Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 37 AL 225/93
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 185/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter Dr.Höfler wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im anhängigen Berufungsverfahren die Aufhebung der Arbeitslosenhilfe (Alhi)-Bewilligung für die Zeit vom 01.10.1986 mit 31.03.1987 sowie die damit korrespondierende Erstattung der eingetretenen Überzahlung in Höhe von DM 12.299,50 streitig.
Durch Verfügung vom 04.01.2001 hat der Senat Termin zur mündlichen Verhandlung auf Donnerstag, den 25.01.2001, 11.15 Uhr bestimmt. Das persönliche Erscheinen der Beteiligten wurde nicht angeordnet. Nach Zustellung der Terminsmitteilung vom 04.01. 2001 beantragte der Klägerbevollmächtigte mit Fax vom 16.01. 2001, beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) am selben Tag um 18.09 Uhr eingegangen, die Absetzung des Termins. Am 25.01.2001 werde der Kläger, der bei der mündlichen Verhandlung persönlich anwesend sein wolle, in einer Verkehrssache vor dem Amtsgericht Ingolstadt als Zeuge vernommen. Der Senatsvorsitzende, Vorsitzender Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr.Höfler, bat per Fax vom 17.01.2001, abgesandt um 12.01 Uhr, um die möglichst umgehende Vorlage einer Ablichtung der Zeugenladung, damit Ladungstag und Terminsstunde festgestellt werden könnten. Falls erforderlich wäre der Senat eventuell bereit, die Streitsache am 25.01.2001 zu einer anderen Zeit aufzurufen. Eine Reaktion erfolgte hierauf nicht.
Als der Vorsitzende am 23.01.2001 beim Klägerbevollmächtigten telefonisch nachfragte, teilte Letzterer mit, der Kläger habe die Ladung direkt an das LSG gesandt. Er gehe der Sache allerdings noch nach. Durch Fax vom 24.01.2001 machte Dr.Höfler unter Bezugnahme auf das Schreiben des Senats vom 17.01.2001 und das Telefonat vom 23.01.2001 darauf aufmerksam, dass dem Verlegungsantrag nach dem derzeitigen Sachstand nicht entsprochen werden könne, da der Kläger erhebliche Gründe nicht glaubhaft gemacht habe. Am selben Tage ging um 12.15 Uhr bei der Poststelle des Gerichts ein Fax des Klägerbevollmächtigten ein, demzufolge dieser soeben erfahren habe, dass der Kläger den Zeugentermin vor dem Amtsgericht Ingolstadt abgesagt habe. Trotzdem werde weiterhin beantragt, den Verhandlungstermin vom 25.01.2001 zu verlegen. Er selbst habe an diesem Tag von 08.15 Uhr bis ca. 10.00 Uhr zwei Mandantenbesprechungen sowie um 10.30 Uhr vor dem Arbeitsgericht München (Az.: 14 Ca 17039/00) einen Gütetermin wahrzunehmen. Erfahrungsgemäß könnten hierbei zeitliche Verzögerungen bis zu einer Stunde auftreten. Anschließend finde (wohl ohne Mittagspause) eine weitere Mandantenbesprechung zur umfänglichen und gewissenhaften Vorbereitung einer Bußgeldsache nach dem SGB III statt, die mit einer Geldbuße von bis zu 500.000,00 DM bewehrt sei. Sein OLG-bestellter Vertreter sei wegen einer auswärtigen Mandantenbesprechung (Dauer 9.30 Uhr bis voraussichtlich zum späten Nachmittag) ebenfalls verhindert. Eine kurzfristige Absage sei nicht möglich.
