L 8 AL 304/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AL 439/0
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 304/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 11/03 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 10. Juli 2001 wird aufgehoben, soweit es die Klage auf Bewilligung von höherer Arbeitslosenhilfe in Höhe der mit den Bescheiden vom 07.06.2002 bewilligten Leistungen abgewiesen hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Klage gegen die Bescheide vom 7. Juni 2002 wird abgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 28.07.2000 streitig.

Der 1943 geborene Kläger war zuletzt vom 03.04.1989 bis 31.10. 1997 als Maurer beschäftigt, wobei er seit 23.05.1996 Krankengeld bezog. Die LVA Schwaben bewilligte ihm ab 01.08.1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) in Höhe von monatlich 692,54 DM.

Der Kläger gab bei seiner Arbeitslosmeldung am 05.11.1997 an, die letzte Tätigkeit sei für ihn zu schwer gewesen, er könne nur noch leichte Tätigkeiten verrichten. Ihm wurde ab 06.11. 1997 Arbeitslosengeld (Alg) nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 970,00 DM bewilligt. Zum Zeitpunkt der Erschöpfung des Anspruches ab 28.07.2000 betrug das Bemessungsentgelt zunächst 1.010,00 DM. Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24.05.2000 (NJW 2000, 2264) zur Berücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt erließ die Beklagte den Änderungsbescheid vom 26.07.2000, mit dem sie vorläufig im Hinblick auf eine zu erwartende Neuregelung durch den Gesetzgeber das Alg für die Zeit ab 22.06.2000 pauschal um 10 % erhöhte und dem Kläger ab 22.06.2000 Alg nach einem Bemessungsentgelt von 1.120,00 DM bewilligte. Mit weiterem Bescheid vom 26.07.2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 28.07.2000 Alhi in Höhe von 94,25 DM unter Anrechnung der BU-Rente in Höhe von wöchentlich 47,98 DM und unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 580,00 DM. Den gegen diese Bemessung eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2000 als unbegründet zurück; der Kläger komme aus gesundheitlichen Gründen nur noch für leichte Arbeiten in Frage.

Hiergegen hat der Kläger zum Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte die Änderungsbescheide vom 27.02. und 01.03.2001 erlassen und dem Kläger ab 28.07.2000 Alhi in Höhe von wöchentlichen 200,27 DM bzw. ab 01.01.2001 von 200,69 DM bewilligt.

Nach Vernehmung des Zeugen R. hat das SG mit Urteil vom 10.07. 2001 die Klage abgewiesen. Aus der Aussage des zuständigen Vermittlers ergebe sich, dass für die Einstufung das zutreffende tarifliche Entgelt zugrunde gelegt worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, bei der Bemessung der Alhi müsse das Entgelt zugrunde gelegt werden, das er in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Maurer erzielt habe.

Mit Änderungsbescheid vom 07.06.2002 hat die Beklagte für die Zeit vom 28.07.2000 ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 780,00 DM zugrunde gelegt. Im Rahmen der Anrechnung der BU-Rente ist sie davon ausgegangen, dass das Bemessungsentgelt ohne gesundheitliche Einschränkungen wöchentlich 1.010,00 DM betragen würde, und hat dem Kläger wöchentlich 225,68 DM ausbezahlt. Mit weiteren Bescheiden vom 07.06.2002 wurden die Zahlungen dementsprechend für die Zeiträume ab 01.01.2001 angepasst.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass nur noch die Bescheide vom 07.06.2002 Streitgegenstand sein sollen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 10.07.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 07.06.2002 zu verurteilen, ihm höhere Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Kläger stehe höhere Alhi, als ihm mit den Bescheiden vom 07.06.2002 bewilligt worden sei, nicht zu.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

Das Rechtsmittel erweist sich in der Sache als teilweise begründet. Dem Kläger steht höhere Alhi zu, als sie ihm mit den Bescheiden vom 27.02. und 01.03.2001 bewilligt worden war, und zwar in Höhe der ihm mit den Bescheiden vom 07.06.2002 bewilligten Leistungen. Deshalb hat das SG insoweit zu Unrecht die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger darüber hinaus höhere Alhi begehrt, ist die Berufung unbegründet, ebenso das gegen die Bescheide vom 07.06.2002, die gemäß §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind, und über die auf Klage hin zu entscheiden ist, gerichtete Rechtsmittel.

