L 18 V 54/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 V 3/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 V 54/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.11.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Klägerin Witwenrente und höheres Bestattungsgeld nach dem Bundesversorgungsgsetz (BVG) zustehen.

Bei dem am 1920 geborenen Ehemann der Klägerin, dem Versorgungsberechtigten (VB) J. B. , waren zuletzt mit Bescheid vom 07.06.1979 als Schädigungsfolgen im Sinne der Entstehung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vH anerkannt: 1. Lungen- und Brustwandstecksplitter rechts bei Defektbildung der 4. Rippe mit Reizung der Bronchien, dadurch bedingte Minderung der Atemleistung sowie neuralgischen Beschwerden im rechten Arm nach Schädigung des Armnervengeflechts 2. Narben im Bereich des Hinterkopfes und der linken Brustwar zengegend 3. Chronisch-rezidivierende Bronchitis mit Verdacht auf Lungenemphysem.

Der VB verstarb am 10.09.1996. Im Obduktionsbericht vom 11.09.1996 wurde als Todesursache ein akutes Links- und Rechtsherzversagen angegeben.

Der Beklagte lehnte einen Antrag der Klägerin auf Gewährung eines erhöhten Bestattungsgeldes gemäß § 36 Abs 1 Satz 2 1. Alternative BVG mit Bescheid vom 14.10.1996 mit der Begründung ab, der VB sei nicht an seinen anerkannten Schädigungsfolgen verstorben. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen über den VB einschließlich des Obduktionsberichtes lehnte der Beklagte einen Antrag der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente mit Bescheid vom 02.09.1997 mit der gleichen Begründung ab. Die Widersprüche waren erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 15.01.1998).

Mit ihren zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobenen Klagen hat die Klägerin die Abänderung des Bescheides vom 14.10.1996 idF des Widerspruchsbescheides vom 15.01.1998 und die Aufhebung des Bescheides vom 02.09.1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 15.01.1998 sowie die Gewährung von Bestattungsgeld gemäß § 36 Abs 1 Satz 2 1. Alternative BVG und Witwenrente begehrt. Das SG hat die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und von dem Internisten Dr.H.G.M. ein Gutachten vom 29.08.1998 eingeholt. Dieser hat als Todesursache ein Herzversagen aufgrund einer akuten Herzkranzgefäß-Durchblutungsstörung festgestellt und ausgeführt, dieser Erkrankung habe eine vorangeschrittene Arteriosklerose zugrunde gelegen, die durch rein schädigungsfremde Faktoren entstanden sei. Weder auf dem Wege über die Coronararterienverkalkung noch auf irgend einem anderen Wege hätten die anerkannt gewesenen Schädigungsfolgen oder die in der Zeit des Wehrdienstes und der Kriegsgefangenschaft erlittenen Schädigungen einen ursächlichen Beitrag zum Tod des VB geleistet. Der VB hätte ohne die Schädigungsfolgen auch nicht mit Wahrscheinlichkeit wenigstens 1 Jahr länger gelebt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.11.1998 abgewiesen und sich auf das Gutachten des Dr.H.G.M. gestützt.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Der Senat hat von Prof.Dr.A.S. (Deutsches Herzzentrum München) ein Zusammenhangsgutachten vom 16.03.2001 eingeholt. Dieser hat einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der anerkannten Lungenerkrankung und dem Herztod des VB verneint. Die Klägerin hat sich mit Schreiben vom 27.06.2001 gegen das Gutachten des Prof.Dr.A.S. gewandt und eine Patientenakte des VB vorgelegt. Prof.Dr.A.S. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2002 an seinem Gutachten festgehalten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Nürnberg vom 12.11.1998 aufzuheben und den Bescheid vom 14.10.1996 idF des Widerspruchsbescheides vom 15.01.1998 abzuändern, den Bescheid vom 02.09.1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 15.01.1998 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, erhöhtes Bestattungsgeld sowie Witwenrente zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 12.11.1998 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Beschädigtenakte, Witwenakte und Schwerbehindertenakte des Beklagten, die Archivakten des SG Nürnberg IV 9373/53, S/V 752/61, S 5 V 81/76, die Archivakte des Bayer. Landessozialgerichts L 7 V 164/79 und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ein erhöhtes Bestattungsgeld gemäß § 36 Abs 1 Satz 2 1. Alternative BVG und die Gewährung von Witwenrente gemäß § 38 BVG. Der Senat nimmt auf die überzeugenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ).

Das vom Senat eingeholte Gutachten des Prof.Dr.A.S. bestätigt in überzeugender Weise das Beweisergebnis des SG. Der VB ist an einem zentralen Regulationsversagen bei Verdacht auf frischen linkshirnigen Apoplex sowie an einer akuten Coronarinsuffizienz im akuten Links- und Rechtsherzversagen verstorben. Er ist damit nicht an den mit einer MdE von 30 vH anerkannt gewesenen Versorgungsleiden verstorben. Die anerkannt gewesenen Schädigungsfolgen haben auch für den Todeseintritt keine wesentliche Bedingung im Sinne einer mindestens etwa gleichwertigen Ursache gebildet. Die generalisierte Arteriosklerose, die zu Apoplex und akuter coronarer Insuffizienz geführt hat, steht mit der vorbestehenden Lungenerkrankung in keinem ursächlichen Zusammenhang. Der Tod des VB steht auch ansonsten nicht mit der vom Gesetz geforderten Wahrscheinlichkeit in ursächlichem Zusammenhang mit schädigenden Einflüssen des Wehrdienstes oder der Kriegsgefangenschaft. Der generalisierten Arteriosklerose lagen eine ganze Reihe von Risikofaktoren zugrunde. Beim VB lagen - abgesehen von der unbekannten genetischen Disposition - als Risikofaktoren vor: Metabolisches Syndrom mit Übergewicht (zumindest bis 1992), Hypercholesterinämie (1977 erstmals erwähnt mit 245 mg/dl), Hypertonie seit ca 1974, mäßiger Nikotinkonsum (bis 10 Zigaretten/pro Tag), Diabetes mellitus, zuletzt insulinpflichtig. Zwar ist - worauf bereits das SG hingewiesen hat - grundsätzlich eine Rückwirkung von der Lunge auf das Herz dann möglich, wenn eine schwere Lungenerkrankung mit obstruktiver, restriktiver oder kombiniert obstruktiv-restriktiver Komponente, die zu einer deutlichen Drucksteigerung im kleinen Kreislauf führt, vorliegt. Eine solche, auf einer Lungenerkrankung basierende Herzerkrankung, die als Cor pulmonale bezeichnet wird, hat beim Kläger nicht vorgelegen. Wie aus den Resultaten der Lungenfunktionsprüfungen von 1960 bis 1995 ersichtlich ist, kann beim VB nicht von einer schweren Lungenerkrankung ausgegangen werden, die die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie bzw eines Cor pulmonale ermöglicht hätte. Die Beurteilungen haben vielmehr von "keine Ventilationsstörung bei noch guter Atemleistung" bis "mittelgradiges obstruktives Lungenemphysem" oder "Zeichen der kombinierten Ventilationsstörung mit überwiegender Restriktion" gereicht. Zeichen einer respiratorischen Globalinsuffizienz haben ebenfalls nicht vorgelegen.

Nach alledem hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen und konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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