Mit Faxschreiben vom 24.01.2001, abgesandt um 16.36 Uhr, wies der Vorsitzende - nachdem er den Klägerbevollmächtigten gegen 15.45 Uhr telefonisch nicht hatte erreichen können - darauf hin, dass der Termin auch nach Vorlage des Faxschreibens vom 24.01. 2001 nicht verlegt werden könne. Die terminlichen Gründe des Bevollmächtigten seien erst jetzt geltend gemacht worden, der Senat könne keine andere Streitsache nachladen. Im Übrigen frage es sich, weshalb der Senatstermin gegenüber allen anderen Terminen nachrangig sein sollte. Schließlich sei eine Terminskollision wahrscheinlich gar nicht gegeben, insbesondere aber dann nicht, wenn die Sache des Klägers, was vorgeschlagen werde, nicht vor (z.B.) 12.00 Uhr aufgerufen und das Arbeitsgericht auf den Sachverhalt hingewiesen werde. Falls Rechtsanwalt B. auftreten wolle, wäre der Senat bereit, die Sache nicht vor (z.B.) 13.30 Uhr aufzurufen. Abschließend wurde um umgehende Mitteilung gebeten, ob Einverständnis mit einem der Vorschläge bestehe.
Mit Fax vom 24.01.2001, eingegangen um 18.39 Uhr, lehnte der Klägerbevollmächtigte den Vorsitzenden Dr.Höfler schließlich wegen der Besorgnis der Befangenheit ab, da jener auf seine Terminnöte keine Rücksicht nehme. Es könne u.a. nicht angehen, dass das Interesse des Klägers dadurch nicht ausreichend gewahrt werde, dass der Vorsitzende bewusst in Kauf nehme, dass der Klägerbevollmächtigte, wenn überhaupt, völlig gehetzt zur Berufungsverhandlung erscheine und diesen Fall möglichst rasch abwickle, damit die notwendige Vorbereitung des nächsten Termin nicht leide.
Dr.Höfler hat sich in seiner - dem Klägerbevollmächtigten zugänglich gemachten - dienstlichen Äußerung vom 30.01.2001 für nicht befangen gehalten.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung über den nicht offensichtlich unzulässigen, aber in der Sache unbegründeten Ablehnungsantrag des Klägers ohne Mitwirkung des abgelehnten Vorsitzenden, § 60 Abs.1 Satz 1, Satz 2 SGG i.V.m. §§ 42, 44, 45 ZPO.
§ 42 ZPO zufolge kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist nur dann der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 35.171, 172). Das Misstrauen muss aus der Sicht eines ruhig und vernünftig denkenden Prozessbeteiligten verständlich sein, vgl. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zum SGG, Seite 186/14. Dabei kommt es weder darauf an, ob die Befürchtung eines Beteiligten begründet ist, der Richter sei ihm gegenüber voreingenommen, noch darauf, ob der abgelehnte Richter sich für befangen hält oder nicht, vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 19.Aufl., § 42 Rdnr.9.
Hiervon ausgehend hat der Kläger zur Überzeugung des Senats keinen Anlass, die Unvoreingenommenheit und objektive Einstellung des Vorsitzenden Richters Dr.Höfler in Zweifel zu ziehen. Denn die in den Schriftsätzen vom 17. und 24.01.2001 geäußerte Rechtsauffassung stellt sich nicht als willkürliche Benachteiligung dar, vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rdnr.24 m.w.N.
Abgesehen davon, dass die mit Faxschreiben vom 16.01.2001 behauptete Verhinderung des Klägers trotz rechtzeitiger Aufforderung bis heute und insbesondere bis zur telefonischen Nachfrage des Vorsitzenden beim Klägerbevollmächtigten vom 23.01.2001 nicht glaubhaft gemacht worden ist, hat Dr.Höfler noch im zweiten Fax vom 24.01.2001 ausdrücklich die Bereitschaft erklärt, auf die Interessen des Klägerbevollmächtigen einzugehen und insoweit Vorschläge unterbreitet, zu denen Stellung genommen werden sollte. Damit musste, wie Dr.Höfler in seiner dienstlichen Äußerung ausführt, dem Klägerbevollmächtigten bekannt sein, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen war.
Im Übrigen bietet selbst die endgültige Ablehnung eines Antrags auf Terminsverlegung grundsätzlich keinen Anlass, an der Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln. Vielmehr müssen insoweit noch besondere Umstände des Einzelfalles hinzukommen, wenn bei vernünftiger Betrachtung vom Standpunkt des Ablehnenden aus Anlass für die Befürchtung bestehen soll, der Richter stehe der Sache nicht unparteilich gegenüber, vgl. BayObLG, Beschluss vom 30.01.1986, MDR 1986.416.
