L 8 AL 110/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AL 337/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 110/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 12.05. bis 21.07. 1997 und die Erstattung in Höhe von DM 2.044,11 für Alhi und DM 839,63 für Versicherungsbeiträge streitig.

Der am 1970 geborene Kläger meldete sich am 07.04.1997 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alhi. Er war zuvor bei der Firma D. Gesellschaft für Montagen, Wartungen und Zeitarbeit mbH vom 09.05.1996 bis 04.02.1997 als Helfer beschäftigt gewesen. Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellte die Beklagte mit Bescheid vom 24.04.1997 den Eintritt eine Sperrzeit vom 05.02. bis 06.05.1997 fest und bewilligte ab 07.05.1997 Alhi. Am 22.07.1997 sprach der Kläger erneut bei der Arbeitsvermittlung des Arbeitsamtes vor.

Am 29.12.1997 wurde der Beklagten durch eine Mitteilung des Zentralamts der Bundesanstalt für Arbeit bekannt, dass der Kläger am 12.05.1997 eine Arbeit bei der Firma M. Klinikreinigung aufgenommen hatte. Diesem Arbeitsverhältnis, welches bis 31.05.1997 befristet war, lag eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden/Woche zugrunde. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung vom 15.05.1997 zum 20.05.1997.

Nach erfolgter Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom 04.02.1998 die Bewilligung der Alhi wegen Arbeitsaufnahme am 12.05.1997 für die Zeit vom 12.05.1997 bis 20.08.1997 auf. Da es sich bei der Beschäftigung bei der Firma M. Klinikreinigung um keine kurzzeitige Beschäftigung gehandelt habe, sei die Wirkung der Arbeitslosmeldung entfallen. Eine erneute Arbeitslosmeldung sei beim Arbeitsamt nicht erfolgt. Gleichzeitig machte die Beklagte eine Erstattungsforderung in Höhe von DM 3.384,30 (Alhi) und für entrichtete Sozialversicherungsbeiträge von DM 1.119,28 geltend.

Im Rahmen der erfolgten Anhörung äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 04.02.1998, welches von der Beklagten als Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.02.1998 gewertet wurde. Der Kläger trug im Wesentlichen vor, er habe bei der Firma M. zwar am 12.05.1997 eine Beschäftigung als Reinigungskraft aufgenommen, dort jedoch lediglich vom 12.05.1997 mit 13.05.1997 gearbeitet. Ihm sei am 14.05.1997 fristlos gekündigt worden. Danach und bis jetzt sei er ohne Beschäftigung. Leider habe er sich nicht beim Arbeitsamt abgemeldet bzw. angemeldet. Er habe gedacht, dass die Firma M. das für ihn erledige, da jeder Beschäftigungsbeginn und auch das Beschäftigungsende automatisch angegeben werden müssten. Er wisse, dass es ein Fehler seinerseits gewesen sei, dass er sich nicht ab- bzw. angemeldet habe. Leider spreche und verstehe er kein Deutsch und habe somit auch nichts aus den Hinweiszetteln und aus den Briefen ersehen können. Erst vor einigen Tagen habe er von einer Bekannten erfahren, dass bei jeglichen Änderungen eine persönliche Vorsprache im Arbeitsamt dringend notwendig sei. Für sein Versehen bitte er um Verständnis. Mit "förmlichem" Widerspruchsschreiben wiederholte der Kläger sein Vorbringen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.1998 gab die Beklagte dem Widerspruch teilweise statt. In Abänderung des Bescheides wurde die Entscheidung über die Bewilligung der Alhi nur für die Zeit vom 12.05. bis 21.07.1997 aufgehoben und der Erstattungsbetrag hinsichtlich der Alhi auf DM 2.044,11 und der Versicherungsbeiträge auf DM 938,63 gemindert. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Nach § 134 Arbeitsförderungsgessetz (AFG) habe Anspruch auf Alhi nur, wer u.a. arbeitslos sei, sich arbeitslos gemeldet habe und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. Die Arbeitslosmeldung sei eine Tatsachenerklärung. Wenn durch tatsächliche Änderung der angezeigten Tatsache die Arbeitslosmeldung hinfällig geworden sei, so sei sie bei Wiedereintritt der Arbeitslosigkeit dem Arbeitsamt erneut persönlich zu erklären. Bei einer Arbeitsaufnahme, mit der die Arbeitslosigkeit beseitigt worden sei, sei damit auch die vorangegangene Arbeitslosmeldung beseitigt. Ein Anspruch auf Alhi entstehe damit erst wieder nach erneuter persönlicher Arbeitslosmeldung. Ein neuer Leistungsanspruch sei erst wieder am 22.07.1997 entstanden, da der Kläger an diesem Tag nach Einladung durch das Arbeitsamt wieder persönlich vorgesprochen habe. Der Kläger habe auch wissen müssen, dass ihm Leistungen nicht zugestanden hätten, da er wissen musste, dass er die Arbeitsaufnahme hätte anzeigen müssen und im Übrigen unterschriftlich bestätigt habe, dass er von dem Inhalt des "Merkblattes für Arbeitslose" Kenntnis genommen habe. Die Tatsache, dass der Kläger nur am 12. und 13.05.1997 gearbeitet habe, sei rechtsunerheblich.

Mit seiner Klage hat der Kläger erneut geltend gemacht, er habe tatsächlich nur zwei Tage gearbeitet, weshalb die Entscheidung des Arbeitsamtes nicht rechtens sein könne und für ihn eine besondere Härte bedeute.

Die Beklagte hat ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.

