Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 Al 830/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 223/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Klage werden die Bescheide der Beklagten vom 09.12.1999 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) nebst Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungsbeiträgen nach § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG).
Bei der Klägerin war die am 1938 geborene M. G. in der Zeit vom 01.07.1973 bis 30.06.1995 als Angestellte in der Mitgliederbestandsverwaltung (Kartei) in Teilzeit von 21 Stunden wöchentlich beschäftigt. Sie kündigte ihr Arbeitsverhältnis am 29.01.1995 zum 30.06.1995. Nach einer Betriebszugehörigkeit von 22 Jahren erhielt sie eine Abfindung in Höhe von drei Monatsgehältern, dh 8.033,34 DM.
Die Beklagte bewilligte der Arbeitnehmerin ab 27.07.1995 Alg in Höhe von 193,80 DM wöchentlich (178,80 DM ab 01.01.1996, 183,60 DM ab 01.07.1996, 180,00 DM ab 01.01.1997, 181,02 DM ab 01.01.1998 bis 23.03.1998).
Sie hörte die Klägerin zu der Frage an, ob die Arbeitnehmerin nicht mehr in der Lage war, die zuletzt vertraglich übernommene Tätigkeit zu verrichten. Die Klägerin schilderte das Aufgabengebiet der Arbeitnehmerin in der Mitgliederbestandsverwaltung und wies darauf hin, dass der Betrieb weniger als 20 Mitarbeiter beschäftige.
Mit Bescheid vom 19.01.1996 entschied die Beklagte, die im Rahmen der Anhörung vorgetragenen Umstände rechtfertigten nicht den Nichteintritt der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 1, 3, 4 oder 5 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Die Arbeitnehmerin hätte aus medizinischer Sicht die zuletzt vertraglich übernommene Tätigkeit weiterhin ausüben können, ihr Leistungsvermögen lasse einen Anspruch auf andere Sozialleistungen, die auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen gewährt würden, nicht zu. Sollte die ehemalige Arbeitnehmerin nach Vollendung des 58. Lebensjahres noch Alg beziehen, werde nach einer erneuten Anhörung der Klägerin gesondert über die Erstattungspflicht nach § 128 AFG entschieden.
Der Rechtsbehelf der Klägerin blieb im Widerspruchsbescheid vom 18.03.1996 ohne Erfolg. Mit Bescheid vom 19.01.1996 sei nur über die Befreiungstatbestände nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 1, 3, 4 und 5 AFG entschieden worden. Über die Anwendung der Kleinunternehmenregelung nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG sei noch nicht entschieden worden.
Mit Bescheid vom 09.05.1996 stellte die Beklagte die Verpflichtung der Klägerin fest, das ihrer Arbeitnehmerin gezahlte Alg sowie die Arbeitslosenhilfe und die darauf entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- sowie zur sozialen Pflegeversicherung ab dem 21.03.1996 für längstens 624 Tage zu erstatten.
Im Widerspruchsverfahren führte die Klägerin erneut aus, im Bereich der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Bezirk Franken seien weniger als 20 Arbeitnehmer in der Regel beschäftigt. Es handle sich um ein selbständiges Unternehmen, nicht nur einen rechtlich unselbständigen Betrieb. Der Bezirksverband besitze Satzungs- und Beitragshoheit. Er könne einen Haushaltsvoranschlag erstellen, einen Stellenplan beschließen und Arbeitsverhältnisse begründen bzw beenden. Somit sei der Bezirk Franken der DPG als selbständiges Unternehmen iS des § 128 Abs 1 Satz 2 Ziff.2 AFG anzusehen.
Auch dieser Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 22.08.1996). Individuelle Ausnahme- oder Befreiungstatbestände lägen nicht vor. Eine Befreiung von der Erstattungspflicht nach der Kleinunternehmensregelung des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG setze voraus, dass die unternehmensbezogene Gesamtzahl der Beschäftigten aller Betriebe eines Unternehmens nicht mehr als 20 Arbeitnehmer überschreite. Erstattungspflichtiges Unternehmen sei jedoch nicht der Bezirk Franken, sondern die DPG mit ihren bezirklich regionalen Untergliederungen.
Mit ihrer am 19.09.1996 erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 09.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.1996 sowie den Bescheid vom 19.09.1996, mit dem die Beklagte einen Erstattungsbetrag in Höhe von 7.892,51 DM für die Zeit vom 21.03.1996 bis zum 26.08.1996 geltend gemacht hat, gewandt. Im Wesentlichen hat sie vorgetragen, die Arbeitnehmerin habe ihr Arbeitsverhältnis wegen einer Konfliktsituation am Arbeitsplatz gekündigt, die DPG im Bezirk Franken beschäftige weniger als 20 Arbeitnehmer.
Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat die Arbeitnehmerin als Zeugin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und zu ihrer gesundheitlichen Situation vernommen und die Klage mit Urteil vom 17.04.1997 abgewiesen. Die als Arbeitgeberin in Anspruch genommene Klägerin sei aktiv parteifähig. Sie sei zur Erstattung nach § 128 AFG verpflichtet. Der Arbeitnehmerin hätten keine weiteren, die Erstattungspflicht des Arbeitgebers ausschließenden Sozialleistungen eines anderen Sozialleistungssystems als der Arbeitslosenversicherung zugestanden, insbesondere nicht eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente. Weil der Arbeitnehmerin eine Abfindung gewährt worden sei, seien auch die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes des § 128 Abs 1 Satz 2 Ziff.3 AFG nicht gegeben. Die Abfindung sei der Klägerin im Zusammenhang mit dem Ausscheiden gewährt und zumindest auch deshalb gezahlt worden, weil der für unlösbar erscheinende Konflikt am Arbeitsplatz, der ein Aktivwerden des Arbeitgebers zum Schutze der Arbeitnehmerin erfordert hätte, jedenfalls im Ergebnis durch das Ausscheiden der Mitarbeiterin einer zuträglichen Lösung zugeführt worden sei. Auch soweit aus diesem Grund die Abfindung in Ausdehnung der Regelung des § 24 der Abfindungsregelung der Klägerin gewährt worden sei, sei ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Ausscheiden der Arbeitnehmerin zum gewählten Zeitpunkt zu sehen. Die Postgewerkschaft sei als einheitliches Unternehmen iS des § 128 AFG anzusehen, Arbeitgeberfunktionen übe lediglich die DPG als Ganzes aus. Auch andere Befreiungstatbestände seien nicht erfüllt. Die Bestimmung des § 128 AFG in der ab 01.01.1993 geltenden Neufassung sei auch verfassungsgemäß.
Zur Begründung ihrer am 09.07.1997 eingelegten Berufung gegen das am 16.06.1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin ausgeführt: Die Bezirke der DPG seien rechtlich selbständige Einheiten und nicht nur unselbständige Betriebe. Jeder Bezirk führe die Personalangelegenheiten in eigener Regie. Es gebe keine einheitliche für Einstellung und Entlassung verantwortliche Stelle. Es gebe auch keine einheitliche zentrale technische Leitung. Die Kriterien Einheit des Betriebsinhabers, Einheit der Leitung, räumliche Verbindungen zwischen den einzelnen Bezirken der DPG, einheitliche Personalverwaltung, gemeinsame Arbeitsmittel seien eindeutig nicht gegeben. Dies seien aber die Abgrenzungskriterien zwischen Unternehmen und Betrieb. Außerdem gelte weiterhin das Vorbringen zu § 128 Abs 1 Satz 2 Ziff 3 AFG. Der Sinn dieser Regelung bestehe darin, dass jemand nur deswegen, weil er eine Abfindung zu erwarten habe, im Hinblick darauf sein Arbeitsverhältnis löse. Bei der Arbeitnehmerin sei dies eindeutig nicht der Fall gewesen. Die Arbeitnehmerin hätte auch gekündigt, wenn sie keine Abfindung zu erwarten gehabt hätte. In diesem Falle könne man nicht davon sprechen, dass sie sich erworbene Rechtsansprüche durch eine Abfindung habe "abkaufen" lassen.
Nach Anhörung der Klägerin und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Kreis Industrie Region Mittelfranken, ersetzte die Beklagte ihre die Zeit vom 21.03.1996 bis 16.06.1997 umfassenden Erstattungsbescheide und forderte von der Klägerin die Erstattung von Alg sowie der Beiträge zur Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung für die genannte Zeit in Höhe von insgesamt 22.950,48 DM mit Bescheid vom 09.12.1999. Ebenfalls gem § 128 AFG forderte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 09.12.1999 die Erstattung von Alg und den genannten Beiträgen in Höhe von 14.227,86 DM für die Zeit vom 17.06.1997 bis 18.03.1998, dem Ende des Erstattungszeitraums.
