Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 7 Al 1150/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 129/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. Februar 1997 abgeändert. Der Bescheid des Arbeitsamtes Rosenheim vom 22. März 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 1996 wird insoweit aufgehoben, als darin die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 18. Oktober 1995 aufgehoben und die Erstattung der ab diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen angeordnet wird. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zur Hälfte.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Erstattung von Leistungen.
Der 1961 geborene Kläger ist Arzt und Diplom-Psychologe. Er befindet sich derzeit in der Weiterbildung zum Facharzt für Augenheilkunde. Zuletzt war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Augenklinik des Klinikums R. der Freien Universität B. beschäftigt.
Am 01.09.1995 meldete sich der Kläger arbeitslos beim Arbeitsamt Rosenheim und beantragte Arbeitslosengeld. Den ausgefüllten Antragsvordruck reichte er am 05.09.1995 zurück. Unter Nr.5 des Vordrucks wird eine Einschränkung der Vermittlungsfähigkeit verneint, in Nr.9 wird die Frage nach einer Krankschreibung bejaht.
Mit Schreiben vom 11.10.1995 teilte der Kläger mit, dass er von der Vereinten Krankenversicherung vorerst Krankentagegeld bis zum 25.09.1995 erhalten habe, was durch telefonische Nachfrage bei der Vereinten Krankenversicherung bestätigt wurde.
Mit weiterem Schreiben vom 26.10.1995 teilte der Kläger mit, dass die Vereinte Krankenversicherung ab 18.10.1995 keine Arbeitsunfähigkeit mehr anerkenne. Er habe hiergegen Widerspruch eingelegt, bitte aber gleichwohl darum, ihn vorsorglich seitens der Beklagten ab dem 18.10.1995 in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu versichern.
Mit Bescheid vom 02.11.1995 bewilligte das Arbeitsamt dem Kläger Arbeitslosengeld vom 26.09.1995 bis 24.10.1995.
Mit Schreiben vom 05.11.1995 forderte der Kläger das Arbeitsamt auf, die Bewilligung vom 02.11.1995 dahingehend zu korrigieren, dass eine Arbeitslosigkeit - wenn überhaupt - erst ab dem 18.10.1995 vorliege. Er habe bereits bei Antragstellung in Gegenwart seiner Ehefrau angegeben, dass er arbeitsunfähig sei. Es sei ihm unverständlich, dass das Arbeitsamt ihm Arbeitslosengeld ab dem 26.09.1995 gewähre.
Mit Bescheid vom 08.11.1995 bewilligte das Arbeitsamt dem Kläger Arbeitslosengeld vom 25.10.1995 bis 07.11.1995.
Mit Schreiben vom 10.11.1997 reichte der Kläger einen Nachweis der Vereinten Krankenversicherung über das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit vom 29.05.1995 bis 17.10.1995 ein.
Am 04.11.1995 hatte der Kläger mit dem zuständigen Arbeitsberater telefoniert, worüber sich folgender Vermerk in den Akten findet:Der Kläger sei überrascht, dass ihm Arbeitslosengeld gewährt werde. Er sei seiner Meinung nach arbeitsunfähig. Die Vereinte Krankenversicherung habe ihm nur bis 17.10.1995 Krankentagegeld bezahlt, er streite um die Weiterzahlung. Wenn er dort nicht erfolgreich sei, müsse er über das Arbeitsamt von der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen erhalten. Ihm, dem Kläger, sei klar, dass er während seines Anspruchs auf Krankenbezüge keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe und das erhaltene Arbeitslosengeld insoweit zurückzahlen müsse. Allerdings habe er von Anfang an angegeben, dass er arbeitsunfähig sei. Der Kläger, so der Vermerk weiter, sei über die Vorschriften zur Verfügbarkeit und zur Arbeitsfähigkeit unterrichtet worden, gleichfalls darüber, dass er nur im Falle des Leistungsbezuges krankenversichert sei. Der Kläger habe daraufhin erklärt, er müsse sich dann ggf. für arbeitsfähig erklären.
Mit Schreiben vom 15.12.1995 teilte der Kläger mit, dass er ab dem 04. oder 05.12.1995 für eine Vermittlung zur Verfügung stehe. Dazu reichte er zwei undatierte Atteste des Klinikums Innenstadt der Ludwig-Maximilians-Universität München ein, worin ihm unter der Diagnose einer Tendopathie mit Reizzustand des rechten Kniegelenks Arbeitsunfähigkeit vom 29.05.1995 bis 04.12.1995 bescheinigt wurde.
Mit Bescheid vom 02.01.1996 bewilligte das Arbeitsamt daraufhin Arbeitslosengeld ab 05.12.1995.
Am 03.01.1996 teilte die Vereinte Krankenversicherung dem Arbeitsamt mit, dass der Kläger vom 29.05.1995 bis 17.10.1995 Krankentagegeld bezogen habe, was Beitragspflicht nach § 186 AFG begründet habe.
