L 5 RJ 121/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 6/98 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 121/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 11/03 BH
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. November 2001 aufgehoben, soweit darin die Beklagte zur Zahlung von Erwerbsunfähigkeitsrente verurteilt wurde. Die Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1997 wird auch insoweit abgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. November 2001 wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 01.10.1991 bis 30.09.2000.

Der am 1935 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehörigkeit mit Wohnsitz in seiner Heimat. Laut eigenen Angaben hat er dort die Mittelschule (Wirtschaftsschule) besucht und war anschließend neun Jahre als Verwaltungsangestellter tätig. Danach arbeitete er bis zur Beschäftigungsaufnahme in Deutschland 1972 zwei Jahre als Schweißer bei einer österreichischen Firma. In Deutschland war der Kläger zuletzt ab Februar 1973 bis August 1976 als Elektroschweißer bei der Firma M. N. versicherungspflichtig beschäftigt. Schließlich war er in seiner Heimat von 1978 bis September 1991 als Elektroschweißer tätig. Seit 01.10.2000 erhält er von der Beklagten Altersrente.

Die Firma M. N. bzw. die Nachfolgefirma A. hat auf Anfrage der Beklagten im Januar 1992 bzw. auf Anfrage des Sozialgerichts im Januar 2001 mitgeteilt, eine Auskunft über die Beschäftigung des Klägers sei nicht mehr möglich. Auch Zeugen oder Arbeitskollegen könnten nicht benannt werden. Im Rahmen des ersten Rentenantrags vom 01.07.1990 wurde von der jugoslawischen Invalidenkommission am 20.08.1991 ein Gutachten erstellt. Darin heißt es, wegen Bluthochdrucks und Abnutzungserscheinungen sei der Kläger als Elektroschweißer nicht mehr einsatzfähig, wohl aber - nach vorhergehender Umschulung - als Magazinarbeiter (vollschichtig). Zusammen mit dem rentenablehnenden Bescheid vom 29.01.1992 übersandte die Beklagte ein Merkblatt betreffend die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine vorzeitige Rentengewährung. Dieses Merklatt 6 legte die Beklagte auch dem Widerspruchsbescheid vom 25.06.1992 bei und wies darauf hin, dass sich der Kläger binnen drei Monaten nach Zustellung des Bescheides wegen der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes durch freiwillige Beiträge mit der Beklagten beraten könne. Auch wurde im Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen, dass Zeiten des jugoslawischen Rentenbezugs, etc., keine Aufschubtatbestände seien. Am 21.02.1995 beantragte der Kläger gemäß § 44 SGB X Berufs- unfähigkeitsrente ab Antragstellung 1990. Er legte zwei Be- wertungsbögen betreffend eine Schweißprüfung vom 16.03.1976 vor. Die Beklagte lehnte eine Rentengewährung mit der Begründung ab, der Kläger sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar (Bescheid vom 13.03.1995, Widerspruchsbescheid vom 27.07.1995). Am 30.05.1996 beantragte der Kläger erneut Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 44 SGB X. Die Invalidenkommission bejahte im Gutachten vom 27.08.1997 Erwerbsunfähigkeit ab Antragstellung am 27.02.1997. Die Beklagte sah ab dem Tag der Untersuchung am 27.08.1997 Berufsunfähigkeit als gegeben an, lehnte eine Rentengewährung aber mit Bescheid vom 21.10.1997 ab. Der Anspruch scheitere an den fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Dem widersprach der Kläger mit der Begründung, der Bezug von Invalidenrente seit 1991 stelle einen Verlängerungstatbestand dar. Im Übrigen sei der Facharbeiterschutz nicht ausreichend berücksichtigt. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 09.12.1997 hat der Kläger am 05.01.1998 Klage erhoben. Die gerichtlich bestellte Sachverständige Dr.T. hat am 21.08.2001 in ihrem Gutachten nach Aktenlage ein untervollschichtiges Leistungsvermögen ab Untersuchungstag am 27.08.1997 bestätigt. Gestützt hierauf hat das Sozialgericht die Beklagte am 23.11.2001 zur Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente vom 01.09.1997 bis 30.09.2000 verurteilt. Ausgehend vom unstreitigen Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit am 27.08.1997 seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu fingieren. Die Aufklärung des Klägers über seinen Versicherungsschutz mittels Merkblätter sei nicht ausreichend gewesen. Auch lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, freiwillige Beiträge zu zahlen. Das Vorliegen von Berufsunfähigkeit hat das Sozialgericht abgelehnt, da der Kläger allenfalls oberer Angelernter gewesen sei und als solcher auf Tätigkeiten als Pförtner verweisbar sei, was ihm angesichts der Feststellungen im Gutachten der Dr.T. gesundheitlich zumutbar gewesen sei. Gegen das den Beteiligten am 27.02.2002 bzw. 07.03.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.03.2002 Berufung eingelegt. Entsprechend der Rechtsprechung des Bayerischen Landes- sozialgerichts sei die Aufklärung mittels Merkblatts 6 ausreichend. Im Übrigen sei die Kausalität zwischen unterlassener Beratung und unterlassener Beitragsentrichtung fraglich. Der Kläger hat am 20.03.2002 Berufung eingelegt und Berufsun- fähigkeitsrente vom 01.10.1991 bis 30.08.1997 geltend gemacht.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.11.2001 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 21.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.1997 abzuweisen, sowie die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.11.2001 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.11.2001 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 21.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.12.1997 sowie des Bescheids vom 29.01.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.1992 zu ver- urteilen, vom 01.10.1991 bis zum 30.08.1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Im Übrigen beantragt er die Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthaften, form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beteiligten sind zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente abgelehnt. Der Kläger hat in der Zeit vom 01.10.1991 bis zum 30.08. 1997 keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.11.2001 war insoweit aufzuheben, als darin die Beklagte verurteilt wurde, dem Kläger vom 01.09.1997 bis zum 30.09.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu zahlen. Die fehlenden besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen können nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden.