Die beiden Bescheide seien Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Da sie den gesamten Erstattungszeitraum abdeckten, komme dem vom Erstgericht bestätigten Grundlagenbescheid vom 09.05.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.08.1996 keine gesondere Bedeutung mehr zu. Über die allein noch streitbefangenen Bescheide vom 09.12.1999 habe das Gericht auf Klage zu entscheiden.
Die Klägerin hat die Satzung der DPG sowie den Arbeitsvertrag mit der Arbeitnehmerin Gremer vorgelegt und mitgeteilt, der Bezirk Franken sei seit 01.07.1999 mit dem Bezirk Südbayern zum Bezirk Bayern der DPG fusioniert, die Aufgaben der Bezirke seien jedoch langjährig unverändert. Die Berufung gegen die früheren Entscheidungen der Beklagten und gegen das Urteil des SG vom 17.04.1997 hat die Klägerin für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide vom 09.12.1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Beigezogen sind die die Klägerin und ihre Arbeitnehmerin betreffenden Akten der Beklagten und die Akten des SG. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgericht eingelegte Berufung war zulässig (§§ 143, 151, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Das durch die Ersetzung der mit der Klage angefochtenen Bescheide durch die Bescheide vom 09.12.1999 gem § 96 SGG gegenstandslos und somit unzulässig gewordene Berufungsverfahren hat die Klägerin folgerichtig für erledigt erklärt. Über die Bescheide vom 09.12.1999 hat der Senat auf Klage zu entscheiden (Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 6.Aufl, § 96 RdNr 7).
Die Anfechtungsklage ist zulässig, denn die Klägerin ist durch die Erstattungsbescheide vom 09.12.1999 beschwert (§ 54 Abs 1 SGG). Sie ist auch partei- und prozessfähig (§§ 70, 71 SGG). Als Gewerkschaftsuntergliederung ist sie eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung und somit fähig, an Verfahren vor den Sozialgerichten beteiligt zu sein (§ 70 Nr 2 SGG; Meyer-Ladewig aaO § 70 RdNr 3). Für sie handeln ihr Vorstand oder besonders Beauftragte (§ 71 Abs 3 SGG), bei der Klägerin der Bezirksvorstand, dessen Mitglieder vom Bezirkstag der DPG gewählt werden (§§ 39 Ziff 1, 36 Ziff 1 e der Satzung der DPG), für den Bezirksvorstand dessen hauptamtlicher Vorsitzender. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die DPG laut Mitteilung der Klägerin seit 08.01.2001 ein eingetragener Verein ist. Nach der Fusionierung der ursprünglichen Klägerin mit dem Bezirk Südbayern ist der jetzige Bezirk Bayern der DPG Klägerin (DPG - Bezirk Bayern -).
Die Klage hat Erfolg, denn die nach § 128 AFG erlassenen Bescheide vom 09.12.1999 sind rechtswidrig. Rechtsmaßstab ist § 128 AFG, der durch das Gesetz vom 18.12.1992 (Bundesgesetzblatt I, 2044) mit Wirkung vom 01.01.1993 in das AFG eingefügt wurde. Durch das Arbeitsförderungsreformgesetz (AFRG) wurde § 128 AFG zwar mit Wirkung vom 01.04.1997 (Art 11 Nr 27 iVm Art 83 Abs 3) aufgehoben. In § 242 x AFG, der mit Wirkung vom 01.04.1997 in Kraft trat (vgl Art 11 Nr 40 iVm Art 83 Abs 3 AFRG), wurde aber bestimmt (§ 242 x Abs 6 AFG), dass § 128 AFG auf diejenigen Fälle weiter anzuwenden ist, auf die nach Abs 3 des § 242 x AFG der § 117 Abs 2 AFG in der bis zum 31.03.1997 geltenden Fassung weiter anzuwenden ist. Das ist nach § 242 x Abs 3 AFG zB dann der Fall, wenn Personen Alg-leistungsbedürftig wurden, die innerhalb von drei Jahren vor dem 01.04.1997 mindestens 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht zur Beklagten begründenden Beschäftigung gestanden haben. Das trifft für die Arbeitnehmerin der Klägerin zu; damit ist eine Erstattungspflicht der Klägerin grundsätzlich auch nach dem 31.03.1997 gegeben. § 242 x Abs 6 AFG ist gem § 431 SGB III auf die dort genannten Fälle auch nach dem 31.12.1997, dem allgemeinen Außerkrafttreten des AFG (Art 82 Abs 1 Nr 1 iVm Art 1 AFRG), anzuwenden (vgl Niesel in Niesel, Komm zum SGB III, § 431 Anm 1).
Nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der Bundesanstalt vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage; § 104 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und Satz 3 AFG gilt entsprechend. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Die Erstattungspflicht tritt jedoch nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass er in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten beschäftigt; § 10 Abs 2 Satz 2 - 6 des Lohnfortzahlungsgesetztes gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Kalenderjahr maßgebend ist, das dem Kalenderjahr vorausgeht, in dem die Voraussetzungen des Satzes 1 für die Erstattungspflicht erfüllt sind (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG). Dieser Befreiungstatbestand ist hier gegeben.
Arbeitgeber iS des Arbeitsrechts ist jeder, der einen Arbeitnehmer beschäftigt (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9.Aufl, § 17 RdNr 1). Arbeitgeber iS des Sozialversicherungsrechts ist derjenige, dem der Anspruch auf Arbeitsleistung zusteht, der die Arbeitsvergütung zu zahlen hat und dem der wirtschaftliche Ertrag der Arbeit zugute kommt (BSGE 45, 279 = SozR 2200 § 723 Nr 4; zitiert von Schaub aaO § 17 RdNr 7).
Der Bezirk Franken der DPG ist nach beiden Definitionen Arbeitgeber gewesen. Das Organisationsgebiet der DPG ist in Bezirke gegliedert (§ 33 der Satzung der DPG). Den Bezirken verbleiben 33 % des Beitragsaufkommens (§ 8 aaO). Der Hauptvorstand leistet Zuschüsse an die Bezirke zu den Personalkosten (§ 8 Ziff 2 aaO). Der von Delegierten der Gewerkschaftsmitglieder gewählte Bezirksvorstand (§§ 35, 36 aaO) hat in seinem Geschäftsbereich alle Aufgaben und Aufträge verantwortlich durchzuführen (§ 39 aaO), insbesondere ua das Bezirksvermögen zu verwalten (39 Ziff 2 a aaO). Dabei bedient er sich der Bezirksverwaltung, deren Organisation er in der Geschäftsordnung regelt (§ 39 Ziff 4 aaO). Dass es Aufgabe des Bezirksvorstandes war, das für die Bezirksverwaltung erforderliche Personal für den Bezirk der DPG einzustellen und zu beschäftigen, ergibt sich auch aus der Ausnahmeregelung in § 50 Ziff 2 q aaO, wonach dem Hauptvorstand die Einstellung, Versetzung und Entlassung der Sekretäre der Bezirksvorstände (im Einvernehmen mit diesen) obliegt.
Der Bezirk Franken der DPG war nicht nur nach dem internen Recht der DPG Arbeitgeber. Er konnte es als Gewerkschaftsuntergliederung auch sein. Die DPG war ein nichtrechtsfähiger Verein (§ 54 BGB), der Arbeitnehmer beschäftigen durfte (BGH 50, 325, 333). Seine Bezirksuntergliederung war ebenfalls ein nichtrechtsfähiger Verein, denn sie hat - wie oben ausgeführt - eigene Aufgaben selbständig wahrgenommen, eine körperschaftliche Verfassung besessen, einen eigenen Namen geführt (Bezirk Franken) und war vom Wechsel der Mitglieder unabhängig (in Abgrenzung zur Gesellschaft) [Palandt, Komm zum BGB, 59.Aufl, Einführung vor § 21 RdNr 21]. Nicht erforderlich ist dabei, dass Zweck und Organisation der Untergliederung in einer von dieser beschlossenen Satzung festgelegt sind; sie können sich auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben (BGH 90, 331). So war es hier. Als nichtrechtsfähiger Verein war die Klägerin Arbeitgeber.
Die Konzerne betreffende Ausnahmeregelung des § 128 Abs 5 AFG ist schon deshalb nicht anwendbar, weil ein Konzern die Zusammenfassung von rechtlich selbständigen Unternehmen ist, die Klägerin jedoch nicht selbst rechtsfähig ist. Auch für eine entsprechende Anwendung besteht kein Anlass, weil die in der Satzung festgelegte Aufgaben- und Mittelverteilung eine Einflussnahme der "Konzernspitze" auf die Geschäftsführung der Klägerin nicht zulassen (Brand in Niesel, Komm zum AFG, 2.Aufl, § 128 RdNr 94).
Beim Bezirk Franken der DPG waren nach der glaubhaften Versicherung der Klägerin in den Jahren 1995 und später stets weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin erfüllt somit den Befreiungstatbestand des § 128 Abs 1 S 2 Nr 2 AFG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) nebst Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungsbeiträgen nach § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG).
