L 2 U 10/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 248/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 10/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 05.12.2001 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 17.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.1999 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1942 geborene Kläger war seit 1972 als Estrichleger tätig. Die Ärztin für Arbeitsmedizin Dr.T. vom Arbeitsmedizinischen Dienst der Beklagten gab in der ärztlichen Anzeige über eine Berufskrankheit an, der Kläger klage seit 1992 über Schmerzen und Bewegungseinschränkung im rechten Knie. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr.G. attestierte am 13.12.1996 einen Innenmeniskus-Hinterhornlappen- und Horizontalriss, Chondromalazie Grad II - III mediale Femurkondyle, Synovialitis.

Laut Auskunft der AOK Bayern, Direktion Augsburg, war der Kläger vom 16.12.1987 bis 22.12.1987 wegen Gonarthrose rechts arbeitsunfähig erkrankt, wegen Meniscopathie und Gonarthrose rechts vom 21.10.1996 bis 01.11.1996 und wegen Meniscopathie rechts vom 03.12.1996 bis 01.02.1997.

Der Orthopäde Dr.P. gab an, der Kläger sei erstmals am 20.11.1996 in seiner ambulanten Behandlung gewesen. Am 11.12. 1996 habe er eine Arthroskopie durchgeführt, bei der sich ein Lappenriss des Innenmeniskus mit begleitenden Knorpelschäden Grad II - III im Bereich der Femurkondyle und des Tibiaplateaus sowie eine begleitende reaktive Synovialitis und Ergussbildung gezeigt hätten.

Nach Einholung von Auskünften des Arbeitgebers des Klägers erklärte der beratende Arzt der Beklagten, der Orthopäde Dr.K. , auf Anfrage, eine dem Alter vorauseilende erhebliche Meniskusdegeneration sei bisher nicht beweisbar. Die Gewerbeärztin Dr.B. führte in der gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 02.02.1999 aus, eine histologische Untersuchung des Innenmeniskus sei nach der Arthroskopie vom Dezember 1996 nicht erfolgt. Bei fehlender Histologie könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine dem Alter vorauseilende Meniskusdegeneration vorliege. Daher sei eine Berufskrankheit nicht nachweisbar.

Mit Bescheid vom 17.03.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen mit der Begründung ab, es bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der versicherten Tätigkeit. Eine dem Alter vorauseilende Degeneration des Meniskus lasse sich nicht beweisen.

Zur Begründung des Widerspruchs vom 25.03.1999 übersandte der Kläger ein Attest des Allgemeinmediziners Dr.G. vom 13.04.1999, in dem ausgeführt wurde, die histologische Begutachtung des Innenmeniskus nach der Operation sei von Dr.P. durchgeführt worden. Auf telefonische Anfrage der Beklagten teilte Dr.P. mit, es liege kein histologischer Befund vor. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.1999 zurück.

Mit der Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei seit vielen Jahren als Estrichleger in überwiegend kniender Stellung tätig gewesen, so dass die Vermutung naheliege, dass die Meniskusschäden auf diese Tätigkeit zurückzuführen seien.

Das SG hat weitere ärztliche Unterlagen beigezogen. Im sozialmedizinischen Gutachten für den MDK Bayern diagnostizierte Dr. D. am 27.04.1990 ein Schulter-Arm-Syndrom links und eine Harnsäurediathese. Der Laborbefund sei hoch pathologisch. Der Orthopäde Dr.S. hat angegeben, er habe den Kläger erstmals im November 1981 behandelt, im Dezember 1987 wegen Kniebeschwerden rechts bei Gonarthrose, sonst wegen eines rezidivierenden HWS- und LWS-Syndroms, Ellenbogengelenkarthrose rechts, Handwurzelarthrose rechts bei operierter Navikular-pseudarthrose, Gicht, Schulterbeschwerden beiderseits, Zustand nach Innenbanddehnung linkes Knie.