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs.1 Satz 1 SGB X). Die Beklagte hat es mit Bescheid vom 21.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.12.1997 zu Recht abgelehnt, die ablehnenden Bescheide vom 29.01.1992 und 13.03.1995 aufzuheben. Zutreffend ist damals Berufsunfähigkeit verneint worden.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Zweifellos konnte der Kläger seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Schweißer bereits ab Aufgabe seiner Beschäftigung im August 1991 nicht mehr ausüben. Sein Restleistungsvermögen war jedoch dergestalt, dass er mittels einer zumutbaren Verweisungstätigkeit die gesetzliche Lohnhälfte erzielen konnte.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSGE in SozR 2200 § 1246 RVO Nr.138 und 140). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Dabei ist allein auf das Erwerbsleben in der Bundesrepublik Deutschland abzustellen. Dem Versicherten ist die Verweisung auf die im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nächst niedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung u.a. in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.5).

Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit des Klägers ist die in der Bundesrepublik überwiegend ausgeübte Tätigkeit als E-Schweißer. Nachdem der Kläger keine reguläre Berufsausbildung als Schweißer absolviert hat und der ehemalige Arbeitgeber, die Firma M. in N. bzw. ihre Nachfolgerin, keinerlei Angaben über die Art der verrichteten Tätigkeit und deren Entlohnung machen kann, kann die Einstufung nur anhand allgemeiner Informationen zum Elektroschweißer erfolgen. Nach dem Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe Ausgabe 1978 war der Beruf des Schweißers ein Ausbildungsberuf mit zweijähriger Dauer. Die Bezeichnung als Elektroschweißer beinhaltet nach dem Wörterbuch der Berufs- und Berufstätigkeitsbezeichnungen (Dr.Fritz Molle, Grenzland Verlag Wolfenbüttel) im weiteren Sinn Lichtbogenschweißer und Thermitschweißer, im engeren Sinn angelernte Leichtschweißarbeiter, die das Punktschweißverfahren anwenden. In Anbetracht der Tatsache, dass die wesentlichen Schweißverfahren, die der heutige Konstruktionsmechaniker der Fachrichtung Schweißtechnik beherrschen oder zumindest in ihren Anwendungsmöglichkeiten kennen muss, mehr Techniken erfordern als die des Lichtbogenschweißens und Thermitschweißens, ist der E-Schweißer nur mit einem Teilbereich aus dem Beruf des Schweißers befasst. Zu den wesentlichen Schweißverfahren gehören auch das Gasschmelzschweißen, das Schutzgasschweißen etc. (Blätter zur Berufskunde, Konstruktionsmechaniker/Konstruktionsmechanikerin Fachrichtung Schweißtechnik S.14). Nachdem die Dauer der Anlernzeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht bekannt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger den oberen Angelernten zuzuordnen ist. Aus dem einschlägigen Tarifvertrag für die Metallindustrie aus dem maßgeblichen Jahr 1973 (Manteltarifvertrag vom 01.12.1973 für gewerbliche Arbeitnehmer der bayerischen Metallindustrie, gültig ab 01.12.1973) ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der E-Schweißer dem gehobenen Angelernten, geschweige denn dem Facharbeiter gleichgestellt ist. Der E-Schweißer ist in diesem Tarifvertrag nicht ausdrücklich genannt. Der Kläger ist daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Das beim Kläger vorhandene Restleistungsvermögen reichte auch aus, derartige Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Mit dieser Beurteilung stützte sich das Sozialgericht zutreffend auf das überzeugende Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr.T. , die die vorhandenen Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und ihre Beurteilung schlüssig begründet hat. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Sachverständige im Bereich der bayerischen Sozialgerichtsbarkeit verfügt sie sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen. Im Übrigen haben auch die Ärzte der Invalidenkommission im Gutachten vom 20.08.1991 eine Umschulung des Klägers auf eine andere Tätigkeit, nämlich die des Magazinarbeiters, befürwortet. Daraus wird deutlich, dass auch diese Ärzte von einer ausreichenden geistigen Wendigkeit und Umstellungsfähigkeit des Klägers ausgingen und ein vollschichtiges Leistungsvermögen bejahten. Erwerbsunfähigkeit wird von dem Kläger selbst auch erst ab 01.09.1997 geltend gemacht. Bis dahin konnte er leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Haltungskonstanz vollschichtig verrichten.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Wenngleich ab 27.08. 1997 von Erwerbsunfähigkeit auszugehen ist, ist ein Rentenanspruch nicht realisierbar. Er scheitert an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, weil der Kläger den letzten Pflichtbeitrag im August 1991 entrichtet hat und im anschließenden Zeitraum bis zur Antragstellung in Mai 1996 kein Aufschubtatbestand zu bejahen ist. Zeiten der Krankheit bzw. Arbeitslosigkeit in Jugoslawien sind ebensowenig wie Zeiten des Bezugs jugoslawischer Invalidenrente Aufschubtatbestände nach § 43 Abs.3 SGB VI, weil das deutsch-jugoslawische Abkommen vom 12.10.1968 (BGBl.II 1969, S.1438) insoweit keine Gleichstellungsregelung enthält.

Zwar ist für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 240 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Nach § 197 Abs.2 SGB VI in Verbindung mit § 198 SGB VI dürften freiwil- lige Beiträge im Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit zwar noch für Zeiten ab 01.01.1996, nicht aber für die davor liegenden unbelegten Zeiten ab September 1991 gezahlt werden. Für diesen Zeitraum ist die Zahlung freiwilliger Beiträge auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zulässig.

