L 10 AL 221/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 280/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 221/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.03.1998 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Bemessung des ab 01.08.1996 gewährten Arbeitslosengeldes das bescheinigte Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich 10.366,85 DM unter Beachtung der Leistungsbemessungsgrenze zugrunde zu legen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe des der Klägerin ab 01.08.1996 gewährten Arbeitslosengeldes (Alg).

Die am 1953 geborene Klägerin wurde im Juli 1982 zur Geschäftsführerin der Firma C. GmbH (Offenhausen) bestellt. Am Stammkapital der GmbH in Höhe von 250.000,- DM war sie mit 25 vH, ihr Ehemann P. B. , ihr Schwager B. B. sowie dessen Ehefrau R. B. ebenfalls jeweils mit 25 vH beteiligt. Vom 01.01.1995 bis 31.12.1995 erzielte die Klägerin ein beitragspflichtiges Brutto-Arbeitsentgelt von 31.402,- DM (entspricht 2.616,83 DM/ Monat). Aufgrund eines Beschlusses der Gesellschaft vom 20.12.1995 wurde der Arbeitsvertrag der Klägerin am gleichen Tage geändert und das Gehalt ab 01.01.1996 auf monatlich 10.100,- DM bei einer tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden erhöht. Eine davon abweichende Arbeitszeit bestand nach den Angaben in der Arbeitsbescheinigung vom 15.08.1996 nicht. In dieser wurde ein Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich 10.366,85 DM bescheinigt. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wurden aus der für 1996 geltenden Beitragsbemessungsgrenze (8.000,- DM/Monat) entrichtet. Mit Beschluss der Gesellschaft vom 14.06.1996 wurde die Klägerin als Geschäftsführerin abgelöst und ihr Arbeitsvertrag am 14.06.1996 zum 31.07.1996 gekündigt.

Am 01.08.1996 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Alg. Diesen Antrag sowie die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 13.01.1997 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 27.06.1997 - mit der Begründung ab, die Klägerin habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, da sie als Geschäftsführerin und Gesellschafterin der GmbH nicht in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden habe.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 13.01.1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 27.06.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01.08.1996 Alg nach dem ab 01.01.1996 bezogenen Brutto-Arbeitsentgelt in Höhe von 10.000,- DM zu gewähren.

Mit Urteil vom 04.03.1998 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin ab 01.08.1996 Alg nach einem monatlichen Arbeitsentgelt von 2.650,- DM zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt: Nach den tatsächlichen Gegebenheiten habe die Klägerin ihre Tätigkeit nicht weisungsfrei ausgeübt. Der kaufmännische Unternehmensbereich der GmbH sei bis zum Ausscheiden des Ehemannes der Klägerin (Ende 1995) maßgeblich von diesem geführt und geprägt worden. Die Klägerin habe sich der Geschäftspolitik ihres Ehemannes und später - auch bezüglich des technischen Bereichs - der ihres Schwagers unterordnen müssen. Nach den Angaben aller Zeugen - das SG hat P. B. , B. B. und R. B. uneidlich vernommen - habe die Klägerin als Geschäftsführerin für den Verwaltungs- und Geschäftsbereich keine Kompetenz gehabt. Die globalen Entscheidungen seien vom Ehemann und Schwager getroffen worden, deren Sachkompetenz sich die Klägerin gefügt habe. Es sei daher von einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, so dass die Beklagte zur Leistung von Alg dem Grunde nach verpflichtet sei. Das SG hat der Bemessung des Alg ein monatliches Brutto-Arbeitsentgelt von 2.650,- DM zugrunde gelegt, weil das davon abweichende Monatseinkommen von 10.000,- DM nur mit einer informellen Gesellschaftervereinbarung erklärt werden könne, wonach jeder Familie im Monat ein Betrag von 10.000,- DM als Anspruch an die Gesellschaft habe zufließen sollen. Dieser Betrag könne daher nicht als Erwerbseinkommen angesehen werden.

In Ausführung dieses Urteils hat die Beklagte durch Bescheid vom 23.06.1998 der Klägerin ab 01.08.1996 Alg nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 610,- DM bewilligt und 22.652,90 DM nachgezahlt.

Gegen das Urteil vom 04.03.1998 hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen: Es treffe zu, dass sie vor dem 01.01.1996 bei einer täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden 2.950,- DM/Monat verdient habe. Wegen des Ausscheidens ihres Ehemannes Ende 1995 aus der GmbH habe die Gesellschaftsversammlung am 20.12.1995 beschlossen, dass sie, um B. B. zu entlasten, vollzeitig arbeiten solle, wobei unter "vollzeitig" nicht nur die arbeitsvertraglich vereinbarten 38 Wochenstunden verstanden worden seien. Dafür habe sie ein Gehalt beziehen sollen, das der Summe der Gehälter von R. und B. B. (10.000,- DM) entsprochen habe. Ihre durchschnittliche Arbeitszeit habe ab 01.01.1996 ca 70 Wochenstunden betragen. Dies habe ihr Ehemann am 04.03.1998 vor dem SG bestätigt. Ihre Schwägerin, die lediglich halbtags gearbeitet habe, habe aus eigener Wahrnehmung keine Kenntnis über ihre Arbeitszeit gehabt. Aus dem Umstand, dass es damals in der Firma nicht viel zu entscheiden gegeben habe, könne nicht automatisch auch auf eine Verkürzung ihrer Arbeitszeit geschlossen werden. So habe die GmbH die Belegschaft von 25 (1988) bis auf 3 Mitarbeiter (1996) abgebaut, so dass sie umfangreiche Verwaltungstätigkeiten, Schreib- und Kopierarbeiten, Buchhaltung, Postein- und ausgang, Auftragsbearbeitung, Vorbereitung der Vertriebsverhandlungen und Telefonate mit Kunden habe erledigen müssen. Dies ergebe sich auch aus der Aussage ihres Ehemannes. Sie habe einen Großteil der von ihm früher bewältigten Aufgaben übernehmen müssen. Das Geschäftsführergehalt habe in gewissem Ausmaß auch eine Gegenleistung für die übernommene Position dargestellt. So habe es eine Einschränkung ihrer Vertretungsmacht nicht gegeben. Sie sei in vollem Umfang zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet gewesen. Bereits das ursprüngliche Gehalt von 2.950,- DM sei im Übrigen angesichts der von ihr über 13 Jahre hinweg geleisteten Arbeit keineswegs angemessen gewesen, so dass dieser Umstand ebenfalls ein Grund für die Gehaltserhöhung gewesen sei. Aus ihrem Gehalt von 10.000,- DM habe sie in der Zeit vom 01.01.1996 bis 31.07.1996 die entsprechenden Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.03.1998 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Bemessung des ab 01.08.1996 gewährten Arbeitslosengeldes das bescheinigte Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich 10.366,85 DM unter Beachtung der Leistungsbemessungsgrenze zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialge richts Nürnberg vom 04.03.1998 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Bei dem Betrag von 10.000,- DM habe es sich nicht um eine arbeitsvertraglich geschuldete Gegenleistung, sondern um eine Gewinnentnahme aufgrund informeller gesellschaftlicher Vereinbarung gehandelt. Dies ergebe sich daraus, dass die Gehaltserhöhung nicht geboten gewesen sei. Die Klägerin habe die Tätigkeit einer Geschäftsführerin nie ausgeübt und von ihren Fähigkeiten her gar nicht ausüben können. Sie habe ihren Posten nur proforma inne gehabt. Die Gehaltserhöhung könne auch nicht auf erhebliche Mehrarbeit gestützt werden, da der Arbeitsvertrag vom 20.12.1995 eine Vergütung von 10.100,- DM bereits bei 38 Wochenstunden vorgesehen habe. Mehrarbeitszuschläge müssten ohnehin außer Betracht bleiben. Auf die Entrichtung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung aus dem Betrag von 10.000,- DM könne die Klägerin ihren Anspruch ebenfalls nicht stützen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Leistungsakten der Klägerin (Stamm-Nr 934157) sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz) ist begründet, denn ihr ist - entgegen der Auffassung des SG - ein höheres Alg zuzuerkennen.

Die Klägerin hat ab 01.08.1996 einen Anspruch auf Alg erworben, da an diesem Tag alle Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs erfüllt waren, insbesondere - was bis zum Urteil des SG vom 04.03.1998 streitig war - die Anwartschaftszeit (§ 104 Abs 1 AFG). Das Urteil ist insoweit auch bindend geworden (§ 141 Abs 1 SGG), denn die Beklagte hat keine Anschlussberufung eingelegt. Streitig ist demnach im Berufungsverfahren lediglich die Höhe der der Klägerin ab 01.08.1996 von der Beklagten zu gewährenden Leistung.

Die Höhe des Alg richtet sich nach § 111 Abs 1 AFG in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.1993 (BGBl I 2353). Danach beträgt das Alg 60 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 112 AFG). Die AFG-Leistungsverordnung 1996, in deren Anlage 1 b für die verschiedenen Arbeitsentgelte iS des § 112 AFG (Bemessungsentgelt) nach Minderung um die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge die jeweiligen Leistungssätze für 1996 ausgewiesen sind, sieht in der Leistungsgruppe C, der die Klägerin gemäß § 111 Abs 2 Satz 1 Nr 1 c AFG angehört (Lohnsteuerklasse III, kein Kind), für ein wöchentliches Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von 610,- DM die bewilligten 292,80 DM vor. Ein Anspruch auf höheres Alg wäre der Klägerin folglich nur dann zuzuerkennen, wenn die Leistung nach einem höheren Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) als 610,- DM zu zahlen wäre. Das ist vorliegend der Fall.

Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) in diesem Sinne ist nach § 112 Abs 3 Satz 1 AFG in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt (ohne Mehrarbeitszuschläge, § 112 Abs 1 Satz 2 AFG) vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Bemessungszeitraum sind nach § 112 Abs 2 Satz 1 AFG die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten 6 Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt hat. Beim Ausscheiden der Klägerin waren die Monate Januar bis Juli 1996 abgerechnet. Das monatliche Brutto-Arbeitsentgelt betrug laut Arbeitsbescheinigung vom 15.08.1996 jeweils 10.366,85 DM. Die im Arbeitsentgelt für Juli 1996 enthaltene Abfindung von 36.000,- DM hat bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts außer Betracht zu bleiben (Brand in Niesel, AFG, 2.Aufl, § 173 a RdNr 13). Dieses Arbeitsentgelt gilt nach der Formel des § 112 Abs 3 Satz 2 AFG als in 164,66 Stunden (38 x 13: 3) erzielt. Das in der Arbeitsstunde im Bemessungszeitraum durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt würde somit 62,96 DM betragen (10.366,85 DM: 164,66). Dieser Stundensatz ist mit der Zahl 38 (tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit) zu vervielfachen. Das führt zu einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 2.396,45 DM. Allerdings ist nach der Berechnung des maßgeblichen Arbeitsentgelts die Leistungsbemessungsgrenze, die der Beitragsbemessungsgrenze 1996 entspricht (8.000,- DM/Monat), zu beachten. Danach ist die Leistung zu bemessen (§§ 111 Abs 2 Satz 2 Nr 5, 175 Abs 1 Nr 1 AFG; Henke in Hennig/Kühl/Heuer, AFG § 112 RdNr 48).

Entgegen der Auffassung des SG bildet dieses bescheinigte Arbeitsentgelt und nicht der von ihm angenommene Betrag von 2.650,- DM das Bemessungsentgelt. Zwar wird im AFG nicht definiert, was unter Arbeitsentgelt zu verstehen ist. Das BSG hat jedoch die Auffassung vertreten, dass der Arbeitsentgeltbegriff der §§ 14 und 17 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) zugrunde zu legen ist (BSG SozR 4100 § 112 Nr 38). Danach versteht man unter Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch darauf besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt iS § 14 Abs 1 SGB IV ist das Brutto-Entgelt (§ 14 Abs 2 SGB IV). § 14 SGB IV ist über § 173 a AFG entsprechend anwendbar (BSG SozR 4100 § 112 Nr 30; a.A.Gagel § 112 RdNr 149).

Für die Interpretation des Arbeitsentgeltbegriffs iS des § 112 Abs 1 Satz 1 AFG ist auch § 112 Abs 2 AFG eine indizielle Bedeutung beizumessen. Ist nämlich die Beitragspflicht - begründet durch Beschäftigungen und bezogen auf das erzielte Arbeitsentgelt - ein Kriterium für die Festlegung des Bemessungsrahmens und -zeitraumes, spricht einiges dafür, dass der Gesetzgeber dieses Kriterium auch für die Feststellung von Umfang und damit zugleich Höhe des aus diesem Zeitraum zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts verwenden wollte. Im Rahmen des § 112 AFG ist somit von einer Identität des leistungs- und beitragsrechtlichen Arbeitsentgeltbegriffs auszugehen (Husmann in Gemeinschaftskommentar zum AFG § 112 RdNrn 136, 138). Damit ist Arbeitsentgelt grundsätzlich das Einkommen, von dem die Beiträge für die Beklagte erhoben wurden (BSG SozR 4100 § 112 Nr 30; BSG SozR 4100 § 112 Nr 38; Henke aaO § 112 RdNr 4 a, c). Nach der Begriffsbestimmung des § 14 Abs 1 SGB IV ist es unerheblich, ob der gezahlte Lohn gerecht war und ob er sich am Marktpreis orientierte. Entscheidend ist, dass die Einnahmen unmittelbar oder mittelbar aus einer Beschäftigung zufließen. Demzufolge muss die Beschäftigung der Grund des Zuflusses sein (BSG SozR 2200 § 571 Nr 25).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt im vorliegenden Fall zur Anerkennung des bescheinigten Arbeitsentgelts als Bemessungsgrundlage. Unstreitig hat die Klägerin hierfür Beiträge zur Beklagten entrichtet. Dies belegt der Beitragsnachweis für 1996. Die Einnahmen sind der Klägerin ursächlich auch aus der Beschäftigung zugeflossen. Sie waren nach dem Willen der Gesellschafter die Entlohnung für die Geschäftsführertätigkeit der Klägerin. So ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag vom 20.12.1995 eine ab 01.01.1996 wirksame Erhöhung des monatlichen Arbeitsentgelts auf 10.100,- DM bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden. Dass die Vergütung möglicherweise unangemessen war, weil sie großzügig bemessen war, hindert nicht ihre Qualifizierung als Arbeitsentgelt. Dies würde auch für den Fall gelten, dass die Entlohnung im Hinblick auf die von der Klägerin erbrachten Leistungen nicht geboten war, sie sich also nicht am Marktpreis orientierte (BSG SozR 3-2600 § 249 b Nr 1; Husmann aaO).

Von einer in der Vergütung enthaltenen Gewinnentnahme ist schon deshalb nicht auszugehen, weil eine solche durch die Gesellschafter nicht gewollt war. Die Gesellschafter orientierten sich in ihrem Beschluss vom 20.12.1995 bei der Vergütung der Klägerin an den Gehältern der übrigen Gesellschafter B. und R. B ... Damit wird aber die Qualifikation als Arbeitsentgelt gerade nicht in Frage gestellt, sondern eher noch bestätigt.

Unbeachtlich ist nach § 14 Abs 1 SGB IV auch, ob der Arbeitsvertrag vom 20.12.1995 rechtswirksam abgeschlossen worden ist. Es bedarf deshalb keiner Prüfung, ob gegen das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) verstoßen wurde oder ob es sich um eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung (§ 242 BGB) handelt.

Eine Reduzierung des bescheinigten Arbeitsentgelts auf höchstens das Arbeitsentgelt, das familienfremde Arbeitnehmer bei gleichartiger Beschäftigung gewöhnlich erhalten, kommt vorliegend nicht in Betracht. Es lag nämlich eine Beschäftigung der Klägerin beim Ehegatten iS des § 112 Abs 5 Nr 3 AFG - mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber Manipulationen, zB durch Erhöhung des Arbeitsentgeltes gegen Ende des Arbeitsverhältnisses entgegenwirken (BT-Drs.9/799 S.42, 9/846 S.43) - nicht vor, weil von dieser Regelung die Beschäftigung in einer Kapitalgesellschaft nicht erfasst wird (BSG SozR 4100 § 112 Nr 36; Husmann aaO RdNr 423). Auch eine entsprechende Anwendung des § 112 Abs 5 Nr 3 AFG scheidet aus, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Gesetzgeber die Beschäftigung der Gesellschafter in der Familien-GmbH lediglich versehentlich nicht mit in die Regelung des § 112 Abs 5 Nr 3 AFG einbezogen hat (BSG SozR 4100 aaO). Will der Gesetzgeber die bei einer GmbH in der Tat leicht realisierbaren Manipulationen verhindern, müsste er das bestehende Recht ergänzen (Husmann aaO RdNr 424).

Auf die Berufung der Klägerin war daher das Urteil des SG bezüglich der Bemessung des Alg abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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