Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 232/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 518/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Frage, ob die Herzerkrankung des Versicherten oder die Umstände des Betriebsausflugs wesentlich ursächlich für das Infarktgeschehen waren, handelt es sich um eine Wertentscheidung, die davon abhängt, ob die Herzerkrankung bereits soweit fortgeschritten war, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerlicher Einwirkungen bedurfte.
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Kläger auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen.
Mit Unfallanzeige vom 30.01.1996 wurde die Beklagte über den Tod des Versicherten ... , geb ...1952, informiert. Der Tod ist laut Sterbeurkunde am 27.01.1996 gegen 16.40 Uhr eingetreten.
Die Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass der Verstorbene, der bei der Sparkasse ... als Dezernatsleiter tätig war, vom 26. bis 27.01.1996 an einem Skiausflug, der vom Arbeitgeber veranstaltet wurde, teilnahm. Organisatoren und Reiseleiter waren die Mitarbeiter ... und ... Die Teilnehmer fuhren am Freitag um 17.00 und 17.30 Uhr mit zwei Bussen nach St.Johann in Tirol; beabsichtigt war die Rückfahrt für Sonntag, den 28. Januar um 16.30 Uhr. Der Betriebsausflug war als Skiausflug geplant, es nahmen aber auch einige Spaziergänger und Langläufer teil. Samstag und Sonntag standen zur freien Verfügung. Die Teilnehmer verloren den Verstorbenen am Samstag aus den Augen. Ob er, der einen Skipass bestellt hatte, tatsächlich Ski gefahren ist, konnten sie nicht sagen. Der Verstorbene hatte gegenüber seinen Arbeitskollegen weder Herzbeschwerden noch sonstiges Übelbefinden erwähnt.
Die Beklagte zog die Unterlagen der Deutschen Krankenversicherung (DKV) bei und holte Auskünfte des behandelnden Arztes Dr ... vom 23.09.1996, 22.01.1997 und 21.03.1997 ein. Dr ... gab an, ein Ruhe-EKG vom 19.04.1994 habe ein unauffälliges Ergebnis erbracht. Festgestellt worden sei eine Hyperlipidämie. Der Verstorbene sei hinsichtlich der Risikofaktoren beraten worden. Am 03.01.1996 habe sich der Verstorbene über Kurmaßnahmen beraten lassen. Er habe über eine allgemeine psychovegetative Erschöpfung mit bei Streß auftretenden Herzbeschwerden geklagt.
Die Klägerin teilte am 17.02.1997 mit, der Verstorbene habe keinerlei Beschwerden, auch keine Herzbeschwerden gehabt. Er sei 1,86 m groß gewesen, habe ca. 86 kg gewogen und Sport getrieben. Er habe 20 bis 25 Zigaretten täglich geraucht. Der Vater des Verstorbenen sei 74 Jahre alt und leide an Herzbeschwerden, die Mutter habe 1989 einen Herzinfarkt gehabt. Sie sei an Nierenversagen gestorben.
Die Obduktion vom 30.01.1996 durch den Pathologen Prof.Dr ... ergab einen frischen Herzinfarkt im Bereich von Septum und linker Hinterwand bei ausgeprägter Coronarsklerose aller drei Coronarien sowie eine mittelgradige generalisierte Arteriosklerose mit herdförmig ulcerierten Plaques. Als Todesursache wurde ein akutes Linksherzversagen bei frischem Herzinfarkt im Bereich von Septum und linker Vorderwand angegeben.
Im Gutachten vom 07.03.1997 kam der Internist Dr ... zu dem Ergebnis, beim Verstorbenen habe eine schwergradige lichtungseinengende Herzkranzgefäßverschlusskrankheit bestanden. Risikofaktoren für die Entstehung dieser Erkrankung seien die genetisch verankerte Anlage, Übergewicht, Erhöhung der Blutfettwerte, Bluthochdruckleiden und Nikotinkonsum. Bei der Obduktion seien die Infarktareale bereits lehmgelb verändert gewesen. Dies bedeute, dass das Infarktereignis mindestens 12 Stunden vor dem Todeseintritt stattgefunden habe. Es sei also in der Nacht vom 26. auf den 27.01.1996 zu einem Herzinfarkt gekommen, der offensichtlich klinisch stumm abgelaufen sei; wahrscheinlich habe der Verstorbene aber die infarktbedingten Herzbeschwerden bagatellisiert. Bei dem fortgeschrittenen Grad der Herzkranzgefäßverschlusskrankheit sei mit dem Eintritt des Herzinfarktes auch aus einer privaten Ursache heraus unmittelbar zu rechnen gewesen. Für Ausbildung, Intensitätsgrad sowie die Ablaufgeschwindigkeit des Herzleidens seien ausschließlich die Risikofaktoren relevant. Nervliche Probleme und Berufsstreß am Arbeitsplatz seien ohne jeden Einfluss auf eine stenosierende Coronarsklerose. Während des Betriebsausfluges habe der Verstorbene ebenfalls nicht unter Streß gestanden im Hinblick auf die bequeme Anreise mit einem Bus, Komfortunterbringung im Hotel in St.Johann auf 660 m Meereshöhe, mit der Möglichkeit der Gestaltung des Aufenthaltes nach eigener freier Wahl. Dr ... kam zu dem Schluss, der Verstorbene sei schicksalmäßig an einem Herzversagen nach vorausgegangenem Herzinfarkt bei vorbestehender schwergradiger coronarer Herzkrankheit verstorben.
Mit Bescheiden vom 14.05.1997 lehnte der Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenrente ab, weil der Tod des Versicherten nicht Folge eines Arbeitsunfalles im Sinne der RVO sei.
Die Kläger wandten mit Widerspruch vom 13.06.1997 ein, der Verstorbene sei vom 26. bis 27.01. einer enormen körperlichen Belastung ausgesetzt gewesen, die ausschlaggebender Grund für den Infarkt gewesen sei und habe zudem unter einer beruflichen Belastung gestanden, die das Risiko eines Infarkts gesteigert habe. Die größere Kälte im Gebirge und die veränderten Luftdruckverhältnisse hätten ebenfalls negative Auswirkungen gehabt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.1997 wies der Beklagte die Widersprüche zurück.
Die Kläger haben mit der Klage zum Sozialgericht Landshut vom 29.08.1997 geltend gemacht, der Verstorbene habe sich als früherer Organisator der Betriebsausflüge noch immer für den reibungslosen Ablauf verantwortlich gefühlt und es als selbstverständlich angesehen, teilzunehmen. Damit habe er unter berufsspezifischem Zwang gehandelt. Anderenfalls hätte er auf die Teilnahme verzichtet und seinen Hausarzt wegen seiner gesundheitlichen Probleme aufgesucht. Der Tod des Verstorbenen sei wesentlich durch die Umstände des Betriebsausfluges mitverursacht worden. Insbesondere das Unterdrücken der infarktbedingten Herzbeschwerden sei letztlich Mitursache für den Tod. Bei einem privaten Ausflug hätte der Verstorbene seine Beschwerden nicht bagatellisiert, das Skigebiet nicht aufgesucht und sich unverzüglich zum Arzt begeben. Gegenüber den Arbeitskollegen habe er vermutlich gesundheitliche Probleme nicht erwähnen wollen. Wäre der Verstorbene an dem Wochenende zu Hause geblieben, wäre es eventuell noch nicht zum Infarktgeschehen gekommen, weil es nicht zu der betreffenden Anstrengung gekommen wäre.
Nach Beiziehung eines Befundberichtes des Dr ... vom 21.08.1998 hat das SG den Internist Dr ... zum ärztlichen Sachverständigen ernannt. Im Gutachten vom 09.09.1998 hat Dr ... ausgeführt: Für die Entwicklung und das Fortschreiten der beim Verstorbenen bestehenden coronaren Herzerkrankung sei ein Zusammenwirken der Gefäßrisikofaktoren von entscheidender Bedeutung. Auch der familiären Belastung werde ein großer Stellenwert zugeschrieben. Risikofaktoren seien Rauchen, Hochdruckleiden, wie es bei der Obduktion festgestellt worden sei, sowie Fettstoffwechselstörung. Insgesamt habe beim Verstorbenen ein erhebliches Risikoprofil vorgelegen. Nach dem Obduktionsbefund sei der Herzinfarkt wenigstens 12 Stunden vor dem Tod eingetreten, also in den frühen Morgenstunden des Samstags. Er sei ohne vorausgehende körperliche Belastung und ohne zeitlichen Zusammenhang mit einem akuten Streßereignis aufgetreten. Dieses akute Infarktereignis hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit genauso gut zu Hause auftreten können und sei als schicksalhaft anzusehen. Wichtigstes therapeutisches Prinzip für die Behandlung eines solchen akuten Infarktes sei die Schaffung eines optimalen Gleichgewichts zwischen Sauerstoffangebot und -verbrauch. Dies sei nur möglich bei absoluter Ruhe. Jegliche körperliche Anstrengung sei absolut kontraindiziert. Das Verlassen des Hotels am Samstag vormittag habe deshalb eine erheblich ungünstige Auswirkung auf den Krankheitsverlauf gehabt. Gleichgültig sei allerdings, welcher Art die körperliche Belastung sei. Auch Tätigkeiten zu Hause wie Radfahren oder Gartenarbeit hätten zu einem ähnlich ungünstigen Verlauf führen können.
Mit Urteil vom 27.10.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Hinweis auf die Feststellungen des Dr ... und des Dr ... hat das SG die Auffassung vertreten, die von der Klägerseite behauptete psychische Streßsituation im Sinne eines Gruppenzwanges sei nicht nachzuweisen. Die Einlassung, der Verstorbene hätte sich bei gleicher Situation im privaten Bereich jeglicher körperlicher Belastung enthalten, sei rein spekulativ. Die Krankheitsanlage des Verstorbenen sei so leicht ansprechbar gewesen, dass jegliche alltägliche Belastung zwangsläufig den Tod herbeigeführt hätte. Daher habe dahingestellt bleiben können, ob, was trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht nachzuweisen gewesen sei, der Verstorbene im Laufe des 27.01.1996 tatsächlich Ski gefahren sei. Der Tod des Verstorbenen sei allein durch die bei ihm bestehende schwere Herzerkrankung verursacht, die bereits soweit fortgeschritten gewesen sei, daß die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerlicher Einwirkungen bedurft habe.
Mit der Berufung vom 21.12.1998 weisen die Kläger darauf hin, es bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass bei fehlender körperlicher Belastung das Infarktgeschehen nicht den dramatischen Verlauf genommen und zum Tod geführt habe. Der Verstorbene wäre mit Sicherheit zu Dr ... gegangen oder hätte einen anderen Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht, wenn er den Herzinfarkt zu Hause erlitten hätte. Grund dafür, dass es zum Tod gekommen sei, sei ganz offensichtlich, dass der Verstorbene an dem Betriebsereignis teilgenommen habe.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1998 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 14.05.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.1997 aufzuheben und den Tod des Versicherten am 27.01.1996 als Tod durch Arbeitsunfall anzuerkennen und den Klägern Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs.2 SGG).
Dem SG ist darin zuzustimmen, dass der Betriebsausflug, bei dem der Verstorbene wie bei der die Versicherteneigenschaft begründenden Tätigkeit Unfallversicherungsschutz genoss, weder die zum Tode führende Erkrankung verursacht noch deren Art und Schwere bestimmt hat.
Zu Recht hat das SG bei der Wertentscheidung, ob die Herzerkrankung und die Umstände des Betriebsausfluges wesentlich für den Infarkt waren oder ob die bestehende Herzerkrankung von so überragender Bedeutung war, dass sie allein wesentlich im Rechtssinne ist, ausgeführt, dass kein Ursachenzusammenhang im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität zwischen dem Infarktgeschehen und dem Betriebsausflug bzw. dem Verhalten des Verstorbenen beim Betriebsausflug gegeben ist (vgl. BSG vom 27.06.1991 SozR 3-2200 § 548 Nr.11; BSG vom 12.05.1992 SozR 3-2200 § 548 Nr.14; Schulin Unfallversicherungsrecht § 27 Rdnrn.84 ff.; Lauterbach Unfallversicherung § 548 Anm.28; Kasseler Kommentar § 548 RVO Rdnr.56). Auch ohne die Teilnahme an dem Betriebsausflug wäre die Erkrankung zur gleichen Zeit zum Ausbruch gekommen, denn das Infarktgeschehen in den frühen Morgenstunden des 27.01.1996 beruhte nicht auf betrieblichen Umständen, sondern auf dem schicksalhaft entstandenen Herzleiden des Verstorbenen. Dass er sich am 27.01.1996 nicht schonte, ist nicht mit betrieblichen Umständen in Zusammenhang zu bringen, zumal er sich ohnehin nicht den Ski-fahrenden Kollegen angeschlossen hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er durch betriebliche Umstände tatsächlich gehindert gewesen wäre, am 27.01.1996 einen Arzt aufzusuchen. Besondere physische oder psychische Anstrengungen und dadurch bedingte Streßsituationen waren im Rahmen des Betriebsausfluges nicht gegeben; jedenfalls hätte sich der Verstorbene zumindest den Anstrengungen des Skifahrens ohne Schwierigkeiten entziehen können. Dagegen ist es wahrscheinlich, dass es auch bei alltäglichen Belastungen in absehbarer Zeit zum Herztod des Verstorbenen gekommen wäre (vgl. BSG vom 18.03.1997, 2 RU 8/96).
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Kläger auf Gewährung von Hinterbliebenenleistungen.
Mit Unfallanzeige vom 30.01.1996 wurde die Beklagte über den Tod des Versicherten ... , geb ...1952, informiert. Der Tod ist laut Sterbeurkunde am 27.01.1996 gegen 16.40 Uhr eingetreten.
Die Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass der Verstorbene, der bei der Sparkasse ... als Dezernatsleiter tätig war, vom 26. bis 27.01.1996 an einem Skiausflug, der vom Arbeitgeber veranstaltet wurde, teilnahm. Organisatoren und Reiseleiter waren die Mitarbeiter ... und ... Die Teilnehmer fuhren am Freitag um 17.00 und 17.30 Uhr mit zwei Bussen nach St.Johann in Tirol; beabsichtigt war die Rückfahrt für Sonntag, den 28. Januar um 16.30 Uhr. Der Betriebsausflug war als Skiausflug geplant, es nahmen aber auch einige Spaziergänger und Langläufer teil. Samstag und Sonntag standen zur freien Verfügung. Die Teilnehmer verloren den Verstorbenen am Samstag aus den Augen. Ob er, der einen Skipass bestellt hatte, tatsächlich Ski gefahren ist, konnten sie nicht sagen. Der Verstorbene hatte gegenüber seinen Arbeitskollegen weder Herzbeschwerden noch sonstiges Übelbefinden erwähnt.
Die Beklagte zog die Unterlagen der Deutschen Krankenversicherung (DKV) bei und holte Auskünfte des behandelnden Arztes Dr ... vom 23.09.1996, 22.01.1997 und 21.03.1997 ein. Dr ... gab an, ein Ruhe-EKG vom 19.04.1994 habe ein unauffälliges Ergebnis erbracht. Festgestellt worden sei eine Hyperlipidämie. Der Verstorbene sei hinsichtlich der Risikofaktoren beraten worden. Am 03.01.1996 habe sich der Verstorbene über Kurmaßnahmen beraten lassen. Er habe über eine allgemeine psychovegetative Erschöpfung mit bei Streß auftretenden Herzbeschwerden geklagt.
Die Klägerin teilte am 17.02.1997 mit, der Verstorbene habe keinerlei Beschwerden, auch keine Herzbeschwerden gehabt. Er sei 1,86 m groß gewesen, habe ca. 86 kg gewogen und Sport getrieben. Er habe 20 bis 25 Zigaretten täglich geraucht. Der Vater des Verstorbenen sei 74 Jahre alt und leide an Herzbeschwerden, die Mutter habe 1989 einen Herzinfarkt gehabt. Sie sei an Nierenversagen gestorben.
Die Obduktion vom 30.01.1996 durch den Pathologen Prof.Dr ... ergab einen frischen Herzinfarkt im Bereich von Septum und linker Hinterwand bei ausgeprägter Coronarsklerose aller drei Coronarien sowie eine mittelgradige generalisierte Arteriosklerose mit herdförmig ulcerierten Plaques. Als Todesursache wurde ein akutes Linksherzversagen bei frischem Herzinfarkt im Bereich von Septum und linker Vorderwand angegeben.
Im Gutachten vom 07.03.1997 kam der Internist Dr ... zu dem Ergebnis, beim Verstorbenen habe eine schwergradige lichtungseinengende Herzkranzgefäßverschlusskrankheit bestanden. Risikofaktoren für die Entstehung dieser Erkrankung seien die genetisch verankerte Anlage, Übergewicht, Erhöhung der Blutfettwerte, Bluthochdruckleiden und Nikotinkonsum. Bei der Obduktion seien die Infarktareale bereits lehmgelb verändert gewesen. Dies bedeute, dass das Infarktereignis mindestens 12 Stunden vor dem Todeseintritt stattgefunden habe. Es sei also in der Nacht vom 26. auf den 27.01.1996 zu einem Herzinfarkt gekommen, der offensichtlich klinisch stumm abgelaufen sei; wahrscheinlich habe der Verstorbene aber die infarktbedingten Herzbeschwerden bagatellisiert. Bei dem fortgeschrittenen Grad der Herzkranzgefäßverschlusskrankheit sei mit dem Eintritt des Herzinfarktes auch aus einer privaten Ursache heraus unmittelbar zu rechnen gewesen. Für Ausbildung, Intensitätsgrad sowie die Ablaufgeschwindigkeit des Herzleidens seien ausschließlich die Risikofaktoren relevant. Nervliche Probleme und Berufsstreß am Arbeitsplatz seien ohne jeden Einfluss auf eine stenosierende Coronarsklerose. Während des Betriebsausfluges habe der Verstorbene ebenfalls nicht unter Streß gestanden im Hinblick auf die bequeme Anreise mit einem Bus, Komfortunterbringung im Hotel in St.Johann auf 660 m Meereshöhe, mit der Möglichkeit der Gestaltung des Aufenthaltes nach eigener freier Wahl. Dr ... kam zu dem Schluss, der Verstorbene sei schicksalmäßig an einem Herzversagen nach vorausgegangenem Herzinfarkt bei vorbestehender schwergradiger coronarer Herzkrankheit verstorben.
Mit Bescheiden vom 14.05.1997 lehnte der Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenrente ab, weil der Tod des Versicherten nicht Folge eines Arbeitsunfalles im Sinne der RVO sei.
Die Kläger wandten mit Widerspruch vom 13.06.1997 ein, der Verstorbene sei vom 26. bis 27.01. einer enormen körperlichen Belastung ausgesetzt gewesen, die ausschlaggebender Grund für den Infarkt gewesen sei und habe zudem unter einer beruflichen Belastung gestanden, die das Risiko eines Infarkts gesteigert habe. Die größere Kälte im Gebirge und die veränderten Luftdruckverhältnisse hätten ebenfalls negative Auswirkungen gehabt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.1997 wies der Beklagte die Widersprüche zurück.
