L 9 AL 187/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AL 155/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 187/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.01.1998 abgeändert. Der Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 23.05.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1996 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des 1. und 2. Rechtszuges zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit.

Der 1962 geborene Kläger hat 1984 das Abitur abgelegt. Von Oktober 1984 bis März 1988 hat er Informatik, von April 1988 bis September 1989 Mathematik an der Technischen Hochschule in K. studiert. Einen Hochschulabschluss hat er nicht.

Vom 09.10.1989 bis zum 05.04.1990 arbeitete der Kläger für die Firma B. Software und Systeme in München als Organisationsprogrammierer.

Von April 1990 bis November 1991 war der Kläger arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe.

Vom 25.11.1991 bis 24.05.1992 nahm der Kläger an der vom beruflichen Fortbildungszentrum München durchgeführten Maßnahme "BPE-Kaufmännisch" teil.

Vom 07.01.1992 bis 28.02.1992 absolvierte er hierbei ein Praktikum in der Firma "R. Computer GmbH" in München, wo er im Wesentlichen ein bundesweites Vertriebsnetz aufbaute. Vom 25.04.1992 bis 22.05.1992 leistete er in G. bei München ein weiteres vierwöchiges Praktikum ab im Bereich Product-Support der Abteilung System-Service in der Firma S. GmbH, einem weltweiten Hersteller und Vertreiber von Rechnern auf der Basis von Unix-Betriebssystemen.

Im Anschluss daran arbeitete der Kläger vom 25.05.1992 bis 30.09.1993 für diese Firma als "Ingenieur product support". Schwerpunkt seiner Tätigkeit war die zentrale Kundendienstunterstützung und firmeninterne Systemadministration.

Am 04.10.1993 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos. Er erhielt ab 04.10.1993 Arbeitslosengeld, ab 03.10.1994 AnschlussArbeitslosenhilfe.

Mit Schreiben vom 14.11.1994 wurde dem Kläger vorgeschlagen, an der vom 05.12.1994 bis 04.12.1995 dauernden Fortbildungsmaßnahme des "Computer-Bildungszentrums S. und Partner GmbH" in München teilzunehmen. Unterhaltsgeld, Lehrgangsgebühren und Fahrtkosten wurden dem Kläger zugesichert.

Der Kläger trat die Maßnahme am 05.12.1994 unter Vorbehalt an:

Die bei der Fortbildungsmaßnahme des CBZ vermittelten Qualifikationen lägen unterhalb der Ebene, die er aufgrund seines Hochschulstudiums und von ihm absolvierter verschiedener firmeninterner Weiterbildungen bereits erreicht habe. Er könne in der Maßnahme nichts hinzulernen, das ihn beruflich weiterbringe. Er schlage statt dessen eine für ihn geeignetere Fortbildung bei der Firma "D. " vor.

Während der Maßnahme setzten der Kläger wie auch die für ihn zuständigen Vermittler die Bemühungen um einen Arbeitsplatz oder aber eine anderweitige berufliche Fortbildung fort.

Unter dem 15.12.1994 findet sich in den Vermittlungsunterlagen ein Vermerk über ein Gespräch des Klägers und der Vermittlerin G. beim Arbeitsberater S. Dem Kläger, der wiederum angegeben habe, eine Fortbildung bei D. vorzuziehen, sei gesagt worden, er solle sich dort um Aufnahme bemühen und ggf. mit einer Anmeldung erneut vorsprechen.

Aus den Folgeaufzeichnungen ist zu entnehmen, dass sich die Gespräche mit D. hinzogen, und der Kläger dann auch noch Verbindung mit dem "Systemhaus L." aufnahm.

Die Teilnahme des Klägers an der Fortbildungsmaßnahme des CBZ "Kaufmännische Anpassung für EDV-Fachkräfte" endete vorzeitig am 31.03.1995. Dem vorangegangen waren Abmahnungen von Seiten des Trägers wegen provokativer Teilnahmslosigkeit des Klägers und "Abmahnungen" des Klägers wegen der Qualität des Lehrgangs und beleidigender Äußerungen von Dozenten. Am 31.03.1995 hatte der Kläger außerordentlich zum 03.04.1995 gekündigt, unmittelbar anschließend hatte am 31.03.1995 der Träger die fristlose Kündigung ausgesprochen.