Im Befundbericht für das Versorgungsamt Augsburg hat Dr.G. am 28.10.1997 die Diagnosen gestellt: Leberparenchymschaden und Chondromalazie III. Grades linkes Knie bei Zustand nach Innenmeniskus-Teilresektion; Diabetes mellitus am 07.10.1997 festgestellt (59). Die Diagnose Leberparenchymschaden hat Dr.G. auch im Bericht vom 13.01.1998 erwähnt. Der Orthopäde Dr.S. hat im Gutachten vom 27.07.1998 auf Stoffwechselstörungen, Diabetes mellitus und Leberparenchymschaden hingewiesen.

Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.L. hat im Gutachten vom 09.05.2000 ausgeführt, eine überdurchschnittlich kniebelastende Tätigkeit als Estrichleger sei seit 1972 ausgeführt worden. Ob der Verschleißzustand des Meniskus beim Kläger wesentlich dem altersdurchschnittlichen Verschleißprozess vorauseilend sei, könne mangels histologischer Befunde nicht konkret beantwortet werden, auch nicht die Frage, ob die Knorpeldegeneration, Schäden im Bereich der Knorpelfläche der Oberschenkelrolle und des Schienbeinkopfes reaktiv als Folge des Meniskusschadens oder aber der Meniskusschaden, ebenso wie die Knorpelschäden, als Ausdruck eines idiopathischen Verschleißzustandes anzusehen seien. Selbst wenn man annehme, dass der Meniskusriss überwiegend durch die belastende Tätigkeit verursacht worden sei, bedinge er eine MdE um maximal 10 v.H. Die Streckung gelinge vollständig, die Beugung sei nicht nennenswert eingeschränkt, der Bandapparat sei stabil und wesentliche entzündliche Reizerscheinungen lägen nicht vor. Auch sei die dem Knie zugehörige Muskulatur funktionsfähig intakt. Da konkurrierende Ursachen nicht nachgewiesen werden könnten, könne mit Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Meniskusschaden durch die Berufstätigkeit im Sinne der wesentlichen Mitursache verursacht worden sei.

In der Stellungnahme vom 19.06.1992 hat der Orthopäde Dr.K. erklärt, konkurrierende Ursachen seien durchaus gegeben. Der Nachweis einer primären und dem Alter vorauseilenden Meniskusdegeneration liege nicht vor.

Hierzu hat Dr.L. am 24.07.2000 zustimmend Stellung genommen; der positive Vollbeweis eines beruflich bedingten Meniskusschadens könne nicht erbracht werden, ebenso wenig allerdings der Vollbeweis einer konkurrierenden Ursache im Sinne eines Anlageschadens.

Am 17.12.2000 hat Dr.P. bei Arthroskopie am linken Kniegelenk einen Innenmeniskushorizontal- und Lappenriss mit begleitenden Knorpelschäden Grad II - III sowie eine deutliche Synovialitis mit Verwachsungen festgestellt.

Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.N. ist im Gutachten vom 23.07.2001 zu dem Ergebnis gekommen, konkurrierende Ursachen, die zur vozeitigen Degeneration des Meniskus geführt hätten, seien nicht gegeben. Die 1987 geschilderten Kniebeschwerden rechts bei Gonarthrose seien mit Sicherheit nicht auf eine Arthrose zurückzuführen, da sonst zwischen 1987 und 1996 zunehmende Schmerzen und gehäufte Behandlungsbedürftigkeit zu erwarten gewesen wären. Die intraoperativ beschriebenen Veränderungen seien Reaktionen auf den zerrissenen Meniskus und nicht primäre Erkrankungen, ebenso die entzündlichen Veränderungen der Schleimhaut des Gelenkes. Der als Arthritis urica einmalig beschriebene entzündliche Befund vom September 1993 belege nicht das Vorliegen einer entzündlichen Gelenkerkrankung im Sinne der Gicht, die eindeutige Veränderungen verursache, die in beiden OP-Berichten fehlten. Der Diabetes mellitus sei nicht geeignet, als Ursache für eine vorzeitige Verschleißerscheinung des Kniegelenkknorpels angeschuldigt zu werden. Auch sonstige Vorschäden der Kniegelenke und des Meniskus hätten nicht bestanden. Der Horizontalriss und gleichzeitig vorhandene Längsriss lägen im bevorzugt betroffenen gefäßlosen Anteil des Meniskus. Dies spreche für eine primäre Meniskopathie. Dass bei beiden Kniegelenksoperationen auf eine histologische Untersuchung verzichtet worden sei, entkräfte die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Berufskrankheit nicht. Die beruflichen Belastungen der Kniegelenke, die zu dem Meniskusschaden beiderseits geführt hätten, seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit belegt. Andere Ursachen seien in dieser Eindeutigkeit nicht erkennbar. Vom 11.12.1996 bis 11.06.1997 sei die MdE mit 20 v.H. zu bewerten, vom 12.06. 1997 bis 10.12.2000 mit 10 v.H. und ab dann mit 30 v.H., da eine Verschlimmerung durch Hinzutreten des linken Kniegelenks eingetreten sei.