Dem gemäß § 202 SGG auch im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit anwendbaren § 227 Abs.1 Satz 1 ZPO zufolge kann ein Termin bei Vorliegen erheblicher Gründe verlegt werden. Die Entscheidung hierüber liegt außerhalb der mündlichen Verhandlung im pflichtgemäßen - weiten - Ermessen des Vorsitzenden; doch hat das Gesetz Maßnahmen dieser Art zur Straffung des Verfahrens, die im Sozialgerichtsprozess funktionsdifferent verstanden werden muss, vgl. BSGE 73.126 (128), an das Vorliegen erheblicher Gründe geknüpft. Es stellt daher nur dann einen Verstoss gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und damit einen wesentlichen Mangel des Verfahrens dar, wenn ein Antrag auf Terminsverlegung trotz des Vorliegens erheblicher Gründe abgelehnt wird, vgl. BSGE 1.277 (279); 17.44 (47); BSG SozR 1750 § 227 Nrn.1 und 2; BSG Urteil vom 10.08. 1995, Breithaupt 1996.353 ff.
Derartige erhebliche Gründe für eine Verlegung des Verhandlungstermins vom 25.01.2001, die ein Gericht trotz steigender Arbeitsbelastung aller Prozessbeteiligten nur zurückhaltend annehmen darf, vgl. BSG NJW 96.678, sind - entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten - nicht gegeben.
Entgegen einer weitverbreitenden Meinung liegt ein erheblicher Grund keineswegs stets schon deshalb vor, weil ein Anwalt gleichzeitig einen anderen Termin wahrzunehmen hätte, vgl. Baumbach-Lauterbach, ZPO, 58.Aufl., § 227 Rdnr.23. Die Zulassung des Arguments der Terminsüberschneidung als Entschuldigung würde nämlich den Vorschriften des § 227 ZPO jede praktische Brauchbarkeit nehmen, sobald ein Anwalt beteiligt ist, vgl. BFH BB 80.556, BayObLG MDR 1986.416.
Auch im sozialgerichtlichen Verfahren kann ein Beteiligter grundsätzlich darauf verwiesen werden, einen anderen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung des angesetzten Termins zu beauftragen, wenn sein Prozessbevollmächtigter hierzu nicht in der Lage oder nicht willens ist, vgl. BSG, Beschlüsse vom 31.05.1990, 11 BAr 153/89, vom 25.11.1992, 2 BU 159/92. Etwas anderes gilt in diesem Zusammenhang nur dann, wenn es einem Bevollmächtigten - etwa wegen einer kurzfristigen (zwei Tage!) Ladung zur Fortsetzung einer Hauptverhandlung (§ 229 StPO) vor einer großen Strafkammer (so im Fall BSG Breithaupt 1996.353 ff.) - weder möglich ist, einen sozialgerichtlichen Termin wahrzunehmen, noch zumutbar, für eine Vertretung zu sorgen. Solange mithin eine anderweitige Vertretung möglich erscheint, also nicht im Fall einer plötzlichen Verhinderung des Bevollmächtigten, ist ein Gericht unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, einen anberaumten Termin wegen Verhinderung eines Bevollmächtigten aufzuheben, gleichgültig, ob dessen Verhinderung auf dem Jahresurlaub (vgl. BVerfGE 14.195) oder auf der Wahrnehmung eines anderen Termins (vgl. BSG vom 28.07.1967, 2 RU 2/64, BVerwGE 43.288 (290)) beruht. Die Rechtsprechung hat daher auch in den Fällen, in denen der Bevollmächtigte unvermeidbar verhindert war, einen Verhandlungstermin wahrzunehmen, entscheidend darauf abgestellt, ob bei Eintritt des Verhinderungsgrundes genügend Zeit verblieb, einen anderen Rechtsanwalt zu beauftragen, vgl. BSG SozR 1750 § 227 Nr.2, Urteil vom 06.12.1983, 11 RA 30/83; BSG, Urteil vom 29.03.1984, 2 RU 71/82, Beschluss vom 31.05.1990, 11 BAr 153/89, Beschluss vom 25.11.1992, 2 BU 159/92.