Bei der Klägerin war die am 1938 geborene M. G. in der Zeit vom 01.07.1973 bis 30.06.1995 als Angestellte in der Mitgliederbestandsverwaltung (Kartei) in Teilzeit von 21 Stunden wöchentlich beschäftigt. Sie kündigte ihr Arbeitsverhältnis am 29.01.1995 zum 30.06.1995. Nach einer Betriebszugehörigkeit von 22 Jahren erhielt sie eine Abfindung in Höhe von drei Monatsgehältern, dh 8.033,34 DM.
Die Beklagte bewilligte der Arbeitnehmerin ab 27.07.1995 Alg in Höhe von 193,80 DM wöchentlich (178,80 DM ab 01.01.1996, 183,60 DM ab 01.07.1996, 180,00 DM ab 01.01.1997, 181,02 DM ab 01.01.1998 bis 23.03.1998).
Sie hörte die Klägerin zu der Frage an, ob die Arbeitnehmerin nicht mehr in der Lage war, die zuletzt vertraglich übernommene Tätigkeit zu verrichten. Die Klägerin schilderte das Aufgabengebiet der Arbeitnehmerin in der Mitgliederbestandsverwaltung und wies darauf hin, dass der Betrieb weniger als 20 Mitarbeiter beschäftige.
Mit Bescheid vom 19.01.1996 entschied die Beklagte, die im Rahmen der Anhörung vorgetragenen Umstände rechtfertigten nicht den Nichteintritt der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 1, 3, 4 oder 5 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Die Arbeitnehmerin hätte aus medizinischer Sicht die zuletzt vertraglich übernommene Tätigkeit weiterhin ausüben können, ihr Leistungsvermögen lasse einen Anspruch auf andere Sozialleistungen, die auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen gewährt würden, nicht zu. Sollte die ehemalige Arbeitnehmerin nach Vollendung des 58. Lebensjahres noch Alg beziehen, werde nach einer erneuten Anhörung der Klägerin gesondert über die Erstattungspflicht nach § 128 AFG entschieden.
Der Rechtsbehelf der Klägerin blieb im Widerspruchsbescheid vom 18.03.1996 ohne Erfolg. Mit Bescheid vom 19.01.1996 sei nur über die Befreiungstatbestände nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 1, 3, 4 und 5 AFG entschieden worden. Über die Anwendung der Kleinunternehmenregelung nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG sei noch nicht entschieden worden.
Mit Bescheid vom 09.05.1996 stellte die Beklagte die Verpflichtung der Klägerin fest, das ihrer Arbeitnehmerin gezahlte Alg sowie die Arbeitslosenhilfe und die darauf entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- sowie zur sozialen Pflegeversicherung ab dem 21.03.1996 für längstens 624 Tage zu erstatten.
Im Widerspruchsverfahren führte die Klägerin erneut aus, im Bereich der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) Bezirk Franken seien weniger als 20 Arbeitnehmer in der Regel beschäftigt. Es handle sich um ein selbständiges Unternehmen, nicht nur einen rechtlich unselbständigen Betrieb. Der Bezirksverband besitze Satzungs- und Beitragshoheit. Er könne einen Haushaltsvoranschlag erstellen, einen Stellenplan beschließen und Arbeitsverhältnisse begründen bzw beenden. Somit sei der Bezirk Franken der DPG als selbständiges Unternehmen iS des § 128 Abs 1 Satz 2 Ziff.2 AFG anzusehen.
Auch dieser Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 22.08.1996). Individuelle Ausnahme- oder Befreiungstatbestände lägen nicht vor. Eine Befreiung von der Erstattungspflicht nach der Kleinunternehmensregelung des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG setze voraus, dass die unternehmensbezogene Gesamtzahl der Beschäftigten aller Betriebe eines Unternehmens nicht mehr als 20 Arbeitnehmer überschreite. Erstattungspflichtiges Unternehmen sei jedoch nicht der Bezirk Franken, sondern die DPG mit ihren bezirklich regionalen Untergliederungen.
Mit ihrer am 19.09.1996 erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 09.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.1996 sowie den Bescheid vom 19.09.1996, mit dem die Beklagte einen Erstattungsbetrag in Höhe von 7.892,51 DM für die Zeit vom 21.03.1996 bis zum 26.08.1996 geltend gemacht hat, gewandt. Im Wesentlichen hat sie vorgetragen, die Arbeitnehmerin habe ihr Arbeitsverhältnis wegen einer Konfliktsituation am Arbeitsplatz gekündigt, die DPG im Bezirk Franken beschäftige weniger als 20 Arbeitnehmer.
Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat die Arbeitnehmerin als Zeugin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und zu ihrer gesundheitlichen Situation vernommen und die Klage mit Urteil vom 17.04.1997 abgewiesen. Die als Arbeitgeberin in Anspruch genommene Klägerin sei aktiv parteifähig. Sie sei zur Erstattung nach § 128 AFG verpflichtet. Der Arbeitnehmerin hätten keine weiteren, die Erstattungspflicht des Arbeitgebers ausschließenden Sozialleistungen eines anderen Sozialleistungssystems als der Arbeitslosenversicherung zugestanden, insbesondere nicht eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente. Weil der Arbeitnehmerin eine Abfindung gewährt worden sei, seien auch die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes des § 128 Abs 1 Satz 2 Ziff.3 AFG nicht gegeben. Die Abfindung sei der Klägerin im Zusammenhang mit dem Ausscheiden gewährt und zumindest auch deshalb gezahlt worden, weil der für unlösbar erscheinende Konflikt am Arbeitsplatz, der ein Aktivwerden des Arbeitgebers zum Schutze der Arbeitnehmerin erfordert hätte, jedenfalls im Ergebnis durch das Ausscheiden der Mitarbeiterin einer zuträglichen Lösung zugeführt worden sei. Auch soweit aus diesem Grund die Abfindung in Ausdehnung der Regelung des § 24 der Abfindungsregelung der Klägerin gewährt worden sei, sei ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Ausscheiden der Arbeitnehmerin zum gewählten Zeitpunkt zu sehen. Die Postgewerkschaft sei als einheitliches Unternehmen iS des § 128 AFG anzusehen, Arbeitgeberfunktionen übe lediglich die DPG als Ganzes aus. Auch andere Befreiungstatbestände seien nicht erfüllt. Die Bestimmung des § 128 AFG in der ab 01.01.1993 geltenden Neufassung sei auch verfassungsgemäß.
Zur Begründung ihrer am 09.07.1997 eingelegten Berufung gegen das am 16.06.1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin ausgeführt: Die Bezirke der DPG seien rechtlich selbständige Einheiten und nicht nur unselbständige Betriebe. Jeder Bezirk führe die Personalangelegenheiten in eigener Regie. Es gebe keine einheitliche für Einstellung und Entlassung verantwortliche Stelle. Es gebe auch keine einheitliche zentrale technische Leitung. Die Kriterien Einheit des Betriebsinhabers, Einheit der Leitung, räumliche Verbindungen zwischen den einzelnen Bezirken der DPG, einheitliche Personalverwaltung, gemeinsame Arbeitsmittel seien eindeutig nicht gegeben. Dies seien aber die Abgrenzungskriterien zwischen Unternehmen und Betrieb. Außerdem gelte weiterhin das Vorbringen zu § 128 Abs 1 Satz 2 Ziff 3 AFG. Der Sinn dieser Regelung bestehe darin, dass jemand nur deswegen, weil er eine Abfindung zu erwarten habe, im Hinblick darauf sein Arbeitsverhältnis löse. Bei der Arbeitnehmerin sei dies eindeutig nicht der Fall gewesen. Die Arbeitnehmerin hätte auch gekündigt, wenn sie keine Abfindung zu erwarten gehabt hätte. In diesem Falle könne man nicht davon sprechen, dass sie sich erworbene Rechtsansprüche durch eine Abfindung habe "abkaufen" lassen.
Nach Anhörung der Klägerin und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Kreis Industrie Region Mittelfranken, ersetzte die Beklagte ihre die Zeit vom 21.03.1996 bis 16.06.1997 umfassenden Erstattungsbescheide und forderte von der Klägerin die Erstattung von Alg sowie der Beiträge zur Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung für die genannte Zeit in Höhe von insgesamt 22.950,48 DM mit Bescheid vom 09.12.1999. Ebenfalls gem § 128 AFG forderte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 09.12.1999 die Erstattung von Alg und den genannten Beiträgen in Höhe von 14.227,86 DM für die Zeit vom 17.06.1997 bis 18.03.1998, dem Ende des Erstattungszeitraums.