Mit Schreiben vom 17.01.1996 forderte das Arbeitsamt den Kläger auf, zu einer entstandenen Überzahlung Stellung zu nehmen. Er habe vom 26.09.1995 bis 07.11.1995 Arbeitslosengeld in Höhe von 2.641,80 DM zu Unrecht bezogen, da er während dieses Zeitraums Krankentagegeld von der Vereinten Krankenversicherung erhalten habe. Der Kläger äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 28.01. 1996. Selbstverständlich werde das Arbeitsamt Leistungen, die ihm nicht zugestanden hätten, zurückerhalten. Er werde aber nicht auf Leistungen verzichten, die ihm zustünden. Er zögere noch mit einer Rückzahlung, da noch für einen bestimmten Zeitraum darüber Unklarheit herrsche, ob das Arbeitsamt oder die Vereinte Krankenversicherung Leistungen an ihn zu erbringen hätten.
Mit Bescheid vom 22.03.1996 hob das Arbeitsamt die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 26.09.1995 bis 07.11.1995 auf und ordnete die Erstattung der für diesen Zeitraum erbrachten Leistungen in Höhe von 2.641,80 DM an. Der Kläger habe für diesen Zeitraum zu Unrecht Arbeitslosengeld erhalten, da er Krankentagegeld aus einer privaten Krankenversicherung bezogen habe. Er habe gewusst bzw. wissen müssen, dass ihm Arbeitslosengeld nicht zustehe.
Den nicht weiter begründeten Widerspruch wies das Arbeitsamt mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.1996 als unbegründet zurück. Der angefochtene Bescheid sei allerdings in seiner rechtlichen Begründung zu korrigieren. Es sei von vornherein nicht zur Entstehung eines ruhensfähigen Anspruchs auf Arbeitslosengeld gekommen, da der Kläger bereits vor seiner Arbeitslosmeldung vom 01.09.1995 arbeitsunfähig erkrankt und nicht verfügbar gewesen sei, was eine Leistungsfortzahlung gemäß § 105 b AFG ausschließe.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben. Er hat vorgetragen, dass die Beklagte bei der Aufhebung der Bewilligung von zumindest teilweise unrichtigen Tatsachen ausgehe, insofern als sie zugrunde lege, dass er bis 07.11. 1995 Krankentagegeld bezogen habe.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.02.1997 als unbegründet abgewiesen. Die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 26.09.1995 sei unrichtig gewesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt, da er "wegen Arbeitsunfähigkeit nicht verfügbar" gewesen sei und eine Leistungsfortzahlung nach § 105b AFG nicht in Betracht gekommen sei, nachdem die Arbeitsunfähigkeit des Klägers schon aus der Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit datiert habe. Aufgrund der Ausführungen in dem ihm ausgehändigten Merkblatt für Arbeitslose habe der Kläger wissen müssen, dass ihm ein Anspruch auf Arbeitslosengeld unter den gegebenen Umständen nicht zustehe. Auch sei er nach seinen eigenen Schreiben erkennbar selbst davon ausgegangen, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger ein Urteil des Landgerichts Traunstein vom 04.07.1997 vorgelegt. Darin wird seine Klage gegen die Vereinte Krankenversicherung auf Weiterzahlung des Krankentagegeldes über den 17.10.1995 hinaus abgewiesen. Es heißt u.a.: Der Kläger sei wegen Kniebeschwerden seit 29.05. 1995 arbeitsunfähig gewesen. Für die Vereinte Krankenversicherung habe als Sachverständiger ein Dr.P. am 17.10.1995 nach Untersuchung des Klägers festgestellt, dass keine vollständige Arbeitsunfähigkeit mehr bestehe. Zwar habe der Kläger ein hausärztliches Attest vom 19.10.1995 eingereicht, wonach die Arbeitsunfähigkeit über den 17.10.1995 hinaus fortbestehe. Nach den Versicherungsbedingungen habe es dem Kläger aber obgelegen, einen gutachtlichen Gegenbeweis zu führen.
Der Kläger macht weiterhin geltend, er habe bereits bei Antragstellung darauf hingewiesen, dass er sich für arbeitsunfähig halte. Dies habe er aber nur auf seinen Beruf als Arzt beziehen wollen, nicht aber auf eine mögliche Tätigkeit als Psychologe. Seine Tätigkeiten seit 1990 seien zum Teil auch diejenigen eines Psychologen in der Forschung gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.02.1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.03.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.1996 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe des Ersturteils.
