Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 Al 976/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 145/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22. Oktober 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe des dem Kläger ab dem 01.07.1987 zu gewährenden Arbeitslosengeldes (Alg).
Der am ...1936 geborene Kläger ist von Beruf Rechtsanwalt. Am 02.03.1982 schloss er mit dem ... Deutschland Rheinland-Pfalz e.V. (L ...) einen Arbeitsvertrag, wonach er zum 15.04.1982 als Geschäftsführer mit 20 Wochenstunden tätig wurde. Im Übrigen hielt der Kläger gegen Honorar Vorträge und leitete Seminare. Am 25.03.1987 wurde der Arbeitsvertrag des Klägers zum 30.06.1987 ohne Angabe von Gründen gekündigt.
Am 01.07.1987 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt Mainz arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg.
Mit Bescheid vom 17.10.1988 gewährte die Beklagte dem Kläger rückwirkend ab 01.07.1987 Alg in Höhe von 330,00 DM wöchentlich. Der Berechnung lag die Verdienstbescheinigung der OFD Koblenz vom 29.12.1987 zugrunde, die entsprechend der vertraglichen Tätigkeit von 20 Stunden pro Woche ein monatliches Arbeitsentgelt von 3.035,19 DM anführte.
Der hiergegen am 17.11.1988 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 20.02.1989 aus, dass die Honorarzahlungen an den Kläger den Bemessungen des Alg nicht zugrunde gelegt werden könnten, weil sie nicht in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erzielt worden seien.
Dagegen hat der Kläger am 17.03.1989 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.08.1991 abgewiesen.
Mit Schreiben vom 29.08.1991 beantragte der Kläger im Hinblick auf die in § 44 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) enthaltene Vierjahresfrist schon jetzt den Erlass eines Zugunstenbescheides.
Gegen das Urteil des SG Konstanz hat der Kläger am 27.11.1991 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Nach einem - im Berufungsverfahren - vorgelegten Schreiben des Ministerialrats a.D. S ... vom 24.08.1991 hatte die Aufspaltung der Tätigkeit des Klägers in eine Festanstellung als Geschäftsführer und in eine Vortrags- bzw Seminartätigkeit "keine anderen als formale haushaltsmäßige Gründe". In einem weiteren im Berufungsverfahren vorgelegten Schreiben des Staatsministers Albrecht Martin vom 11.06.1987 wurde die Aufspaltung damit begründet, dass für die Arbeit des Klägers nur eine halbe Stelle zu bekommen gewesen sei und man ihm durch die zusätzliche Honorierung seiner Vorträge ein "einigermaßen auskömmliches Einkommen" habe sichern wollen.
Mit Urteil vom 29.04.1994 hat das LSG Baden-Württemberg die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Konstanz zurückgewiesen (Az.: L 3 AR 2311/91). Die Bemessung des Alg durch die Beklagte sei zutreffend erfolgt. Nach der Mitteilung des Ministerialrates S ... an den Kläger vom 24.08.1991 und dem Schreiben des damaligen Landtagspräsidenten von Rheinland-Pfalz Albrecht Martin seien die Ausführungen in der Arbeitsbescheinigung der OFD Koblenz vom 29.12.1987 nicht zu beanstanden. Arbeits- oder dienstrechtliche Beziehungen zwischen dem Landtag und dem Kläger seien nicht begründet worden.
Die hiergegen vom Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 29.04.1994 wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 07.12.1994 (Az.: 11 BaR 111/94) als unzulässig verworfen. Ein Verfahrensfehler liege nicht vor, da der Kläger nicht einmal dargelegt habe, welche Tatsache er gegenüber dem LSG in das Wissen des als Zeugen benannten Ministerialrates a. D. S ... gestellt habe.
