L 14 KG 1/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KG 99/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 1/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. September 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob die Aufhebung der Kindergeldbewilligungen für die ältesten sechs Kinder des Klägers zu Recht erfolgt ist.

Der im Jahre 1962 geborene und seit 1984 verheiratete Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, ist seit dem 01.11.1989 bei der "F. e.V." angestellt und war ab 01.11.1990 als Missionar für diese Gemeinschaft in Ecuador tätig (Entsendungsvertrag vom 25.10. 1990 für die Zeit vom 01.11.1990 bis 01.11.1995 und Verlängerung durch Arbeitsvertrag vom 12.08.1995 für die Zeit vom 01.11.1995 bis "zunächst" 01.11.2005). Seine Wohnung in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) hatte er aufgegeben, die Familienanhörigen sind nach Ecuador mitgezogen. Den Lebensunterhalt bestritt er aus einer mit dem Missionswerk vereinbarten Vergütung, einem "Unterhaltsgeld" von 700,00 DM brutto monatlich, wovon Pflichtversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden, aus Spenden und aus dem bis zum 31.12.1995 von der Beklagten gezahlten Kindergeld für sechs im Zeitraum von August 1986 bis Juni 1994 geborene (leibliche) Kinder.

Die Beklagte hatte einen Kindergeldanspruch gemäß § 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.a, § 2 Abs.5 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes - BKGG - in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung (entsandte Arbeitnehmer mit Kindern im Ausland) bejaht und dementsprechend das vor November 1990 bereits bewilligte Kindergeld für vier Kinder weitergezahlt oder auf Antrag für die im Januar 1992 und Juni 1994 geborenen zwei Kinder durch Zahlungsaufnahme (konkludent) bewilligt.

Nach vorausgegangener Anfrage des Missionswerks über die Rechtslage hinsichtlich des Kindergelds ab 01.01.1996 und nach Übermittlung entsprechender Informationen (Dienstanweisungen) durch die Beklagte erteilte jene dem Kläger den streitgegenständlichen Bescheid vom 02.01.1996 mit dem Inhalt, dass aufgrund der Gesetzesänderung ab Januar 1996 für entsandte Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder einem anderen EWR-Staat aufgegeben hätten, kein Anspruch auf Kindergeld mehr bestehe (§ 62 EStG). In der Rechtsbehelfsbelehrung war der Widerspruch beim Arbeitsamt Ravensburg vorgesehen.

In dem daraufhin am 23.01.1996 eingelegten Widerspruch machte der Kläger einen Verstoß gegen Art.3 des Grundgesetzes (GG) geltend, weil nach den Dienstanweisungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) und der Bundesanstalt für Arbeit zu dem ab 01.01.1996 geänderten BKGG (BKGG n.F.) die Katholische Kirche, das Evangelische Missionswerk (EMW) und die Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V. (AEM) als Dachverbände genannt seien, deren Werke auch weiterhin Kindergeld für ihre Missionare erhalten würden. Unter Vorlage der Satzungen für die F. e.V. und der AEM trug der Kläger vor, Satzungsbestimmungen sowie Zweck und Tätigkeit dieser Werke seien identisch. Die mögliche Mitgliedschaft seiner Missionsgemeinde im Dachverband AEM sei aus Ersparnisgründen (Mitgliedsbeitrag) nicht unternommen worden.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.1997 als unbegründet zurückgewiesen, weil nach § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F., zuletzt geändert durch Art.24 des Jahressteuergesetzes 1997, Kindergeld für seine Kinder erhält, wer nach § 1 Abs.1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Abs.3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und (unter anderem) als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs.1 Nr.1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhält oder als Missionar der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V. oder des Deutschen katholischen Missionsrates sind, tätig ist. Der Arbeitgeber des Widerspruchsführers sei aber nicht Mitglied der genannten Missionswerke und -gesellschaften.

Zugrunde lagen dem folgende Gesetzesänderungen: Das Kindergeld im BKGG a.F. ist, soweit es eine Sozialleistung mit steuerrechtlichem Bezug (Kinderfreibetrag) darstellt, mit Wirkung ab 01.01.1996 in das EStG (n.F.) überführt worden (Jahressteuergesetz 1996, BGBl.I 1995, S.1250). In dem ab 01.01. 1996 geltenden BKGG n.F. war ein Kindergeld für entsandte, nicht einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer ohne Aufenthalt/ Wohnsitz im Ausland, deren Kinder sich nicht im Inland gewöhnlich aufhielten oder dort ihren Wohnsitz hatten, nicht mehr vorgesehen (§ 1 Abs.1 Nr.1 i.V.m. § 2 Abs.5 Satz 2 BKGG n.F.). Kindergeld für ihre Kinder im Ausland erhielten nur mehr die bereits früher in § 1 Abs.1 BKGG enumerativ aufgeführten Sondergruppen (Entwicklungshelfer und Beamte gemäß § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes - BRRG -), soweit nicht etwas anderes aufgrund über- und zwischenstaatlichem Recht galt. Mit Art.26 Nr.1 und Art.32 Abs.2 Jahressteuergesetz 1997 vom 20.12.1996, BGBl.I 1996, S.2049 (JStG 1997) wurde - insoweit rückwirkend zum 01.01.1996 - § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. (Entwicklungshelfer) ergänzt um eine bestimmte Gruppe der Missionare als potentiell Kindergeldberechtigte, so dass insoweit auch § 2 Abs.5 Satz 2 BKGG n.F. zur Auswirkung kam; in letzterer Vorschrift war die Gewährung von Kindergeld für Kinder ohne Wohnsitz und ohne gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland ausgeschlossen mit Ausnahme der Kinder von Kindergeldberechtigten nach § 1 Abs.1 Nrn.2 und 3 BKGG n.F., d.h. Entwicklungshelfer, gemäß § 123a BRRG im Ausland tätige Beamte und jetzt auch Missionare.

Nicht berücksichtigt im Widerspruchsbescheid vom 12.03.1997 waren das Kindergeld für zwei weitere Kinder des Klägers. Im Februar 1996 hatte dieser bei der Beklagten Antrag auf Kindergeld für das siebte Kind, die am 1995 geborene Tochter P. , gestellt, worauf die Beklagte im April 1996 eine Nachzahlung für November/Dezember 1995 leistete; erst mit Bescheid vom 14.01.1999 - nach Abschluss des Klageverfahrens - wurde die Bewilligung von Kindergeld für P. nach dem BKGG n.F. für die Zeit ab 01.01. 1996 abgelehnt (Rechtsmittelbelehrung Widerspruch, den der Kläger nicht eingelegt hat). Im Februar 1998 hatte der Kläger ferner Kindergeld für das achte Kind, den am 1997 geborenen Sohne T. , gestellt, den die Beklagte - während des Klageverfahrens - mit Bescheid vom 16.03.1998 nach § 62 EStG (Rechtsmittelbelehrung: Einspruch) und mit Bescheid vom 20.07.1998 nach den §§ 1, 2 BKGG n.F. ablehnte.

Mit der am 05.06.1997 beim Sozialgericht Nürnberg eingelegten Klage beantragte der Kläger (zunächst) den Bescheid vom 02.01. 1996 sowie den Widerspruchsbescheid vom 12.03.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Januar 1996 Kindergeld zu zahlen. Er begründete dies damit, dass § 1 Abs.1 Nr.2 des BKGG n.F. gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.3 GG verstoße, wenn die Zahlung des Kindergeldes davon abhängig gemacht werde, ob Glaubensgemeinschaften, die auf den gleichen Vereinszweck ausgerichtet seien, Mitglied bei der in der Vorschrift des BKGG genannten Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen seien oder nicht seien. In seinem Falle könne die aussendende Gemeinde kein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Missionen e.V., einem losen Zweckverband, werden, weil diese unter anderem als (in Hinblick auf das Grundgesetz willkürliche) Aufnahmebedingung die Aussendung von vier Missionaren verlange, die F. aber nur einen ausgesandt habe und wegen ihrer Größe und finanziellen Möglichkeiten zu mehr nicht in der Lage sei. Dies führe zu einer willkürlichen Ausgrenzung von Missionaren hinsichtlich des Kindergeldanspruchs in völlig gleichgelagerten Fällen. Als Mitglied eines anderen Missionswerks könne er seine Arbeit in Ecuador kaum fortsetzen, und aus Gewissensgründen halte er eine Tätigkeit für andere Missionswerke nicht für möglich.