Der Senat hat die Akten des SG und die Akten der Beklagten beigezogen. Die Vereinte Krankenversicherung hat dem Senat die allgemeinen Versicherungbedingungen für die Krankentagegeld-Gruppenversicherung und die Tarifbedingungen für die Krankentagegeld-Gruppenversicherung für Ärzte, Tierärzte und Zahnärzte übersandt. Auf Anfrage des Senats hat der Oberarzt Dr.S. von der Innenstadtklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München - physikalische Medizin - in Auskünften vom 15.05.2000 und vom 09.01.2001 mitgeteilt: Der Kläger sei vom 26.09.1995 bis 04.12.1995 wegen einer Überlastungsperiatropathie am rechten Kniegelenk und davon ausgehenden Reizzuständen arbeitsunfähig gewesen. Ihm sei deswegen während dieses Zeitraums eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten gewesen, da er immer wieder tagsüber Ruhezeiten (Liegenszeiten) benötigt habe und auch die ihm verabreichte intensivierte Therapie keine zusätzliche Arbeitsbelastung zugelassen habe. Als Zeugen zum Verlauf des Gesprächs anläßlich der Arbeitslosmeldung des Klägers am 01.09.1995 hat der Senat im Erörterungs- und Beweistermin vom 03.04.2001 die Ehefrau des Klägers Dr.M. G. und den seinerzeitigen Antragsausgeber des Arbeitsamts Rosenheim M. H. uneidlich einvernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.04.2001 verwiesen, im Übrigen zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht eingelegt, und auch teilweise begründet. Insoweit waren das Urteil des SG und der angefochtene Bescheid abzuändern.
Zwar waren die Bescheide vom 02.11.1995 und vom 08.11.1995 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 26.09.1995 bis 07.11. 1995 von Beginn an rechtswidrig, wie dies die Rücknahmevorschrift des § 45 SGB X in Abs.1 voraussetzt. Der Kläger hatte in der Zeit vom 26.09.1995 bis 07.11.1995 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt nach § 100 Abs.1 Nr.1 AFG u.a. voraus, dass der Arbeitslose eine zumutbare beitragspflichtige, d.h. abhängige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausüben kann und darf. Diese Voraussetzungen waren nach der ärztlichen Auskunft des Oberarztes Dr.S. vom Innenstadtklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München - physikalische Medizin - während des streitigen Zeitraums nicht gegeben. Zumindest eine abhängige Erwerbstätigkeit verlangt die Fähigkeit, aufgetragene Verrichtungen regelmäßig nach von dritter Seite bestimmten Vorgaben auszuführen. Dies war dem Kläger nach der Auskunft des Oberarztes Dr.S. nach den vorliegenden Behandlungsunterlagen wegen auch tagsüber häufig notwendiger Ruhe(Liege)pausen und intensiver Behandlung nicht möglich. Dies schließt auch die Tätigkeit eines Psychologen ein, worauf der Kläger seinen Angaben zufolge seine seinerzeit angegebene Arbeitsunfähigkeit nicht bezogen haben will, wofür sich allerdings wie auch im nachfolgenden umfangreichen Schriftwechsel keinerlei Anhaltspunkte finden. Dies darf nicht mit der Frage verwechselt werden, ob sich der Kläger möglicherweise grundsätzlich auch für eine Tätigkeit als Psychologe zur Verfügung gestellt hat.
Die Überzeugung des Senats wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Versicherungsarzt Dr.P. laut Urteil des Landgerichts Traunstein vom 04.07.1997 am 17.10.1995 festgestellt hat, dass beim Kläger eine "vollständige Arbeitsunfähigkeit" über den 17.10.1995 hinaus nicht mehr bestehe. In den Versicherungsvertragsbedingungen, die dem Senat überlassen wurden, geht es nur um Prozentsätze verbliebener Arbeitsfähigkeit, nicht aber um die konkreten Bedingungen, unter denen Erwerbstätigkeiten am Arbeitsmarkt ausgeübt werden.
Da der Kläger schon vor der Arbeitslosmeldung arbeitsunfähig und nicht verfügbar im Sinne von § 103 Abs.1 AFG war, hatte er auch keinen Anspruch auf Leistungsfortzahlung nach § 105 b AFG.
Nachdem ein Anspruch auf Arbeitslosengeld im streitigen Zeitraum vom 26.09.1995 bis 07.11.1995 mithin schon mangels Verfügbarkeit nach § 103 Abs.1 Nr.1 AFG nicht gegeben war, kann dahingestellt bleiben, ob es auch an der nach § 103 Abs.1 Nr.2 AFG erforderlichen Arbeitsbereitschaft des Klägers gefehlt hat.
Da ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld seit 26.09. 1995 gar nicht bestanden hat, kann gleichfalls offen bleiben, ob in der Zeit bis zum 17.10.1995 der Bezug von Krankentagegeld als anwartschaftsbegründender Tatbestand nach §§ 186 Abs.3, 107 Nr. 5a AFG einen solchen Anspruch zum Ruhen gebracht hätte.
Für die Zeit bis zum 17.10.1995 kann der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen in die Bestandskraft der Alg-Bewilligung gemäß § 45 Abs.2 SGB X beanspruchen. Zwar beruhte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes an den Kläger nicht auf falschen oder unvollständigen Angaben (§ 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X). Er ging jedoch für den Zeitraum bis zum 17.10.1995 selbst davon aus, dass ihm aufgrund des Bezugs von Krankentagegeld kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zustehe (§ 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X). Er hat dies von Anfang an immer wieder betont und die Zahlung von Arbeitslosengeld sogar ausdrücklich beanstandet. Ob der Bezug des Krankentagegeldes tatsächlich der zutreffende Grund dafür war, dass der Kläger Alg vom 26.09.1995 bis 17.10.1995 zu Unrecht erhalten hat, ist unerheblich.