In den Kernspintomogrammen vom 22.11.2000 und 19.02.2001 hat der Radiologe W. Knorpelveränderungen diagnostiziert, die im stärker belasteten Abschnitt deutlicher als im lateralen Abschnitt seien. Der Einriss des Innenmeniskus spreche nicht für eine rein degenerative Läsion, sondern auch für einen zusätzlichen belastungsabhängigen Schaden. Ein ausgeprägterer genereller Knorpelschaden sei nicht nachzuweisen. Nach Arthroskopie am 15.03.2001 hat Dr.P. ausgeführt, es hätten sich eine Re-Ruptur im Restmeniskus gefunden sowie Beschwerden seitens des hypertrophen Hoffa schen Fettkörpers. Ein MRT der Kniegelenke vom 30.07.2001 und 31.07.2001 hat einen Zustand nach Innenmeniskusresektion beidseits gezeigt, Menisken mit deutlichen degenerativen Veränderungen und degenerativen Rissen, auf der linken Seite deutliche assoziierte Chondropathie.

Dr.K. hat in der Stellungnahme vom 23.10.2001 erläutert, die Beurteilung der Kernspintomographie könne nicht als Ersatz für die feingewebliche Untersuchung angesehen werden. Aus den Operationsberichten ergäben sich keine völlige Auswalgung und Zertrümmerung der Meniskusstrukturen, auch keine Korbhenkelrisse, Gelbverfärbungen und Segmentabstoßungen. Die Abgrenzung, inwieweit eine altersphysiologische Abnützung bestehe oder eine dem Alter vorauseilende Meniskusdegeneration, könne im Grunde genommen nur durch den histologischen Untersucher erfolgen. Eine dem Alter vorauseilende Meniskopathie sei insofern nicht erwiesen.

Dr.L. hat in der Stellungnahme vom 22.11.2001 ausgeführt, wenn man die qualitative Beurteilung des Gelenkknorpels im linken Knie in die Überlegungen miteinbeziehe, ebenso den arthroskopischen Befund des linken Knies, wonach der Außenmeniskus und außenseitige Gelenkknorpel als intakt beschrieben seien, und wenn man berücksichtige, dass eine ungewöhnliche Kniebeanspruchung vom Meniskus geleistet werde, dann gewinne die Möglichkeit, dass es sich nicht um eine durch Zwangshaltung verursachte Meniskusdegeneration handle, an Bedeutung, denn irgendwelche, wenn auch nur geringe qualitative Veränderungen an den Außenmenisken müssten eigentlich vorliegen, was beim Kläger aber nicht der Fall sei. Der Vollbeweis für das Vorliegen eines berufsbedingt verursachten Meniskusschadens könne nicht erbracht werden. Die Möglichkeit der beruflichen Verursachung stehe im Raum, die Wahrscheinlichkeit werde durch den nachfolgenden Verlauf eher geringer. Die von Dr.N. angesetzte MdE-Höhe um 30 v.H. könne bei praktisch freier Beweglichkeit, festem Bandhalt, intakter Muskulatur und fehlenden entzündlichen Reizerscheinungen nicht begründet werden.

Mit Urteil vom 05.12.01 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 17.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06. 1999 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr.2102 anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen hieraus zu gewähren. Dr.N. habe den altersvorauseilenden Schaden an den Innenmenisken überzeugend dargetan. Dagegen wirke die Argumentation von Dr.K. rein formalistisch. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens durch Dr.L. sei das linke Knie noch nicht operiert gewesen. Es hätten also noch keine verwertbaren Befunde vorgelegen.

Die Beklagte wandte mit der Berufung vom 03.01.2002 ein, Dr.L. habe gerade ausgeführt, dass vor dem Hintergrund der Operationsbefunde vom 11.12.2000 die Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Verursachung eher geringer einzustufen sei.

Beigezogen wurde ein Entlassungsbericht vom Heilverfahren in Bad G. vom 11.07.1990 bis 22.08.1990, in dem auf eine Hypercholesterinämie und Übergewicht hingewiesen wurde.

Der vom Senat zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.F. führte im Gutachten vom 15.09.2002 zusammenfassend aus, die Feststellung einer Berufskrankheit nach Ziffer 2102 der BKV setze eine primäre Meniskopathie voraus, bei der der vorzeitige Verschleiß im Bereich des Meniskusgewebes mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit beginne. Diese primäre Meniskopathie sei abzugrenzen von der sekundären Meniskopathie, die im Gefolge ausgedehnter Knorpelschäden auftrete; ursächlich seien Minderwertigkeit des Gelenkknorpels, Folge arthrotischer Veränderungen, abgelaufene Verletzungen oder Instabilitäten. Eine primäre Meniskopathie sei dann nachgewiesen, wenn anlässlich der ersten Feststellung einer Meniskusschädigung zumindest nennenswerte Knorpelschäden ausgeschlossen werden könnten. Beim Kläger sei bei der ersten Operation vom 11.12.1996 bereits eine Chondromalazie des Grades II - III diagnostiziert worden, so dass eine primäre Meniskopathie für das rechte Kniegelenk nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit begründet werden könne. Aus dem Operationsbericht vom 11.12.2000 ergebe sich, dass am linken Kniegelenk, ebenso wie rechts, Knorpelschäden des Grades II - III vorgelegen hätten. Bei der ersten sicheren Diagnose der Meniskusläsion hätten also, wie sich aus den Operationsberichten von 1996 und 2000 ergäbe, bereits ausgeprägte Verschleißerscheinungen im inneren Kompartiment festgestellt werden können.

Die frühzeitige Entstehung der Kniegelenkarthrose, die Dr.S. bereits im Dezember 1987 am rechten Knie festgestellt habe, der fehlende Nachweis einer primären Meniskopathie, die mehrfach festgestellten metabolischen Veränderungen - so der Diabetes, die Fettstoffwechselstörung, der Leberschaden und die grenzwertig hohe Harnsäure -, außerdem die o-förmige Einstellung der Beinachsen mit einem Innencondylenabstand von 4 cm, die zu einer vermehrten Druckbelastung des inneren Kompartiments führe, sowie das Übergewicht machten einen Zusammenhang zwischen Meniskusschäden und versicherter Tätigkeit unwahrscheinlich.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 24.11.2002 führt Dr.F. zu den Einwänden des Klägers aus, selbst wenn 1987 noch keine Kniegelenksarthrose bestanden hätte, wäre die primäre Meniskopathie im Sinne des Vollbeweises schon deswegen nicht zu sichern, da anlässlich der operativen Eingriffe an beiden Kniegelenken fortgeschrittene Knorpelschäden festgestellt worden seien, die zumindest zu diesem Zeitpunkt die Diagnose einer primären Meniskopathie nicht mehr zugelassen hätten. Wesentlich für die Beurteilung seien auch die aus den vorliegenden ärztlichen Befunden zu entnehmenden konkurrierenden Verursachungsmöglichkeiten, wie Stoffwechselstörung, Übergewichtigkeit und o-förmige Beinachsen; damit lägen metabolische und statische Probleme vor, die als Ursache für den Meniskusschaden in Frage kämen. Von einer Leidensverschlimmerung könne nur dann ausgegangen werden, wenn bereits vor Beginn oder zu Beginn der beruflichen Tätigkeit eine manifeste Meniskuserkrankung festgestellt sei.

Der Kläger äußert im Schreiben vom 13.01.2003, die ärztliche Diagnose einer Kniegelenksarthrose im Jahre 1987 könne angezweifelt werden.

Die Beklagte stellt den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 05.12.2001 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 17.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.06.1999 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und sachlich begründet.

Gemäß § 7 Abs.1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs.1 Satz 1 SGB VII). Maßgeblich ist seit 01.12. 1997 die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl.I S.26, 23). Als Berufskrankheit kommen grundsätzlich nur solche Erkrankungen in Betracht, die von der Bundesregierung als Berufskrankheit bezeichnet und die BKV aufgenommen worden sind (Listenprinzip). Die Krankheit muss durch eine versicherte Tätigkeit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden sein, d.h. die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen muss ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen sein und die Einwirkung muss die Krankheit verursacht haben (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII Rdnr.3). Alle rechtserheblichen Tatsachen müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSGE 45, 285).

Der Kläger begehrt die Feststellung eines Meniskusschadens als Berufskrankheit. Nach Nr.2102 der BKV ist Voraussetzung das Vorliegen von Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.

Der Kläger war seit 1972 als Estrichleger beschäftigt; hierbei handelt es sich um eine die Kniegelenke überdurchschnittlich beanspruchende Tätigkeit. Ein Meniskusschaden, der durch diese Tätigkeit ausgelöst worden wäre, ist beim Kläger aber nach den überzeugenden Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen Dr.F. nicht gegeben. Denn beim Kläger liegt keine primäre Meniskopathie, sondern eine sekundäre Meniskopathie vor, insofern keine Berufskrankheit, weil die versicherte Tätigkeit nicht die rechtlich wesentliche Ursache für den Meniskusschaden ist. Bei der primären Meniskopathie setzt der vorzeitige Verschleiß im Bereich des Meniskusgewebes mit einer Einbuße an Elastitzität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems ein. Im weiteren Verlauf können sekundär Gelenkknorpel und Gelenkbinnenhaut in Mitleidenschaft gezogen werden. Diese Knorpelschäden sind im Allgemeinen auf die Meniskopathie zurückzuführen. Bei der sekundären Meniskopathie, die keine Berufskrankheit darstellt, erscheinen zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk. Ursächlich hierfür können Minderwertigkeit des Gelenkknorpels, Folgen arthrotischer Veränderungen bei Achsenfehlstellungen, Stufenbildungen im Bereich der Gelenkkörper oder Instabilität des Gelenkes sein. Der Meniskusschaden folgt hier erst sekundär (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl. 1998, S.659). Wie Dr.F. erläutert, ist die primäre Meniskopathie dann nachgewiesen, wenn anlässlich der ersten Feststellung einer Meniskusschädigung nennenswerte Knorpelschäden ausgeschlossen werden können.

Im Rahmen des ersten arthroskopischen Eingriffs vom 11.12.1996 zeigt der Bericht des Orthopäden Dr.P. , dass außer einem Innenmeniskus-Hinterhornlappen- und Horizontalriss eine Chondromalazie des Grades II - III an der inneren Femurcondyle festgestellt wurde. Von Verschleißerscheinungen waren Schienbeinplateau und Oberschenkelrolle betroffen. Im Hinblick darauf, dass die Knorpelschäden im inneren Kompartiment des rechten Kniegelenks bereits bis zum Stadium II - III fortgeschritten waren, kann, wie Dr.F. betont, eine primäre Meniskopathie für das rechte Kniegelenk nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit begründet werden.

Auch bei der Operation des linken Kniegelelenkes vom 11.12.2000 stellte Dr.P. , ebenso wie rechts Knorpelschäden des Grades II - III sowohl an der inneren Oberschenkelrolle als auch am Schienbeinplateau fest. Das laterale Kompartiment war unauffällig. Die Kniescheibenrückfläche war im Grad I degenerativ verändert. Es sind also, so Dr.F. , auch am linken Kniegelenk anlässlich der ersten sicheren Diagnose der Meniskusläsion bereits ausgeprägte Verschleißerscheinungen im inneren Kompartiment festgestellt worden. Eine primäre Meniskopathie wäre nur dann gesichert, wenn bei den operativen Eingriffen so gut wie keine Knorpelschäden in den Kniegelenken gefunden worden wären. Gegen das Vorliegen einer primären Meniskopathie spricht auch die Tatsache, dass bereits 1987 eine Kniegelenksarthrose diagnostiziert wurde. Dies ergibt sich zum einen aus den Unterlagen der AOK Bayern, Direktion Augsburg, nach denen Arbeitsunfähigkeit vom 16.12.1987 bis 22.12.1987 wegen Gonarthrose rechts bestand; zum anderen aus dem Bericht des Orthopäden Dr.S. vom 22.12.1999, bei dem der Kläger im Dezember 1987 wegen Kniebeschwerden rechts bei Gonarthrose in Behandlung war.