Die Beklagte brachte vor, für den Kläger (sinngemäß: bei Wohnsitz des Klägers und seiner Kinder im Ausland) wäre zum 01.01. 1996 die Gewährung von Kindergeld nur noch in Betracht gekommen, wenn er als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs.1 Nr.1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhalten oder eine nach § 123a BRRG bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausgeübt hätte (§ 1 Abs.1 Nrn.2 und 3 BKGG n.F.). Im Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien sei die Bundesanstalt für Arbeit davon ausgegangen, dass § 1 Abs.1 Nr.3 BKGG n.F. - im Wege verfassungskonformer Auslegung (Art.3 GG) - auch Kirchenbeamte (z.B. Pastoren, Pfarrer), Missionare und ähnliche Personen erfasse, die von den inländischen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften bzw. von Mitgliedern oder Vertragspartnern des Evangelischen Missionswerks Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V. oder des Deutschen katholischen Missionsrates ins Ausland entsandt worden seien. Mit dem JStG 1997 sei durch die Ergänzung des § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. um den Personenkreis bestimmter Missionare klargestellt worden, dass jene unabhängig von ihrem Status von § 1 Abs.1 BKGG n.F. erfasst würden. Anders als bisher würden die Missionare jedoch Entwicklungshelfern gleichgestellt. Die Gleichstellung beruhe auf der gesetzgeberischen Erwägung, dass Besoldung oder Vergütung in der Regel weniger Entgeltfunktion als vielmehr den Charakter einer Entschädigung für den Lebensunterhalt habe. Die Beklagte sei an die eindeutige Gesetzesvorschrift gebunden, für eine andere Auslegung sei kein Raum.

Während des Klageverfahrens erteilte die Beklagte den Bescheid vom 16.03.1998, mit dem ein im Februar 1998 gestellter Antrag auf Kindergeld für das achte Kind (T. , geboren am 1997) abgelehnt wurde, weil der Kläger keinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD habe (§ 62 EStG); in der Rechtsbehelfsbelehrung war der Einspruch angeführt, den der Kläger auch einlegte. Die Beklagte übersandte dem Sozialgericht diesen Vorgang und bat um richterlichen Hinweis, ob der Bescheid vom 16.03.1998 abweichend von der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens sei. Das Sozialgericht teilte hierauf am 22.05.1998 den Prozessbeteiligten mit, dass der Bescheid vom 10.03.1998 eine Entscheidung nach dem EStG und daher nicht Gegenstand des Sozialgerichtsverfahrens geworden sei; die Beklagte solle den Einspruch des Klägers aber zum Anlass nehmen, über den Kindergeldantrag vom 23.02. 1998 nach dem BKGG n.F. zu entscheiden und diesen Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens machen. Unter dem 08.07.1998 erging nochmals der richterliche Hinweis, dass eine Entscheidung nach dem BKGG n.F. zum Gegenstand des Verfahrens zu machen wäre.

Darauf erteilte die Beklagte den Bescheid vom 20.07.1998, mit dem der Antrag auf Kindergeld für T. mit der Begründung abgelehnt wurde, dass ein Anspruch auf Kindergeld nach § 1 Abs.1 Nr.1 bzw. § 1 Abs.1 Nr.4 BKGG nur für Kinder bestehe, die einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten (§ 2 Abs.5 Satz 1 BKGG); dieser Bescheid werde nach § 96 Abs.1 SGG Verfahrensgegenstand. Ein Widerspruch gegen diesen Bescheid wurde nicht erhoben.

In der mündlichen Verhandlung am 28.09.1998 stellte der Bevollmächtigte des Klägers nurmehr den Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 02.01.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1997 aufzuheben; der frühere zusätzliche Antrag, die Beklagte zur Zahlung des Kindergeldes ab 01.01.1996 zu verurteilen, ist entfallen.

Das Sozialgericht entschied mit Urteil vom 28.09.1998, dass der Bescheid vom 02.01.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1997 aufgehoben werde, soweit er den Januar 1996 betreffe, und dass im Übrigen die Klage abgewiesen werde, außerdem die Beklagte dem Kläger ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten zu erstatten habe. Hinsichtlich des Bescheides vom 02.01.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1997, betreffend die ältesten sechs Kinder des Klägers, sah das Sozialgericht eine "reine Anfechtungsklage" und hinsichtlich des Bescheides vom 20.07.1998 (Kind T.), der zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden sein soll, ein "Verpflichtungsbegehren", das sich durch Auslegung des Klagebegehrens ergeben würde. Der Kindergeldantrag für P. müsse von der Beklagten noch verbeschieden werden; insoweit sei ein Kindergeldanspruch nicht Verfahrensgegenstand.

Ein materiell-rechtlicher Kindergeldanspruch ergebe sich nicht, weil die Kinder des Klägers ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hätten (§ 2 Abs.5 Satz 2 BKGG n.F.). Im Ausland befindliche Kinder seien nur bei dem Personenkreis nach § 1 Abs.1 Nrn.2 und 3 BKGG (Anmerkung: Entwicklungshelfer und bestimmte Missionare) zu berücksichtigen. Diese Differenzierung im Vergleich zu anderen Personen erscheine sachgerecht, weil eine Besoldung oder Vergütung bei Entwicklungshelfern und Missionaren weniger Entgelt für Aktion als vielmehr den Charakter einer Entschädigung für den Lebensunterhalt (keine marktgerechte Entlohnung) darstelle, und diese Personen in unmittelbarem staatlichen Interesse im Ausland tätig seien.

Die Kammer teile nicht die erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass den ins Ausland entsandten Arbeitnehmern (im Gegensatz zu Missionaren und Entwicklungshelfern) zwar Kindergeld für die im Ausland lebenden zurückgebliebenen Kindern zustehe, nicht dagegen für die ins Ausland mitgenommenen, im Haushalt lebenden Personen. Es stehe dem bezeichneten Personenkreis frei, wie er (in Hinblick auf Art.6 GG) seinen Erziehungsauftrag wahrnehme. Auch wenn die Betroffenen sowohl für im Ausland als auch im Inland lebende Kinder Unterhalt zu erbringen hätten, verlange ein im Ausland lebendes Kind nicht zwingend nach einem Familienlastenausgleich, was nur dann der Fall sei, wenn das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe und daher die Lebensverhältnisse in Deutschland maßgeblich und prägend seien. Für Entwicklungshelfer wie auch für Missionare bestehe jedoch über den verfassungsrechtlich nicht gebotenen Familienleistungsausgleich eine besondere Fürsorgepflicht des deutschen Staates.

Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen eines Missionars im Sinne von § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F., diese Vorschrift solle mit Entwicklungshelfern und Missionaren einen Personenkreis erfassen, der im unmittelbaren oder mittelbaren Interesse der BRD im Ausland tätig sei und damit das Bild der BRD im Ausland präge. Das Erfordernis einer Mitgliedschaft in einer bundesweiten Missionsorganisation sei grundsätzlich sachgerecht, weil hiermit eine Art Qualitätssicherung verbunden sei. Die streitgegenständlichen Verwaltungsakte der Beklagten seien rechtmäßig, mit Ausnahme des Umstands, dass die Aufhebung der Kindergeldbewilligung mit Wirkung für die Zukunft erst ab dem 01.02.1996 wirken könne, weil der Kläger den Bescheid vom 02.01.1996 im Januar 1996 erhalten habe.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung wendet sich der Kläger hiergegen und bringt vor, er sei nicht Mitglied der AEM oder einer anderen der in § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. genannten Dachorgani- sationen und werde deswegen willkürlich (Art.3 GG) vom Kindergeldbezug ausgeschlossen. Gegen den vom Sozialgericht angeführten Gesichtspunkt der Qualitätssicherung und der positiven Prägung des Bilds im Ausland spreche, dass die Größe einer Organisation und die Zahl der ausgesandten Missionare letztlich nichts über deren Qualität aussage. Die entsprechenden Vereinigungen hätten nur den entsprechenden politischen Einfluss bzw. eine entsprechende gesellschaftliche Lobby gehabt, um ihre Interessen im Gesetzgebungsverfahren durchzusetzen.