Mit Schriftsatz vom 26.03.1995 begründete der Kläger seinen Antrag auf Erlass eines Zugunstenbescheides vom 29.08.1991 damit, dass er nunmehr eine Urkunde vorlegen könne, aus der sich ergebe, dass er sich um die Einbeziehung seiner zweiten Gehaltshälfte in dem Arbeitsvertrag bemüht habe. Aus dem zur Begründung beigefügten Schreiben der OFD Koblenz vom 03.12.1986 ergaben sich die unterschiedlichen Höhen der Sozialleistungen des Klägers für das Jahr 1986 bei einer Halbtagsbeschäftigung und bei einer Vollbeschäftigung.
Mit Bescheid vom 16.05.1995 lehnte die Beklagte eine Überprüfung der beanstandeten Bescheide gem § 44 SGB X ab, da keine Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit vorlägen.
Zur Begründung seines am 06.06.1995 hiergegen eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, dass das SG Koblenz zu unrecht die Vernehmung des Zeugen S ... abgelehnt habe. Im Berufungsverfahren habe er, der Kläger, auf Grund der schriftlichen Erklärung des Zeugen S ... auf dessen Vernehmung verzichtet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.1995 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 03.08.1995 Klage zum SG Nürnberg erhoben.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.10.1997 abgewiesen. Der Antrag des Klägers vom 29.08.1991 nach § 44 SGB X sei unzulässig, da die Entscheidung der Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch nicht bindend gewesen sei. Der Antrag des Klägers nach § 44 SGB X vom 26.03.1995 sei nicht substanziiert gewesen. Die vom Kläger vorgetragenen neuen Tatsachen seien für das LSG Baden-Württemberg nicht entscheidungserheblich gewesen, insbesondere seien die Schreiben des ehemaligen Präsidenten des Landtages Rheinland-Pfalz und Vorsitzenden der L ... Albrecht Martin sowie des Ministerialrates a. D. S ... Gegenstand des Verfahrens gewesen und auch vom BSG entsprechend gewürdigt worden.
Gegen das ihm am 26.01.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.04.1998 Berufung beim Bayer.Landessozialgericht eingelegt. Nach § 44 Abs 4 SGB X könnten Leistungen nachträglich nur für einen Zeitraum bis zu vier Jahren erbracht werden, so dass er seinen Antrag vom 29.08.1991 vorsorglich gestellt habe. Im Übrigen hätte er sich im Berufungsverfahren nicht zu allen anspruchsbegründenden Tatsachen äußern können und in der Berufungsverhandlung in Stuttgart einen denkbar schlechten Eindruck gemacht. Er habe den Vertrag mit der L ... nur deshalb unterzeichnet, weil man ihm zugesagt habe, dass dieser nur aus formalen, haushaltsmäßigen Gründen als Teilzeitvertrag formuliert worden sei. Er habe sich stets um eine Berichtigung des Vertrages bemüht. Von der Bewertung des Schreibens von Herrn S ... im Berufungsverfahren wäre er überrascht worden. Wegen der noch offenen Anrechnung in der Angestelltenversicherung beantrage er die Beiladung der Bundesversicherungsanstalt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten vom 16.05.1995 und 18.07.1995 aufzuheben und ihm ab 01.07.1987 höheres Alg nach einer Tätigkeit von mindestens 40 Stunden wöchentlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 22.10.1997 zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Nach Erhalt der Ladung zum Termin, in der das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet worden war und die den ausdrücklichen Hinweis enthielt, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden könne, hat der Kläger in einem am Tag vor der mündlichen Verhandlung beim BayLSG eingegangenen Schreiben beantragt, den Termin aufzuheben, da er aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig sei. Zur Begründung war eine Arztrechnung des Urologen Prof.A ... vom 02.12.2000 mit der Diagnose "Prostatacarcinom" beigefügt.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, des SG Konstanz, des LSG Baden-Württemberg, des SG Nürnberg und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes = SGG) ist auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da ein erheblicher Grund für die Aufhebung des Termines und seine Verlegung nicht vorlag. Der Kläger, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, ist bereits in der Ladung darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens vom Senat Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden könne (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Mitteilung des Klägers, dass er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen könne, da er nicht reisefähig sei, ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden (§ 202 SGG iVm § 227 Abs 1 Satz 2 Nr 1 der Zivilprozessordnung = ZPO). Die vorgelegte Arztrechnung vom 02.12.2000 mit der Diagnose "Prostatacarcinom", in der eine fehlende Reisefähigkeit des Klägers nicht bescheinigt wurde, ist als Mittel der Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Auch das rechtliche Gehör des Klägers ist nicht verletzt worden, da er als Rechtsanwalt in den eingereichten Schriftsätzen vom 17.04.1998 und 06.12.2000 ausreichend seine Auffassung dargelegt hat (§ 62 SGG). Darüberhinaus sind vom Senat keine neuen Tatsachen oder Beweismittel erörtert worden.