Richtig ist, dass bei Abschluss des Rentenverfahrens anläss- lich des am 01.07.1990 gestellten Rentenantrags ein Hinweis auf die Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente geboten war (zu einem ähnlichen Sachverhalt BSG vom 05.04.2000 Az.: B 5 RJ 50/9 R m.w.N.). Die Erteilung eines Ablehnungsbescheids bietet einen konkreten Anlass, auf die Berechtigung zur freiwilligen Beitragsleistung hinzuweisen, um den sonst drohenden Verlust der Anwartschaft abzuwenden. Im Hinblick auf die weitreichenden Folgen für den Erhalt der Anwartschaft auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit muss die individuelle Beratung, auf die der Versicherte gemäß § 14 SGB I einen Rechtsanspruch hat, insoweit klar und eindeutig erfolgen und auch für einen juristisch nicht vorgebildeten Versicherten verständlich sein (BSGE a.a.O. m.w.N.). Dem hat die Beklagte ausreichend Rechnung getragen.

Maßgeblich erscheint, dass sich die Beklagte zur Erfüllung ihrer Beratungspflicht auf die Übermittlung des Merkblatts 6 und den allgemeinen Hinweis im Widerspruchsbescheid vom 25.06.1992 beschränken konnte. Durch das bereits dem Bescheid vom 29.01. 1992 beigefügte Merkblatt 6 ist der Kläger darüber ausreichend informiert worden, dass er für unbelegte Zeiten zur Aufrechterhaltung der Rentenanwartschaft freiwillige Beiträge zahlen muss. Wiederholt wurde diese Information durch einen gesonderten Hinweis im Widerspruchsbescheid vom 25.06.1992 und die erneute Übersendung des Merkblatts 6. Daraus konnte der Kläger unschwer erkennen, dass der Verlust des Versicherungsschutzes für die Zukunft drohte. Insbesondere wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in Jugoslawien, aber auch Zeiten des jugoslawischen Rentenbezugs nicht als Zeiten in Betracht kommen, die den Zeitraum von 60 Kalendermonaten verlängern. Dieser Hinweis war deshalb geboten, weil der Kläger davor am 01.11.1991 angegeben hatte, das letzte Beschäftigungsverhältnis sei noch nicht beendet, er sei krankgeschrieben. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 25.06.1992 war der Beklagten nicht bekannt, ob der Kläger Bezieher einer Invalidenrente war. Offen war insbesondere, ob der Kläger die von der Invalidenkommission am 20.08.1991 angeregte Umschulung in Anspruch nehmen würde. Die Dringlichkeit eines Beratungsbedarfs, wie sie vom Sozialgericht bejaht worden ist, vermag der Senat daher nicht zu erkennen.

Ausreichend erscheint die Aufforderung der Beklagten, sich im Fall von Unklarheiten binnen drei Monaten nach Zustellung des Bescheids an die LVA zu wenden. Die Anforderungen an ein Merkblatt dürfen nicht überspannt werden, da sich die vollständige Darstellung aller möglichen Fallgestaltungen nicht durchführen lässt und ein zu großer Umfang des Merkblatts eher zur Desinformation der Versicherten führen würde. Ein Merkblatt ist dann ausreichend, wenn es bewirkt, dass der Versicherte seinen Be-ratungsbedarf erkennen kann und muss (Bay.LSG vom 27.07.2001, Az.: L 6 RJ 584/00).

Zutreffend wendet die Beklagte ein, dass das Sozialgericht es unterlassen hat, die Kausalität eines etwaigen Beratungsfehlers bezüglich der unterbliebenen Beitragsleistung zu prüfen. Das Erstgericht hat lediglich ausgeführt, es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger nicht bereit und in der Lage gewesen wäre, zur Aufrechterhaltung seines Versicherungsschutzes freiwillige Beiträge in der Mindesthöhe zu zahlen. Erforderlich wäre hingegen, dass Anhaltspunkte für die Kausalität zwischen etwaigem Beratungsfehler und unterlassener Beitragsleistung gegeben sind. Der Kläger hat bis heute keine Stellungnahme dazu abgegeben, ob er im Falle der vom Sozialgericht verlangten Beratung freiwillige Beiträge entrichtet hätte. Durch seine wiederholte Antragstellung nach § 44 SGB X hat er vielmehr deutlich gemacht, dass er von einem früheren Versicherungsfall im Jahr 1991 ausgegangen ist und daher eine weitere Beitragsleistung für obsolet hielt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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