetzt worden: daraus folgt, daß ein krankheitsbedingter Pflegeaufwand, selbst wenn er medizinisch notwendig ist, nicht in jedem Fall bei der Bemessung des Pflegebedarfs zu berücksichtigen ist. Auch die Bedeutung der Maßnahme für den Hilfebedürftigen und die damit einhergehende Belastung für die Pflegeperson lassen es nach der Rechtsprechung nicht zu, die Anordnung des Gesetzes, daß nur auf bestimmte Verrichtungen im Bereich der Grundpflege abzustellen ist, zu übergehen. Zwar werden durch die Begrenzung des maßgebenden Hilfebedafs solche Pflegebedürftige von Leistungen der Pflegeversicherung ausgeschlossen, bei denen auf anderen als den in § 14 SGB XI aufgeführten Gebieten ein Hilfebedarf besteht. Auch richtet sich die Ausgrenzung nicht nach dem Schweregrad der Betroffenheit des zu Pflegenden bzw. der Pflegeperson. Die Pflegeversicherung ist aber bewußt nicht als umfassende Absicherung des Pflegerisikos konzepiert worden, die bei jeder Form eines Pflegebedarfs Leistungen vorsieht. Die Begrenzung des durch die Pflegeversicherung abgedeckten Risikos müsse - so die höchstrichterliche Rechtsprechung - jedoch als gerechtfertigt angesehen werden, weil sie einer Beschränkung der Abgabehöhe entspricht. Angesichts des begrenzten Finanzbudgets, das für die Pflegeversicherung zur Verfügung gestellt werden konnte, sei eine umfassende Versorgung von Pflegefällen aus der Sicht des Gesetzgebers allein aus der Pflegeversicherung nicht durchführbar gewesen. Neben den aufgeführten Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftliche Versorgung bleiben deshalb auch andere Bereiche, die nicht in gleichem Maße lebensnotwendig sind, wie Kommunikation, Freizeitgestaltung, Bildung u.ä., als Bemessungsfaktoren ausgeschlosen. Die Begrenzung des für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen maßgebenden Hilfebedarfs auf die in dem Katalog des § 14 Abs.4 SGB XI im einzelnen aufgeführten Verrichtungen ist nach den Ausführungen im vorgenannten Urteil des BSG auch nicht verfassungswidrig. Denn die Orientierung der Leistungsvoraussetzungen (auch) an finanziellen Vorgaben könne grundsätzlich nicht als sachwidrig angesehen werden, zumal das Pflegerisiko in erheblichem Umfang auch von anderen Sozialleistungssystemen, etwa der gesetzlichen Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung, abgedeckt werde. Die von der Pflegeversicherung nicht erfaßten Bereiche des Pflegerisikos fallen schließlich in den Verantwortungsbereich der Sozialhilfe, wenn der einzelne nicht in der Lage sei, die für Pflegemaßnahmen erforderlichen Aufwendungen aus eigenen Mitteln zu erbringen.

Aus den vorgenannten Gründen konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben. Der Senat sah sich - ebenso wie das Sozialgericht - auch nicht zu einer weitergehenden Beweiserhebung etwa in Form der Einholung eines Gutachtens von Amts wegen veranlaßt. Denn zu einem solchen hätte nur dann Veranlassung bestanden, wenn dargelegt worden wäre, daß die Vorgutachten fehlerhaft erstellt worden seien. Eine generelle, also aber nicht verrichtungsbezogene Betreuung und Beaufsichtigung kann überhaupt nicht als anspruchsbegründender Pflegebedarf gewertet werden. Wegen der bisher unterschiedlichen Angaben bestand daher insoweit kein weiterer Klärungsbedarf.

Nach allem konnte daher die Berufung des Klägers bei der bestehenden Sach- und Rechtslage keinen Erfolg haben, sie ist unbegründet und daher zurückzuweisen gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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