Das Rechtsmittel ist unbegründet, denn das SG hat im angefochtenen Urteil vom 22.10.1997 die Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 16.05.1995 und 18.07.1995 zutreffend abgewiesen, weil sich die Beklagte zu Recht auf die Bindungswirkung ihrer Bescheide vom 17.10.1988 und 20.02.1989 berufen hat.
Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist zwar ein eine Sozialleistung ablehnender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall "ergibt", dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig "erweist". Diese Bestimmung ermöglicht damit eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte, die gem § 77 SGG grundsätzlich von allen Beteiligten zu beachten ist, also auch von dem Rechtsträger, der den Verwaltungsakt erlassen hat.
Ergibt sich aber im Rahmen eines Antrages auf Zugunstenbescheid - wie im vorliegenden Fall - nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, darf sich die Verwaltung ohne weitere Sachprüfung auf die Bindungswirkung berufen. Werden neue Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen und neue Beweismittel benannt, ergibt aber die Prüfung, dass die vorgebrachten Gesichtspunkte mit der Realität nicht übereinstimmen oder am Ergebnis der früheren Entscheidung nichts ändern konnten, darf sich die Behörde ebenfalls auf die Bindungswirkung berufen (vgl BSG vom 03.02.1988 - 9/9 a RV 18/86 = BSGE 63, 33, 35).
Ebenso überprüfen auch die Sozialgerichte bei einer auf einen Zugunstenbescheid gerichtete Klage nicht unmittelbar die rechtskräftigen Gerichtsurteile, wie hier die Entscheidungen des SG Konstanz vom 23.08.1991 und des LSG Baden-Württemberg vom 29.04.1994. Überprüfbar ist in dem hier anhängigen sozialgerichtlichen Verfahren lediglich das Verhalten der Beklagten daraufhin, ob sie das neue Sachbegehren ungeachtet rechtsverbindlicher Regelungen ablehnen durfte. Zur Überzeugung des Senates hat der Kläger zur Begründung seines Begehrens auf höheres Alg ab dem 01.07.1987 jedoch keine neuen Tatsachen und Gesichtspunkte vorgetragen, keine neuen Beweismittel benannt und nichts dargetan, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidungen sprechen könnte, sondern lediglich dargelegt, dass das SG Konstanz und das LSG Baden-Württemberg die im Rahmen des Urkundenbeweises gewürdigten Zeugenaussagen rechtlich unzutreffend bewertet habe.
Die Beklagte war auch nicht ersichtlich auf Grund anderer Erkenntnisse veranlasst, ihre durch rechtskräftige Urteile bestätigten Entscheidungen erneut unter dem Gesichtspunkt einer Unrichtigkeit in Frage zu stellen (vgl BSGE 42, 4 ff). Folglich war das SG Nürnberg und ist der erkennende Senat ebenfalls nicht zur weiteren Sachaufklärung in dieser Richtung veranlasst (vgl BSG vom 28.01.1981 - 9 RV 29/80 = BSGE 51, 139, 141 mwN aus der ständigen Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes).
Die Beklagte hat sich in den angefochtenen Bescheiden vom 16.05.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.07.1995 deshalb zu Recht auf die Bindungswirkung der Bescheide vom 17.10.1988 und des Widerspruchsbescheides vom 20.02.1989 berufen, so dass die Berufung zurückzuweisen war.
