L 10 AL 230/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 776/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 230/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.03.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.

Der am 1945 geborene türkische Staatsangehörige (Kläger) hatte 1994 in einem Betrieb seiner Ehefrau ohne Entlohnung gearbeitet und dies damals ordnungsgemäß der Beklagten mitgeteilt. Anschließend erhielt er Arbeitslosengeld (Alg) und bezog mit Unterbrechungen seit 28.08.1997 Alhi.

In seinen Anträgen vom 18.08.1997, 26.05.1998 und den Anträgen für die Zeit ab 28.08.1998 und ab 28.08.1999 hatte er jeweils angegeben, nicht bei einem Familienangehörigen beschäftigt zu sein.

Mit Verfügung vom 12.08.1998 wurde dem Kläger Alhi für die Zeit vom 05.08.1998 bis 27.08.1999, mit Verfügung vom 05.08.1999 ab 28.08.1999 (bis 31.08.1999) sowie mit Verfügung vom 21.09.1999 erneut nach örtlicher Abwesenheit ab 08.09.1999 gewährt.

Bei den Observationen des "A.-Imbiss" am 13.07.1999, 23.07.1999 und 05.08.1999 war jeweils ein dem Kläger ähnlich sehender Mann im Verkauf, bei der Bedienung, am Telefon und bei der Zubereitung von Döner beobachtet worden. Auf Befragen erklärte die Ehefrau des Klägers, sie sei Inhaberin des A.-Imbiss, der am 25.01.1999 eröffnet worden sei. Der Kläger bestätigte in einem Protokoll vom 04.10.1999 den Eröffnungszeitpunkt und gab an, nach Bedarf dort tätig zu sein. Er selbst sei seit 1997 mit Unterbrechungen arbeitslos gemeldet und bekomme Alg bzw Alhi. Er helfe seit der Geschäftseröffnung seiner Ehefrau im Geschäft. Die Öffnungszeiten seien montags bis freitags 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Er erledige alle anfallenden Tätigkeiten, wie zB Speisen zubereiten, Verkauf etc., Entgelt erhalte er nicht. Die wöchentliche Arbeitszeit betrage ca 15 bis 18 Stunden, dies sei jedoch unterschiedlich, eine feste Arbeitszeit habe er nicht. Er halte sich den ganzen Tag im Geschäft auf. Wenn Kundschaft komme, bediene er natürlich. So lasse sich auch erklären, dass die Arbeitszeit zwischen 15 und 18 Stunden pro Woche betrage. Die Aufenthaltszeit im Laden sei natürlich höher. Dort stehe er Kunden zur Verfügung, dies sei jedoch für ihn keine Arbeitszeit. Diese Aussage unterschrieb der Kläger, wobei er versicherte, die vorstehenden Angaben seien vollständig und entsprächen der Wahrheit.

Mit Bescheid vom 26.10.1999 hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung von Alhi ab 25.01.1999 gem §§ 190 Abs 1 Nr 1 iVm § 198 Satz 2 Nr 1, 118 und 122 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und §§ 48 und 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 SGB III auf und forderte gem § 50 Abs 1 SGB X 12.552,23 DM (Alhi) sowie 3.713,28 DM (Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) gem § 335 Abs 1 SGB III zurück.

Ab 15.11.1999 bezog der Kläger antragsgemäß erneut Alhi.

Gegen den Aufhebungsbescheid erhob der Kläger Widerspruch. Ein Arbeitsverhältnis mit der Ehefrau habe nicht bestanden. Er habe nur an manchen Tagen bei schweren Arbeiten geholfen, dies aber weniger als 15 Stunden pro Woche. Bei Unterschrift des am 04.10.1999 gefertigten Protokolls sei ihm die Bedeutung der 15-Stunden-Grenze nicht bewusst gewesen. Feste Arbeitszeiten seien nicht vereinbart gewesen, ein Entgelt sei nicht gezahlt worden. Das gelegentliche Aushelfen habe am 21.01.1999 begonnen.