Am 03.04.1995 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos.

Mit Bescheid vom 23.05.1995 stellte das Arbeitsamt den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 01.04.1995 bis 23.06.1995 und das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe während dieses Zeitraums fest. Der Kläger sei ab 01.04.1995 wegen provokativen Verhaltens von der Maßnahme ausgeschlossen worden. Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, dass ihm der Lehrgang als solcher nicht zumutbar gewesen sei und umgekehrt er selbst von Referenten und Personal des Trägers mehrfach beleidigt worden sei. Nach Rücksprache mit dem Maßnahmeleiter, der die Vorwürfe des Trägers wegen provokativen Verhaltens des Klägers aufrecht erhielt und u.a. einen Prüfbogen beilegte, auf dem der Kläger statt einer Lösung der Aufgabe ein englisches Gedicht niedergechrieben hatte, wies das Arbeitsamt den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.1996 als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 23.08.1996 Klage zum Sozialgericht München erhoben.

Seit 06.06.1995 war der Kläger mit Rücksicht auf seine bereits vorhandenen Kenntnisse in den seit 14.03.1995 laufenden Lehrgang "Fachmann/-Frau für Informationstechnologie Schwerpunkt: Netzwerke" des Systemhauses L. in München aufgenommen worden, den er während des sozialgerichtlichen Verfahrens am 12.03.1996 erfolgreich abschloss.

Vor dem SG hat der Kläger eingeräumt, dass er bei der Bearbeitung von Klausuren im CBZ Gedichte zitiert habe, hat aber seine Vorwürfe wegen der Niveaulosigkeit des Lehrgangs und des Verhaltens der Referenten aufrecht erhalten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16.01.1998 als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe sein maßnahmewidriges Verhalten selbst eingeräumt. Die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme sei im Hinblick auf seine vergleichsweise kurzen Beschäftigungen und seine längere Arbeitslosigkeit seit dem Abbruch seines Studiums notwendig gewesen.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger sein Vorbringen aufrecht erhalten. Der Lehrgang beim CBZ sei nicht nur für ihn ungeeignet, sonders auch als solcher unqualifiziert gewesen, was sich schon aus der mangelhaften Vorbildung und den praktisch kaum vorhandenen Kenntnissen der Mit-Teilnehmer insbesondere im Computerbereich ergebe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG vom 16.01.1998 abzuändern und den Sperrzeitbescheid vom 23.05.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1996 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen: Der Kläger sei seit dem Abbruch seines Studiums nur insgesamt knapp zwei Jahre einer Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt nachgegangen, hingegen zusammengenommen drei Jahre arbeitslos gewesen, als ihm Ende 1994 die Teilnahme am Lehrgang des CBZ "Kaufmännische Anpassung für EDV-Fachkräfte" vorgeschlagen worden sei. Er habe eine Vielzahl von Absagen im EDV-Bereich erhalten, die überwiegend mit dem Vermerk zurückgekommen seien, dass der Kläger fachlich nicht geeignet erscheine. Die Arbeitgeber hätten seinerzeit noch einen beruflichen Abschluss oder aber eine langjährige Berufserfahrung auch im Bereich der Informationstechnologie verlangt. Die vorgeschlagene Maßnahme beim CBZ sei durchaus sinnvoll und keine bloße Verlegenheitslösung gewesen. Seinerzeit seien kaufmännische Sachbearbeiter mit guten EDV-Kenntnissen gesucht worden. Ein erfolgreicher Besuch der Maßnahme beim CBZ hätte den Kläger befähigt, als EDV-Sachbearbeiter kaufmännischer Anwendungen im Büro- und Verwaltungsbereich in Klein-, Mittel- und Großbetrieben aller Branchen tätig zu werden. Es habe sich nicht um eine berufliche Umorientierung in einen Beruf mit neuem Inhalt gehandelt. Vielmehr habe der Kläger zusätzlich zu seinen EDV-Kenntnissen Zusatzwissen im kaufmännischen Bereich erhalten sollen, um seine Einsatzmöglichkeiten zu verbessern. Die Vermittlung von EDV-Kenntnissen sei in der Maßnahme nur ein Randgebiet gewesen.