Gründe für die Beiladung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte nach § 75 SGG sind für den Senat nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe des dem Kläger ab dem 01.07.1987 zu gewährenden Arbeitslosengeldes (Alg).
Der am ...1936 geborene Kläger ist von Beruf Rechtsanwalt. Am 02.03.1982 schloss er mit dem ... Deutschland Rheinland-Pfalz e.V. (L ...) einen Arbeitsvertrag, wonach er zum 15.04.1982 als Geschäftsführer mit 20 Wochenstunden tätig wurde. Im Übrigen hielt der Kläger gegen Honorar Vorträge und leitete Seminare. Am 25.03.1987 wurde der Arbeitsvertrag des Klägers zum 30.06.1987 ohne Angabe von Gründen gekündigt.
Am 01.07.1987 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt Mainz arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg.
Mit Bescheid vom 17.10.1988 gewährte die Beklagte dem Kläger rückwirkend ab 01.07.1987 Alg in Höhe von 330,00 DM wöchentlich. Der Berechnung lag die Verdienstbescheinigung der OFD Koblenz vom 29.12.1987 zugrunde, die entsprechend der vertraglichen Tätigkeit von 20 Stunden pro Woche ein monatliches Arbeitsentgelt von 3.035,19 DM anführte.
Der hiergegen am 17.11.1988 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 20.02.1989 aus, dass die Honorarzahlungen an den Kläger den Bemessungen des Alg nicht zugrunde gelegt werden könnten, weil sie nicht in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erzielt worden seien.
Dagegen hat der Kläger am 17.03.1989 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.08.1991 abgewiesen.
Mit Schreiben vom 29.08.1991 beantragte der Kläger im Hinblick auf die in § 44 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) enthaltene Vierjahresfrist schon jetzt den Erlass eines Zugunstenbescheides.
Gegen das Urteil des SG Konstanz hat der Kläger am 27.11.1991 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Nach einem - im Berufungsverfahren - vorgelegten Schreiben des Ministerialrats a.D. S ... vom 24.08.1991 hatte die Aufspaltung der Tätigkeit des Klägers in eine Festanstellung als Geschäftsführer und in eine Vortrags- bzw Seminartätigkeit "keine anderen als formale haushaltsmäßige Gründe". In einem weiteren im Berufungsverfahren vorgelegten Schreiben des Staatsministers Albrecht Martin vom 11.06.1987 wurde die Aufspaltung damit begründet, dass für die Arbeit des Klägers nur eine halbe Stelle zu bekommen gewesen sei und man ihm durch die zusätzliche Honorierung seiner Vorträge ein "einigermaßen auskömmliches Einkommen" habe sichern wollen.
Mit Urteil vom 29.04.1994 hat das LSG Baden-Württemberg die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Konstanz zurückgewiesen (Az.: L 3 AR 2311/91). Die Bemessung des Alg durch die Beklagte sei zutreffend erfolgt. Nach der Mitteilung des Ministerialrates S ... an den Kläger vom 24.08.1991 und dem Schreiben des damaligen Landtagspräsidenten von Rheinland-Pfalz Albrecht Martin seien die Ausführungen in der Arbeitsbescheinigung der OFD Koblenz vom 29.12.1987 nicht zu beanstanden. Arbeits- oder dienstrechtliche Beziehungen zwischen dem Landtag und dem Kläger seien nicht begründet worden.
Die hiergegen vom Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 29.04.1994 wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 07.12.1994 (Az.: 11 BaR 111/94) als unzulässig verworfen. Ein Verfahrensfehler liege nicht vor, da der Kläger nicht einmal dargelegt habe, welche Tatsache er gegenüber dem LSG in das Wissen des als Zeugen benannten Ministerialrates a. D. S ... gestellt habe.