Auf Veranlassung der Beklagten erfolgten weitere Observationen, wobei der Kläger nicht immer angetroffen wurde. Am 15.06.2000 erklärte er, weniger als 15 Stunden pro Woche ohne Entgelt für seine Ehefrau zu arbeiten. Dem damaligen Ermittler erschien die Aussage glaubhaft.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2000 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Kläger habe nach den erfolgten Observationen selbst zugestanden, sich während der Öffnungszeiten im Betrieb seiner Gattin aufgehalten und seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt zu haben. Über die Rechtslage sei er durch Merkblätter aufgeklärt gewesen. Die Voraussetzungen zur rückwirkenden Aufhebung und Rückforderung seien erfüllt.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Ergänzend hat er zur Begründung vorgetragen, er habe darauf vertraut, der Mitarbeiter des Arbeitsamts werde seine Angaben übernehmen und er habe das Protokoll unterschrieben, ohne es genau gelesen zu haben. Aus den stichprobenartigen Observationen im Juli und August 1999 ließen sich keine Rückschlüsse auf die Zeit vom 25.01.1999 bis zur ersten Observation ziehen. Im Übrigen habe der Kläger im Imbiss lediglich seiner Ehefrau Gesellschaft geleistet. Die Ehefrau und der Sohn des Klägers könnten dies bezeugen.

Das SG hat mit Urteil vom 13.03.2002 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe mehr als 15 Stunden wöchentlich im Betrieb seiner Ehefrau aufgewandt und die Überzahlung von Leistungen in grob fahrlässiger Weise herbeigeführt. Dies ergebe sich aus seinen detaillierten Angaben gegenüber der Beklagten am 04.10.1999, die glaubhaft und nachvollziehbar seien. Sein Irrtum, ohne Entgeltzahlung sei seine Tätigkeit arbeitslosenrechtlich unerheblich, sei nicht entschuldbar. Der Kläger hätte vor Unterzeichnung des Protokolls bei möglichen Unklarheiten eine Abklärung herbeiführen müssen. Über seine Mitteilungspflichten sei er durch die ausgehändigten Merkblätter informiert gewesen, von deren Inhalt er auch dann Kenntnis nehmen muss, wenn er Sprachschwierigkeiten habe. Gem §§ 48 und 45 SGB X habe er seine Mitteilungspflicht verletzt, er habe grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige und unvollständige Angaben gemacht.

Mit der hiergegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, die angebotenen Zeugen seien nicht vernommen worden und er habe - was entscheidend sei - das unterschriebene Protokoll aus sprachlichen Gründen nicht verstehen können. Die Unterschrift unter das Protokoll sei erschlichen worden. Auch evtl ausgehändigte Merkblätter habe der Kläger nicht verstehen können.

Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 13.03.2002 sowie den Bescheid vom 26.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Einvernahme der Zeugen H. und S. zur Frage des Zustandekommens der Protokolle vom 04.10.1999 und 19.06.2000.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Der Kläger habe die Pflicht gehabt, sich Klarheit über den Inhalt der Merkblätter und der ihm obliegenden Pflichten zu verschaffen (BSG Urteil vom 24.04.1997 - 11 RAr 89/96).

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, der Bescheid vom 26.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Vergangenheit ab 25.01.1999 aufgehoben bzw zurückgenommen und Erstattung der geleisteten Überzahlung in Höhe von insgesamt 16.265,51 DM gefordert.

Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der mit Bescheid vom 12.08.1998 für die Zeit vom 25.01.1999 bis 27.08.1999 bewilligten Alhi stellt § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III, der ab 01.01.1998 anwendbar ist, dar.

§ 48 SGB X ist die zutreffende Vorschrift für die Aufhebung dieser Alhi-Bewilligung, denn im Zeitpunkt der Bewilligung am 12.08.1998 war diese rechtmäßig. Zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung hatte der Kläger noch keine mehr als geringfügige Beschäftigung im Betrieb seiner Ehefrau aufgenommen. Es lag somit keine Rechtswidrigkeit von Anfang an vor.

Gem § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier vorliegend - aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X).

Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist eingetreten. Der Kläger hat seit der Betriebseröffnung, die spätestens für den 25.01.1999 angegeben worden war, im Rahmen der familienhaften Mithilfe eine mehr als geringfügige Beschäftigung ausgeübt.

Gem § 118 Abs 1 SGB III ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, wenn er (1.) vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und (2.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt (§ 118 Abs 2 Satz 1 SGB III). Dabei stehen eine selbstständige Tätigkeit und eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger einer Beschäftigung gleich (§ 118 Abs 3 Satz 1 SGB III).