Der Senat hat die Akten des SG, die Alg-Leistungsakten und die Beratungs- und Vermittlungsunterlagen des Klägers, die Akten über die Teilnahme des Klägers an den Maßnahmen beim BFZ, beim CBZ und beim Systemhaus L. sowie die allgemeinen Maßnahmeakten dieser Träger und die Akten des Arbeitsgerichts München über Rechtsstreitigkeiten des Klägers mit dem vormaligen Arbeitgeber B. GmbH sowie S. GmbH beigezogen. Des Weiteren hat der Senat im nicht öffentlichen Erörterungs- und Beweistermin vom 01.02.2001 den von der Beklagten als fachkundigen Zeugen vorgeschlagenen ersten Sachbearbeiter im FuU-Bereich P. uneidlich zur Zweckmäßigkeit der Fortbildung des Klägers in den Maßnahmen des CBZ und des Systemhauses L. einvernommen. Wegen des Ergebnisses der Zeugeneinvernahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 01.02.2001 verwiesen, zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere statthafte und form- wie fristgerecht eingelegte Berufung ist auch begründet. Das Urteil des SG vom 16.01.1998 und der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23.05.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.1996 waren aufzuheben. Anläßlich des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers aus der Bildungsmaßnahme des CBZ "Kaufmännische Anpassung für EDV-Fachkräfte" am 01.04.1995 ist keine Sperrzeit eingetreten.

Maßgeblich für die rechtliche Würdigung des Sachverhalts sind noch die Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes.

Nach § 119 Abs.1 Nr.4 i.V.m. § 119 a AFG trat eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose die Teilnahme an einer der in Nr.3 genannten Maßnahmen abgebrochen oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gegeben hatte, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. § 119 Abs.1 Nr.3 AFG drohte demjenigen, der sich ohne wichtigen Grund weigerte, an einer Maßnahme im Sinne des § 103 Abs.1 Satz 1 Nr.2 Buchst. b AFG teilzunehmen, eine Sperrzeit an. Nach § 103 Abs.1 Satz 1 Nr.2 Buchst. b AFG stand der Arbeitsvermittlung u.a. nur zur Verfügung, wer bereit war, an zumutbaren Maßnahmen zur beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung sowie zur beruflichen Rehabilitation teilzunehmen.

Die streitige Sperrzeit gründet auf die fristlose Kündigung des Klägers seitens des Maßnahmeträgers am 31.03.1995 nach vorangehender Kündigung durch den Kläger zum 03.04.1995.

Nach der Entscheidung des BSG vom 16.09.1999 (SozR 3-4100 § 119 Nr.19) darf ein Maßnahmeteilnehmer, der die Maßnahme zunächst antritt, bei einem Abbruch oder einem Ausschluss aus der Maßnahme nicht schlechter gestellt werden als derjenige, der sich bereits vor Antritt der Maßnahme auf ihre Unzumutbarkeit beruft und an der Maßnahme nicht teilnimmt. Es könne daher -unabhängig vom Verlauf der Maßnahme und dem Verhalten des Teilnehmers - der Abbruch oder der Ausschluss aus einer Bildungsmaßnahme nur dann sperrzeitbegründend sein, wenn es sich um eine zumutbare Maßnahme gehandelt habe.

Bei der Teilnahme des Klägers an dem Lehrgang des CBZ "Kaufmännische Anpassung für EDV-Fachkräfte" hat es sich nicht um eine zumutbare Maßnahme gehandelt.

Dabei ist die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung dem Arbeitslosen schon dann unzumutbar, wenn sie den Zielsetzungen der beruflichen Bildung nicht entspricht.

Nach § 36 AFG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung durften Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung nur gewährt werden, wenn (Ziff. 2) der Antragsteller für die angestrebte berufliche Tätigkeit geeignet war und voraussichtlich mit Erfolg an der Maßnahme teilnehmen würde und (Ziff.3) die Teilnahme an der Maßnahme im Hinblick auf die Ziele des § 2 unter Berücksichtigung von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts zweckmäßig war. Nach der arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung des § 2 AFG hatten die Maßnahmen nach dem AFG insbesondere dazu beizutragen, dass (Ziff. 1) weder Arbeitslosigkeit und unterwertige Beschäftigung noch ein Mangel an Arbeitskräften eintrat oder fortdauerte und (Ziff.2) die berufliche Beweglichkeit der Erwerbstätigen gesichert und verbessert wurde.