Gemäß § 200 Abs.1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.2000 (BGBl.I, S.1971) ist Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe das Bemessungsentgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist oder ohne § 133 Abs.3 bemessen worden wäre, vermindert um den Betrag, der auf einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beruht. Gemäß § 200 Abs.2 Satz 1 ist Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat, so lange der Arbeitslose aus Gründen, die in seiner Person liegen, nicht mehr das maßgebliche Bemessungsentgelt erzielen kann. Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob die Beklagte zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen des § 200 Abs.2 Satz 1 SGB III vorliegen, da der "Nachteil", der darin besteht, dass die Beklagte bei der Bemessung der Alhi zunächst jedenfalls nicht das für die Bemessung des Alg maßgebende Entgelt, das auf der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Maurer beruht, zugrunde gelegt hat, durch eine entsprechende Minderung des sich aus der Anrechnung der BU-Rente ergebenden Betrages ausgeglichen wird. Denn gemäß § 11 Nr.3 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) vom 07.08.1974 (BGBl.I, S.1929), zuletzt geändert durch die Änderung der AlhiV vom 18.06.1999 (BGBl.I, S.1433), gilt als auf die Alhi anzurechnende Einnahme im Sinne des § 194 Abs.2 Satz 1 SGB III nicht die Rente wegen Berufsunfähigkeit bis zur Höhe des Unterschiedes zwischen der Arbeitslosenhilfe nach § 136 des Arbeitsförderungsgesetzes (jetzt § 200 SGB III) und der Alhi, die dem Arbeitslosen hiernach zustehen würde, wenn sein Arbeitsentgelt nicht wegen Berufsunfähigkeit gemindert wäre. Dies bedeutet, dass die Minderung der Alhi, die sich durch die Anwendung des § 200 Abs.2 SGB III ergibt, nämlich dadurch, dass nicht das grundsätzlich heranzuziehende Entgelt der Alg-Bemessung zugrunde gelegt wird, sondern wegen einer angenommenen Leistungsminderung ein fiktives geringeres Entgelt, dadurch ausgeglichen wird, dass die BU-Rente in Höhe des Betrages nicht angerechnet wird, der dem Betrag dieser Minderung entspricht.

Der Kläger, auf dessen Lohnsteuerkarte die Steuerklasse 3 eingetragen ist, und der kein Kind im Sinne des § 129 Nr.1 SGB III hat, hat nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2000 Anspruch auf den allgemeinen Leistungssatz unter Heranziehung der höchsten Leistungsgruppe C. Bei dem von der Beklagten herangezogenen Bemessungsentgelt von 780,00 DM ergibt sich ein wöchentlicher Leistungsbetrag von 320,88 DM. Würde man entsprechend dem Begehren des Klägers das zuletzt für die Bemessung des Alg - ohne Berücksichtigung von Einmalzahlungen - maßgebliche Entgelt von 1.010,00 DM, das auf der zuletzt ausgeübten Beschäftigung als Maurer beruht, zugrunde legen, so würde sich ein wöchendlicher Leistungsbetrag von 389,34 DM ergeben. Allerdings wäre dann die BU-Rente, die am 28.07.2000 709,18 DM betrug, in voller Höhe von wöchentlich 163,66 DM anzurechnen, weshalb sich ein Zahlungsbetrag von wöchentlich 225,68 DM er- geben würde. Alhi in dieser Höhe ist dem Kläger aber mit dem Bescheid vom 07.06.2002 ausbezahlt worden. Denn die Beklagte hat aufgrund der Tatsache, dass sie ein vermindertes Bemessungsentgelt zunächst zugrunde gelegt hat, den Unterschiedsbetrag zwischen dem Leistungsbetrag von 389,34 DM einerseits und 320,88 DM andererseits, nämlich 68,46 DM, nicht auf den Leistungssatz von 320,88 DM angerechnet, sondern nur 95,20 DM, wes- halb sich ebenfalls der Zahlungsbetrag von 225,68 DM ergab. Für die folgenden Zeiträume ab 01.01.2001 usw. ergibt sich dieselbe Berechnung.

Obwohl das Alg des Klägers durch den Änderungsbescheid vom 26.07.2000 auf 1.120,00 DM erhöht worden war, kann dieses Entgelt nicht, und zwar auch nicht bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrages, zugrunde gelegt werden. Denn gemäß § 434c Abs.4 SGB III, eingefügt durch das Gesetz vom 21.12.2000 (BGBl.I, S.1971), bleiben für Ansprüche auf Alhi, die vor dem 01.01.2001 entstanden sind, Arbeitsentgelte, die einmalig gezahlt werden, bei der Bemessung nach § 200 außer Betracht. Die Erhöhung des Bemessungsentgeltes für das Alg von 1.010,00 DM auf 1.120,00 DM beruhte aber auf der pauschalen Berücksichtigung einmalig gezahlter Arbeitsentgelte.

Im Übrigen war auch das Alg des Klägers von der Beklagten zutreffend bemessen worden. Der Kläger hat in dem Bemessungszeitraum März 1996 bis Januar 1997, der 100 Arbeitstage umfasst, laut Arbeitsbescheinigung ein Bruttoentgelt von insgesamt 20.403,52 DM in 821 Arbeitsstunden erzielt, wobei die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 39 Stunden betrug. Hieraus ergibt sich ein wöchentliches Bemessungsentgelt von zunächst 970,00 DM, das bis zum Ende des Leistungsbezuges auf 1.010,00 DM bzw. 1.120,00 DM zu erhöhen war.

Somit war die Berufung zurückzuweisen bzw. die Klage abzuweisen, soweit eine höhere Leistung begehrt wurde, als sie mit den Bescheiden vom 07.06.2002 bewilligt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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