Nachdem ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld seit 26.09.1995 nicht bestand und er für den Zeitraum bis zum 17.10. 1995 keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen kann, war die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 26.09. 1995 bis 17.10.1995 aufzuheben (§ 152 Abs.2 AFG). Die für diesen Zeitraum an den Kläger erbrachten Leistungen sind von diesem zu erstatten (§ 50 Abs.1 SGB X).
Anders verhält es sich mit dem Zeitraum vom 18.10.1995 bis 07.11.1995. Ein vertrauensschutzvernichtender Tatbestand liegt insoweit nicht vor. Nach § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, s o w e i t er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Daraus folgt bei der Bewilligung von laufenden Leistungen auch eine nach Zeitabschnitten unterschiedliche Beurteilung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die Bestandskraft des begünstigenden Verwaltungsaktes, hier der Bescheide vom 02.11.1995 und vom 08.11.1995.
Aus dem von Anfang an geführten Schriftwechsel des Klägers mit dem Arbeitsamt geht hervor, dass der Kläger der Meinung war, ihm stünde während seiner Krankschreibung entweder Krankentagegeld von der Vereinten Krankenversicherung oder Arbeitslosengeld zu. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass der Kläger dem ihm ausgehändigten Merkblatt für Arbeitslose, Ausgabe 1995, entnehmen konnte, dass - unabhängig von der Frage des Bezuges von Krankentagegeld - ein Anspruch auf Arbeitslosengeld die Vermittelbarkeit in eine Beschäftigung zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und Arbeitsbereitschaft voraussetzt. Nach den Angaben der Ehefrau des Klägers, die bei der Arbeitslosmeldung des Klägers am 01.09.1995 dabei war, wurde die Frage der Verfügbarkeit des Klägers bei diesem Gespräch jedoch nicht thematisiert. Der Antragsausgeber, der Zeuge H. , konnte sich an das Gespräch mit dem Kläger zwar nicht mehr erinnern. Seinen Ausführungen ist jedoch zu entnehmen, dass die Verfügbarkeit im Fall der Arbeitsunfähigkeit nur dann untersucht wird, wenn sich das Problem "nicht ohnehin durch den anderweitigen Krankengeldbezug erledigt", wie beim Kläger der Fall. In der Folge hat zudem das Arbeitsamt trotz ständig ausdrücklich wiederholten Hinweises des Klägers auf seine Arbeitsunfähigkeit, die entgegen der Auffassung der Vereinten Krankenversicherung auch über den 17.10.1995 hinaus vorliege, ohne Überprüfung von dessen Verfügbarkeit mit Bescheiden vom 02.11.1995 und vom 08.11.1995 Arbeitslosengeld bewilligt. Selbst noch im Aufhebungsverfahren einschließlich des vorangehenden Anhörungsschreibens hat sich das Arbeitsamt die Sichtweise des Klägers zu eigen gemacht und die Aufhebung - trotz Krankentagegeldbezuges nur bis 17.10.1995 für den gesamten Zeitraum bis zum 07.11.1995 ausschließlich auf die Unvereinbarkeit eines gleichzeitigen Bezuges von Arbeitslosengeld und Krankentagegeld gestützt. Erstmals im Widerspruchsbescheid vom 01.07.1996 hat sich das Arbeitsamt dahingehend korrigiert, dass beim Kläger von vornherein mangels Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestanden habe. Dem gegenüber steht nur ein Vermerk seitens des Arbeitsberaters über ein Telefonat mit dem Kläger, allerdings erst am 04.11.1995, wonach er den Kläger über die Vorschriften zur Verfügbarkeit und Arbeitsfähigkeit unterrichtet habe, ohne dass der Arbeitsberater dann aber eine Untersuchung des Klägers veranlasst hat, wobei unmittelbar darauf am 08.11.1995 der zweite Bescheid über die Bewilligung des Arbeitslosengeldes vom 25.10.1995 bis 07.11.1995 folgte. Insgesamt meint der Senat, es dem Kläger aufgrund des seine - falsche - Sichtweise immer wieder bestätigenden Verhaltens des Arbeitsamts nicht als grobe Fahrlässigkeit anlasten zu können, wenn er annahm, es gehe bei seinem Anspruch auf Arbeitslosengeld allein um die Frage des gleichzeitigen Bezuges von Krankentagegeld und glaubte, ab dessen Beendigung Leistungen des Arbeitsamtes erwarten zu dürfen.
Der Kläger konnte daher nach § 45 Abs.2 SGB X in die Bestandskraft der Bewilligung des Arbeitslosengeldes für die Zeit ab 18.10.1995 bis 07.11.1995 vertrauen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Das Urteil weicht nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab und beruht auf dieser Abweichung.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zur Hälfte.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Erstattung von Leistungen.
Der 1961 geborene Kläger ist Arzt und Diplom-Psychologe. Er befindet sich derzeit in der Weiterbildung zum Facharzt für Augenheilkunde. Zuletzt war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Augenklinik des Klinikums R. der Freien Universität B. beschäftigt.
Am 01.09.1995 meldete sich der Kläger arbeitslos beim Arbeitsamt Rosenheim und beantragte Arbeitslosengeld. Den ausgefüllten Antragsvordruck reichte er am 05.09.1995 zurück. Unter Nr.5 des Vordrucks wird eine Einschränkung der Vermittlungsfähigkeit verneint, in Nr.9 wird die Frage nach einer Krankschreibung bejaht.
Mit Schreiben vom 11.10.1995 teilte der Kläger mit, dass er von der Vereinten Krankenversicherung vorerst Krankentagegeld bis zum 25.09.1995 erhalten habe, was durch telefonische Nachfrage bei der Vereinten Krankenversicherung bestätigt wurde.
Mit weiterem Schreiben vom 26.10.1995 teilte der Kläger mit, dass die Vereinte Krankenversicherung ab 18.10.1995 keine Arbeitsunfähigkeit mehr anerkenne. Er habe hiergegen Widerspruch eingelegt, bitte aber gleichwohl darum, ihn vorsorglich seitens der Beklagten ab dem 18.10.1995 in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu versichern.
Mit Bescheid vom 02.11.1995 bewilligte das Arbeitsamt dem Kläger Arbeitslosengeld vom 26.09.1995 bis 24.10.1995.
Mit Schreiben vom 05.11.1995 forderte der Kläger das Arbeitsamt auf, die Bewilligung vom 02.11.1995 dahingehend zu korrigieren, dass eine Arbeitslosigkeit - wenn überhaupt - erst ab dem 18.10.1995 vorliege. Er habe bereits bei Antragstellung in Gegenwart seiner Ehefrau angegeben, dass er arbeitsunfähig sei. Es sei ihm unverständlich, dass das Arbeitsamt ihm Arbeitslosengeld ab dem 26.09.1995 gewähre.
Mit Bescheid vom 08.11.1995 bewilligte das Arbeitsamt dem Kläger Arbeitslosengeld vom 25.10.1995 bis 07.11.1995.
Mit Schreiben vom 10.11.1997 reichte der Kläger einen Nachweis der Vereinten Krankenversicherung über das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit vom 29.05.1995 bis 17.10.1995 ein.
Am 04.11.1995 hatte der Kläger mit dem zuständigen Arbeitsberater telefoniert, worüber sich folgender Vermerk in den Akten findet:Der Kläger sei überrascht, dass ihm Arbeitslosengeld gewährt werde. Er sei seiner Meinung nach arbeitsunfähig. Die Vereinte Krankenversicherung habe ihm nur bis 17.10.1995 Krankentagegeld bezahlt, er streite um die Weiterzahlung. Wenn er dort nicht erfolgreich sei, müsse er über das Arbeitsamt von der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen erhalten. Ihm, dem Kläger, sei klar, dass er während seines Anspruchs auf Krankenbezüge keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe und das erhaltene Arbeitslosengeld insoweit zurückzahlen müsse. Allerdings habe er von Anfang an angegeben, dass er arbeitsunfähig sei. Der Kläger, so der Vermerk weiter, sei über die Vorschriften zur Verfügbarkeit und zur Arbeitsfähigkeit unterrichtet worden, gleichfalls darüber, dass er nur im Falle des Leistungsbezuges krankenversichert sei. Der Kläger habe daraufhin erklärt, er müsse sich dann ggf. für arbeitsfähig erklären.
Mit Schreiben vom 15.12.1995 teilte der Kläger mit, dass er ab dem 04. oder 05.12.1995 für eine Vermittlung zur Verfügung stehe. Dazu reichte er zwei undatierte Atteste des Klinikums Innenstadt der Ludwig-Maximilians-Universität München ein, worin ihm unter der Diagnose einer Tendopathie mit Reizzustand des rechten Kniegelenks Arbeitsunfähigkeit vom 29.05.1995 bis 04.12.1995 bescheinigt wurde.
Mit Bescheid vom 02.01.1996 bewilligte das Arbeitsamt daraufhin Arbeitslosengeld ab 05.12.1995.
Am 03.01.1996 teilte die Vereinte Krankenversicherung dem Arbeitsamt mit, dass der Kläger vom 29.05.1995 bis 17.10.1995 Krankentagegeld bezogen habe, was Beitragspflicht nach § 186 AFG begründet habe.