Die beiden Bescheide seien Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Da sie den gesamten Erstattungszeitraum abdeckten, komme dem vom Erstgericht bestätigten Grundlagenbescheid vom 09.05.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.08.1996 keine gesondere Bedeutung mehr zu. Über die allein noch streitbefangenen Bescheide vom 09.12.1999 habe das Gericht auf Klage zu entscheiden.
Die Klägerin hat die Satzung der DPG sowie den Arbeitsvertrag mit der Arbeitnehmerin Gremer vorgelegt und mitgeteilt, der Bezirk Franken sei seit 01.07.1999 mit dem Bezirk Südbayern zum Bezirk Bayern der DPG fusioniert, die Aufgaben der Bezirke seien jedoch langjährig unverändert. Die Berufung gegen die früheren Entscheidungen der Beklagten und gegen das Urteil des SG vom 17.04.1997 hat die Klägerin für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide vom 09.12.1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Beigezogen sind die die Klägerin und ihre Arbeitnehmerin betreffenden Akten der Beklagten und die Akten des SG. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgericht eingelegte Berufung war zulässig (§§ 143, 151, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Das durch die Ersetzung der mit der Klage angefochtenen Bescheide durch die Bescheide vom 09.12.1999 gem § 96 SGG gegenstandslos und somit unzulässig gewordene Berufungsverfahren hat die Klägerin folgerichtig für erledigt erklärt. Über die Bescheide vom 09.12.1999 hat der Senat auf Klage zu entscheiden (Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 6.Aufl, § 96 RdNr 7).
Die Anfechtungsklage ist zulässig, denn die Klägerin ist durch die Erstattungsbescheide vom 09.12.1999 beschwert (§ 54 Abs 1 SGG). Sie ist auch partei- und prozessfähig (§§ 70, 71 SGG). Als Gewerkschaftsuntergliederung ist sie eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung und somit fähig, an Verfahren vor den Sozialgerichten beteiligt zu sein (§ 70 Nr 2 SGG; Meyer-Ladewig aaO § 70 RdNr 3). Für sie handeln ihr Vorstand oder besonders Beauftragte (§ 71 Abs 3 SGG), bei der Klägerin der Bezirksvorstand, dessen Mitglieder vom Bezirkstag der DPG gewählt werden (§§ 39 Ziff 1, 36 Ziff 1 e der Satzung der DPG), für den Bezirksvorstand dessen hauptamtlicher Vorsitzender. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die DPG laut Mitteilung der Klägerin seit 08.01.2001 ein eingetragener Verein ist. Nach der Fusionierung der ursprünglichen Klägerin mit dem Bezirk Südbayern ist der jetzige Bezirk Bayern der DPG Klägerin (DPG - Bezirk Bayern -).
Die Klage hat Erfolg, denn die nach § 128 AFG erlassenen Bescheide vom 09.12.1999 sind rechtswidrig. Rechtsmaßstab ist § 128 AFG, der durch das Gesetz vom 18.12.1992 (Bundesgesetzblatt I, 2044) mit Wirkung vom 01.01.1993 in das AFG eingefügt wurde. Durch das Arbeitsförderungsreformgesetz (AFRG) wurde § 128 AFG zwar mit Wirkung vom 01.04.1997 (Art 11 Nr 27 iVm Art 83 Abs 3) aufgehoben. In § 242 x AFG, der mit Wirkung vom 01.04.1997 in Kraft trat (vgl Art 11 Nr 40 iVm Art 83 Abs 3 AFRG), wurde aber bestimmt (§ 242 x Abs 6 AFG), dass § 128 AFG auf diejenigen Fälle weiter anzuwenden ist, auf die nach Abs 3 des § 242 x AFG der § 117 Abs 2 AFG in der bis zum 31.03.1997 geltenden Fassung weiter anzuwenden ist. Das ist nach § 242 x Abs 3 AFG zB dann der Fall, wenn Personen Alg-leistungsbedürftig wurden, die innerhalb von drei Jahren vor dem 01.04.1997 mindestens 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht zur Beklagten begründenden Beschäftigung gestanden haben. Das trifft für die Arbeitnehmerin der Klägerin zu; damit ist eine Erstattungspflicht der Klägerin grundsätzlich auch nach dem 31.03.1997 gegeben. § 242 x Abs 6 AFG ist gem § 431 SGB III auf die dort genannten Fälle auch nach dem 31.12.1997, dem allgemeinen Außerkrafttreten des AFG (Art 82 Abs 1 Nr 1 iVm Art 1 AFRG), anzuwenden (vgl Niesel in Niesel, Komm zum SGB III, § 431 Anm 1).
Nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der Bundesanstalt vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage; § 104 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und Satz 3 AFG gilt entsprechend. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Die Erstattungspflicht tritt jedoch nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass er in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten beschäftigt; § 10 Abs 2 Satz 2 - 6 des Lohnfortzahlungsgesetztes gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Kalenderjahr maßgebend ist, das dem Kalenderjahr vorausgeht, in dem die Voraussetzungen des Satzes 1 für die Erstattungspflicht erfüllt sind (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG). Dieser Befreiungstatbestand ist hier gegeben.
Arbeitgeber iS des Arbeitsrechts ist jeder, der einen Arbeitnehmer beschäftigt (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9.Aufl, § 17 RdNr 1). Arbeitgeber iS des Sozialversicherungsrechts ist derjenige, dem der Anspruch auf Arbeitsleistung zusteht, der die Arbeitsvergütung zu zahlen hat und dem der wirtschaftliche Ertrag der Arbeit zugute kommt (BSGE 45, 279 = SozR 2200 § 723 Nr 4; zitiert von Schaub aaO § 17 RdNr 7).
Der Bezirk Franken der DPG ist nach beiden Definitionen Arbeitgeber gewesen. Das Organisationsgebiet der DPG ist in Bezirke gegliedert (§ 33 der Satzung der DPG). Den Bezirken verbleiben 33 % des Beitragsaufkommens (§ 8 aaO). Der Hauptvorstand leistet Zuschüsse an die Bezirke zu den Personalkosten (§ 8 Ziff 2 aaO). Der von Delegierten der Gewerkschaftsmitglieder gewählte Bezirksvorstand (§§ 35, 36 aaO) hat in seinem Geschäftsbereich alle Aufgaben und Aufträge verantwortlich durchzuführen (§ 39 aaO), insbesondere ua das Bezirksvermögen zu verwalten (39 Ziff 2 a aaO). Dabei bedient er sich der Bezirksverwaltung, deren Organisation er in der Geschäftsordnung regelt (§ 39 Ziff 4 aaO). Dass es Aufgabe des Bezirksvorstandes war, das für die Bezirksverwaltung erforderliche Personal für den Bezirk der DPG einzustellen und zu beschäftigen, ergibt sich auch aus der Ausnahmeregelung in § 50 Ziff 2 q aaO, wonach dem Hauptvorstand die Einstellung, Versetzung und Entlassung der Sekretäre der Bezirksvorstände (im Einvernehmen mit diesen) obliegt.
Der Bezirk Franken der DPG war nicht nur nach dem internen Recht der DPG Arbeitgeber. Er konnte es als Gewerkschaftsuntergliederung auch sein. Die DPG war ein nichtrechtsfähiger Verein (§ 54 BGB), der Arbeitnehmer beschäftigen durfte (BGH 50, 325, 333). Seine Bezirksuntergliederung war ebenfalls ein nichtrechtsfähiger Verein, denn sie hat - wie oben ausgeführt - eigene Aufgaben selbständig wahrgenommen, eine körperschaftliche Verfassung besessen, einen eigenen Namen geführt (Bezirk Franken) und war vom Wechsel der Mitglieder unabhängig (in Abgrenzung zur Gesellschaft) [Palandt, Komm zum BGB, 59.Aufl, Einführung vor § 21 RdNr 21]. Nicht erforderlich ist dabei, dass Zweck und Organisation der Untergliederung in einer von dieser beschlossenen Satzung festgelegt sind; sie können sich auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben (BGH 90, 331). So war es hier. Als nichtrechtsfähiger Verein war die Klägerin Arbeitgeber.
Die Konzerne betreffende Ausnahmeregelung des § 128 Abs 5 AFG ist schon deshalb nicht anwendbar, weil ein Konzern die Zusammenfassung von rechtlich selbständigen Unternehmen ist, die Klägerin jedoch nicht selbst rechtsfähig ist. Auch für eine entsprechende Anwendung besteht kein Anlass, weil die in der Satzung festgelegte Aufgaben- und Mittelverteilung eine Einflussnahme der "Konzernspitze" auf die Geschäftsführung der Klägerin nicht zulassen (Brand in Niesel, Komm zum AFG, 2.Aufl, § 128 RdNr 94).
Beim Bezirk Franken der DPG waren nach der glaubhaften Versicherung der Klägerin in den Jahren 1995 und später stets weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin erfüllt somit den Befreiungstatbestand des § 128 Abs 1 S 2 Nr 2 AFG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved