L 4 KR 136/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 1 SF 9/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 136/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 31. August 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2001 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für den Beigeladenen zu 2) Beiträge für den Zeitraum 01.05.1996 bis 31.07. 1998 abzuführen hat oder dieser als Subunternehmer für die Klägerin gearbeitet hat. Diese betreibt ein Fuhrunternehmen für das Tiefbau-Unternehmen D. GmbH, deren Geschäftsführer Herr H. ist. Dorthin werden von der Klägerin Straßenbaumaterial, vor allem Bitumen zu einer Mischanlage, transportiert. Der Beigeladene zu 2) ist selbständiger, versicherungspflichtiger Landwirt. Er war bis 03.11.1995 bei der Klägerin als Lkw-Fahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Zum Mai 1996 meldete er ein Gewerbe als selbständiger Kraftfahrer an und wurde dann als sogenannter "Subunternehmer" von der Klägerin weiterhin als Fahrer beschäftigt. Er stellte monatliche, als "Arbeitslohn" gekennzeichnete Arbeitsstunden in Rechung. Als Stundenlohn setzte er jeweils 35,00 DM plus 15 % Mehrwertsteuer und ggf. Auslöse an. Im Rahmen einer Betriebsprüfung am 19.08.1998 machte die Klägerin zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 2) verschiedene Angaben, unter anderem, dass sie das Weisungsrecht über Arbeitszeit, -ort und Dauer gehabt habe, der Lkw von der Firma zur Verfügung gestellt werde, sie die Arbeitsausführung überprüfe und der Beigeladene zu 2) auch nicht für andere Auftraggeber Fahrten unternehme. Er trete im Rahmen der Firma H. auf und sei auch über sie bei der Berufsgenossenschaft versichert. Daraufhin erließ die Beklagte am 31.08.1998 einen Beitragsbescheid und forderte von der Klägerin zunächst 59.313,66 DM Beiträge nach, wovon zwei Beitragssummen, nämlich 187,24 DM und 554,40 DM nicht den Beigeladenen zu 2) betreffen und unstreitig sind. Die geforderte Summe errechnete die Beklagte aus den gezahlten Vergütungen, denen sie zur Ermittlung des Bruttolohns Lohn- und Kirchensteuer hinzu rechnete. Sie erachtete den Beigeladenen zu 2) als Arbeitnehmer. Im klägerischen Widerspruch wird darauf hingewiesen, dass der Beigeladene zu 2) überwiegend in seiner Landwirtschaft tätig sei und nur gelegentlich für die Klägerin arbeite. Die Umwandlung in eine selbständige Tätigkeit sei vom Beigeladenen zu 2) ausgegangen, der auch ein Unternehmerrisiko insoweit trage, als keine Lohnfortzahlung gewährt werde. Die Arbeit könne er genauso mit einem Leih-Lkw verrichten. Auch müsse er keine Arbeitszeit einhalten. Im Widerspruchsbescheid vom 29.01.1999 bekräftigte die Beklagte ihre Auffassung, weil die tatsächlichen Verhältnisse für eine Arbeitnehmereigenschaft sprächen. Die Abrechnung sei zu festem Stundenlohn erfolgt, auch werde gegebenenfalls eine Auslöse bezahlt. In manchen Monaten wäre der Beigeladene zu 2) bis zu 300 Stunden für die Klägerin tätig gewesen. Für ihn habe kein Raum zu eigenem unternehmerischen Handeln und Planen bestanden.

In der dagegen gerichteten Klage zum Sozialgericht Landshut vom 09.02.1999 ist ausgeführt, dass der Beigeladene zu 2) eine eigene Betriebsstätte habe und seine Arbeit als Fahrer nicht fremdbestimmt gewesen sei, weil er Fahraufträge auch hätte ablehnen können, worauf dann ein anderer Angestellter der Klägerin tätig werde, wie das in der streitigen Zeit oftmals der Fall gewesen sei. Der Beigeladene zu 2) habe deshalb jeden möglichen Auftrag der Klägerin angenommen, weil er ein Lkw- Narr gewesen sei und ungern einen anderen Fahrer auf dem im Juli 1997 neu angeschafften Lkw habe fahren lassen wollen.

Mit Urteil vom 31.08.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Einschätzung der Beklagten von der Arbeitnehmereigenschaft des Beigeladenen zu 2) bestätigt, denn alle Merkmale sprächen dafür. Auch habe der Beigeladene zu 2) kein eigenes Unternehmerrisiko getragen. Der Entschluss, sich selbständig zu betätigen, reiche für die Annahme einer freien Mitarbeit nicht aus.

Mit der dagegen am 17.11.2000 eingelegten Berufung lässt die Klägerin ihren Vortrag wiederholen, wonach von Werkverträgen auszugehen sei, in deren Rahmen der Beigeladene zu 2) tätig geworden sei. Nach Bekanntwerden der Landwirtseigenschaft des Beigeladenen zu 2) und der dort bestehenden Versicherung hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 20.11.2001 ihre Forderung auf 36.866,16 DM verringert, wobei sie auch die hinzugerechneten Steuern bei der Ermittlung des Bruttolohns abgezogen hat.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 31.08.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 31.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2000, jeweils soweit diese den Beigeladenen zu 2) betreffen, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die beigeladene Bundesanstalt für Arbeit und die Landwirtschaftliche Krankenkasse haben keinen Antrag gestellt, ebensowenig der Beigeladene zu 2).

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist unbegründet. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt hatten (§ 124 Abs.2 SGG).

Die streitgegenständliche Frage, ob der Beigeladene zu 2) im Rahmen eines oder mehrerer Werkverträge als Subunternehmer für die Klägerin tätig war oder lediglich unter anderer Bezeichnung seine zuvor ausgeübte abhängige Fahrertätigkeit ab Mai 1996 fortgesetzt hat, ist dahin zu beantworten, dass die Beklagte richtigerweise das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung angenommen hat und daher die Arbeitgeberin zu verpflichten hatte, die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung aus den Zahlungen zu fordern, die als Vergütung an den Beigeladenen zu 2) gezahlt wurden. Die Befugnis dazu ist der Beklagten in § 28p SGB IV eingeräumt worden, wonach die Träger der Rentenversicherung die Arbeitgeber hinsichtlich der Beachtung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften prüfen und über nicht abgeführte Beiträge entsprechende Verwaltungsakte zu erlassen haben. Die Beitragspflicht des Beigeladenen zu 2) zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung hängt vom Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ab. Dies gilt nach § 5 Abs.1 Nr.1 Sozialgesetzbuch V, (SGB V), für die Krankenversicherung, für die Pflegeversicherung nach § 20 Abs.1 Nr.1 SGB XI, für die Rentenversicherung nach § 1 Nr.1 SGB VI und für die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit nach den seinerzeit noch gültigen § 168 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Hinsichtlich der Krankenversicherung ist hier § 5 Abs.5 SGB V einschlägig, wonach die bestehende Krankenversicherungspflicht nach § 2 KVLG diejenige nach SGB V (und damit die daran gebundene Pflegeversicherung gem. §§ 20 Abs.1 Nr. 3; 48 Abs.1 SGB XI) verdrängt, was die Beklagte im neuerlichen Bescheid vom 20.11.2001 auch beachtet hat. Dagegen entfällt nicht die Beitragspflicht zur Rentenversicherung trotz Versicherung in der landwirtschaftlichen Alterskasse beim Beigeladenen zu 2). Dies ergibt sich aus § 3 Abs.1 Ziffer 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Danach werden Landwirte auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, so lange sie regelmäßiges Arbeitsentgelt beziehen, welches - wie beim Beigeladenen zu 2) - ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße überschreitet. Ein solcher Antrag ist nicht gestellt. Im SGB VI ist eine dem § 5 Abs.5 SGB V entsprechende Regelung nicht vorgesehen. Damit waren die Beiträge zu diesen Versicherungszweigen vom Arbeitgeber geschuldet und können nun von der Beklagten festgesetzt werden.

Dass der Beigeladene zu 2) eine Beschäftigung im Sinne der oben genannten Normen ausgeübt hat, ergibt sich aus § 7 Abs.1 SGB IV, wonach die Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis ist. Dabei ist das maßgebliche Kriterium für eine unselbständige Tätigkeit die persönliche Abhängigkeit des Arbeitenden, die sich vornehmlich in der Eingliederung in einem Betrieb und im Direktionsrecht des Arbeitsgebers zeigt. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers kommt darin zum Ausdruck, dass er die Verfügung über die Arbeitskraft, die Einstellung, Verwendung und Entlassung hat, das Arbeitsentgelt zahlt und Nutznießer der Arbeitsleistung ist. Vor allem ist vom Arbeitgeber (wie im vorliegenden Fall) das wirtschaftliche Risiko dem Arbeitnehmer abgenommen. Der angebliche Subunternehmer hat in seine sogenannte Firma nichts weiter eingebracht, als seine Arbeitskraft und die Fähigkeit, einen großen Lkw verantwortungsvoll führen zu können. Dieser wurde ihm nämlich zur Verfügung gestellt, genau so wie er sich nicht um die Beschaffung von Aufträgen zu bemühen hatte, sondern die Fahrten nur für die Klägerin erbrachte. Dass er dabei in der Gestaltung seiner Arbeitszeit keinen festen Terminen unterlag, außer denen, zu denen das Frachtgut abgeholt bzw. abgeliefert werden musste, macht ihn noch nicht zum selbständigen Unternehmer. Allein die einseitige Ausrichtung auf die Klägerin ohne das Vorhandensein einer Mindeststruktur für eine eigene Firma macht die abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 2) deutlich. Dazu hat das Sozialgericht weitere zutreffende Merkmale aufgeführt, die der Senat hier im Sinne von § 153 Abs.2 SGG ebenfalls zur Begründung seiner Entscheidung anführt. Allein schon der Blick in die Auskunft der Klägerin vom 18.08.1998 während der Betriebsprüfung macht deutlich, dass der Beigeladene zu 2), wenn auch in etwas lockerer Form, nach Mai 1996 seine bisherige Tätigkeit als angestellter Fahrer fortgesetzt hat. Auch wenn die danach gewählte Form angeblicher Selbständigkeit nicht nur im Interesse des Klägers, sondern auch in dem des Beigeladenen zu 2) gewesen sein sollte, ist ein solcher Wille unbeachtlich, denn im Recht der Sozialversicherung kommt es auf die tatsächliche Gestaltung an und nicht den Geschäftswillen der Beteiligten.

Auch hinsichtlich der Höhe der geforderten Beiträge, wie sie im Bescheid vom 20.11.2001 neu errechnet wurden, hat der Senat keine Bedenken. Zugrunde gelegt wurden die tatsächlich geflossenen Zahlungen, die vom Beigeladenen zu 2) auch als "Arbeitslohn" bezeichnet worden waren. Dass die dort in Rechnung gestellten und bezahlten Stundensätze über dem normalen Tariflohn lagen, ändert nichts daran, dass diese Leistungen aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin entstanden und damit dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind (§ 14 SGB IV).

Die Kostenpflicht regelt sich für den hier bereits vor dem 02.01.2002 anhängigen Rechtsstreit nach §§ 183 a.F., 193 SGG. Dabei sind dem Beigeladenen zu 2) seine außergerichtlichen Kosten gleichfalls nicht zu erstatten gewesen, weil er wenigstens zu Beginn des Berufungsverfahrens die Anfechtung der Beitragsbescheide durch die Klägerin befürwortet hatte.

Da sich die getroffene Entscheidung innerhalb der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG bewegt, ist die Revision gemäß § 160 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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