Der Kläger übersendet ferner (auszugsweise) seinen Schriftwechsel mit dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags einschließlich einer Stellungnahme des BMFSFJ vom 20.12.2000 und seiner Antwort hierzu. In der genannten Stellungnahme wurde begründet, dass die Bevorzugung der in § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. genannten Personen dadurch gerechtfertigt sei, dass es sich um "Amtskirchen" bzw. öffentlich-rechtlich korporierte Religionsgemeinschaften (Körperschaften des öffentlichen Rechts) und den von diesen legitimierten privatrechtlichen Trägern handle. Hieran kritisiert der Kläger, dass es wohl nicht wahr sein dürfe, dass eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, z.B. die "Kirche", offenbar dazu befugt sei, privatrechtliche Organisationen nach eigenem Gutdünken zu legitimieren. Die in der AEM organisierten Missionswerke würden auch keine Missionstätigkeit für die öffentlich-rechtlichen Kirchen ausüben, sondern ihre Tätigkeit vielmehr selbständig und unabhängig durchführen. Bei der unterschiedlichen Behandlung von Missionaren handle es sich um eine willkürliche Maßnahme der Gesetzgebung.

Die Beklagte bezieht sich zur Rechtfertigung ihrer ablehnenden Haltung darauf, dass die Verwaltungsregelung des Runderlasses 24/96 analog durch das Jahressteuergesetz 1997 in § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. übernommen worden und rückwirkend ab 01.01.1996 in Kraft getreten sei. Für eine weitergehende Einbeziehung von Missionaren bestehe kein Raum. Die Regelung sei auch verfassungsgemäß. Hierzu legt die Beklagte die Begründung zum damaligen Art.24 (Änderung des BKGG) des Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 1997 (Bundestags-Drucksache 13/4839) vor.

Der Senat hat den Dienstblatt-Runderlass der Bundesanstalt für Arbeit Nr.24/96 vom 15.02.1996 und Nr.35/96 vom 21.03.1996 zur analogen Anwendung des § 1 Abs.1 Nr.3 BKGG in der ersten ab 01.01.1996 geltenden Fassung (nach § 123a BRRG tätige Beamte) auf Missionare beigezogen, ferner eine Stellungnahme des BMFSFJ vom 16.05.2002 zu Hintergrund, Entstehungsgeschichte und Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs.1 Nr.2 BGKK n.F. in der Fassung des JStG 1997 eingeholt; hierin wies das BMFSFJ darauf hin, dass die genannte Vorschrift eingeführt worden sei, weil nach Überprüfung die ehemalige analoge Anwendung des § 1 Abs.1 Nr.3 BKGG n.F. (Beamte gemäß § 123a BRRG) auf Missionare von Mis- sionswerken nicht möglich erschienen sei; die neue Regelung (Nr.2) beruhe letztlich auf Art.140 GG.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 28.09.1998 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 02.01.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1997 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die zeitweise während des Berufungsverfahrens erhobene Leistungsklage, "die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger ab Januar 1996 Kindergeld zu gewähren", ist auf richterlichen Hinweis zurückgenommen worden. Seine Rechte hinsichtlich des Kindergelds für die zwei jüngsten Kinder T. und P. (Bescheid der Beklagten vom 20.07.1998 und 14.01.1999) will der Kläger außerhalb des jetzigen Rechtsstreites im Wege des § 44 SGB X weiter verfolgen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Instanzen und die Kindergeldakte der Beklagten vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes, insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten und der Stellungnahmen des BMFSFJ, wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 f., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), jedoch in der Hauptsache unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz war nur der auf das Kindergeld für die ältesten sechs Kinder des Klägers bezogene Bescheid vom 02.01.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1997.

Der Senat ist wie das Sozialgericht, wenn auch teilweise mit abweichender Begründung, zu dem Ergebnis gekommen, dass der aufhebende Bescheid vom 02.01.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1997 in dem vom Sozialgericht mo- difizierten Rahmen rechtmäßig gewesen ist. Gemäß § 48 Abs.1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Teil X (SGB X) ist ein Dauerverwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Aufhebung auch mit Wirkung für die Vergangenheit möglich - § 48 Abs.1 Satz 2 SGB X.).

Vorliegend ist eine wesentliche Änderung dadurch gegeben, dass sich die Rechtsvorschriften über das Kindergeld geändert haben und deswegen dem Kläger ein materiell-rechtlicher Kindergeldanspruch nicht mehr zustand. Die formellen Verfahrensvorschriften für die Aufhebung der Kindergeldbewilligungen sind gewahrt. Zwar hatte die Beklagte den Kläger vor Erteilung des Bescheids vom 02.01.1996 nicht über den beabsichtigten Rechtseingriff angehört, d.h., ihm nicht Gelegenheit gegeben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 24 Abs.1 SGB X). Die Verletzung dieser Verfahrensschrift ist aber unbeachtlich, weil die erforderliche Anhörung im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden ist (§ 41 Abs.1 Nr.3 SGB X); der Kläger war über die Rechtslage durch den Bescheid vom 02.01.1996 und durch das von der Beklagte übersandte Informationsmaterial unterrichtet und hatte vor Erteilung des Widerspruchsbescheides Gelegenheit zur Äußerung, die er im Übrigen auch genutzt hat.

Durch den Bescheid vom 02.01.1996 sind die Kindergeldbewilligungen (konkludente Verwaltungsakte aufgrund der Verfügungen vom 25.03.1985, 24.11.1986, 11.10.1988, 30.03.1990, 14.04.1992 sowie 17.08.1994 und entsprechende Zahlungen) für die ältesten sechs Kinder des Klägers aufgehoben worden. Ehemals stand dem Kläger gemäß § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG a.F. in der vor dem 01.01.1996 geltenden Fassung ein Kindergeldanspruch zu. In der genannten Vorschrift ist geregelt, dass auch derjenige, der im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, anspruchsberechtigt sein kann, 2. a) wer von seinem im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässigen Arbeitgeber oder Dienstherrn zur vorübergehenden Dienstleistung in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt, abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist; 2. b) als Bediensteter des Bundeseisenbahnvermögens, des Bundesministeriums für Post und Telekummunikation einschließlich der nachgeordneten Behörden oder Bundesfinanzverwaltung in einem der Bundesrepublik benachbarten Staat beschäftigt ist; 2. c) Versorgungsbezüge nach Beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder eine Versorgungsrente von einer Zusatzversorgungsanstalt für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes erhält; 2. d) als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs.1 Nr.1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhält. Nach § 1 Abs.1 Satz 2 BKGG a.F. steht dem Abgeordneten im Sinne des Satzes 1 Nr.2 Buchst.a derjenige gleich, dem nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes eine Tätigkeit bei einer Einrichtung außerhalb des Anwendungsbereiches dieses Gesetzes zugewiesen ist. § 2 Abs.5 BKGG a.F. (und n.F.) bestimmt, dass Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes haben, nicht berücksichtigt werden. Dies gilt jedoch nicht gegenüber den Berechtigten nach § 1 Abs.1 Nr.2 (so BKGG a.F.) bzw. Nr.2 und Nr.3 (so BKGG n.F.), wenn sie Kinder in ihrem Haushalt aufgenommen haben.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es nach altem Recht keine Sonderregelung für Missionare gegeben hat. Sie unterfielen - bei entsprechenden Arbeits- und Dienstverhältnissen - den ins Ausland entsandten Arbeitnehmern. § 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.a BKGG a.F. sprach neben diesen Arbeitnehmern auch Beamte an, die aber nach den Beamtengesetzen nur im Inlandsbereich versetzt und abgeordnet werden konnten; § 1 Abs.2 Satz 2 BKGG i.V.m. § 123a BRRG (letzteres neu eingeführt durch das Fünfte Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28.05.1990, BGBl.I 1990, S.967) eröffnete erst die Möglichkeit der vorübergehenden Auslandstätigkeit für Beamte.