Vorliegend war die Terminskollision des Klägerbevollmächtigten vom 25.01.2001 spätestens am 08.01.2001 bei Erhalt der Ladung zur Berufungsverhandlung vor dem Senat erkennbar. Zu diesem Zeitpunkt war eine rechtzeitige Vertreterbestellung und Einarbeitung selbst eines nicht der Sozietät angehörenden Terminsvertreters möglich und zumutbar, zumal ein Prozessbevollmächtigter - insbesondere ein Anwalt als Organ der Rechtspflege - aufgrund des Mandats einen Terminsvertreter ausreichend informieren darf und muss, vgl. Baumbach-Lauterbach, a.a.O., § 227 Rdnrn.23, 25.
Demgegenüber hat der Klägerbevollmächtigte seine Terminkollision erstmals mit Fax vom 24.01.2001 mitgeteilt, eingegangen um 12.15 Uhr, dem Vorsitzenden um ca. 14.00 Uhr vorgelegt, nachdem Letzterer wegen der bereits mit Fax vom 16.01.2001 geltend, jedoch trotz unverzüglicher Aufforderung nicht glaubhaft gemachten Verhinderung im Sinne des § 227 Abs.2 ZPO am 23.01.2001 von sich aus beim Klägerbevollmächtigten telefonisch nachgefragt hatte. Bei der Gelegenheit hat der Klägerbevollmächtigte den Senat wissen lassen, die - nach wie vor nicht glaubhaft gemachte - Verhinderung des Klägers bestehe - nicht - mehr.
Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das rechtliche Gehör, Art.103 Abs.1 GG, nicht durch die Vermittlung eines - bestimmten - Anwalts gewährleistet werden muss, vgl. BSG, Urteil vom 06.12.1983, 11 RA 30/83 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss des 5. Senats des Bayer. Landessozialgerichts vom 21.11.1996, L 5 A 52/96.An.
Unter diesen Umständen kann in der Reaktion des Senatsvorsitzenden kein vernünftiger Grund gesehen werden, an dessen Unparteilichkeit zu zweifeln, zumal es das Interesse an der raschen und zügigen Verhandlungsabwicklung sowie an der Vermeidung unnötiger zusätzlicher Belastungen für alle Verfahrensbeteiligten gebietet, Terminsverlegungen möglichst zu vermeiden, vgl. BayObLG vom 17.10.1989, MDR 1990.343.
Wie bereits im Senatsbeschluss vom 08.07.1998, L 9 AL 76/97 dargelegt, ist die Richterablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich kein geeignetes Mittel, sich gegen für unrichtig gehaltene bzw. unrichtige Rechtsauffassungen zu wehren, z.B. um Richter auszuschalten, die eine missliebige Rechtsauffassung vertreten, vgl. Hessisches LSG SGb 1986.197, Meyer-Ladewig, SGG, § 60 Rdnr.10 b. Dasselbe gilt im Fall eines erfolglosen Vertagungsgesuchs, vgl. BayObLG MDR 1990.343. Der Senat vermag im Übrigen dem vorliegenden Sachverhalt objektive Anhaltspunkte für eine auf Willkür oder auf einer unsachlichen Einstellung des Vorsitzenden beruhenden Rechtsauffassung nicht zu entnehmen.
Er schließt sich im Übrigen der ständigen Rechtsprechung des für die Ablehnung von Richtern der Sozialgerichte zuständigen 5. Senats des Bayer. Landessozialgerichts an, vgl. Beschlüsse vom 08.03.2000, L 5 AR 27/00 RA, vom 01.02.2000, L 5 AR 148/99 AL, vom 21.11.1996, L 5 A 52/96 AN.