Mit Schriftsatz vom 26.03.1995 begründete der Kläger seinen Antrag auf Erlass eines Zugunstenbescheides vom 29.08.1991 damit, dass er nunmehr eine Urkunde vorlegen könne, aus der sich ergebe, dass er sich um die Einbeziehung seiner zweiten Gehaltshälfte in dem Arbeitsvertrag bemüht habe. Aus dem zur Begründung beigefügten Schreiben der OFD Koblenz vom 03.12.1986 ergaben sich die unterschiedlichen Höhen der Sozialleistungen des Klägers für das Jahr 1986 bei einer Halbtagsbeschäftigung und bei einer Vollbeschäftigung.
Mit Bescheid vom 16.05.1995 lehnte die Beklagte eine Überprüfung der beanstandeten Bescheide gem § 44 SGB X ab, da keine Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit vorlägen.
Zur Begründung seines am 06.06.1995 hiergegen eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, dass das SG Koblenz zu unrecht die Vernehmung des Zeugen S ... abgelehnt habe. Im Berufungsverfahren habe er, der Kläger, auf Grund der schriftlichen Erklärung des Zeugen S ... auf dessen Vernehmung verzichtet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.1995 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 03.08.1995 Klage zum SG Nürnberg erhoben.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.10.1997 abgewiesen. Der Antrag des Klägers vom 29.08.1991 nach § 44 SGB X sei unzulässig, da die Entscheidung der Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch nicht bindend gewesen sei. Der Antrag des Klägers nach § 44 SGB X vom 26.03.1995 sei nicht substanziiert gewesen. Die vom Kläger vorgetragenen neuen Tatsachen seien für das LSG Baden-Württemberg nicht entscheidungserheblich gewesen, insbesondere seien die Schreiben des ehemaligen Präsidenten des Landtages Rheinland-Pfalz und Vorsitzenden der L ... Albrecht Martin sowie des Ministerialrates a. D. S ... Gegenstand des Verfahrens gewesen und auch vom BSG entsprechend gewürdigt worden.
Gegen das ihm am 26.01.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.04.1998 Berufung beim Bayer.Landessozialgericht eingelegt. Nach § 44 Abs 4 SGB X könnten Leistungen nachträglich nur für einen Zeitraum bis zu vier Jahren erbracht werden, so dass er seinen Antrag vom 29.08.1991 vorsorglich gestellt habe. Im Übrigen hätte er sich im Berufungsverfahren nicht zu allen anspruchsbegründenden Tatsachen äußern können und in der Berufungsverhandlung in Stuttgart einen denkbar schlechten Eindruck gemacht. Er habe den Vertrag mit der L ... nur deshalb unterzeichnet, weil man ihm zugesagt habe, dass dieser nur aus formalen, haushaltsmäßigen Gründen als Teilzeitvertrag formuliert worden sei. Er habe sich stets um eine Berichtigung des Vertrages bemüht. Von der Bewertung des Schreibens von Herrn S ... im Berufungsverfahren wäre er überrascht worden. Wegen der noch offenen Anrechnung in der Angestelltenversicherung beantrage er die Beiladung der Bundesversicherungsanstalt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten vom 16.05.1995 und 18.07.1995 aufzuheben und ihm ab 01.07.1987 höheres Alg nach einer Tätigkeit von mindestens 40 Stunden wöchentlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 22.10.1997 zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Nach Erhalt der Ladung zum Termin, in der das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet worden war und die den ausdrücklichen Hinweis enthielt, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden könne, hat der Kläger in einem am Tag vor der mündlichen Verhandlung beim BayLSG eingegangenen Schreiben beantragt, den Termin aufzuheben, da er aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig sei. Zur Begründung war eine Arztrechnung des Urologen Prof.A ... vom 02.12.2000 mit der Diagnose "Prostatacarcinom" beigefügt.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, des SG Konstanz, des LSG Baden-Württemberg, des SG Nürnberg und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes = SGG) ist auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da ein erheblicher Grund für die Aufhebung des Termines und seine Verlegung nicht vorlag. Der Kläger, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, ist bereits in der Ladung darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens vom Senat Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden könne (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Mitteilung des Klägers, dass er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen könne, da er nicht reisefähig sei, ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden (§ 202 SGG iVm § 227 Abs 1 Satz 2 Nr 1 der Zivilprozessordnung = ZPO). Die vorgelegte Arztrechnung vom 02.12.2000 mit der Diagnose "Prostatacarcinom", in der eine fehlende Reisefähigkeit des Klägers nicht bescheinigt wurde, ist als Mittel der Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Auch das rechtliche Gehör des Klägers ist nicht verletzt worden, da er als Rechtsanwalt in den eingereichten Schriftsätzen vom 17.04.1998 und 06.12.2000 ausreichend seine Auffassung dargelegt hat (§ 62 SGG). Darüberhinaus sind vom Senat keine neuen Tatsachen oder Beweismittel erörtert worden.