Nach § 4 Abs.1 der Anordnung Fortbildung und Umschulung wurden Personen, die sich beruflich fortbilden oder umschulen lassen wollten, nur gefördert, wenn u.a. durch die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme ihre berufliche Situation in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes gesichert oder verbessert wurde.

Zweifelsfrei konnte durch die Teilnahme des Klägers an der CBZ-Maßnahme "Kaufmännische Anpassung für EDV-Fachkräfte" seine berufliche Situation nicht in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes gesichert oder verbessert werden.

Die in § 2 AFG, § 4 Abs.1 der Anordnung Fortbildung und Umschulung niedergelegten arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen erfordern nämlich, bereits erworbene hochgradige Kompetenzen eines Arbeitslosen nicht ungenutzt zu lassen, sondern diese zu konsolidieren und auszubauen.

Der Kläger hatte aber zum Zeitpunkt des Vorschlags der Teilnahme an der CBZ-Maßnahme "Kaufmännische Anpassung für EDV-Fachkräfte" ungeachtet seiner zwischenzeitlich längeren Arbeitslosigkeit aufgrund seines mehrjährigen Informatik- und Mathematikstudiums sowie seiner beruflichen Tätigkeiten für die Firmen B. Software und Systeme, R. Computer GmbH und S. GmbH bereits vergleichsweise umfassende und hoch qualifizierte Kenntnisse in der Informationstechnologie erworben, insbesondere aufgrund seiner Tätigkeit und seiner vielfachen firmeninternen Weiterbildungsmaßnahmen bei der S. GmbH. So war er in der Lage, Geschäftsrechner auf der Grundlage des gängigen "multi-user"- Betriebssystems Unix technisch zu betreuen und auch an der Entwicklung von Software für die innerbetriebliche Kommunikation und Datenverwaltung mitzuwirken.

Dies läßt sich auch bei kritischer Würdigung der dem Kläger ausgestellten Zeugnisse aus den Tätigkeiten, die ihm übertragen wurden, und den firmeninternen Weiterbildungsmaßnahmen, die er besucht hat, entnehmen. So hat sich auch der seitens der Beklagten als fachkundiger Zeuge benannte P. dahingehend eingelassen, dass der Kläger nach seiner beruflichen Vorgeschichte zwar Studienabbrecher, gleichwohl aber fachlich in der Lage gewesen sei, hochqualifizierte Tätigkeiten in der Informationstechnologie wie z.B. Systemadministrator zu übernehmen.

Demgegenüber sollte der Kurs beim CBZ nach Aussage des Zeugen Personen aus einem sehr breiten Zugangsbereich für eine Sachbearbeitertätigkeit im kaufmännischen Bereich qualifizieren, wobei die verlangte EDV-Ebene vergleichsweise niedrig gewesen sei. Die Beklagte hat auch ihrerseits vorgetragen, dass in der CBZ-Maßnahme die Vermittlung von EDV-Kenntnissen nur ein Randgebiet gewesen sei. Nach dem in der Maßnahmeakte enthaltenen Unterrichtsplan des CBZ sollte der Lehrgangsteilnehmer lediglich in die Lage versetzt werden, mit dem "Schlüsselwissen Standard Software" am PC zu arbeiten und eine "EDV-Marktübersicht" gewinnen.

Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht kann es aber nicht als zweckmäßig angesehen werden, einen Arbeitslosen, der sich bereits hochgradig qualifizierte Kenntnisse in der Informationstechnologie angeeignet hat, auf die Tätigkeit eines kaufmännischen Sachbearbeiters mit EDV-Kenntnissen bzw. eines EDV-Sachbearbeiters kaufmännischer Anwendungen im Büro und Verwaltungsbereich umzuorientieren, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob man dies in der Terminologie des AFG noch als Fortbildung bezeichnen konnte.