Nach allem bestehen keine Gründe für die Ablehnung des Vorsitzenden Richters Dr.Höfler, so dass das Gesuch des Klägerbevollmächtigten als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Entscheidung ergeht kostenfrei und endgültig, §§ 183, 177 SGG.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im anhängigen Berufungsverfahren die Aufhebung der Arbeitslosenhilfe (Alhi)-Bewilligung für die Zeit vom 01.10.1986 mit 31.03.1987 sowie die damit korrespondierende Erstattung der eingetretenen Überzahlung in Höhe von DM 12.299,50 streitig.
Durch Verfügung vom 04.01.2001 hat der Senat Termin zur mündlichen Verhandlung auf Donnerstag, den 25.01.2001, 11.15 Uhr bestimmt. Das persönliche Erscheinen der Beteiligten wurde nicht angeordnet. Nach Zustellung der Terminsmitteilung vom 04.01. 2001 beantragte der Klägerbevollmächtigte mit Fax vom 16.01. 2001, beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) am selben Tag um 18.09 Uhr eingegangen, die Absetzung des Termins. Am 25.01.2001 werde der Kläger, der bei der mündlichen Verhandlung persönlich anwesend sein wolle, in einer Verkehrssache vor dem Amtsgericht Ingolstadt als Zeuge vernommen. Der Senatsvorsitzende, Vorsitzender Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr.Höfler, bat per Fax vom 17.01.2001, abgesandt um 12.01 Uhr, um die möglichst umgehende Vorlage einer Ablichtung der Zeugenladung, damit Ladungstag und Terminsstunde festgestellt werden könnten. Falls erforderlich wäre der Senat eventuell bereit, die Streitsache am 25.01.2001 zu einer anderen Zeit aufzurufen. Eine Reaktion erfolgte hierauf nicht.
Als der Vorsitzende am 23.01.2001 beim Klägerbevollmächtigten telefonisch nachfragte, teilte Letzterer mit, der Kläger habe die Ladung direkt an das LSG gesandt. Er gehe der Sache allerdings noch nach. Durch Fax vom 24.01.2001 machte Dr.Höfler unter Bezugnahme auf das Schreiben des Senats vom 17.01.2001 und das Telefonat vom 23.01.2001 darauf aufmerksam, dass dem Verlegungsantrag nach dem derzeitigen Sachstand nicht entsprochen werden könne, da der Kläger erhebliche Gründe nicht glaubhaft gemacht habe. Am selben Tage ging um 12.15 Uhr bei der Poststelle des Gerichts ein Fax des Klägerbevollmächtigten ein, demzufolge dieser soeben erfahren habe, dass der Kläger den Zeugentermin vor dem Amtsgericht Ingolstadt abgesagt habe. Trotzdem werde weiterhin beantragt, den Verhandlungstermin vom 25.01.2001 zu verlegen. Er selbst habe an diesem Tag von 08.15 Uhr bis ca. 10.00 Uhr zwei Mandantenbesprechungen sowie um 10.30 Uhr vor dem Arbeitsgericht München (Az.: 14 Ca 17039/00) einen Gütetermin wahrzunehmen. Erfahrungsgemäß könnten hierbei zeitliche Verzögerungen bis zu einer Stunde auftreten. Anschließend finde (wohl ohne Mittagspause) eine weitere Mandantenbesprechung zur umfänglichen und gewissenhaften Vorbereitung einer Bußgeldsache nach dem SGB III statt, die mit einer Geldbuße von bis zu 500.000,00 DM bewehrt sei. Sein OLG-bestellter Vertreter sei wegen einer auswärtigen Mandantenbesprechung (Dauer 9.30 Uhr bis voraussichtlich zum späten Nachmittag) ebenfalls verhindert. Eine kurzfristige Absage sei nicht möglich.
Mit Faxschreiben vom 24.01.2001, abgesandt um 16.36 Uhr, wies der Vorsitzende - nachdem er den Klägerbevollmächtigten gegen 15.45 Uhr telefonisch nicht hatte erreichen können - darauf hin, dass der Termin auch nach Vorlage des Faxschreibens vom 24.01. 2001 nicht verlegt werden könne. Die terminlichen Gründe des Bevollmächtigten seien erst jetzt geltend gemacht worden, der Senat könne keine andere Streitsache nachladen. Im Übrigen frage es sich, weshalb der Senatstermin gegenüber allen anderen Terminen nachrangig sein sollte. Schließlich sei eine Terminskollision wahrscheinlich gar nicht gegeben, insbesondere aber dann nicht, wenn die Sache des Klägers, was vorgeschlagen werde, nicht vor (z.B.) 12.00 Uhr aufgerufen und das Arbeitsgericht auf den Sachverhalt hingewiesen werde. Falls Rechtsanwalt B. auftreten wolle, wäre der Senat bereit, die Sache nicht vor (z.B.) 13.30 Uhr aufzurufen. Abschließend wurde um umgehende Mitteilung gebeten, ob Einverständnis mit einem der Vorschläge bestehe.
Mit Fax vom 24.01.2001, eingegangen um 18.39 Uhr, lehnte der Klägerbevollmächtigte den Vorsitzenden Dr.Höfler schließlich wegen der Besorgnis der Befangenheit ab, da jener auf seine Terminnöte keine Rücksicht nehme. Es könne u.a. nicht angehen, dass das Interesse des Klägers dadurch nicht ausreichend gewahrt werde, dass der Vorsitzende bewusst in Kauf nehme, dass der Klägerbevollmächtigte, wenn überhaupt, völlig gehetzt zur Berufungsverhandlung erscheine und diesen Fall möglichst rasch abwickle, damit die notwendige Vorbereitung des nächsten Termin nicht leide.
Dr.Höfler hat sich in seiner - dem Klägerbevollmächtigten zugänglich gemachten - dienstlichen Äußerung vom 30.01.2001 für nicht befangen gehalten.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung über den nicht offensichtlich unzulässigen, aber in der Sache unbegründeten Ablehnungsantrag des Klägers ohne Mitwirkung des abgelehnten Vorsitzenden, § 60 Abs.1 Satz 1, Satz 2 SGG i.V.m. §§ 42, 44, 45 ZPO.
§ 42 ZPO zufolge kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist nur dann der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 35.171, 172). Das Misstrauen muss aus der Sicht eines ruhig und vernünftig denkenden Prozessbeteiligten verständlich sein, vgl. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zum SGG, Seite 186/14. Dabei kommt es weder darauf an, ob die Befürchtung eines Beteiligten begründet ist, der Richter sei ihm gegenüber voreingenommen, noch darauf, ob der abgelehnte Richter sich für befangen hält oder nicht, vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 19.Aufl., § 42 Rdnr.9.
Hiervon ausgehend hat der Kläger zur Überzeugung des Senats keinen Anlass, die Unvoreingenommenheit und objektive Einstellung des Vorsitzenden Richters Dr.Höfler in Zweifel zu ziehen. Denn die in den Schriftsätzen vom 17. und 24.01.2001 geäußerte Rechtsauffassung stellt sich nicht als willkürliche Benachteiligung dar, vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rdnr.24 m.w.N.
Abgesehen davon, dass die mit Faxschreiben vom 16.01.2001 behauptete Verhinderung des Klägers trotz rechtzeitiger Aufforderung bis heute und insbesondere bis zur telefonischen Nachfrage des Vorsitzenden beim Klägerbevollmächtigten vom 23.01.2001 nicht glaubhaft gemacht worden ist, hat Dr.Höfler noch im zweiten Fax vom 24.01.2001 ausdrücklich die Bereitschaft erklärt, auf die Interessen des Klägerbevollmächtigen einzugehen und insoweit Vorschläge unterbreitet, zu denen Stellung genommen werden sollte. Damit musste, wie Dr.Höfler in seiner dienstlichen Äußerung ausführt, dem Klägerbevollmächtigten bekannt sein, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen war.
Im Übrigen bietet selbst die endgültige Ablehnung eines Antrags auf Terminsverlegung grundsätzlich keinen Anlass, an der Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln. Vielmehr müssen insoweit noch besondere Umstände des Einzelfalles hinzukommen, wenn bei vernünftiger Betrachtung vom Standpunkt des Ablehnenden aus Anlass für die Befürchtung bestehen soll, der Richter stehe der Sache nicht unparteilich gegenüber, vgl. BayObLG, Beschluss vom 30.01.1986, MDR 1986.416.
