L 5 RJ 691/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 309/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 691/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Bewilligung von Witwenrente gemäß § 44 SGB X. Die am 1934 geborene Klägerin ist die Witwe des am 1931 geborenen und am 20.01.1962 verstorbenen deutschen Staatsangehörigen D. J. , mit dem sie am 18.09.1959 die Ehe geschlossen hat. Unter Vorlage von Kopien der Mitgliedskarte der AOK Straubing beantragte die Klägerin erstmals am 05.02.1991 Witwenrente. Danach war der Verstorbene dort vom 01.08.1946 bis 10.06.1947 als Lehrling bei P. , und vom 01.10.1956 bis 29.11.1958 als Kraftfahrer bei seinem Vater D. O. , Inhaber eines Transportunternehmens, versichert. Die Klägerin gab an, der Verstorbene sei vor und nach der AOK-Mitgliedschaft vom 01.01.1950 bis 30.09.1956 und vom 29.11.1958 bis 20.01.1962 Mitglied der Vereinten Krankenversicherung P. gewesen. Mit Bescheid vom 08.04.1991 lehnte die Beklagte eine Witwenrentengewährung ab, da der Verstorbene die Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt habe. Die anzuerkennende Zeit vom 01.08.1946 bis 10.06.1947 und vom 01.10.1956 bis 29.11.1958 umfasse lediglich 37 Monate. Auf den Einwand der Klägerin, auch in der Zeit ab Juni 1947 sei der Verstorbene als Arbeitnehmer bei seinem Vater beschäftigt gewesen, erließ die Beklagte am 17.05.1991 einen weiteren ablehnenden Bescheid. Da der Arbeitgeber der Einzugsstelle zwischen Juni 1947 und September 1956 keine Meldung erteilt habe, sei erwiesen, dass keine Beiträge entrichtet worden seien. Dem widersprach die Klägerin mit der Begründung, im Hinblick auf die Versicherungspflicht seien wohl Beiträge einbehalten worden. Bei der Angabe vom 05.02.1991 betreffend die private Krankenversicherung des Verstorbenen sei anscheinend ein Missverständnis unterlaufen. Den Widerspruch wies die Beklagte am 05.11.1991 mit der Begründung zurück es sei erwiesen, dass keine Beiträge entrichtet worden seien. Obwohl die Firma O. D. vor 1956 sämtliche Beschäftigte bei der AOK Straubing gemeldet habe, habe für den Verstorbenen keine Mitgliedschaft bestanden. Die Klage dagegen wurde am 19.11.1992 zurückgenommen.

Ein zweiter Witwenrentenantrag wurde am 16.04.1993 (bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 22.06.1993) ebenfalls mangels Wartezeiterfüllung abgelehnt. Im anschließenden Klageverfahren machte die Klägerin geltend, das Verschulden des Arbeitgebers an der unterlassenen Beitragszahlung sei nicht dem Arbeitnehmer anzulasten. Sie legte schriftliche Aussagen ehema- liger Arbeitskollegen des Verstorbenen vor, wonach sich diese sicher seien, dass dem Verstorbenen, wie ihnen selbst, die gesetzlichen Versicherungsbeiträge vom Lohn abgezogen worden seien. Das Sozialgericht wies die Klage am 31.01.2000 ab. Zusätzliche Zeiten seien nicht glaubhaft gemacht und von den Zeugen seien nach deren telefonischer Anhörung keine hinreichend konkreten Aussagen zu erwarten. Die dagegen eingelegte Berufung wurde am 06.11.2000 wegen Verfristung zurückgenommen.

Am 29.12.2000 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Witwenrente gemäß § 44 SGB X. Die Beklagte lehnte dies unter Verweis auf die Begründung in den früheren Bescheiden am 16.01. 2001 ab. Den Widerspruch begründete die Klägerin damit, der Schwieger- vater habe alle Mitarbeiter und daher auch ihren Ehemann ver- sichert.

Die im Anschluss an den Widerspruchsbescheid vom 23.02.2001 erhobene Klage hat das Sozialgericht am 26.06.2001 unter Bezugnahme auf das Urteil vom 31.01.2000 abgewiesen. Gegen das am 17.11.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.12.2001 Berufung eingelegt. Sie könne keinen Beweis für die Abführung der Beiträge bzw. deren Abzug benennen; für die Glaubhaftmachung nach dem FRG genügten aber auch die Aussagen nächster Angehöriger, um zur Anerkennung von Beitragszeiten zu gelangen. In der mündlichen Verhandlung am 25.03.2003 ist der als Zeuge benannte Bruder des Verstorbenen S. D. einvernommen worden. Auf den Inhalt des Protokolls wird insoweit Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.06.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16.01.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2001 sowie des Bescheides vom 08.04.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.1991 zu ver- urteilen, ihr Witwenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.06.2001 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.06.2001 ist im Ergebnis ebenso- wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 16.01. 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2001. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Witwenrente. Trotz Wiederholung früherer Begründungen im Antrag vom 29.12. 2000 bzw. Widerspruch vom 04.02.2001 ist der Anspruch gemäß § 44 SGB X sachlich zu überprüfen, nachdem die Beklagte sich im ablehnenden Bescheid vom 16.01.2001 nicht auf die Bestandskraft der Bescheide vom 08.04.1991, 17.05.1991 und 05.11.1991 berufen, sondern mit dem Verweis auf die Gründe der vorangegangenen Bescheide eine sachliche Entscheidung getroffen hat. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs.1 Satz 1 SGB X). Auch nach der Aussage des Zeugen S. D. besteht kein Anhalt für die Rechtswidrigkeit des ablehnenden Bescheids vom 08.04.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.1991. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Maßgebliche Anspruchsgrundlage für den vor In-Kraft-Treten des SGB VI gestellten Rentenantrag vom 05.02.1991 ist § 1264 RVO. Danach erhält nach dem Tod des versicherten Ehemanns seine Witwe eine Witwenrente. Hinterbliebenenrenten werden gewährt, wenn dem Verstorbenen zur Zeit seines Todes Versichertenrente zustand oder zu diesem Zeitpunkt die Wartezeit für die Rente wegen Berufsunfähigkeit von ihm erfüllt ist oder nach § 1252 als erfüllt gilt (§ 1263 Abs.2 RVO). Weil sich keine Anhaltspunk- te für eine Fiktion der Erfüllung der Wartezeit im Sinne des § 1252 RVO ergeben, ist maßgeblich, ob der Verstorbene vor seinem Tod eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat (§ 1246 Abs.3 RVO). Dies ist nach Aktenlage zu verneinen. Zutreffend hat die Beklagte eine Rentengewährung wegen fehlender Wartezeit abgelehnt, nachdem der Verstorbene lediglich 37 Kalendermonate an Versicherungszeiten zurückgelegt hat. Dabei hat sie die Mitgliedschaftsbescheinigung der AOK Straubing vom 01.10.1956 bis 29.11.1958 sowie die Ausbildungszeit vom 01.08.1946 bis 10.06.1947 berücksichtigt. Daraus errechnen sich lediglich 37 Kalendermonate an Versicherungszeiten. Für die Zwischenzeit zwischen 11.06.1947 und 01.10.1956 sind Versicherungszeiten weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Nachgewiesen sind Beitragszeiten, wenn sowohl das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis als auch die tatsächliche Beitragszahlung nachgewiesen sind. Dem Nachweis dienen insbesondere Versicherten- und Versicherungsausweise, Bescheinigungen der Versicherungsträger und Einzugsstellen sowie Steuer- und Feststellungsbescheide. Die Entrichtung von Beiträgen ist nachgewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, Rdnr.5 zu § 118, Rdnr.3 zu § 128 mit weiteren Nachweisen). Zum maßgeblichen Zeitraum liegen die offensichtlich vorformulierten Aussagen von vier ehemaligen Kollegen des Verstorbenen vor, dass dieser von Juni 1947 bis November 1958 bzw. 1953 bis 1958 bei der Firma O. D. als Arbeitnehmer beschäftigt war. Die Entrichtung von Beiträgen konnten sie lediglich vermuten. Auch aus der Aussage des Zeugen S. D. kann lediglich geschlossen werden, dass sein Bruder H. über längere Zeit vor dem Tod des Vaters 1958 in dessen Unternehmen wie ein Arbeitnehmer beschäftigt war. Ob für diesen während des gesamten Beschäftigungszeitraums Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt wurden, wusste er nicht. Er war ebenfalls als Kraftfahrer tätig und hat mit seinem Bruder nie über Rentenbeiträge gesprochen. Da sonstige geeignete Bescheinigungen, die einen versicherungspflichtigen Verdienst und die Beitragszahlung belegen könnten, nach eigenen Angaben der Klägerin nicht vorliegen, ist der Nachweis der tatsächlichen Beitragszahlung zweifellos nicht erbracht. Fehlen Versicherungsunterlagen, begnügt sich der Gesetzgeber nach Maßgabe der bis 31.12.1991 geltenden Versicherungsunterlagenverordnung (VuVO) bzw. des § 286a SGB VI für Zeiten vor dem 01.01.1950 und nach Maßgabe des § 1423 RVO bzw. des § 286 Abs.5 SGB VI für Zeiten vor dem 01.01.1973 mit der Glaubhaftmachung. Vorab ist jedoch festzustellen, dass die am 01.01.1959 in Kraft getretene VuVO im vorliegenden Fall keine Anwendung findet. In den Bereich der Verordnung werden nicht alle Fälle einbezogen, in denen der Verlust von Unterlagen, die sich auf Zeiten vor den 01.01.1950 beziehen, behauptet wird. Einbezogen sind nur die in § 1 Abs.1 und 2 aufgezählten Fälle der teilweisen oder vollständigen Vernichtung oder Nichterreichbarkeit des Karten- oder Kontenarchivs. Ist das Karten- oder Kontenarchiv erhalten, so spricht das Nichtvorhandensein von Unterlagen, die bei ordnungsmäßiger Verwahrung in den erhaltenen Teilen des Archivs gefunden werden müssten, dagegen, dass ein Versicherungsverhältnis bestanden hat. Anhaltspunkte dafür, dass das Kontenarchiv der Beklagten für den fraglichen Zeitraum nach 1947 nicht vollständig ist, sind nicht gegeben. Auch der Anwendungsfall des § 286a Abs.1 SGB VI liegt daher nicht vor. § 286a übernimmt die Regelungen der Glaubhaftmachung von Beitragszeiten für Zeiten vor dem 01.01.1950 aus der aufgehobenen VuVO und trägt dem Beweisnotstand Rechnung, der durch den vielfältigen Verlust von Versicherungsunterlagen in der Kriegs- und Nachkriegszeit eingetreten ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 286a SGB VI Rdz.2). Machen Versicherte für Zeiten vor dem 01.01.1973 glaubhaft, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben, die vor dem Ausstellungstag der Versicherungskarte liegt oder nicht auf der Karte bescheinigt ist, und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, ist die Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen (§ 286 Abs.5 SGB VI). Diese Regelung ist an die Stelle des im Wesentlichen inhaltsgleichen § 1423 Abs.4 RVO getreten. Voraussetzung ist, dass die Beschäftigung in einer Versicherungskarte einzutragen gewesen wäre, wobei es unerheblich ist, ob eine Versicherungskarte überhaupt ausgestellt wurde oder die Eintragung tatsächlich erfolgt ist und ein Ersatz nach Absatz 4 mangels Nachweises etwa von Beiträgen oder Arbeitsentgelt nicht mehr gelingt (Gürtner, a.a.O., § 286 SGB VI Rdz.20). Die Glaubhaftmachung richtet sich nach § 23 Abs.1 SGB X. Danach ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Entscheidend ist, dass sich die Glaubhaftmachung sowohl auf das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als auch auf die tatsächliche Beitragszahlung zu erstrecken hat. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, d.h. der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Weil dieser Beweismaßstab durch seine Relativität gekennzeichnet ist, genügt es, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Maßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen. Dabei ist das Gericht grundsätzlich frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (BSG, 9. Senat, Beschluss vom 8. August 2001 in SozR 3-3900 § 15 Nr.4). Es ist möglich, dass der Verstorbene, der bereits vor der Meldung bei der AOK Straubing am 01.10.1956 - wohl unstreitig - im Betrieb seines Vaters tätig war, dort versicherungspflichtig beschäftigt war und für ihn Beiträge entrichtet worden sind. Weitaus plausibler erscheint es jedoch, dass er im Hinblick auf die vorgesehene spätere Betriebsübernahme zusammen mit seinen Brüdern einen besonderen Status genossen hat und Rentenversicherungsbeiträge bewusst nicht entrichtet worden sind. Hierfür spricht, dass die übrigen Beschäftigten der Firma O. D. ordnungsgemäß versichert waren. Der Arbeitgeber, O. D. , hatte bei der zuständigen Einzugsstelle, der AOK Straubing, ein Arbeitgeberkonto, das jedoch hinsichtlich des Verstorbenen für die Zeit vor dem 01.10.1956 keine Meldung vorwies. Auch die Tatsache, dass zum 01.10.1956 der Eintritt gemeldet wurde, spricht dagegen, dass davor Beiträge entrichtet worden sind. Zwar hat der Zeuge glaubhaft versichert, dass sein Vater ein sehr korrekter Mann war und er angesichts der für ihn entrichteten Beiträge davon ausgehe, dass auch für seinen Bruder Johann Versicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Nachdem der Beginn der Beitragsentrichtung für den Zeugen im Herbst/ Winter 1956 mit dem für seinen Bruder offensichtlich zusammenfällt, liegt es jedoch nahe, dass sich die tatsächliche Gleichbehandlung auf die Dauer der Beitragszahlung (für beide vom 01.10. 1956 bis 19.11.1958) beschränkt hat. Dies kann durchaus finanzielle Gründe gehabt haben, denn der Zeuge hat nicht verhehlt, dass der wirtschaftliche Spielraum des Transportunternehmens nicht groß war.