Irgendwelche (gewagte) Analogien zu § 1 Abs.1 Satz 2 BKGG i.V.m. § 123a BRRG (entsandte Beamte) erübrigten sich bei Missionaren, die - auch bei den herkömmlichen Kirchen und Reli- gionsgesellschaften - kaum jemals Kirchenbeamte gewesen sind. (Jedenfalls ist dem Senat kein einziger Fall bekannt. Missionare wurden generell von § 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.a BKGG a.F. erfasst, und zwar schon vor dem Jahre 1990 mit Einführung des § 123a BRRG.) Ehemals wurden - so nach den internen Nachforschungen und Ermittlungen der Beklagten in der Kindergeldakte - beim Kläger die Voraussetzungen eines Kindergeldes für einen "entsandten" Arbeitnehmer im Sinne von § 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.a BKGG a.F. geprüft und bejaht, wobei jetzt dahingestellt bleiben mag, ob dies zu Recht erfolgt ist (Dauer der "Entsendung" ? Nicht nur zeitliche Befristung der Entsendung, sondern vertraglich festgelegte Wiederbeschäftigung nach Ende des Auslandsaufenthalts ?).

Die Kindergeldgewährung ist im vorliegenden Fall ab 01.01.1996, sei es für "entsandte Arbeitnehmer" oder nach sonstigen Vorschriften, nicht mehr möglich. Das Kindergeldrecht wurde durch das Jahressteuergesetz 1996 (Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10. 1995 - BGBl.I 1995, S.1250 - JStG 1996) in das EStG überführt, soweit es das sozialrechtliche Kindergeld des BKGG a.F. mit steuerrechtlichem Aspekt betrifft (Familienlastenausgleich - nur in Bezug auf Kinder - durch ehemals Ersatz der im Einkommensteuerrecht ab 1975 gestrichenen und dann ab 1983 in zu geringer Höhe wieder eingeführte steuerliche Kinderfreibeträge); gemäß § 31 Satz 1 EStG n.F. wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich des Bedarfs für die Betreuung und Erziehung eines Kindes entweder durch die Freibeträge nach § 32 Abs.6 EStG n.F. oder durch das nach dem X. Abschnitt des EStG zu gewährende Kindergeld bewirkt. Im BKGG n.F. verblieb das "rein sozialrechtliche" Kindergeld, das nur mehr in bestimmten Sonderfällen gewährt wird.

Zur Rechtslage ab 01.01.1996, nach der der Kläger nicht mehr kindergeldberechtigt ist, ergibt sich folgendes: 1. "Entsandte" Arbeitnehmer: Für Kinder im Sinne des § 63 EStG n.F. hat Anspruch auf das (steuerrechtliche) Kindergeld, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder wer - ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland - nach § 1 Abs.2 EStG unbeschränkt steuerpflichtig ist oder nach § 1 Abs.3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird, und zwar für Kinder im Inland; für Kinder im Ausland gilt dies nur, wenn unbeschränkte Steuerpflicht vorliegt und der Berechtigte die Kinder dort in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 62 Abs.1 Nr.2 Buchst.a und b, § 63 Abs.1 Satz 3 EStG n.F.). Kommt eine Kindergeldberechtigung nach diesen gegenüber dem BKGG n.F. vorrangigen Vorschriften, über die gegebenenfalls die Finanzgerichte zu entscheiden haben, nicht in Frage, kann Kindergeld derjenige (ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der BRD) erhalten, der (nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist oder so behandelt wird und) eine der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit unterliegende oder nach § 169c Nr.1 des Arbeitsförderungsgesetzes beitragsfreie Beschäftigung als Arbeitnehmer ausübt (§ 1 Abs.1 Nr.1 BKGG in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung) bzw. in einem Versicherungsverhältnis zur Bundesanstalt für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozial- gesetzbuch - SGB III - steht oder versicherungsfrei nach § 28 Nr.1 SGB III ist (§ 1 Abs.1 Nr.1 BKGG in der ab 01.01.1998 geltenden Fassung, bedingt durch die Ablösung des AFG durch das SGB III).

Eine solche Beschäftigung im Sinne des § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG übt vor allem der aus, der im Rahmen eines im Inland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ins Ausland entsandt wird, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist (§ 4 Abs.1 SGB IV). Eine Kindergeldberechtigung besteht aber nur für die im Inland wohnenden Kinder (§ 2 Abs.5 Satz 1 BKGG n.F.), weil insoweit eine (weitere) Ausnahme nur für den Personenkreis des § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. (Entwicklungshelfer, später auch bestimmte Missionare) vorgesehen ist (§ 2 Abs.5 Satz 2 BKGG n.F.).

Der Kläger ist nicht in der BRD einkommensteuerpflichtig (Art.1, 2 Abs.2a, 4 Abs.1, 15 des Doppelbesteuerungsabkommens Ecuador vom 07.12.1982 - BGBl.II 1982, 637) und hat (der Beklagten) einen befristeten "Entsendungsvertrag" vorgelegt. Er wird aber als "entsandter Arbeitnehmer" mit den in seinem ausländischen Haushalt lebenden Kindern nicht berücksichtigt. Insoweit hat der Gesetzgeber auf dem Gebiet des Steuerrechts das steuerrechtliche Kindergeld nicht mehr vorgesehen, weil derjenige, der keine Steuern zahlt (bzw. allein bei zu geringem steuerpflichtigen Einkommen nicht zahlen muss), auch nicht der Vergünstigung einer steuerrechtlichen Entlastung durch den Kinderfreibetrag oder die vorweggenommene Steuervergütung (Kindergeld) oder eine sonstige steuerrechtliche Subvention benötigt (§ 31 Satz 1 und Satz 2 EStG n.F.). Hinsichtlich des sozialrechtlichen Kindergelds im Sinne des BKGG n.F. hat der Gesetzgeber den Kreis der zu berücksichtigenden Kinder eingeschränkt, wie er es schon wiederholt in der Vergangenheit getan hat, und vom grundsätzlich geltenden Territorialitätsprinzip nur eine Ausnahme für Entwicklungshelfer (und später auch Missionare) sowie für entsandte Beamte vorgesehen (vor 01.01.1996: entsandte Arbeitnehmer und Beamte, Bedienstete des Bundeseisenbahnvermögens, der Deutschen Bundespost und der Bundesfinanzverwaltung, Versorgungsempfänger, Entwicklungshelfer).

Das Territorialitätsprinzip ist durchaus sachgerecht und nicht willkürlich (Art.3 GG) und auch mit Art.6 GG (Familie) und Art.20 Abs.1 GG (Sozialstaat) zu vereinbaren (BSG vom 26.10. 1978 - 8 RKg 5/77, 06.12.1978 - 8 RKg 2/78, 22.01.1981 - 10/8b RKg 7/79 und 17.12.1981 - 10 RKg 4/81 in SozR 5870 § 2 Nrn.11, 13, 21 und 24, jeweils mit Zitaten der Rechtsprechung des BVerfG). Eine Differenzierung kann ohne Verstoß gegen Art.3 GG erfolgen, wenn insoweit niemand willkürlich diskriminiert oder privilegiert wird. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung liegt durchaus in dem Umstand, ob und inwieweit der mögliche Kindergeldberechtigte und dessen Kinder in die Gesellschaft- und Sozialordnung der BRD eingegliedert sind oder außerhalb leben (BSG, a.a.O.). Soweit darüber hinaus über- und zwischenstaatliche Regelungen den Kindergeldbezug im Ausland ermöglichen, dient dies dem Grundsatz der gegenseitigen Gleichbehandlung innerhalb der beteiligten Staaten bei territorialer und persönlicher Gleichstellung und ist ebenfalls gerechtfertigt.