Dem gemäß § 202 SGG auch im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit anwendbaren § 227 Abs.1 Satz 1 ZPO zufolge kann ein Termin bei Vorliegen erheblicher Gründe verlegt werden. Die Entscheidung hierüber liegt außerhalb der mündlichen Verhandlung im pflichtgemäßen - weiten - Ermessen des Vorsitzenden; doch hat das Gesetz Maßnahmen dieser Art zur Straffung des Verfahrens, die im Sozialgerichtsprozess funktionsdifferent verstanden werden muss, vgl. BSGE 73.126 (128), an das Vorliegen erheblicher Gründe geknüpft. Es stellt daher nur dann einen Verstoss gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und damit einen wesentlichen Mangel des Verfahrens dar, wenn ein Antrag auf Terminsverlegung trotz des Vorliegens erheblicher Gründe abgelehnt wird, vgl. BSGE 1.277 (279); 17.44 (47); BSG SozR 1750 § 227 Nrn.1 und 2; BSG Urteil vom 10.08. 1995, Breithaupt 1996.353 ff.
Derartige erhebliche Gründe für eine Verlegung des Verhandlungstermins vom 25.01.2001, die ein Gericht trotz steigender Arbeitsbelastung aller Prozessbeteiligten nur zurückhaltend annehmen darf, vgl. BSG NJW 96.678, sind - entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten - nicht gegeben.
Entgegen einer weitverbreitenden Meinung liegt ein erheblicher Grund keineswegs stets schon deshalb vor, weil ein Anwalt gleichzeitig einen anderen Termin wahrzunehmen hätte, vgl. Baumbach-Lauterbach, ZPO, 58.Aufl., § 227 Rdnr.23. Die Zulassung des Arguments der Terminsüberschneidung als Entschuldigung würde nämlich den Vorschriften des § 227 ZPO jede praktische Brauchbarkeit nehmen, sobald ein Anwalt beteiligt ist, vgl. BFH BB 80.556, BayObLG MDR 1986.416.
Auch im sozialgerichtlichen Verfahren kann ein Beteiligter grundsätzlich darauf verwiesen werden, einen anderen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung des angesetzten Termins zu beauftragen, wenn sein Prozessbevollmächtigter hierzu nicht in der Lage oder nicht willens ist, vgl. BSG, Beschlüsse vom 31.05.1990, 11 BAr 153/89, vom 25.11.1992, 2 BU 159/92. Etwas anderes gilt in diesem Zusammenhang nur dann, wenn es einem Bevollmächtigten - etwa wegen einer kurzfristigen (zwei Tage!) Ladung zur Fortsetzung einer Hauptverhandlung (§ 229 StPO) vor einer großen Strafkammer (so im Fall BSG Breithaupt 1996.353 ff.) - weder möglich ist, einen sozialgerichtlichen Termin wahrzunehmen, noch zumutbar, für eine Vertretung zu sorgen. Solange mithin eine anderweitige Vertretung möglich erscheint, also nicht im Fall einer plötzlichen Verhinderung des Bevollmächtigten, ist ein Gericht unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, einen anberaumten Termin wegen Verhinderung eines Bevollmächtigten aufzuheben, gleichgültig, ob dessen Verhinderung auf dem Jahresurlaub (vgl. BVerfGE 14.195) oder auf der Wahrnehmung eines anderen Termins (vgl. BSG vom 28.07.1967, 2 RU 2/64, BVerwGE 43.288 (290)) beruht. Die Rechtsprechung hat daher auch in den Fällen, in denen der Bevollmächtigte unvermeidbar verhindert war, einen Verhandlungstermin wahrzunehmen, entscheidend darauf abgestellt, ob bei Eintritt des Verhinderungsgrundes genügend Zeit verblieb, einen anderen Rechtsanwalt zu beauftragen, vgl. BSG SozR 1750 § 227 Nr.2, Urteil vom 06.12.1983, 11 RA 30/83; BSG, Urteil vom 29.03.1984, 2 RU 71/82, Beschluss vom 31.05.1990, 11 BAr 153/89, Beschluss vom 25.11.1992, 2 BU 159/92.