Die Kläger haben mit der Klage zum Sozialgericht Landshut vom 29.08.1997 geltend gemacht, der Verstorbene habe sich als früherer Organisator der Betriebsausflüge noch immer für den reibungslosen Ablauf verantwortlich gefühlt und es als selbstverständlich angesehen, teilzunehmen. Damit habe er unter berufsspezifischem Zwang gehandelt. Anderenfalls hätte er auf die Teilnahme verzichtet und seinen Hausarzt wegen seiner gesundheitlichen Probleme aufgesucht. Der Tod des Verstorbenen sei wesentlich durch die Umstände des Betriebsausfluges mitverursacht worden. Insbesondere das Unterdrücken der infarktbedingten Herzbeschwerden sei letztlich Mitursache für den Tod. Bei einem privaten Ausflug hätte der Verstorbene seine Beschwerden nicht bagatellisiert, das Skigebiet nicht aufgesucht und sich unverzüglich zum Arzt begeben. Gegenüber den Arbeitskollegen habe er vermutlich gesundheitliche Probleme nicht erwähnen wollen. Wäre der Verstorbene an dem Wochenende zu Hause geblieben, wäre es eventuell noch nicht zum Infarktgeschehen gekommen, weil es nicht zu der betreffenden Anstrengung gekommen wäre.
Nach Beiziehung eines Befundberichtes des Dr ... vom 21.08.1998 hat das SG den Internist Dr ... zum ärztlichen Sachverständigen ernannt. Im Gutachten vom 09.09.1998 hat Dr ... ausgeführt: Für die Entwicklung und das Fortschreiten der beim Verstorbenen bestehenden coronaren Herzerkrankung sei ein Zusammenwirken der Gefäßrisikofaktoren von entscheidender Bedeutung. Auch der familiären Belastung werde ein großer Stellenwert zugeschrieben. Risikofaktoren seien Rauchen, Hochdruckleiden, wie es bei der Obduktion festgestellt worden sei, sowie Fettstoffwechselstörung. Insgesamt habe beim Verstorbenen ein erhebliches Risikoprofil vorgelegen. Nach dem Obduktionsbefund sei der Herzinfarkt wenigstens 12 Stunden vor dem Tod eingetreten, also in den frühen Morgenstunden des Samstags. Er sei ohne vorausgehende körperliche Belastung und ohne zeitlichen Zusammenhang mit einem akuten Streßereignis aufgetreten. Dieses akute Infarktereignis hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit genauso gut zu Hause auftreten können und sei als schicksalhaft anzusehen. Wichtigstes therapeutisches Prinzip für die Behandlung eines solchen akuten Infarktes sei die Schaffung eines optimalen Gleichgewichts zwischen Sauerstoffangebot und -verbrauch. Dies sei nur möglich bei absoluter Ruhe. Jegliche körperliche Anstrengung sei absolut kontraindiziert. Das Verlassen des Hotels am Samstag vormittag habe deshalb eine erheblich ungünstige Auswirkung auf den Krankheitsverlauf gehabt. Gleichgültig sei allerdings, welcher Art die körperliche Belastung sei. Auch Tätigkeiten zu Hause wie Radfahren oder Gartenarbeit hätten zu einem ähnlich ungünstigen Verlauf führen können.