Im Übrigen ergeben sich konkurrierende Verursachungsmöglichkeiten aus den beigezogenen ärztlichen Unterlagen. So wurde von Dr.G. 1997, 1998 und 2001 auf einen Leberschaden hingewiesen, von Dr.S. 1998. Dr.S. erwähnte auch weitere Stoffwechselstörungen. Während des Heilverfahrens vom 11.07. 1990 bis 22.08.1990 diagnostizierten die behandelnden Ärzte Hypercholesterinämie und wiesen auf Übergewicht hin. Dr. D. stellte am 27.04.1990 die Diagnose einer Harnsäurediathese, Dr.S. erwähnte im Bericht vom 22.12.1999 eine Gicht. Zu berücksichtigen ist ferner die von Dr.F. diagnostizierte o-förmige Einstellung der Beinachsen mit einem Innencondylenabstand von 4 cm bei belasteten Kniegelenken. Dadurch ent- wickelt sich, so Dr.F. , zwangsläufig eine vermehrte Druckbelastung der inneren Kompartimente, also in dem Bereich, in dem sowohl die Knorpelschäden als auch die Meniskusveränderungen festgestellt worden sind. Damit liegen eine Reihe konkurrierender Verursachungsmöglichkeiten vor, die zusammen mit der frühzeitigen Entstehung der Kniegelenksarthrose bereits 1987, dem fehlenden Nachweis einer primären Meniskopathie und dem Übergewicht einen Zusammenhang zwischen Meniskusschaden und der versicherten Tätigkeit ausschließen. Im Fall des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, dass die kniegelenksbelastende Tätigkeit als Estrich- leger eine wesentliche Ursache für den Meniskusschaden war, auch nicht, dass sich die kniestrapazierende versicherte Tätigkeit auf eine arbeitsunabhängig entstandene Kniegelenksarthrose verschlimmernd ausgewirkt habe, so dass diese als kausales Bindeglied einen Meniskusschaden herbeigeführt hätte. Diese Möglichkeit einer mittelbaren Verursachung (vgl. BSG vom 07.06. 1988, Breithaupt 1989, 205 ff.), also die Einwirkung der beruflichen Tätigkeit auf eine arbeitsunabhängig entstandene Arthrose, die zu einem Meniskusschaden führt, ist in der medizinischen Wissenschaft umstritten (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, a.a.O. S.659 f.). Im vorliegenden Fall sprechen gegen die Annahme einer mittelbaren Verursachung insbesondere, wie Dr.F. überzeugend erläutert, die konkurrierenden Verursachungsmöglichkeiten, nämlich Stoffwechselstörungen, Übergewichtigkeit und die o-förmigen Beinachsen, die im Wesentlichen die Kniegelenkserkrankung herbeigeführt haben.

Nicht überzeugen kann insofern die Auffassung von Dr.N. , dass andere als beruflich bedingte Ursachen für den Meniskusschaden an beiden Kniegelenken nicht eindeutig erkennbar seien. Immerhin hat der Orthopäde Dr.S. ausdrücklich die Diagnose einer Gicht gestellt und Dr. D. bereits 1990 auf einer Harnsäurediathese hingewiesen. Auf die übrigen festgestellten Stoffwechselerkrankungen geht Dr.N. nicht ein. Zu Recht wendet Dr.K. in der Stellungnahme vom 23.10.2001 ein, dass das Argument, die Durchführung einer Kniegelenksoperation sei ein Indiz für das Vorliegen einer Berufserkrankung, nicht überzeugt. Wie Dr.K. erläutert, ist die Häufigkeit der durchgeführten arthroskopischen Operationen so angestiegen, dass allein aus den Indikationsstellungen kein Indiz für eine Berufskrankheit gesehen werden kann, um so mehr dann nicht, wenn, wie beim Kläger, der entscheidende Befund einer dem Alter vorauseilenden Meniskopathie nicht gegeben ist.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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