Soweit Missionare allgemeinhin über die betroffene Gruppe der "entsandten Arbeitnehmer" ab 01.01.1996 nicht berücksichtigt werden, ist das nicht zu beanstanden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn zwingend das Gebot der Förderung der Glaubensgemeinschaften besteht, und zwar auch in Hinblick auf Auslandstätigkeiten wie das Missionieren. Gemäß Art.140 GG i.V.m. Art.137 Abs.1 der Weimarer Verfassung (WRV) besteht keine Staatskirche, vielmehr ordnet und verwaltet jede Religionsgemeinschaft ihre Angelegenheiten selbst (staatsfreie Eigenständigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Kernbereich kirchlicher Betätigung). Eine Missionstätigkeit gehört nicht zu den staatlichen Aufgaben, und auch dann, wenn der Missionar einer öffentlich-rechtlich verfassten Kirche oder Religionsgemeinschaft angehört, die demgemäß öffentliche Aufgaben wahrnehmen, werden diese öffentlichen Aufgaben dadurch nicht schon zu staatlichen Aufgaben (Maunz-Dürig, Grundgesetz, Rdzn.9 und 12 zu Art.140). Der Staat hat den Wirkungskreis der Kirchen und Religionsgemeinschaften zu respektieren und sie gegebenenfalls zu schützen, aber von der Verfassung gewollt ist die Scheidung der Aufgabengebiete unter beidseitiger Abgrenzung der beiderseitigen Rechtsphären (Maunz-Dürig, a.a.O., Rdzn.5 und 25); der zu gewährende Schutz und die Gewährleistung der Seelsorge in staatlichen und kommunalen Krankenhäusern und anderen staatlichen Anstalten sowie bei der Bundeswehr bedeutet keinesfalls die Verpflichtung, die "werbende" Tätigkeit der Missionare in Religionsangelegenheiten durch Geldmittel zu fördern. Mehr als Wertneutralität und das Verbot der Nichteinmischung bzw. der einschränkenden Eingriffe ist nicht gefordert. Keineswegs werden die Missionare im Ausland, wie das Sozialgericht gemeint hat, unmittelbar oder mittelbar im staatlichen Interesse tätig. Es besteht nach der Konzeption des Grundgesetzes kein Interesse des Staates an der ausländischen Missionierung, geschweige denn liegt eine Staatsaufgabe vor, die der Staat selbst erfüllen oder einem "beliehenen Unternehmer" übertragen muss; ebenso wenig handelt es sich um eine an sich staatsfremde Aufgabe, die dadurch zur staatlichen wird, dass der Staat sie zulässigerweise an sich ziehen kann und zieht.

Eine Analogie zu Entwicklungshelfern, die Kindergeld nach dem BKGG a.F. und n.F. für Kinder im ausländischen Haushalt beziehen können, erscheint nicht angebracht. Die Beklagte und das Sozialgericht beziehen sich zwar auf eine "Gleichstellung" der Missionare mit Entwicklungshelfern und hier wiederum auf die Begründung zur nachträglichen Erfassung bestimmter Gruppen von Missionaren (Ergänzung des ab 01.01.1996 geltenden § 1 Abs.1 BKGG n.F. durch Art.26 JStG 1997). In dieser Begründung (Bundestags-Drucksache 13/4839 vom 11.06.1996 zum damaligen Art.24 - "Änderung des BKGG") ist vielmehr die Rede davon, dass Missionare, die lediglich Angestellte der Missionswerke sind oder nur einen beamtenähnlichen Status inne haben, nicht von § 1 Abs.1 Nr.3 BKGG, § 123a BRRG (Beamte) unmittelbar oder analog erfasst würden und den in der Mission tätigen Kirchenbeamten, die (angeblich) nach diesen Vorschriften kindergeldberechtigt sein sollen, gemäß Art.3 GG gleichgestellt werden sollten. Nur im Anschluss hieran ist als zusätzlicher Grund ein wirtschaftlicher Aspekt für die Kindergeldberechtigung angeführt: "Sie (gemeint: die Missionare) üben eine den Entwicklungshelfern vergleichbare Tätigkeit aus; ihre Besoldung oder Vergütung hat in der Regel weniger Entgeltfunktion als vielmehr den Charakter einer Entschädigung für den Lebensunterhalt". Dies darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen Entwicklungshelfern und Missionaren darin besteht, dass nur erstere im staatlichen Interesse im Ausland tätig werden.

2. Beamte (ohne Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland): "Entsandte" Beamte mit Kindern im Ausland sind bereits nach dem BKGG a.F. erfasst worden. Eine ähnliche Vorschrift findet sich in § 1 Abs.1 Nr.3, § 2 Abs.3 Satz 2 BKGG n.F. (Wer nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist oder so behandelt wird ... und eine nach § 123a BRRG bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausübt.). Die unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu Arbeitnehmern allgemeinhin (und auch im Vergleich zum Kläger) rechtfertigt sich daraus, dass die Zuweisung an eine öffentliche Einrichtung im Ausland bei dienstlichem oder öffentlichem Interesse erfoleine gen kann, und eine Zuweisung an eine ausländische nicht-öffentliche Einrichtung nur bei dringendem öffentlichen- Interesse zur Erfüllung staatlicher Aufgaben, die Arbeitnehmer (und auch die angestellten Missionare) nicht. Bei Beamten könnte der Staat im Übrigen auch die Zahlung des Kindergelds ins Ausland streichen; er wäre aber wegen des grundgesetzlich garantierten Alimentationsprinzips sofort gezwungen, über die Besoldung für einen Ausgleich zu sorgen.

Eine analoge Anwendung auf Missionare, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Art.3 GG, war nie geboten, wäre sogar - bei Annahme wesentlich gleicher Verhältnisse und Umstände - verboten gewesen, weil eine planwidrige Gesetzeslücke nicht erkennbar ist. Die Religionsgemeinschaften, soweit sie Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, besitzen auch "Dienstherrrenfähigkeit" (Befugnis, Beamte zu haben, also Dienstverhältnisse öffentlich-rechtlicher Natur zu begründen, welche nicht dem Arbeitsrecht unterliegen). Das kirchliche "Amtsrecht" ist rein kirchenrechtlicher Natur (Mangoldt/Klein, das Bonner Grundgesetz, Rdzf.237 zu Art.137 WRV). Ob der Dienst der Pfarrer und Kirchenbeamten ein "öffentlicher Dienst" im Sinne des staatlichen Rechts ist, ist umstritten (vgl. Mangoldt/Klein, a.a.O., Rdzn.239 und 240 zu den abweichenden Regelungen im Bundes- und Landesbeamtenrecht und in der Rechtsprechung). Jedenfalls unterliegt die Rechtsstellung der Kirchenbeamten einem Typenzwang bei der Ausgestaltung ihres öffentlichen Dienstes an diejenigen Grundsätze des Berufsbeamtentums, die im staatlichen Bereich die Nichtanwendbarkeit des Arbeits- und Sozialrechts auf die Staatsbeamten rechtfertigen (Lebenszeitprinzip, Laufbahnprinzip, Treuepflicht, Alimentationsprinzip usw., siehe Mangoldt/ Klein, a.a.O., Rdz.242). Aber auch unter Berücksichtigung dessen vermag der Senat kein (dringendes) öffentliches Interesse des Staates an der Entsendung von Kirchenbeamten zum Missionieren ins Ausland zu sehen.

Wird aber dennoch unterstellt, dass Kirchenbeamte unmittelbar oder analog § 1 Abs.1 Satz 2 BKGG a.F. bzw. § 1 Abs.1 Nr.3 BKGG n.F. zu behandeln seien, so ist dem Senat wiederum kein rechtfertigender Grund ersichtlich, warum Missionare, die nicht Kirchenbeamte sind, wegen Art.3 GG wie Kirchenbeamte bzw. Beamte im staatsrechtlichen Sinne behandelt werden müssten. Die Beamten stellen eine Sondergruppe dar, was eine Differenzierung zwischen Beamten und sonstigen, gleichfalls im öffentlichen Dienst befindlichen Arbeitnehmern rechtfertigt; dasselbe wie bei den Beamten des Staates muss auch bei im Ausland missionierenden Kirchenbeamten im Vergleich zu sonstigen Missionaren gelten.