Mit Urteil vom 27.10.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Hinweis auf die Feststellungen des Dr ... und des Dr ... hat das SG die Auffassung vertreten, die von der Klägerseite behauptete psychische Streßsituation im Sinne eines Gruppenzwanges sei nicht nachzuweisen. Die Einlassung, der Verstorbene hätte sich bei gleicher Situation im privaten Bereich jeglicher körperlicher Belastung enthalten, sei rein spekulativ. Die Krankheitsanlage des Verstorbenen sei so leicht ansprechbar gewesen, dass jegliche alltägliche Belastung zwangsläufig den Tod herbeigeführt hätte. Daher habe dahingestellt bleiben können, ob, was trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht nachzuweisen gewesen sei, der Verstorbene im Laufe des 27.01.1996 tatsächlich Ski gefahren sei. Der Tod des Verstorbenen sei allein durch die bei ihm bestehende schwere Herzerkrankung verursacht, die bereits soweit fortgeschritten gewesen sei, daß die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerlicher Einwirkungen bedurft habe.
Mit der Berufung vom 21.12.1998 weisen die Kläger darauf hin, es bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass bei fehlender körperlicher Belastung das Infarktgeschehen nicht den dramatischen Verlauf genommen und zum Tod geführt habe. Der Verstorbene wäre mit Sicherheit zu Dr ... gegangen oder hätte einen anderen Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht, wenn er den Herzinfarkt zu Hause erlitten hätte. Grund dafür, dass es zum Tod gekommen sei, sei ganz offensichtlich, dass der Verstorbene an dem Betriebsereignis teilgenommen habe.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1998 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 14.05.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.1997 aufzuheben und den Tod des Versicherten am 27.01.1996 als Tod durch Arbeitsunfall anzuerkennen und den Klägern Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs.2 SGG).
Dem SG ist darin zuzustimmen, dass der Betriebsausflug, bei dem der Verstorbene wie bei der die Versicherteneigenschaft begründenden Tätigkeit Unfallversicherungsschutz genoss, weder die zum Tode führende Erkrankung verursacht noch deren Art und Schwere bestimmt hat.
Zu Recht hat das SG bei der Wertentscheidung, ob die Herzerkrankung und die Umstände des Betriebsausfluges wesentlich für den Infarkt waren oder ob die bestehende Herzerkrankung von so überragender Bedeutung war, dass sie allein wesentlich im Rechtssinne ist, ausgeführt, dass kein Ursachenzusammenhang im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität zwischen dem Infarktgeschehen und dem Betriebsausflug bzw. dem Verhalten des Verstorbenen beim Betriebsausflug gegeben ist (vgl. BSG vom 27.06.1991 SozR 3-2200 § 548 Nr.11; BSG vom 12.05.1992 SozR 3-2200 § 548 Nr.14; Schulin Unfallversicherungsrecht § 27 Rdnrn.84 ff.; Lauterbach Unfallversicherung § 548 Anm.28; Kasseler Kommentar § 548 RVO Rdnr.56). Auch ohne die Teilnahme an dem Betriebsausflug wäre die Erkrankung zur gleichen Zeit zum Ausbruch gekommen, denn das Infarktgeschehen in den frühen Morgenstunden des 27.01.1996 beruhte nicht auf betrieblichen Umständen, sondern auf dem schicksalhaft entstandenen Herzleiden des Verstorbenen. Dass er sich am 27.01.1996 nicht schonte, ist nicht mit betrieblichen Umständen in Zusammenhang zu bringen, zumal er sich ohnehin nicht den Ski-fahrenden Kollegen angeschlossen hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er durch betriebliche Umstände tatsächlich gehindert gewesen wäre, am 27.01.1996 einen Arzt aufzusuchen. Besondere physische oder psychische Anstrengungen und dadurch bedingte Streßsituationen waren im Rahmen des Betriebsausfluges nicht gegeben; jedenfalls hätte sich der Verstorbene zumindest den Anstrengungen des Skifahrens ohne Schwierigkeiten entziehen können. Dagegen ist es wahrscheinlich, dass es auch bei alltäglichen Belastungen in absehbarer Zeit zum Herztod des Verstorbenen gekommen wäre (vgl. BSG vom 18.03.1997, 2 RU 8/96).
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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