L 13 RA 14/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RA 584/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 RA 14/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. September 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger die Zeit vom 01.12.1954 bis 30.11. 1955 als fiktive Beitragszeit nach § 247 Abs. 2 a SGB VI vorzumerken ist.

Der am 1939 geborene Kläger beantragte im Januar 1999 Kontenklärung. Zum beruflichen Werdegang machte er unter Vorlage von Unterlagen folgende Angaben:

01.12.1954 - 30.11.1955 Grundausbildungslehrgang für Mechani ker in Vollzeit für arbeitslose Ju gendliche 01.12.1955 - 31.05.1958 Ausbildung zum Mechaniker mit Gesel lenprüfung 01.04.1966 - 24.09.1969 Vorbereitungskurs und Meisterprüfung im Mechanikerhandwerk

Gegen den Kontenklärungsbescheid vom 02.06.1999 legte der Kläger Widerspruch ein. Die Zeit vom 01.12.1954 - 30.11.1955 müsse als Beitragszeit anerkannt werden. Damals habe es keine Lehrstellen gegeben. Der Lehrgang in Vollzeit bei der Innung der Feinwerktechnik habe die Vermittlungschancen erhöht, weil er wie jede andere Lehrzeit in praktischer und theoretischer Ausbildung durchgeführt worden sei. Der Lehrgang sei auf die anschließende Lehrzeit in vollem Umfang angerechnet worden und damit als Zeit der Berufsausbildung anzuerkennen.

Mit streitigem Bescheid vom 06.08.1999 lehnte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) den Widerspruch, umgedeutet als Antrag auf Anerkennung der Zeit vom 01.12.1954 - 30.11. 1955 als fiktive Beitragszeit nach § 247 Abs. 2 a SGB VI, ab. Die Innung der Feinwerktechnik habe den Lehrgang im Auftrag des Arbeitsamtes für arbeitslose Jugendliche durchgeführt, sei jedoch nicht "Arbeitgeber" im Sinne des Sozialversicherungsrechts gewesen. Weder liege ein Beschäftigungsverhältnis noch ein Lehrvertrag für diese Zeit vor und damit keine Versicherungspflicht. Unerheblich sei die Anrechnung auf die nachfolgende Lehrzeit, denn hier handele es sich um unterschiedliche, durch gesetzliche Regelungen bestimmte Sachverhalte, die nicht miteinander verglichen werden könnten. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.1999 zurückgewiesen.

Seine zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobene Klage hat der Kläger im Wesentlichen damit begründet, dass die Innung zugleich "Arbeitgeber" im Sinne des Sozialversicherungsrechts gewesen sei, der Lehrgang sei wie eine Lehrzeit mit Theorie und Praxis durchgeführt worden. Außerdem bedeute die Nichtanerkennung der streitigen Zeit eine unbillige Härte, da er in einer wirtschaftlich besseren Zeit sofort eine Lehre mit Anrechnung als Beitragszeit hätte beginnen können. Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG eine Auskunft der Innung der Feinwerktechnik Mittelfranken eingeholt. Danach sei die Ausbildung im Auftrag des Arbeitsamtes durchgeführt worden, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis habe nicht vorgelegen. Ein Lehrvertrag sei nicht geschlossen worden, die Kläger sei nicht in den "Betrieb" eingegliedert gewesen, ein Entgelt sein nicht bezahlt worden. Die Innung habe allein einen Vertrag mit dem Arbeitsamt geschlossen.

Durch Urteil vom 28.09.2000 hat das SG die Klage abgewiesen, die Beklagte habe die Vormerkung der streitigen Zeit (01.12. 1954 - 30.11.1955) als fiktive Beitragszeit nach § 247 Abs. 2 a SGB VI zu Recht abgelehnt. Nach dieser Vorschrift seien Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung auch Zeiten, in denen in der Zeit vom 01.06.1945 bis 30.06.1965 Personen als Lehrling oder sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt gewesen seien und grundsätzlich Versicherungspflicht bestanden habe, eine Zahlung von Pflichtbeiträgen für diese Zeit jedoch nicht erfolgt sei. Eine Lehrzeit im Rechtssinne habe mangels Lehrvertrag und Lehrlingsvergütung in der streitigen Zeit nicht vorgelegen. Ebenso wenig habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zwischen der Innung und dem Kläger vorgelegen. So fehle eine Eingliederung in den Betrieb (Innung), ein Vertrag sei nicht geschlossen worden und die Innung habe auch kein Entgelt bezahlt. Die Innung habe vielmehr die Ausbildung im Auftrag des Arbeitsamtes übernommen. Dass der Grundausbildungslehrgang auf die im Anschluss hieran absolvierte Lehrzeit angerechnet worden sei, mache ihn nicht zu einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Die Anerkennung der streitigen Zeit als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI bleibe dahingestellt, da die Zeit vor dem 17. Lebensjahr liege.