Vorliegend war die Terminskollision des Klägerbevollmächtigten vom 25.01.2001 spätestens am 08.01.2001 bei Erhalt der Ladung zur Berufungsverhandlung vor dem Senat erkennbar. Zu diesem Zeitpunkt war eine rechtzeitige Vertreterbestellung und Einarbeitung selbst eines nicht der Sozietät angehörenden Terminsvertreters möglich und zumutbar, zumal ein Prozessbevollmächtigter - insbesondere ein Anwalt als Organ der Rechtspflege - aufgrund des Mandats einen Terminsvertreter ausreichend informieren darf und muss, vgl. Baumbach-Lauterbach, a.a.O., § 227 Rdnrn.23, 25.
Demgegenüber hat der Klägerbevollmächtigte seine Terminkollision erstmals mit Fax vom 24.01.2001 mitgeteilt, eingegangen um 12.15 Uhr, dem Vorsitzenden um ca. 14.00 Uhr vorgelegt, nachdem Letzterer wegen der bereits mit Fax vom 16.01.2001 geltend, jedoch trotz unverzüglicher Aufforderung nicht glaubhaft gemachten Verhinderung im Sinne des § 227 Abs.2 ZPO am 23.01.2001 von sich aus beim Klägerbevollmächtigten telefonisch nachgefragt hatte. Bei der Gelegenheit hat der Klägerbevollmächtigte den Senat wissen lassen, die - nach wie vor nicht glaubhaft gemachte - Verhinderung des Klägers bestehe - nicht - mehr.
Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das rechtliche Gehör, Art.103 Abs.1 GG, nicht durch die Vermittlung eines - bestimmten - Anwalts gewährleistet werden muss, vgl. BSG, Urteil vom 06.12.1983, 11 RA 30/83 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss des 5. Senats des Bayer. Landessozialgerichts vom 21.11.1996, L 5 A 52/96.An.
Unter diesen Umständen kann in der Reaktion des Senatsvorsitzenden kein vernünftiger Grund gesehen werden, an dessen Unparteilichkeit zu zweifeln, zumal es das Interesse an der raschen und zügigen Verhandlungsabwicklung sowie an der Vermeidung unnötiger zusätzlicher Belastungen für alle Verfahrensbeteiligten gebietet, Terminsverlegungen möglichst zu vermeiden, vgl. BayObLG vom 17.10.1989, MDR 1990.343.
Wie bereits im Senatsbeschluss vom 08.07.1998, L 9 AL 76/97 dargelegt, ist die Richterablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich kein geeignetes Mittel, sich gegen für unrichtig gehaltene bzw. unrichtige Rechtsauffassungen zu wehren, z.B. um Richter auszuschalten, die eine missliebige Rechtsauffassung vertreten, vgl. Hessisches LSG SGb 1986.197, Meyer-Ladewig, SGG, § 60 Rdnr.10 b. Dasselbe gilt im Fall eines erfolglosen Vertagungsgesuchs, vgl. BayObLG MDR 1990.343. Der Senat vermag im Übrigen dem vorliegenden Sachverhalt objektive Anhaltspunkte für eine auf Willkür oder auf einer unsachlichen Einstellung des Vorsitzenden beruhenden Rechtsauffassung nicht zu entnehmen.
Er schließt sich im Übrigen der ständigen Rechtsprechung des für die Ablehnung von Richtern der Sozialgerichte zuständigen 5. Senats des Bayer. Landessozialgerichts an, vgl. Beschlüsse vom 08.03.2000, L 5 AR 27/00 RA, vom 01.02.2000, L 5 AR 148/99 AL, vom 21.11.1996, L 5 A 52/96 AN.
Nach allem bestehen keine Gründe für die Ablehnung des Vorsitzenden Richters Dr.Höfler, so dass das Gesuch des Klägerbevollmächtigten als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Entscheidung ergeht kostenfrei und endgültig, §§ 183, 177 SGG.
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