Das Gericht hat den Beteiligten seine Absicht mitgeteilt, über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.02.2001 hat es die Klage abgewiesen und die Gründe des Widerspruchsbescheides zum Inhalt seiner eigenen Entscheidungsgründe gemacht.

Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.

Zum Termin der mündlichen Verhandlung am 12.10.2001 ist der Kläger nicht erschienen, woraufhin die Anordnung seines persönlichen Erscheinens aufgehoben worden ist.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13. Februar 2001 und den Bescheid vom 4. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 1998 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind.

Nach § 134 Abs.1 Satz 1 AFG hat Anspruch auf Alhi nur, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt hat.

Neben der Verfügbarkeit nach § 103 AFG ist also auch die Arbeitslosmeldung nach § 105 AFG erforderlich. Nach § 105 Satz 1 AFG hat sich der Arbeitslose persönlich beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos zu melden. Diese Arbeitslosmeldung ist eine Tatsachenerklärung und keine Willenserklärung, woraus u.a. folgt, dass sie nicht durch einen Vertreter abgegeben werden kann. Von daher kann der Kläger nicht mit seinem Vorbringen gehört werden, dass er dachte, die Firma M. würde ihn ab- und auch wieder anmelden.

Der Kläger hat sich am 07.04.1997 arbeitslos gemeldet und gleichzeitig die Gewährung von Alhi beantragt. Am 12.05.1997 hat er eine Arbeit bei der Firma M. aufgenommen und diese Arbeitsaufnahme gegenüber der Beklagten nicht angezeigt. Die Beschäftigung bei der Firma M. war auch nicht lediglich kurzzeitig, selbst wenn sie nur - wie der Kläger behauptet - zwei Tage gedauert haben sollte; denn insoweit ist entscheidend, dass die Arbeitsvertragsparteien eine Vollzeitbeschäftigung, befristet bis 31.05.1997, vereinbart hatten. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat sich der Kläger nicht erneut arbeitslos gemeldet, sondern die nächste persönliche Vorsprache erfolgte erst am 22.07.1997 bei der Arbeitsvermittlung der Beklagten. Der Arbeitslose hat sich aber erneut arbeitslos zu melden, wenn die Arbeitslosigkeit durch eine Arbeitsaufnahme, wie hier bei der Firma M. , unterbrochen worden ist. Auch wenn ein Leistungsbezieher eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung aufnimmt, ohne dies dem Arbeitsamt mitzuteilen, setzt der Leistungsanspruch bei erneuter Arbeitslosigkeit eine erneute Arbeitslosmeldung voraus. Diese ist unstreitig von Seiten des Klägers nach Beendigung der Tätigkeit bei der Firma M. nicht erfolgt. Dadurch lag aber nach Wiedereintritt der Arbeitslosigkeit nicht sofort ein Leistungsanspruch vor. Dieser enstand erst wieder am 22.07.1997 dem Tag der persönlichen Vorsprache des Klägers bei der Beklagten nach deren Einladung.

Durch den Wegfall der Arbeitslosigkeit haben sich die Tatsachen, die bei Bewilligung der Alhi vorgelegen haben, wesentlich geändert. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 SGB X der Verwaltungsakt ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, wenn der Arbeitslose die Änderung nicht angezeigt hat oder wusste oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass der Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit ganz weggefallen ist.

Der Kläger hätte wissen müssen, dass ihm die Leistungen nicht mehr zustehen. Zumindest liegt grobe Fahrlässigkeit vor. Dem Kläger musste bewusst sein, dass Leistungen wegen Arbeitslosigkeit nicht zustehen, wenn diese - wenn auch nur vorübergehend - nicht mehr vorliegt. Darüber hinaus hat der Kläger unterschriftlich bestätigt, vom Inhalt des Merkblattes für Arbeitslose Kenntnis genommen zu haben. Dieses weist auf S.10 darauf hin, dass nach Beendigung der Arbeitslosigkeit nach einer Zwischenbeschäftigung eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung erforderlich ist, selbst wenn noch keine Einstellung der Leistungszahlung erfolgt ist. Das Vorbringen des Klägers, er sei der deutschen Sprache nicht mächtig, kann zu keiner Änderung der Entscheidung führen. Zum einen hat nach § 19 Abs.1 SGB X ein Ausländer keinen Anspruch darauf, dass an ihn gerichtete Schreiben in einer anderen als der deutschen Sprache abgefasst sind; ein Ausländer muss sich also, wenn er die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, Klarheit über den Inhalt verschaffen, beispielsweise mit Hilfe eines Dolmetschers (BSG, Urteil vom 24.04.1997, 11 RAr 89/96). Zum anderen sind die einschlägigen Erläuterungen in dem Merkblatt klar und leicht verständlich, so dass auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass speziell der Kläger ihren Inhalt nicht verstanden haben könnte, ohne dass ihm deswegen der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gemacht werden konnte. Denn grundsätzlich hat die verständliche Belehrung über Mitteilungspflichten in einem Merkblatt im Falle der Nichtbefolgung den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zur Folge (BSG SozR 4100 § 103 Nr.47).

Die Verpflichtung zur Rückzahlung folgt aus § 50 SGB X für die Alhi und § 157 Abs.3 a AFG für die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Da der Kläger für die Zeit vom 12.05.1997 bis 21.07.1997 Alhi in Höhe von DM 2.044,11 und Versicherungsbeiträge in Höhe von DM 938,63 erhalten hat, sind diese Beträge von ihm zu erstatten.

Somit war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.02.2001 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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