L 9 AL 227/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 Al 389/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 227/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10. April 1997, der Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 1995 sowie die Bescheide vom 29. Januar 1997 und 23. September 1998 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Arbeitslosenhilfe auch für die Zeit vom 26. April bis 29. Mai 1996 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges zu einem Viertel zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.

Die 1954 geborene Klägerin ist Spätaussiedlerin aus Rumänien. Sie hat vom 01.04.1989 bis 11.10.1992 gegen ein Entgelt von zuletzt 1.321,63 DM als Kellnerin in Landshut gearbeitet.

Ab 15.10.1992 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 153,60 DM nach einem nachfolgend dynamisierten Bemessungsentgelt von wöchentlich 300,00 DM, ab 14.10.1993 Anschlussarbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 126,42 DM.

Mit Bescheid vom 07.03.1994 bewilligte das Arbeitsamt der Klägerin unter Zugrundelegung der Leistungsverordnung 1994 und der durch das 1. SKWPG vom 21.12.1993 (BGBl.I S.2353) geänderten Fassung des § 138 Abs.1 AFG ab 01.01.1994 Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 144,00 DM als dem für sie ermittelten vollen Leistungssatz.

Das Einkommen des Ehemanns der Klägerin aus seiner Tätigkeit als Kontrolleur in Höhe von monatlich 3.881,58 DM führte zu keiner Anrechnung. Das Arbeitsamt zog folgende Beträge vom Einkommen des Ehemanns ab: 1.410,13 DM für Steuern und Sozialabgaben, 17,38 DM Hausratsversicherung, 121,20 DM Kfz-Haftpflichtversicherung, 63,70 DM Unfallversicherung, 69,00 DM Sterbeversicherung, 11,68 DM private Haftpflichtversicherung, 29,23 DM Rechtsschutzversicherung sowie 326,00 DM Fahrtkosten als monatliche Vorsorgeaufwendungen und Werbungskosten. Dazu kam ein Unterhaltsbeitrag von 483,00 DM für die im Studium befindliche Tochter Claudia. Dies ergab ein Einkommen des Ehemanns von monatlich 1.350,26 DM, wöchentlich 311,60 DM.

Dieser Betrag lag unter dem Freibetrag in Höhe der fiktiven Arbeitslosenhilfe des Ehemanns von 315,60 DM. Letzterer ergab sich, indem das Arbeitsamt das monatliche Bruttoeinkommen des Ehemanns der Klägerin von 3.881,58 DM in ein wöchentliches Bruttoeinkommen von 895,75 DM umrechnete unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A mit Kind.

Ab 31.10.1994 war der Ehemann der Klägerin arbeitsunfähig krank und bezog zunächst Lohnfortzahlung, ab 08.12.1994 Krankengeld.

Die gemeinsame Tochter Claudia nahm ab 01.02.1995 eine Beschäftigung auf und wurde ab 15.03.1995 von der Fachhochschule Landshut exmatrikuliert.

Anläßlich des mit dem 01.08.1995 beginnenden Bewilligungsabschnitts für die Arbeitslosenhilfe trug das Arbeitsamt den geänderten Verhältnissen Rechnung und lehnte mit Bescheid vom 28.07.1995 die Weiterbewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 01.08.1995 wegen fehlender Bedürftigkeit ab. Der Leistungssatz der Klägerin betrage nach der Leistungsverordnung 1995 bei einem dynamisierten Bemessungsentgelt von wöchentlich 340,00 DM in Leistungsgruppe A ohne Kind wöchentlich 141,00 DM. Darauf seien 231,96 DM Einkommen des Ehemanns anzurechnen, so dass sich kein Anspruch errechne.