Seine zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhobene Berufung stützt der Kläger im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen. Der Grundlehrgang sei eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme gewesen, die auch wegen voller Anrechnung auf die nachfolgende Lehrzeit als Beitragszeit anzuerkennen sei.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.09.2000 sowie den Bescheid vom 06.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 01.12.1954 bis 30.11.1955 als fiktive Pflichtbeitragszeit gemäß § 247 Abs. 2 a SGB VI vorzumerken.

Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.09.2000 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten. Auf ihren Inhalt wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Nicht Streitgegenstand ist, ob die geltend gemachte Zeit vom 01.12.1954 bis 30.11.1955 als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI zu berücksichtigen ist. Eine überprüfbare Entscheidung der Beklagten darüber liegt nicht vor. Die Vormerkung der streitigen Zeit als Pflichtbeitragszeit nach § 247 Abs. 2 a SGB VI hat das SG zu Recht abgelehnt.

Pflichtbeitragszeiten sind nach § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt worden sind bzw. für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs.1 S. 2 SGB VI). Unstreitig ist, dass Pflichtbeiträge in der geltend gemachten Zeit (01.12.1954 - 30.11. 1955) für den Kläger nicht gezahlt worden sind.

Die Voraussetzungen des § 247 Abs. 2 a SGB VI, die streitige Zeit als fiktive Beitragszeit vorzumerken, liegen ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung auch Zeiten, in denen in der Zeit vom 01.06.1945 bis 30.06.1965 Personen als Lehrling oder sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren und grundsätzlich Versicherungspflicht bestand, eine Zahlung von Pflichtbeiträgen für diese Zeiten jedoch nicht erfolgt ist (Zeiten einer beruflichen Ausbildung).

Das SG hat überzeugend dargelegt, dass die streitige Zeit vom 01.12.1954 bis 30.11.1955 nicht als Zeiten einer beruflichen Ausbildung und damit nicht als fiktive Pflichtbeitragszeit nach § 247 Abs. 2 a SGB VI anzuerkennen ist. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Ergänzend ist unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung auszuführen, dass auch die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20.01.1963 (3 RK 36/59, BSGE 18, 246) dem Kläger nicht zur Anerkennung des Grundausbildungslehrgangs für Mechaniker als fiktive Beitragszeit nach § 247 Abs. 2 a SGB VI verhilft. Danach steht einem Lehrverhältnis nicht entgegen, dass die Ausbildung nicht in einem Betrieb eines Arbeitgebers durchgeführt wurde, wenn mit der auszubildenden Einrichtung ein Lehrvertrag abgeschlossen wurde und ein Eintrag in die Lehrlingsrolle erfolgt ist. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger in der streitigen Zeit nicht.

Der Kläger hat vom 01.12.1954 - 30.11.1955 bei der Innung der Feinwerktechnik Mittelfranken an einem Grundausbildungslehrgang für Mechaniker teilgenommen. Dieser Lehrgang wurde für arbeitslose Jugendliche im Auftrag des Arbeitsamtes durchgeführt. Die Innung hat zwar die Ausbildung des Klägers übernommen, ohne jedoch zugleich "Arbeitgeber" im Sinne des Sozialversicherungsrechts gewesen zu sein, wie die Auskunft der Innung belegt. Damit ist für die Dauer des Besuchs des Lehrgangs kein Beschäftigungsverhältnis begründet worden. Dem entspricht es, dass für diese Zeit auch kein zwischen der Ausbildungsstätte und dem Versicherten geschlossener Lehrvertrag vorgelegt worden ist. Anders als bei dem vom BSG entschiedenen Fall war Ziel des vom Kläger absolvierten Grundlehrgangs keine abgeschlossene Lehre, sondern die Vorbereitung auf den Beruf. Der Lehrgang dauerte nur ein Jahr, ein Lehrvertrag wurde nicht abgeschlossen, die Zeit des Grundlehrgangs wurde nicht in die Lehrlingsrolle eingetragen.

Nach alledem hat für die Dauer des Besuchs des Grundausbildungslehrgangs für Mechaniker keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden, so dass die Beklagte die Anerkennung fiktiver Pflichtbeitragszeiten nach § 247 Abs. 2 a SGB VI zu Recht ausgeschlossen hat. Die Berufung war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich
Rechtskraft
Aus
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