Hier liegt eine sogenannte familienhafte Mithilfe vor, denn es besteht weder ein Arbeitsvertrag noch ein Entgeltanspruch zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau, der Inhaberin des Betriebes. Die Mitarbeit des Klägers im Betrieb beruht auf gesellschaftsrechtlicher - hier ehelicher - Grundlage (vgl Niesel, SGB III, 2.Aufl, § 25 RdNr 24 ff).

Bei den vom Kläger genannten Öffnungszeiten (Montag bis Freitag von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr und am Samstag von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr) ist davon auszugehen, dass der Kläger mehr als 15 Stunden dort anwesend war, auf evtl anfallende Tätigkeiten gewartet und diese auch ausgeführt hat. Dieses Warten ist im Sinne einer latenten Arbeitsbereitschaft (vgl unten) zu sehen und ebenfalls als Tätigkeitszeit anzusetzen. Die Grenze von 15 Stunden wöchentlich wird dabei auch dann überschritten, wenn der Kläger, wie es bei einer Observation der Fall war, nicht täglich oder ständig im Betrieb der Ehefrau anwesend ist.

Dies ergibt sich - unabhängig von den unterschriftlich bestätigten Angaben des Klägers vom 04.10.1999 - aus seinen im Rahmen des Widerspruchsverfahrens abgegebenen Erklärungen zu den von ihm verrichteten Tätigkeiten. Demnach war er während der Öffnungszeiten im Betrieb der Ehefrau anwesend, um zumindest im Bedarfsfall Arbeiten auszuüben. Allerdings beschränkte sich seine Tätigkeit nicht allein auf schwere Tätigkeiten, denn - und diesbezüglich sind die Ergebnisse der Observationen vom 13.07.1999, 23.07.1999 und 05.08.1999 brauchbar und verwertbar - er führte auch zumindest mitunter leichtere Tätigkeiten (zB Bedienung, Zubereitung von Döner, Verkauf etc) aus. Unabhängig hiervon ist aber bei familienhafter Mithilfe in einem Imbiss davon auszugehen, dass die Anwesenheit während der gesamten Öffnungszeiten, insbesondere das Warten auf Tätigkeiten während dieser Öffnungszeiten, als Beschäftigung anzusehen ist (vgl LSG Niedersachsen in NZA 1988, 592; BSG Urteil vom 28.10.1987 - 7 RAr 26/86 - veröffentlicht im juris). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein mithelfender Familienangehöriger eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt, ist in erster Linie auf die regelmäßigen Öffnungszeiten des für den Geschäftsverkehr eröffneten Betriebes abzustellen (LSG Nds in NZA 1988, 512). Dies gilt auch, wenn diese Zeiten in Ermangelung von Aufträgen nicht voll mit eigener Arbeit ausgefüllt sind. Eine Anwesenheit im Betrieb und das Warten auf den Anfall von (schwereren) Arbeiten übersteigt die Grenze von 15 Wochenstunden. Die Angaben im Protokoll vom 04.10.1999 sind als Beleg hierfür nicht erforderlich.

Spätestens ab 25.01.1999 hatte der Kläger mit der familienhaften Mithilfe begonnen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Betrieb der Ehefrau eröffnet worden. In seinem Schreiben vom 09.12.1999 hat der Kläger sogar den 21.01.1999 als Beginn dieser Tätigkeiten angegeben. Somit sieht der Senat die Aufnahme der Tätigkeit bereits ab Geschäftsbeginn und nicht erst ab Beginn der Observationen im Juli 1999 als gegeben an.

Bereits auf Grund der vom Kläger im Verlauf des Rechtsstreites noch zugestandenen (allein schwereren) Tätigkeiten in bloß sporadischem Umfang und der Anwesenheit im Imbiss ist davon auszugehen, dass er nicht mehr beschäftigungslos im Sinne des § 118 Abs 1 Nr 2 SGB III war. Eine Vernehmung der vom Kläger angebotenen Zeugen ist daher nicht erforderlich, denn es wird neben den Observationsergebnissen allein auf die zuletzt vom Kläger angegebenen und zugestandenen Tätigkeiten abgestellt. Eine Vernehmung der von der Beklagten angebotenen Zeugen ist ebenfalls nicht angezeigt, denn die Protokolle vom 04.10.1999 und 19.06.2000 mussten nicht zur Entscheidung herangezogen werden.

Damit ist eine wesentliche Änderung in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die dem Bewilligungsbescheid zugrunde lagen, am 25.01.1999 eingetreten. Durch die Aufnahme der familienhaften Mitarbeit in mehr als geringfügigem Umfang ist der Anspruch auf Alhi entfallen.