Die AOK München hatte dem Arbeitsamt mit Schreiben vom 09.06.1995 mitgeteilt, dass der Ehemann der Klägerin seit 07.06.1995 einen "Tagesbetrag der Geldleistung" in Höhe von 79,11 DM bei einem Bemessungsentgelt von kalendertäglich 125,04 DM erhalte. Von dem auf die Woche hochgerechneten Bemessungsentgelt von 875,28 DM zog das Arbeitsamt einen den in die Leistungsverordnung 1995 eingearbeiteten Abzügen für Steuern und Sozialgaben entsprechenden Betrag von 321,51 DM ab, des Weiteren einen Betrag von wöchentlich 40,41 DM, der sich aus folgenden von der Klägerin geltend gemachten und belegten Beträgen ergab: 313,60 DM jährlich Rechtsschutzversicherung, 63,70 DM monatlich Unfallversicherung, 826,90 DM jährlich Haftpflichtversicherung und 196,20 DM jährlich Hausratsversicherung. Dies ergab ein Einkommen des Ehemanns der Klägerin von wöchentlich 513,36 DM.

Demgegenüber ermittelte das Arbeitsamt aus dem zugrunde gelegten Einkommen des Ehemanns in Höhe von wöchentlich 875,28 DM nach der Leistungsverordnung 1995 in Leistungsgruppe A ohne Kind eine freigestellte fiktive Arbeitslosenhilfe in Höhe von lediglich 281,40 DM in der Woche, was einen Anrechnungsbetrag von wöchentlich 513,36 DM minus 281,40 = 231,96 ergab.

Die Klägerin erhob Widerspruch und machte Ausgaben für Miete, Strom, Telefon, Versicherungen, Benzin, Arztkosten und Unterstützung ihrer Schwiegermutter geltend.

Das Arbeitsamt änderte im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seine bisherige Berechnung ab. Während es weiterhin von einer fiktiven Arbeitslosenhilfe des Ehemanns der Klägerin in Höhe von 281,40 DM unter Zugrundelegung des dem Krankengeld zugrunde gelegten Bemessungsentgelts von 875,28 DM ausging, zog es bei der Ermittlung des Einkommens des Ehemanns vom Bemessungsentgelt von wöchentlich 875,28 DM zusätzlich zu dem fiktiven LVO-Betrag von 321,51 DM in der AOK-Bescheinigung ausgewiesene Abzüge von wöchentlich 72,31 DM für Renten- und Pflegeversicherung ab, so dass sich bei Beibehaltung der übrigen Abzüge ein Krankengeldeinkommen von 441,05 DM und ein Anrechnungsbetrag von nunmehr wöchentlich 159,65 DM ergab, der jedoch weiterhin über dem Alhi-Leistungssatz der Klägerin von 141,00 DM lag.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.1995 wies das Arbeitsamt den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Bedürftigkeit liege nach wie vor nicht vor. Die im Widerspruchsverfahren geltend gemachten weiteren Aufwendungen seien entweder nicht berücksichtigungsfähig oder nicht nachgewiesen.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Landshut erhoben und weitere Abzugsposten vom Einkommen des Ehemanns geltend gemacht:

Lebensversicherungsprämien für den Ehemann seit Oktober 1995 in Höhe von 192,50 DM, eine Hundehalter-Haftpflichtversicherung von 379,90 DM, Rezeptgebühren von 150,00 DM monatlich, Kosten für Massage zu 30,00 DM jeden zweiten Tag, Kosten für Unterwassermassagen und Stangenbäder ohne Bezifferung, Aufwendungen anläßlich von Krankenhausaufenthalten und Reha-Klinikaufenthalten in Höhe von insgesamt 1.680,00 DM (500,00 DM Akupunktur, 180,00 DM Zuzahlung zum Krankenhaus-Tagessatz, 400,00 DM Telefonkosten, pauschale Rezeptgebühren für Arzneimittel und Anwendungen von 200,00 DM, pauschale Trinkgelder von 400,00 DM), Aufwendungen für das Halten eines Kraftfahrzeugs in Höhe von insgesamt 2.898,00 DM.

Zu den Kfz-Kosten und Krankenbehandlungskosten hat die Klägerin ausgeführt: Ihr Ehemann sei wegen Erkrankung des Bewegungsapparates auf ständige Behandlung angewiesen und könne krankheitsbedingt die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benutzen, weswegen er für die regelmäßigen Fahrten zu den Behandlungen einen PKW benötige. Zwar sei ihr Ehemann derzeit noch arbeitsunfähig, die Behandlungen sollten jedoch dazu dienen, dass er wieder erwerbstätig sein könne.