Anders könnte dies unter Umständen dann beurteilt werden, wenn es sich bei dem kaufmännischen EDV-Sachbearbeiter seinerzeit um einen Mangelberuf gehandelt hätte. Dies hat die Beklagte nicht vorgetragen, sie hat lediglich ausgeführt, dass seinerzeit "vermehrt" kaufmännische Sachbearbeiter mit guten EDV-Kenntnissen gesucht worden seien. Dies ist von Seiten der Beklagten nicht belegt worden. Es lässt solches sich auch in keiner Weise aus den Bewerberunterlagen der insgesamt 21 Teilnehmer des seinerzeitigen CBZ-Lehrgangs entnehmen, die dem Senat seitens der Beklagten mit der Maßnahmeakte nach dem Stand von November 1999 übermittelt worden sind. Danach sind zumindest 17 der 21 Teilnehmer des CBZ-Lehrgangs auch in den Folgejahren arbeitslos geblieben bzw. allenfalls vereinzelt zwischenzeitlich für einige Monate beschäftigt gewesen. Dies lässt nicht auf eine sehr große Nachfrage nach kaufmännischen EDV-Sachbearbeitern schließen.

Allerdings kann es auch nach Auffassung des Senats in Einzelfällen geboten sein, ggf. unter Außerachtlassung der objektiven arbeitsmarktpolitischen Vorgaben den individuellen vermittlerischen Erfordernissen Vorrang einzuräumen.

Der Zeuge hat ausgeführt, dass der CBZ-Lehrgang für den Kläger (nur) dann sinnvoll gewesen wäre, wenn er selbst in den kaufmännischen Bereich gestrebt hätte oder wenn aus der Sicht der Arbeitsvermittlung eine berufliche Umorientierung in den kaufmännischen Bereich erforderlich gewesen wäre.

Ersteres war nicht der Fall. Vielmehr hat der Kläger die Maßnahme beim CBZ-Zentrum von vorneherein nur unter Vorbehalt angetreten.

Zu Letzerem ist festzustellen, dass zwar der Kläger sicherlich aufgrund seiner persönlichen Eigenheiten ein Problemfall für die Arbeitsvermittlung war, dass die Beklagte aber nicht hat plausibel machen können, warum im Fall des Klägers gerade eine Umorientierung in den kaufmännischen EDV-Sachbearbeiterbereich mangels anderer Alternativen unumgänglich gewesen sein sollte.

So hat die Beklagte vorgetragen: Der Kläger habe bereits eine Vielzahl von Vermittlungsvorschlägen im EDV-Bereich erhalten gehabt, ohne dass es zu einer Einstellung gekommen sei. Die Absagen der Arbeitgeber seien überwiegend mit der Begründung versehen gewesen, dass der Kläger fachlich nicht geeignet sei. Dem sei hinzuzufügen, dass seinerzeit die Arbeitgeber auch im Informationstechnologie-Bereich noch einen beruflichen Abschluss oder aber wenigstens eine langjährige Berufserfahrung verlangt hätten, was beides der Kläger nicht habe aufweisen können. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass Ersteres weder spezifiziert noch belegt ist. Die Beklagte hat dem Senat die seit März 1994 elektronisch gespeicherten Vermittlungsvorschläge übermittelt, wobei die Vermittlungstätigkeit ab dem Eintritt des Klägers in die Maßnahme beim Systemhaus L. im Juni 1995 unterbrochen wurde. Es sind zehn erfolglose Vermittlungsvorschläge notiert, wovon bei dreien der Vermerk "fachlich" angebracht ist, ohne dass die Angebote oder der Vorgang näher spezifiziert sind. Fachliche Defizite des Klägers lassen sich auch nicht aus den Arbeitsgerichtsakten über seine Rechtsstreitigkeiten mit der Firma B. GmbH sowie S. GmbH, und auch nicht den ihm ausgestellten Zeugnissen entnehmen. Auch hat der von der Beklagten selbst benannte Zeuge, wie bereits ausgeführt, ausgesagt, dass im Informationstechnologie-Bereich die Arbeitgeber weniger Wert auf einen formalen Abschluss als auf tatsächliche Kenntnisse legten und dass der Kläger nach seiner Vorgeschichte de facto durchaus in der Lage gewesen sei, hoch qualifizierte Tätigkeiten in der Informationstechnologie zu übernehmen. Entscheidend ist jedoch, dass, selbst soweit der Kläger seinerzeit fachliche Lücken aufwies, und selbst wenn, wie die Beklagte vorträgt, seinerzeit die Arbeitgeber auch im Informationstechnologie-Bereich auch Wert auf formale Abschlüsse legten, dies doch keineswegs nahelegen konnte, den Kläger beruflich in eine Tätigkeit als kaufmännischen EDV-Sachbearbeiter umzuorientieren. Dass es sich hierbei um eine berufliche Umorientierung von der Art der Branche und dem Inhalt der Tätigkeit wie auch vom Niveau der Tätigkeit her handelte, hat der gerade insoweit als fachkundig benannte Zeuge eindeutig bekundet.

Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Teilnahme des Klägers an dem CBZ-Lehrgang "Kaufmännische Anpassung für EDV-Fachkräfte" sich keineswegs als alternativlose Bildungsmaßnahme darstellte. Der Zeuge hat ausgeführt, dass die vom Kläger am 06.06.1995 begonnene und erfolgreich abgeschlossene Fortbildungsmaßnahme des Systemhauses L. "Fachmann für Informationstechnologie: Bereich Netzwerke" sowohl vom Inhalt wie auch vom Niveau her spezifischer an die berufliche Vorgeschichte des Klägers anknüpfte. Ganz offensichtlich hat dies auch die Beklagte selbst so gesehen. So hat sie sich noch während des Besuchs des Lehrgangs damit einverstanden erklärt, dass der Kläger sich um die Aufnahme in eine Fortbildungsmaßnahme bei D. , nachfolgend beim Systemhaus L. , bemühte, - nach Angabe des Zeugen weitgehend vergleichbare Weiterbildungsmaßnahmen. Desgleichen hat die Beklagte auch weiterhin während des Besuchs des CBZ-Lehrgangs eigene Vermittlungsbemühungen unternommen. Die Beklagte nahm also von vornherein in Kauf, dass der Kläger den CBZ-Lehrgang zu irgend einem beliebigen Zeitpunkt abbrechen würde, sei es um in die von ihm favorisierte Weiterbildungsmaßnahme bei D. , später Systemhaus L. , einzutreten oder aber, um eine Beschäftigung aufzunehmen.

Zusammengefasst haben die Ermittlungen des Senats einschließlich des Einblicks, den die Vermittlungsunterlagen über die weitere bisherige Berufsgeschichte des Klägers gewähren, ergeben, dass der Kläger nicht wegen fachlicher Defizite oder generell mangelnder Auffassungsgabe oder Leistungsfähigkeit, sondern aufgrund persönlicher querulatorischer Eigenheiten zum Problemfall für die Arbeitsvermittlung geworden ist. Das war auch bereits zum Zeitpunkt des Vorschlags der Teilnahme am CBZ-Lehrgang im November 1994 zu erkennen. Dies ändert aber nichts daran, dass die dem Kläger vorgeschlagene Teilnahme an der Maßnahme des CBZ "Kaufmännische Anpassung für EDV-Fachkräfte" weder arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig war, noch sich unter Außerachtlassung arbeitsmarktpolitscher Gesichtspunkte als individuell vermittlerisch zwingend geboten darstellte. Damit war die Teilnahme an der Maßnahme dem Kläger von vorneherein nicht zumutbar. Nach BSG vom 16.09.1999 (SozR 3-4100 § 119 Nr.19) darf es ihm aber nicht zum Nachteil gereichen, dass er zunächst an der Maßnahme teilnahm. Er kann nicht aufgrund seines zweifelsfrei provokativen Haltens so gestellt werden, als ob ihm die Maßnahme nach den Gesichtspunkten, die nach dem Arbeitsförderungsrecht hierfür maßgeblich sind, zumutbar gewesen wäre, wenn dies nicht der Fall war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und das Urteil weicht nicht ab von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht auf dieser Abweichung.
Rechtskraft
Aus
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