Der Kläger hat es unterlassen, diese wesentliche Änderung der Beklagten mitzuteilen. Er hat damit zumindest grob fahrlässig seiner Mitteilungspflicht gem § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht genügt. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonderes schwerem Maße verletzt, dh. wer einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen; dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Begünstigten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (vgl BayLSG vom 10.12.2001 - L 10 AL 93/99 - veröffentl. in Juris). Der Kläger hätte die Aufnahme der familienhaften Mitarbeit der Beklagten unverzüglich mitteilen müssen. Offen bleiben kann dabei, ob der Kläger diese Pflicht auf Grund der ihm ausgehändigten Merkblätter "Dienste und Leistungen" kannte oder grob fahrlässig nicht kannte, und ob seine Sprachschwierigkeiten hierbei von wesentlicher Bedeutung waren. Dem Kläger war nämlich eine entsprechende Mitteilungspflicht ohnehin bekannt. Dies ergibt sich aus den Akten. Der Kläger hat am 26.01.1994 bereits einmal der Beklagten mitgeteilt, dass er im damaligen Familienbetrieb seiner Ehefrau stundenweise je nach Arbeitsanfall mithelfe, wobei er keinen Aushilfslohn erhalte. Aus dieser damaligen Mitteilung, die sich auf einen anderen Betrieb der Ehefrau des Klägers bezog, ergibt sich, dass dem Kläger bekannt war, eine solche familienhafte Mitarbeit müsse der Beklagten mitgeteilt werden. In späteren Antragstellungen hat er die jeweils ausdrücklich gestellte Frage nach einer solchen Mithilfe bei einem Familienangehörigen immer ausdrücklich verneint. Sowohl die frühere Mitteilung des Klägers als auch die verneinende Beantwortung der jeweiligen Fragen in den Anträgen zeigen, dass gerade dem Kläger auch aktuell die Pflicht zur Mitteilung bekannt war, die Tätigkeit bei seiner Ehefrau angeben zu müssen. Er hat somit zumindest grob fahrlässig gehandelt, wenn er die Aufnahme der familienhaften Mitarbeit nicht der Beklagten unverzüglich meldete. Auf seine Sprachschwierigkeiten und auf das Verstehenkönnen der Merkblätter ist daher nicht weiter einzugehen.

Die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X liegen somit vor. Bei der Aufhebungsentscheidung hat die Beklagte kein Ermessen auszuüben (§ 330 Abs 3 SGB III).

Die Rücknahme der Alhi-Bewilligung auf Grund der Bescheide vom 05.08.1999 und 21.09.1999 für die Zeit vom 28.08.1999 bis 31.08.1999 und ab 08.09.1999 beruht auf § 45 Abs 1 und 4 iVm § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X iVm § 330 Abs 2 SGB III. Diese Bewilligungen waren von Anfang an rechtswidrig, denn dem Kläger stand bereits ab Erlass der jeweiligen Bewilligung mangels Beschäftigungslosigkeit kein Anspruch auf Alhi mehr zu. In dem diesen Bewilligungen zugrundeliegenden Antrag vom 05.08.1999 (76 AA) hatte der Kläger die Frage nach einer Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger ausdrücklich verneint. Damit beruht die Bewilligung von Alhi auf Angaben, die der Begünstigte vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X). Eine Ermessensentscheidung hat die Beklagte auch hier nicht zu treffen (§ 330 Abs 2 SGB III).

Die weiteren Voraussetzungen zur Aufhebung und Rücknahme der Bewilligungen von Alhi liegen vor. Insbesondere ist die erforderliche Anhörung (§ 24 Abs 1 SGB X) im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden (§ 41 Abs 1 Nr 3 SGB X; vgl von Wulffen/Wiesner, SGB X, 4.Aufl, § 41 RdNr 7). Auch die für die Aufhebung bzw Rücknahme einer Bewilligung einzuhaltende Jahresfrist gem §§ 48 Abs 4 Satz 1, 45 Abs 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten worden.

Die Rückforderung selbst beruht auf § 50 Abs 1 SGB X. An der Höhe des zu erstattenden Betrages bestehen keine Zweifel.

Die Erstattungspflicht für die unrechtmäßig geleisteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ergibt sich für die Zeit ab 25.01.1999 aus § 335 Abs 1 Satz 1, Abs 5 SGB III.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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