Das Argument in den Dienstanweisungen der Beklagten (Runderlass 24/26 und 35/96) zur analogen Anwendung des § 1 Abs.1 Nr.3 BKGG n.F. (i.V.m. § 123a BRRG) auf nicht verbeamtete Missionare, die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften oder den von diesen errichteten "privatrechtlichen" Missionswerken angehören, liegt neben der Sache. Die später formulierte Gesetzesbegründung zur Ergänzung des § 1 BKGG n.F. um eine bestimmte Gruppe von Missionaren (Bundestags-Drucksache 13/4839) stammt wie die Dienstanweisungen der Beklagten aus der Feder des am Gesetzesentwurf beteiligten Ministeriums und beschönigt lediglich einen rechtlichen Fehlschluss und eine von dort aus angeordnete rechtswidrige behördliche Verfahrensweise. In der Gesetzesbegründung wird zunächt irreführend im Eingangssatz angemerkt, durch die Änderung des § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. (neben Entwicklungshelfer werden nunmehr auch Missionare berücksichtigt) werde "klargestellt", dass Missionare, die lediglich Angestellte der Missionswerke seien oder nur einen beamtenähnlichen Status inne hätten, von § 1 Abs.1 BKGG n.F. erfasst würden. Einige Sätze später ist jedoch zu lesen, dass dies aber nicht bei den genannten Missionaren zutreffe und jene bisher aus Gleichbehandlungsgründen im Wege der verfassungskonformen Auslegung ebenfalls kindergeldrechtlich erfasst seien.

Damit wurde aber eingeräumt, dass es sich nicht um eine gesetzgeberische Klarstellung, sondern um eine konstitutive Gesetzesänderung handelte. Eingestanden wurde dies auch vom BMFSFJ in der Stellungnahme vom 16.05.2002, aus der sich ergibt, dass im Jahre 1996 bei Erlass der genannten Dienstanweisungen keine nähere Prüfung der Rechtslage vorgenommen worden sei und von vornherein die Absicht bestanden habe, die Rechtslage näher zu prüfen und die Kindergeldberechtigung von Missionaren ausdrücklich gesetzlich zu regeln; das Ergebnis der dann angestellten Prüfung sei gewesen, dass § 1 Abs.1 Nr.3 BKGG n.F. auf Missionare, die keine Amtsträger der Kirchen seien, nicht anzuwenden sei. Zugestanden wurde hier auch, dass Amtsträger der Kirche nicht oder nur ausnahmsweise im Ausland missionierten.

Eine Gleichbehandlung von nichtverbeamteten Missionaren im Ausland mit "entsandten" Beamten des Staates oder kirchlichen Amtsträgern ist keineswegs von Art.3 GG geboten, für eine Differenzierung bestehen sachliche Gründe (siehe oben). Aber auch wenn ein Verstoß gegen Art.3 GG vorgelegen hätte, hätte dieser von Behörden und Gerichten nicht durch analoge Anwendung des § 1 Abs.1 Nr.3 BKGG n.F. (§ 123a BRRG) auf Missionare behoben werden können, weil keine planwidrige Lücke im Gesetz vorlag. Eine solche Lücke haben zwar die Beklagte und das BMFSFJ sinngemäß ehemals mit der Behauptung begründen wollen, der Gesetzgeber sei bei der ab 1996 geltenden Neuregelung des Kindergeldrechts davon ausgegangen, dass Missionare bereits nach § 1 Abs.1 Nr.3 BKGG n.F. erfasst würden. Der Senat vermag aber nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber die Gruppe der Missionare, die bisher im Gesetz nicht besonders angeführt waren, bei der Neuregelung des Kindergeldrechts begünstigen wollte, dies aber aus irgendwelchen Gründen durch einen Missgriff, z.B. bei der Formulierung des neuen Gesetzestextes, nicht geglückt sein sollte. Vielmehr hatte der Gesetzgeber die kindergeldrechtliche Berücksichtigung entsandter Arbeitnehmer (bis 1995 war die darunterfallende Gruppe der Missionare nicht gesondert angeführt) erheblich einschränken wollen und dies auch getan. Wenn nun der Gesetzgeber nur noch - in sehr begrenztem Umfang - bestimmten ausdrücklich genannten Sondergruppen den Zugang zum Kindergeld eröffnen wollte (§ 2 Abs.5 i.V.m. § 1 Abs.1 BKGG n.F.), so hat er dies auch getan und wollte dies so tun. Es geht aus der Entstehungsgeschichte des BKGG n.F. an keiner Stelle hervor, der Gesetzgeber habe die Missionare als berücksichtigungsfähig und -würdig angesehen. Das "Nichtdenken" bzw. "Nichtwissen" steht aber nicht einem Irrtum oder dem "begünstigen wollen" bzw. der Meinung gleich, die Missionare würden ab dem Jahre 1996 wie bisher ohnehin bereits berücksichtigt.

Nach der Neuregelung des Kindergeldrechts haben verschiedene Verbände (vgl. z.B. den Wegfall der Beamten des Bundeseisenbahnvermögens, die für die Deutsche Bahn AG in der Schweiz tätig waren) und Religionsgemeinschaften (vorliegend, so die Stellungnahme des BMFSFJ vom 16.05.2002, die Evangelische Kirche und später auch die Arbeitsgemeinschaft pfingstlichcharismatischer Missionen e.V.) Protest angemeldet bzw. die Bitte geäußert, die von ihnen entsandten Personen seien weiterhin förderungsfähig und zu berücksichtigen. Wenn sich der Gesetzgeber nun entschlossen hat, unter Beibehaltung der grundsätzlichen Nichtberücksichtigung der entsandten Arbeitnehmer mit Kindern im Ausland weitere Ausnahmefälle zuzulassen, so steht ihm dies unter Beachtung sachgerechter und nicht willkürlicher Regelungen frei. Hieraus ergibt sich aber noch nicht die Berechtigung für Behörden und Ämter, in Analogie zu Art.3 GG (vermeintliche) Lücken im Gesetz zu füllen.

3.Missionare: Kindergeld erhält ..., wer (als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs.1 Nr.1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhält oder) als Missionar der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V. oder des Deutschen katholischen Missionsrates (§ 1 Abs.1 Nr.2 BKGG in der Fassung des JStG 1997 mit ausdrücklich angeordneter Rückwirkung für die Zeit ab 01.01.1996) oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlichcharisma- tischer Missionen sind (§ 1 Abs.1 Nr.2 BKGG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung vom 16.08.2001 mit Wirkung ab 01.01.2002, BGBl.I 2001, S.2074), tätig ist. Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, werden nicht berücksichtigt. Dies gilt nicht gegenüber Berechtigten nach § 1 Abs.1 Nrn.2 und 3, wenn sie die Kinder in ihren Haushalt aufgenommen haben (§ 2 Abs.5 BKGG in der Fassung des JStG 1996). Mit ausdrücklich angeordneter Rückwirkung ab 01.01.1996 hat der Gesetzgeber im JStG 1997 diejenigen Missionare in Missionswerken und Missionsgesellschaften erfasst, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner der bekannten öffentlich-rechtlich verfassten Religionsgesellschaften sind; genannt im Gesetz sind nur einige von vielen öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften, von denen die Missionstätigkeit im Ausland bekannt ist. Allein hieraus - und nicht einer Analogie zu entsandten Beamten und Entwicklungshelfern - vermag der Kläger erstmals ein Recht auf Gleichbehandlung geltend zu machen, nachdem bei sozialrechtlichen Leistungen des BKGG n.F. der Gesichtspunkt des steuerrechtlichen Familienlastenausgleichs nicht zum Tragen kommt. Eine Ungleichbehandlung liegt aber dann nicht vor, wenn ungleiche Sachverhalte gegeben sind. Ungleiches darf ungleich behandelt werden. Der Gesetzgeber hat einen weiten Ermessensbereich bzw. Gestaltungsspielraum, der seine Grenzen letztlich nur in dem Verbot der Willkür findet. Hinreichend ist es, wenn ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung bzw. Privilegierung einer bestimmten Personengruppe vorliegt; unerheblich ist es, ob der Gesetzgeber die jeweils zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. unter anderem BSG vom 24.09.1986 - 10 RKg 6/85 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Außerdem ist zu beachten, dass der Gesetzgeber den praktischen Erfordernissen der Verwaltung Rechnung tragen darf, pauschalierende und vereinfachende Regelungen treffen kann und nicht jeden Sonderfall berücksichtigen muss (BVerfG vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86 in SozR 3-5870 § 10 Nr.1).

Der Senat sieht durchaus einen rechtfertigenden Grund für die (scheinbare) Privilegierung der mittelbar von öffentlich-rechtlichen Verbänden ausgesandten Missionare. Nicht gewählt als Anknüpfungspunkt hat der Gesetzgeber die tatsächliche Missionstätigkeit im Ausland. Diese ist nach Inhalt und Aufgabenbereich - noch dazu bei der Vielfalt der in Frage kommenden Glaubens- und Religionsgemeinschaften - kaum präzise festzulegen und im Übrigen weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen nachprüfbar. Aus rechtlicher Sicht besteht nur ein beschränktes Aufsichts- und Prüfungsrecht, und eine Möglichkeit für die Erfassung und Bewertung der ausländischen Tätigkeit ist ohnehin in den meisten Fällen nicht gegeben; unzureichend allein wäre es dann, lediglich den in einer Vereinssatzung festgelegten Begriff des Missionars und die Art seiner Tätigkeit zu prüfen.

Demgemäß ist der Gesetzgeber von dem formalen Begriff des Missionars ausgegangen, wie er herkömmlicherweise von Religionsgesellschaften und sonstigen Gemeinschaften als solcher genannt und entsandt wird. Abgestellt wurde hierbei nicht auf die öffentlich-rechtlich verfassten Kirchen und Gemeinschaften, die in Ausübung ihrer Verwaltungsautonomie die Entsendung in aller Regel nicht selbst, sondern über Missionswerke, die zumeist eigene privatrechtliche Persönlichkeit besitzen, wahrnehmen, sondern eben auf diese Werke. Begünstigt sind damit letztlich alle öffentlich-rechtlich verfassten Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften, die bei In-Kraft-Treten der Weimarer Reichsverfassung bereits Körperschaften des öffentlichen Rechts waren, und solche, die danach auf Antrag als solche zugelassen worden sind, weil sie durch ihre Verfassung und die Zahl der Mitglieder die Gewähr auf Dauer boten (Art.140 GG i.V.m. Art.137 Sätze 7 und 8 WRV). An öffentlich-rechtlichen Körperschaften benennt Maunz-Dürig, a.a.O., neben den katholischen Bistümern (es gibt keine katholische Kirche Deutschlands) mehr als zehn weitere "Kirchen". Gesetzestechnisch sind im BKGG n.F. die diesen zugeordneten Missionswerke genannt, wobei nach deren Satzung wiederum Mitglied ein Missionar wie auch eine Religionsgemeinschaft als Rechtsperson der Privatrechts sein kann; an solchen Mitgliedern sind in den Dienstanweisungen der Beklagten (Runderlass 24/96) wiederum ca. 75 Verbände (Arbeitsgemeinschaften, Missionswerke, Gesellschaften, Kirchen) angeführt, von der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland AMG bis hin zu den Wycliff Bibelübersetzern.

Der Absicht des Gesetzgebers, die den öffentlich-rechtlichen Körperschaften unmittelbar oder mittelbar zugeordneten Missionare kindergeldrechtlich zu berücksichtigen, wurde - wegen des einfacheren und einheitlichen Gesetzesvollzugs - durch Benennung der einzelnen Missionswerke, soweit bekannt, Rechnung getragen (vgl. BMFSFJ vom 16.05.2002). Dies bedeutet aber keineswegs, dass die enumerativ aufgeführten Missionswerke abschließend sein können. Die Gründe des Gesetzgebers zeigen auf, dass alle den öffentlich-rechtlich verfassten Gemeinschaften zugeordneten Missionswerke erfasst werden sollen. Anders könnte der Gesetzgeber auch nicht wegen des Grundsatzes der Neutralität des Staates gegenüber den Kirchen und Religionsgemeinschaften und des Gleichheitsgrundsatzes handeln. Die Absicht des Gesetzgebers zeigt sich auch darin, dass er in § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. mit Art.2 des Gesetzes vom 16.08.2001 (BGBl.I 2001, S.2074) die Arbeitsgemeinschaft pfingstlichcharismatischer Missionen aufgenommen hat, als diese unberücksichtigt blieb und sich meldete sowie die Zuordnung zum Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden KdöR (BFP) nachwies.

Damit stellt sich lediglich die Frage, ob eine Ungleichbehandlung besteht zwischen Missionaren, die selbst oder über ihre Glaubensgemeinschaft Mitglied von Missionswerken sind, die wiederum den öffentlich-rechtlich strukturierten Kirchen und Religionsgesellschaften zuzuordnen sind, und den sonstigen Missionaren ohne den gesetzlich definierten Bezug zu den öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Auch dies muss der Senat verneinen. Das BMFSFJ sah in seiner Stellungnahme vom 16.05.2002 in der Eigenart der öffentlich-rechtlichen Körperschaften bereits den sachlich rechtfertigenden Grund für eine Privilegierung und verwies hierzu auf Rdz.27 zu Art.140 des Kommentars Maunz- Dürig. Hierin ist jedoch nur aufgeführt, dass es nicht als Verletzung des Gleichheitssatzes und auch nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität des Staates anzusehen sei, dass Kirchen und manche Religionsgemeinschaften den Rechtscharakter als Körperschaften des öffentlichen Rechts hätten, wohingegen andere Religionsgemeinschaften nur Rechtspersonen des Privatrechts seien, und zwar unter anderem wegen der Verschiedenheit des religiösen und gesellschaftlichen Einflusses und der sozialen Bedeutung. Dies ist nun sicherlich richtig, zumal es auch den Rechtspersonen des Privatrechts frei steht, bei Erfüllung gewisser Bedingungen den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu erlangen.

Der in Maunz-Dürig (a.a.O.) genannte Grund (Privilegierung einiger Kirchen und Religionsgemeinschaften durch Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts) ist aber für sich allein noch kein Grund, kindergeldrechtlich nur die Gruppe von Missionaren zu berücksichtigen, die den öffentlich-rechtlichen korporierten Kirchen und Religionsgemeinschaften zuzurechnen sind, zumal der Missionsauftrag, den öffentlich-rechtlich und privatrechtlich zuzuordnende Missionswerke gleicher- maßen wahrnehmen, nicht zu den staatlichen Aufgaben gehört oder in den staatlichen Rechtskreis hineinwirkt, wie z.B. auf dem Gebiet des Schulwesens, des Bauwesens, des Vereins- und Versammlungswesens, der Kirchensteuern usw. Es mag sicherlich richtig sein, dass die öffentlich-rechtlich korporierten Kirchen und Religionsgemeinschaften zahlreiche grundgesetzlich abgesicherte Privilegien (Art.136 ff. WRV) genießen, hierzu zählt aber nicht die kindergeldrechtliche Förderung der Missionare im Ausland. Allenfalls kann der Staat wohlwollend Vergünstigungen für die ihm nicht zuzurechnenden kirchlichen Tätigkeiten im Kernbereich geben, wenn das damit verfolgte religiöse Anliegen zwar außerhalb des Staatsinteresses liegt, aber diesem nicht widerspricht; für eine ausländische Missionierung können zudem auch im staatlichen Recht anzuerkennende Gesichtspunkte eine gewisse Rolle spielen und bestehen; so wird mit dem Bemühen um Glaubensverbreitung regelmäßig auch eine caritative Zuwendung verbunden sein und der im Inland bestehende "Wohlfahrtsauftrag" im gewissen Rahmen auch im Ausland durchgeführt werden.

Nimmt der Staat eine solche wohlwollende Förderung vor, so ist die Verwirklichung in § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. in der Fassung des JStG 1997 nicht zu beanstanden. Der Senat sieht für eine solche Lösung im Wesentlichen folgenden sachlichen Grund: Einmal ist die Zahl der Missionare, die einer Gemeinschaft mit privatrechtlicher Rechtspersönlichkeit (unter anderem e.V.), einer Gemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit (unter anderem Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) oder keiner Gemeinschaft angehören, verwaltungstechnisch nicht überschaubar, und die Durchführung einer Missionstätigkeit im Ausland letztlich aus tatsächlichen Gründen nicht überprüfbar; die Anführung von Zweck und Inhalt einer Tätigkeit in der Satzung eines nicht eingetragenen Vereins oder einer Gesellschaft, die jedermann gründen kann, bietet allein keine Gewähr. Einen fest umrissenen Tätigkeitsbereich eines Missionars gibt es ohnehin nicht; dieser wird sich nach den jeweiligen religiösen Ansichten und den örtlichen Gegebenheiten des Einsatzgebietes richten. Eine inhaltliche Kontrolle kann schon aus tatsächlichen Gründen nicht erfolgen und ist auch aus rechtlichen Gründen bedenklich, zumal hier eine Prüfung geschützter religiöser Inhalte und eine Offenlegung und damit auch eine gewisse "Aufsicht" erfolgen müsste. Verwaltungstechnisch würde dies zudem einen enormen hohen Aufwand voraussetzen. Vereinfachend kann hier an dem formalen Begriff eines Missionars, wie er von öffentlich-rechtlichen Institutionen oder den diesen zuzuordnenden Missionswerken "entsandt" wird, angeknüpft werden, und die Ausfüllung des Begriffs und eine gewisse Inhalts- und Tätigkeitskontrolle den hierfür zuständigen und sachkundigen Vereinigungen überlassen bleiben.