Mit Schreiben vom 17.01.1996 forderte das Arbeitsamt den Kläger auf, zu einer entstandenen Überzahlung Stellung zu nehmen. Er habe vom 26.09.1995 bis 07.11.1995 Arbeitslosengeld in Höhe von 2.641,80 DM zu Unrecht bezogen, da er während dieses Zeitraums Krankentagegeld von der Vereinten Krankenversicherung erhalten habe. Der Kläger äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 28.01. 1996. Selbstverständlich werde das Arbeitsamt Leistungen, die ihm nicht zugestanden hätten, zurückerhalten. Er werde aber nicht auf Leistungen verzichten, die ihm zustünden. Er zögere noch mit einer Rückzahlung, da noch für einen bestimmten Zeitraum darüber Unklarheit herrsche, ob das Arbeitsamt oder die Vereinte Krankenversicherung Leistungen an ihn zu erbringen hätten.
Mit Bescheid vom 22.03.1996 hob das Arbeitsamt die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 26.09.1995 bis 07.11.1995 auf und ordnete die Erstattung der für diesen Zeitraum erbrachten Leistungen in Höhe von 2.641,80 DM an. Der Kläger habe für diesen Zeitraum zu Unrecht Arbeitslosengeld erhalten, da er Krankentagegeld aus einer privaten Krankenversicherung bezogen habe. Er habe gewusst bzw. wissen müssen, dass ihm Arbeitslosengeld nicht zustehe.
Den nicht weiter begründeten Widerspruch wies das Arbeitsamt mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.1996 als unbegründet zurück. Der angefochtene Bescheid sei allerdings in seiner rechtlichen Begründung zu korrigieren. Es sei von vornherein nicht zur Entstehung eines ruhensfähigen Anspruchs auf Arbeitslosengeld gekommen, da der Kläger bereits vor seiner Arbeitslosmeldung vom 01.09.1995 arbeitsunfähig erkrankt und nicht verfügbar gewesen sei, was eine Leistungsfortzahlung gemäß § 105 b AFG ausschließe.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben. Er hat vorgetragen, dass die Beklagte bei der Aufhebung der Bewilligung von zumindest teilweise unrichtigen Tatsachen ausgehe, insofern als sie zugrunde lege, dass er bis 07.11. 1995 Krankentagegeld bezogen habe.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.02.1997 als unbegründet abgewiesen. Die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 26.09.1995 sei unrichtig gewesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt, da er "wegen Arbeitsunfähigkeit nicht verfügbar" gewesen sei und eine Leistungsfortzahlung nach § 105b AFG nicht in Betracht gekommen sei, nachdem die Arbeitsunfähigkeit des Klägers schon aus der Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit datiert habe. Aufgrund der Ausführungen in dem ihm ausgehändigten Merkblatt für Arbeitslose habe der Kläger wissen müssen, dass ihm ein Anspruch auf Arbeitslosengeld unter den gegebenen Umständen nicht zustehe. Auch sei er nach seinen eigenen Schreiben erkennbar selbst davon ausgegangen, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger ein Urteil des Landgerichts Traunstein vom 04.07.1997 vorgelegt. Darin wird seine Klage gegen die Vereinte Krankenversicherung auf Weiterzahlung des Krankentagegeldes über den 17.10.1995 hinaus abgewiesen. Es heißt u.a.: Der Kläger sei wegen Kniebeschwerden seit 29.05. 1995 arbeitsunfähig gewesen. Für die Vereinte Krankenversicherung habe als Sachverständiger ein Dr.P. am 17.10.1995 nach Untersuchung des Klägers festgestellt, dass keine vollständige Arbeitsunfähigkeit mehr bestehe. Zwar habe der Kläger ein hausärztliches Attest vom 19.10.1995 eingereicht, wonach die Arbeitsunfähigkeit über den 17.10.1995 hinaus fortbestehe. Nach den Versicherungsbedingungen habe es dem Kläger aber obgelegen, einen gutachtlichen Gegenbeweis zu führen.
Der Kläger macht weiterhin geltend, er habe bereits bei Antragstellung darauf hingewiesen, dass er sich für arbeitsunfähig halte. Dies habe er aber nur auf seinen Beruf als Arzt beziehen wollen, nicht aber auf eine mögliche Tätigkeit als Psychologe. Seine Tätigkeiten seit 1990 seien zum Teil auch diejenigen eines Psychologen in der Forschung gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.02.1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.03.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.1996 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe des Ersturteils.
Der Senat hat die Akten des SG und die Akten der Beklagten beigezogen. Die Vereinte Krankenversicherung hat dem Senat die allgemeinen Versicherungbedingungen für die Krankentagegeld-Gruppenversicherung und die Tarifbedingungen für die Krankentagegeld-Gruppenversicherung für Ärzte, Tierärzte und Zahnärzte übersandt. Auf Anfrage des Senats hat der Oberarzt Dr.S. von der Innenstadtklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München - physikalische Medizin - in Auskünften vom 15.05.2000 und vom 09.01.2001 mitgeteilt: Der Kläger sei vom 26.09.1995 bis 04.12.1995 wegen einer Überlastungsperiatropathie am rechten Kniegelenk und davon ausgehenden Reizzuständen arbeitsunfähig gewesen. Ihm sei deswegen während dieses Zeitraums eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten gewesen, da er immer wieder tagsüber Ruhezeiten (Liegenszeiten) benötigt habe und auch die ihm verabreichte intensivierte Therapie keine zusätzliche Arbeitsbelastung zugelassen habe. Als Zeugen zum Verlauf des Gesprächs anläßlich der Arbeitslosmeldung des Klägers am 01.09.1995 hat der Senat im Erörterungs- und Beweistermin vom 03.04.2001 die Ehefrau des Klägers Dr.M. G. und den seinerzeitigen Antragsausgeber des Arbeitsamts Rosenheim M. H. uneidlich einvernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.04.2001 verwiesen, im Übrigen zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht eingelegt, und auch teilweise begründet. Insoweit waren das Urteil des SG und der angefochtene Bescheid abzuändern.
Zwar waren die Bescheide vom 02.11.1995 und vom 08.11.1995 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 26.09.1995 bis 07.11. 1995 von Beginn an rechtswidrig, wie dies die Rücknahmevorschrift des § 45 SGB X in Abs.1 voraussetzt. Der Kläger hatte in der Zeit vom 26.09.1995 bis 07.11.1995 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt nach § 100 Abs.1 Nr.1 AFG u.a. voraus, dass der Arbeitslose eine zumutbare beitragspflichtige, d.h. abhängige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausüben kann und darf. Diese Voraussetzungen waren nach der ärztlichen Auskunft des Oberarztes Dr.S. vom Innenstadtklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München - physikalische Medizin - während des streitigen Zeitraums nicht gegeben. Zumindest eine abhängige Erwerbstätigkeit verlangt die Fähigkeit, aufgetragene Verrichtungen regelmäßig nach von dritter Seite bestimmten Vorgaben auszuführen. Dies war dem Kläger nach der Auskunft des Oberarztes Dr.S. nach den vorliegenden Behandlungsunterlagen wegen auch tagsüber häufig notwendiger Ruhe(Liege)pausen und intensiver Behandlung nicht möglich. Dies schließt auch die Tätigkeit eines Psychologen ein, worauf der Kläger seinen Angaben zufolge seine seinerzeit angegebene Arbeitsunfähigkeit nicht bezogen haben will, wofür sich allerdings wie auch im nachfolgenden umfangreichen Schriftwechsel keinerlei Anhaltspunkte finden. Dies darf nicht mit der Frage verwechselt werden, ob sich der Kläger möglicherweise grundsätzlich auch für eine Tätigkeit als Psychologe zur Verfügung gestellt hat.
Die Überzeugung des Senats wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Versicherungsarzt Dr.P. laut Urteil des Landgerichts Traunstein vom 04.07.1997 am 17.10.1995 festgestellt hat, dass beim Kläger eine "vollständige Arbeitsunfähigkeit" über den 17.10.1995 hinaus nicht mehr bestehe. In den Versicherungsvertragsbedingungen, die dem Senat überlassen wurden, geht es nur um Prozentsätze verbliebener Arbeitsfähigkeit, nicht aber um die konkreten Bedingungen, unter denen Erwerbstätigkeiten am Arbeitsmarkt ausgeübt werden.
Da der Kläger schon vor der Arbeitslosmeldung arbeitsunfähig und nicht verfügbar im Sinne von § 103 Abs.1 AFG war, hatte er auch keinen Anspruch auf Leistungsfortzahlung nach § 105 b AFG.
Nachdem ein Anspruch auf Arbeitslosengeld im streitigen Zeitraum vom 26.09.1995 bis 07.11.1995 mithin schon mangels Verfügbarkeit nach § 103 Abs.1 Nr.1 AFG nicht gegeben war, kann dahingestellt bleiben, ob es auch an der nach § 103 Abs.1 Nr.2 AFG erforderlichen Arbeitsbereitschaft des Klägers gefehlt hat.
Da ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld seit 26.09. 1995 gar nicht bestanden hat, kann gleichfalls offen bleiben, ob in der Zeit bis zum 17.10.1995 der Bezug von Krankentagegeld als anwartschaftsbegründender Tatbestand nach §§ 186 Abs.3, 107 Nr. 5a AFG einen solchen Anspruch zum Ruhen gebracht hätte.
Für die Zeit bis zum 17.10.1995 kann der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen in die Bestandskraft der Alg-Bewilligung gemäß § 45 Abs.2 SGB X beanspruchen. Zwar beruhte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes an den Kläger nicht auf falschen oder unvollständigen Angaben (§ 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X). Er ging jedoch für den Zeitraum bis zum 17.10.1995 selbst davon aus, dass ihm aufgrund des Bezugs von Krankentagegeld kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zustehe (§ 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X). Er hat dies von Anfang an immer wieder betont und die Zahlung von Arbeitslosengeld sogar ausdrücklich beanstandet. Ob der Bezug des Krankentagegeldes tatsächlich der zutreffende Grund dafür war, dass der Kläger Alg vom 26.09.1995 bis 17.10.1995 zu Unrecht erhalten hat, ist unerheblich.
Nachdem ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld seit 26.09.1995 nicht bestand und er für den Zeitraum bis zum 17.10. 1995 keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen kann, war die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 26.09. 1995 bis 17.10.1995 aufzuheben (§ 152 Abs.2 AFG). Die für diesen Zeitraum an den Kläger erbrachten Leistungen sind von diesem zu erstatten (§ 50 Abs.1 SGB X).
Anders verhält es sich mit dem Zeitraum vom 18.10.1995 bis 07.11.1995. Ein vertrauensschutzvernichtender Tatbestand liegt insoweit nicht vor. Nach § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, s o w e i t er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Daraus folgt bei der Bewilligung von laufenden Leistungen auch eine nach Zeitabschnitten unterschiedliche Beurteilung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die Bestandskraft des begünstigenden Verwaltungsaktes, hier der Bescheide vom 02.11.1995 und vom 08.11.1995.
Aus dem von Anfang an geführten Schriftwechsel des Klägers mit dem Arbeitsamt geht hervor, dass der Kläger der Meinung war, ihm stünde während seiner Krankschreibung entweder Krankentagegeld von der Vereinten Krankenversicherung oder Arbeitslosengeld zu. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass der Kläger dem ihm ausgehändigten Merkblatt für Arbeitslose, Ausgabe 1995, entnehmen konnte, dass - unabhängig von der Frage des Bezuges von Krankentagegeld - ein Anspruch auf Arbeitslosengeld die Vermittelbarkeit in eine Beschäftigung zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und Arbeitsbereitschaft voraussetzt. Nach den Angaben der Ehefrau des Klägers, die bei der Arbeitslosmeldung des Klägers am 01.09.1995 dabei war, wurde die Frage der Verfügbarkeit des Klägers bei diesem Gespräch jedoch nicht thematisiert. Der Antragsausgeber, der Zeuge H. , konnte sich an das Gespräch mit dem Kläger zwar nicht mehr erinnern. Seinen Ausführungen ist jedoch zu entnehmen, dass die Verfügbarkeit im Fall der Arbeitsunfähigkeit nur dann untersucht wird, wenn sich das Problem "nicht ohnehin durch den anderweitigen Krankengeldbezug erledigt", wie beim Kläger der Fall. In der Folge hat zudem das Arbeitsamt trotz ständig ausdrücklich wiederholten Hinweises des Klägers auf seine Arbeitsunfähigkeit, die entgegen der Auffassung der Vereinten Krankenversicherung auch über den 17.10.1995 hinaus vorliege, ohne Überprüfung von dessen Verfügbarkeit mit Bescheiden vom 02.11.1995 und vom 08.11.1995 Arbeitslosengeld bewilligt. Selbst noch im Aufhebungsverfahren einschließlich des vorangehenden Anhörungsschreibens hat sich das Arbeitsamt die Sichtweise des Klägers zu eigen gemacht und die Aufhebung - trotz Krankentagegeldbezuges nur bis 17.10.1995 für den gesamten Zeitraum bis zum 07.11.1995 ausschließlich auf die Unvereinbarkeit eines gleichzeitigen Bezuges von Arbeitslosengeld und Krankentagegeld gestützt. Erstmals im Widerspruchsbescheid vom 01.07.1996 hat sich das Arbeitsamt dahingehend korrigiert, dass beim Kläger von vornherein mangels Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestanden habe. Dem gegenüber steht nur ein Vermerk seitens des Arbeitsberaters über ein Telefonat mit dem Kläger, allerdings erst am 04.11.1995, wonach er den Kläger über die Vorschriften zur Verfügbarkeit und Arbeitsfähigkeit unterrichtet habe, ohne dass der Arbeitsberater dann aber eine Untersuchung des Klägers veranlasst hat, wobei unmittelbar darauf am 08.11.1995 der zweite Bescheid über die Bewilligung des Arbeitslosengeldes vom 25.10.1995 bis 07.11.1995 folgte. Insgesamt meint der Senat, es dem Kläger aufgrund des seine - falsche - Sichtweise immer wieder bestätigenden Verhaltens des Arbeitsamts nicht als grobe Fahrlässigkeit anlasten zu können, wenn er annahm, es gehe bei seinem Anspruch auf Arbeitslosengeld allein um die Frage des gleichzeitigen Bezuges von Krankentagegeld und glaubte, ab dessen Beendigung Leistungen des Arbeitsamtes erwarten zu dürfen.
Der Kläger konnte daher nach § 45 Abs.2 SGB X in die Bestandskraft der Bewilligung des Arbeitslosengeldes für die Zeit ab 18.10.1995 bis 07.11.1995 vertrauen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Das Urteil weicht nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab und beruht auf dieser Abweichung.
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