Das Rechtsmittel ist unbegründet, denn das SG hat im angefochtenen Urteil vom 22.10.1997 die Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 16.05.1995 und 18.07.1995 zutreffend abgewiesen, weil sich die Beklagte zu Recht auf die Bindungswirkung ihrer Bescheide vom 17.10.1988 und 20.02.1989 berufen hat.
Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist zwar ein eine Sozialleistung ablehnender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall "ergibt", dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig "erweist". Diese Bestimmung ermöglicht damit eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte, die gem § 77 SGG grundsätzlich von allen Beteiligten zu beachten ist, also auch von dem Rechtsträger, der den Verwaltungsakt erlassen hat.
Ergibt sich aber im Rahmen eines Antrages auf Zugunstenbescheid - wie im vorliegenden Fall - nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, darf sich die Verwaltung ohne weitere Sachprüfung auf die Bindungswirkung berufen. Werden neue Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen und neue Beweismittel benannt, ergibt aber die Prüfung, dass die vorgebrachten Gesichtspunkte mit der Realität nicht übereinstimmen oder am Ergebnis der früheren Entscheidung nichts ändern konnten, darf sich die Behörde ebenfalls auf die Bindungswirkung berufen (vgl BSG vom 03.02.1988 - 9/9 a RV 18/86 = BSGE 63, 33, 35).
Ebenso überprüfen auch die Sozialgerichte bei einer auf einen Zugunstenbescheid gerichtete Klage nicht unmittelbar die rechtskräftigen Gerichtsurteile, wie hier die Entscheidungen des SG Konstanz vom 23.08.1991 und des LSG Baden-Württemberg vom 29.04.1994. Überprüfbar ist in dem hier anhängigen sozialgerichtlichen Verfahren lediglich das Verhalten der Beklagten daraufhin, ob sie das neue Sachbegehren ungeachtet rechtsverbindlicher Regelungen ablehnen durfte. Zur Überzeugung des Senates hat der Kläger zur Begründung seines Begehrens auf höheres Alg ab dem 01.07.1987 jedoch keine neuen Tatsachen und Gesichtspunkte vorgetragen, keine neuen Beweismittel benannt und nichts dargetan, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidungen sprechen könnte, sondern lediglich dargelegt, dass das SG Konstanz und das LSG Baden-Württemberg die im Rahmen des Urkundenbeweises gewürdigten Zeugenaussagen rechtlich unzutreffend bewertet habe.
Die Beklagte war auch nicht ersichtlich auf Grund anderer Erkenntnisse veranlasst, ihre durch rechtskräftige Urteile bestätigten Entscheidungen erneut unter dem Gesichtspunkt einer Unrichtigkeit in Frage zu stellen (vgl BSGE 42, 4 ff). Folglich war das SG Nürnberg und ist der erkennende Senat ebenfalls nicht zur weiteren Sachaufklärung in dieser Richtung veranlasst (vgl BSG vom 28.01.1981 - 9 RV 29/80 = BSGE 51, 139, 141 mwN aus der ständigen Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes).
Die Beklagte hat sich in den angefochtenen Bescheiden vom 16.05.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.07.1995 deshalb zu Recht auf die Bindungswirkung der Bescheide vom 17.10.1988 und des Widerspruchsbescheides vom 20.02.1989 berufen, so dass die Berufung zurückzuweisen war.
Gründe für die Beiladung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte nach § 75 SGG sind für den Senat nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
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