Die dementsprechende Gesetzesregelung erscheint um so unbedenklicher, als die von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften getragenen oder als Vereinbarungspartner bestehenden Missionswerke und Dachgesellschaften breit gefächert sind und den verschiedenartigsten Religionsgemeinschaften die Mitgliedschaft ermöglichen, wenn nur wenige elementare Grundvorausetzungen erfüllt sind. Angesichts der Tatsache, dass seit dem Jahre 1996 beim Kindergeldsenat des Bayer. Landessozialgerichts nur der vorliegende Rechtsstreit anhängig geworden ist (ein zweiter betrifft lediglich den Zeitpunkt der kindergeldrechtlichen Berücksichtigung eines Mitglieds der Arbeitsgemeinschaft der pfingstlichcharismatischen Missionen) und dass dem Senat weiterhin keine Streitfälle bei anderen Landessozialgerichten oder dem Bundessozialgericht bekannt geworden sind, zeigt auf, dass von der gesetzlich einschränkenden Regelung des § 2 Abs.1 Nr.2 BKGG n.F. in der Fassung des JStG 1997 nur wenige Personen betroffen sein können, was angesichts einer für die Verwaltung praktikablen und vereinfachenden Regelung in Kauf zu nehmen ist.

Einen weiteren sachlichen Grund für die Berücksichtigung nur der unmittelbar oder über verschiedene Einrichtungen den öffentlich-rechtlichen Körperschaften zuzuordnenden Missionare sieht der Senat in einer gewissen Gewährleistung der Einhaltung verfassungsrechtlicher Grundsätze. Dies hat nichts mit der "Qualitätssicherung" der missionarischen Tätigkeit selbst zu tun, ebenso wenig mit der Prägung des Bilds der BRD durch Missionare im Ausland, wie das Sozialgericht meinte. Vielmehr geht es darum, dass der Gesetzgeber, der Vereinigungen und Gesellschaften in Bezug auf eine nicht dem staatlichen Bereich angehörende Aufgabe unterstützt, auch eine gewisse Gewährleistung voraussetzen kann, dass die Vereinigung oder Gesellschaft (nicht die von diesen als Missionar entsandte Person) fundamentale Verfassungsprinzipien achtet, wenn auch nicht eine besondere Loyalität, eine Nähe zum Staat oder eine Kooperationswilligkeit gefordert werden darf. Diese Gewährleistung ist aber nur bei den öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder den Dachgesellschaften der Fall, die von ersteren getragen werden oder zumindest deren Vereinbarungspartner sind. In diesem Zusammenhang kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die für die Verleihung eines öffentlich-rechtlichen Status gelten (siehe hierzu Art.147 Satz 8 WRV). Hier geht es nicht nur darum, dass die Religionsgesellschaft durch ihre Verfassung und die Zahl der Mitglieder (die im Übrigen sehr klein sein kann) die Gewähr der Dauer bietet (Art.147 Satz 8 WRV), sondern dass als Verleihungskriterium auch Rechtstreue vorausgesetzt wird (Mangoldt/Klein, a.a.O., Rdz.228 ff. zu Art.137 WRV). Diese Anforderung ergibt sich zwingend aus dem Grundsatz der Einheit der Verfassung. Er verbietet es, solchen Religionsgemeinschaften die Gestaltungsmöglichkeiten des öffentlichen Rechts zu eröffnen, die bereits eine Bindung an einfaches Recht ablehnen und von denen eine Anerkennung der maßgebenden Grundlagen der staatlichen Ordnung ebenso wenig erwartet werden kann wie ein im Sinne der Verfassung verantwortliches Gebrauchmachen der durch den Körperschaftsstatus begründeten Rechtsstellung. Unbeschadet der Modifizierung des Pflichtenstatus der Religionsgemeinschaft durch Freiheit und Eigenständigkeit kann der Status eines Hoheitsberechtigten jedenfalls nur dann verliehen werden, wenn die Vereinigung grundsätzlich zur grundgesetzkonformen Wahrnehmung der Hoheitsrechte fähig und bereit ist und auch ihre Organisations-, Dienstherrn- und Rechtsetzungsgewalt im Rahmen des Art.140 GG gebunden weiß. Von der Religionsgemeinschaft, die den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft erlangen will, müssen also nicht nur die Verfassungsprinzipien der religiösen weltanschaulichen Neutralität, der Säkularität, der Parität und der Toleranz anerkannt werden. Der Körperschaftsstatus muss auch einer im Übrigen die maßgebenden Grundlagen der staatlichen Ordnung prinzipiell ablehnenden Religionsgemeinschaft versagt bleiben. Das Grundgesetz schützt bei aller multikulturellen Offenheit Deutschlands die Verfassung. Es eröffnet nicht einen Wettbewerb der Kultursysteme mit beliebigem Ergebnis, sondern mit dem Ziel der Wahrung einer Identität gegenüber allen Angriffen (Art.79 Abs.3, 9 Abs.2, 18, 21 Abs.2 GG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes kann auch eine gewisse Kooperationsbereitschaft der antragstellenden Religionsgemeinschaft gefordert werden. Im Falle des von diesem Gericht abgelehnten Antrags der Zeugen Jehovas wurde der Körperschaftsstatus als ein Kooperationsangebot des Staates aufgefasst, der sinnvollerweise einer Religionsgemeinschaft nicht zuerkannt werden müsse, die durch die die Mitglieder bindende Ablehnung demokratischer Wahl die Grundlagen in jeder Zusammenarbeit mit dem Staat in Frage stelle und es insoweit am erforderlichen Minimum der Staatsloyalität fehlen lasse (BVerwG vom 26.06.1997 - 7 C 11/96 in BVerwGE 105, 117). Im Urteil vom 19.12.2000 - 2 BvR 1500/97 (BVerfGE 102, 370) - unterstreicht das Bundesverfassungsgericht im Gegensatz zur vorausgehenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, dass mit der Verleihung von Hoheitsrechten an die Religionsgemeinschaft die Verantwortung des Staates einher gehe, dass die Religionsgemeinschaft die in Art.79 Abs.3 GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien, die dem staatlichen Schutz anvertrauten Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des Religions- und Staatskirchenrechts nicht gefährde. Die staatliche Entscheidung über die Verleihung der Hoheitsrechte setze dazu eine typisierende Gesamtbetrachtung für eine komplexe Prognose über das Verhalten der antragsstellenden Religionsgemeinschaft voraus, die rechtstreu sein und die Gewähr dafür bieten müsse, dass sie das geltende Recht beachten, insbesondere die ihr übertragene Hoheitsgewalt nur in Einklang mit den verfassungsrechtlichen und sonstigen gesetzlichen Bindungen ausüben werde. Das Bundesverfassungsgericht forderte hierzu eine in Einzelheiten des tatsächlichen Gesamtzustands eindringende, also nicht schematische Einschätzung der betreffenden Religionsgemeinschaft.

Es ist selbstverständlich, dass eine derart umfassende und tiefgreifende Prüfung nicht inzidenter, anlässlich eines Kindergeldantrags eines Missionars, erfolgen kann. Vielmehr darf hier der Gesetzgeber an bereits bestehende Strukturen anknüpfen, zumal ja Grundlage der Förderung durch das Kindergeld die im bestimmten Rahmen bereits gewährleistete Verfassungstreue ist und nicht eine möglicherweise bestehende oder in Zukunft erst eintretende.

Unter Berücksichtigung aller Umstände war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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