L 11 AL 167/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 548/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 167/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 4. März 1998 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13.05.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.1997 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Wintergeld (WG) für Februar 1997 zu gewähren ist.

Die Klägerin betreibt u.a. ein Bauunternehmen. Mit Eingangsstempel des Arbeitsamtes Weißenburg vom 16.04.1997 wurde ein Antrag der Klägerin auf WG registriert, der mit dem 13.04.1997 datiert ist. Mit dem Antrag wurde WG für die Arbeit eines Bauarbeiters von 193,5 Stunden im Februar 1997 in Höhe von 387,00 DM begehrt.

Der Antrag wurde abgelehnt, weil er verspätet eingegangen sei. Für WG gelte eine Ausschlussfrist, die am 15. des übernächsten Kalendermonats ende, in dem die Tage liegen, für die WG beantragt werde (Bescheid vom 13.05.1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 08.07.1997).

Mit der zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobenen Klage wurde der Antrag weiterverfolgt. Die Klägerin trug vor: Der Geschäftsführer habe den Antrag am Sonntag, dem 13.04.1997, in den Briefkasten beim Postamt in G. geworfen. Nach Auskunft der Postverwaltung dauere die Beförderung eines Briefes durch die Post von G. zum Arbeitsamt in Weißenburg regelmäßig nur einen Tag. Der Antrag hätte also am 14.04.1997, spätestens aber am 15.04.1997, in jedem Fall jedoch rechtzeitig bei der Beklagten eintreffen müssen.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 04.03.1998 stattgegeben und die Beklagte zur Gewährung von WG für Februar 1997 verurteilt. Der Antrag auf WG sei zwar gemäß § 80 Abs 1 Satz 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) schriftlich beim Arbeitsamt innerhalb einer Ausschlussfrist bis zum 15. des übernächsten Kalendermonats zu stellen, in dem die Tage lägen, für die WG beantragt werde. Die Ausschlussfrist müsse jedoch im vorliegenden Fall dennoch als gewahrt angesehen werden, denn die Klägerin habe den Brief mit dem Antrag am 13.04.1997, dh zu einem Zeitpunkt der Beförderung der Post übergeben, zu dem sie annehmen konnte, dass der Antrag rechtzeitig beim zuständigen Arbeitsamt eingehen werde. Die Klägerin trage für den verspäteten Eingang des Antrags beim Arbeitsamt Weißenburg keine Verantwortung. Die Beklagte habe das Briefkuvert, auf dem der Poststempel erkennbar gewesen wäre, nicht aufgehoben. Wegen der Vernichtung des Kuverts sei der Klägerin der Nachweis des rechtzeitigen Einwurfs unmöglich geworden. Dieser Umstand dürfe nicht zu Lasten der Klägerin gehen.

Das Urteil vom 04. März 1998 enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen das Urteil die Berufung nicht zulässig sei, weil sie gesetzlich ausgeschlossen und vom SG nicht zugelassen wurde.

Das Urteil vom 04.03.1998 ist der Beklagten am 16. März 1998 zugestellt worden. Dagegen hat diese am 16. April 1998 beim SG Nürnberg Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Vorsitzende der 13. Kammer des Sozialgerichts Nürnberg, die das Urteil erlassen hatte, hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Beschluss des Senats vom 10. April 2001 ist die Nichtzulassung der Berufung aufgehoben und das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt worden. Denn der Senat hat in der Sache eine solche von grundsätzlicher Bedeutung gesehen (§ 144 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Beklagte trägt vor: Das SG habe falsch entschieden. Das SG habe den Charakter der Ausschlussfrist des § 80 Abs 1 Satz 4 AFG verkannt, indem es den rechtzeitigen Einwurf des Antrages in einen Postkasten zur Beförderung mit der Post für ausreichend erachtet habe. Es sei aber eine echte Ausschlussfrist, wie bei der Vorgängervorschrift des § 81 Abs 3 Satz 2 AFG aF, gegeben gewesen, bei der das Bundessozialgericht (BSG SozR 3-4100 § 81 Nr 1) eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für unzulässig erachtet habe.

Die Beklagte beantragt

Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.03.1998 und Abweisung der Klage gegen den Bescheid vom 13.05.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.1997.

Die Klägerin beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf die Inhalte der beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zugelassene Berufung ist nicht begründet.

Der Senat geht davon aus, dass der Antrag der Klägerin auf WG erst am 16.04.1997 - wie von der Beklagten abgestempelt - beim Arbeitsamt Weißenburg eingegangen ist. Überzeugende Anhaltspunkte dafür, dass der Antrag früher eingegangen ist, liegen nicht vor. Sie resultieren insbesondere nicht aus dem regulären Postlauf. Es ist allgemein bekannt, dass dieser nicht immer eingehalten wird und nicht einfach unterstellt werden kann.

Streitentscheidend ist deshalb die Rechtsfrage, ob die Ausschlussfrist für die Beantragung von WG der Regelung des § 27 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) unterfällt, dh eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen ist und deshalb der Antragsteller das Beförderungsrisiko durch die Post zu tragen hat.

Maßgebende Rechtsnorm ist hier § 80 Abs 1 Satz 4 AFG in seiner Fassung durch das Gesetz vom 15.12.1995 (BGBl I S 1809), das am 01.01.1996 in Kraft getreten ist (Art 17 Abs 1 aaO). Die Vorschrift galt bis zum 31.12.1997 und wurde durch den fast wortgleichen und im Wesentlichen identischen § 325 Abs 4 SGB III ab 01.01.1998 (Gesetz vom 24.03.1997 bs 2 Nr 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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