Darüber hinaus ist es auffällig, dass die Klägerin selbst angegeben hat, ihr Ehemann sei vor und nach der AOK-Mitgliedschaft privat krankenversichert gewesen. Dies ist nur verständlich, wenn er nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat, sondern selbständig - wie ab 1958 nachgewiesen - tätig war. Wenngleich die Klägerin diese Angabe im ersten Rentenantrag später widerrufen hat, bleibt festzuhalten, dass es sich dabei um eine der ersten Angaben 1991 gehandelt hat, die unbefangen abgegeben worden sind.

Auch erstaunt sehr, weshalb die Klägerin nach dem Tod ihres Ehemanns 1962 erst im Jahr 1991, also knapp 30 Jahre später, einen Witwenrentenantrag gestellt hat. Bis dahin ist die Klägerin offenbar selbst davon ausgegangen, keinen Anspruch realisieren zu können. Bis zum Ablauf von 30 Jahren hätte sie aber mangels Verjährungseinrede dem Arbeitgeber gegenüber die Beitragsnachentrichtung geltend machen können. Die Solidargemeinschaft der Versicherten ist jedenfalls nicht dafür haftbar zu machen, wenn die Statusabgrenzungen und -verpflichtungen im Familienverband nicht korrekt vollzogen werden.

Als alternative Anspruchsgrundlage für eine Rentengewährung kommt § 286 Abs.6 i.V.m. § 203 Abs.2 SGB VI in Betracht. Diese Vorschriften setzen den Nachweis eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses voraus und lassen für den Nachweis der Beitragszahlung die Glaubhaftmachung des Abzugs des Arbeitnehmeranteils vom Arbeitsentgelt genügen. Der Unterschied zu § 286 Abs.5 besteht darin, dass dort zur Anerkennung einer Beitragszeit die Glaubhaftmachung der tatsächlichen Zahlung der Beiträge erforderlich ist, während nach Absatz 6 nur der Abzug der Beiträge vom Arbeitsentgelt glaubhaft zu machen ist. Weil aber keinerlei Unterlagen über die entsprechende Lohn- oder Gehaltsabrechnung vorliegen und auch nicht beigebracht werden können, und die vorliegenden Zeugenaussagen über Vermutungen nicht hinausgehen, handelt es sich bei dem Abzug des Arbeitnehmeranteils vom Arbeitsentgelt lediglich um eine Möglichkeit. Diese reicht nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen. § 203 Abs.2 SGB VI trägt dem Umstand Rechnung, dass der Arbeitnehmer auf die Abführung der Beiträge und auf die Meldung durch den Arbeitgeber keinen Einfluss hat. Es entbindet den Versicherten aber nicht von der Pflicht, den Beitragsabzug vom Lohn glaubhaft zu machen. Dass der Vater seinem Sohn die Rentenversicherungsbeiträge von seinem Lohn einbehält und diese dann nicht an den Rentenversicherungsträger weiterleitet, erscheint weit weniger wahrscheinlich als die Möglichkeit, dass er Beiträge entrichtet hat. Wahrscheinlich sind für den Sohn jedoch im strittigen Zeitraum keine Beiträge entrichtet worden.

Weshalb das FRG Anwendung finden sollte, bleibt unerfindlich. Die Klägerin wollte wohl eher unter Bezugnahme auf Art.3 Grundgesetz eine Gleichbehandlung mit dem vom FRG begünstigten Personenkreis geltend machen. Das Fremdrentenrecht will mit der darin enthaltenen Beweiserleichterung dem Beweisnotstand abhelfen, in dem sich die überwiegende Mehrzahl der Vertriebenen und Flüchtlinge durch den Verlust der Versicherungsunterlagen befindet. Die Versicherungsunterlagen zu rekonstruieren oder sie durch andere Beweismittel zu ersetzen, begegnet oftmals unüberwindlichen Schwierigkeiten. Damit nicht vergleichbar ist die Situation von Versicherten, die im Bundesgebiet nach 1945 eine Beschäftigung ausgeübt haben.

Nach allem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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