Zu den Lebensversicherungskosten hat die Klägerin ausgeführt: Eine vormalige Lebensversicherung des Ehepaars sei im März 1995 verfallen, da sie und ihr Ehemann vergessen hätten, weitere Beiträge zu leisten. Seitdem hätten sie sich darum bemüht, eine neue Lebensversicherung abzuschließen. Dies sei aufgrund der gesundheitlichen Situation ihrer selbst und ihres Ehemanns nicht einfach gewesen und erst im Herbst 1995 gelungen.

Beigelegt waren: Eine Überweisungsdurchschrift vom 12.10.1995 über die Überweisung eines Betrages von 379,90 DM für HundeHaftpflichtversicherung bei der Vereinten Versicherung, eine Rechnung des Orthopäden Dr.P. vom 22.06.1995 über Akupunkturbehandlungen in Höhe von insgesamt 500,00 DM, etliche Kfz-Rechnungen und eine Bescheinigung über eine TÜV-Untersuchung, eine Quittung über die Einzahlung eines Betrages von 168,00 DM als Zuzahlung zur Krankenhauspflege, des Weiteren ein ärztliches Attest der Dres.H. vom 08.03.1996 und ein Behandlungsbericht des Dr.P. vom 17.04.1996. Dem Attest der Dres.H. zufolge sei der Ehemann der Klägerin seit 30.10.1994 ununterbrochen arbeitsunfähig und auf ständige ärztliche und physikalische Therapiemaßnahmen angewiesen gewesen und habe krankheitsbedingt die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benutzen können. Dr.P. bescheinigt eine Behandlung wegen Bandscheibenvorfalls mit Verordnung von Unterwassermassagen und Stangerbädern, Verordnung einer Stockstütze sowie von schmerzlindernden Medikamenten.

Ab 26.04.1996 war der Ehemann der Klägerin vom Krankengeldbezug ausgesteuert und bezog seit 30.05.1996 Hilfe zum Lebensunterhalt vom Sozialamt.

Am 30.05.1996 beantragte die Klägerin die Wiederbewilligung der Arbeitslosenhilfe. Das Arbeitsamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29.01.1997 ab. Der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe sei nach § 135 Abs.1 Nr.2 AFG erloschen, da seit dem letzten Tage des rechtmäßigen Bezuges von Arbeitslosenhilfe - bis 31.01.1995 - ein Jahr vergangen sei.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10.04.1997 als unbegründet abgewiesen. Das Arbeitsamt habe zu Recht die Weiterbewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 01.08.1995 versagt. Bedürftigkeit habe seither nicht vorgelegen. Die geltend gemachten zusätzlichen Abzugsposten vom Einkommen des Ehemanns könnten nicht anerkannt werden. Zu Recht habe das Arbeitsamt auch mit Bescheid vom 29.01.1997 eine Wiederbewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 30.05.1996 abgelehnt.

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin weitere Aufwendungen bzw. wiederholt Aufwendungen geltend gemacht, die vom Einkommen ihres Ehemanns abgezogen werden müssten: Laufende Unkosten für das Halten eines Hundes in Höhe von insgesamt monatlich 350,00 bis 400,00 DM, laufende Kfz-Unkosten von monatlich 500,00 DM, monatliche Telefonkosten von 300,00 DM, Miete einschließlich Nebenkosten von monatlich 900,00 DM, Trinkgelder während der stationären oder ambulanten Behandlungen ihres Ehemanns von 500,00 DM, Versicherungen (Unfall, Rechtsschutz, Leben, Haftpflicht, Hausrat) von insgesamt 450,00 DM, Unterstützung der Schwiegermutter mit 100,00 bis 150,00 DM, Kosten eines Betriebswirtschaftsstudiums ihres Ehemanns an der Fachhochschule Landshut bis 1996 in Höhe von 250,00 DM sowie weitere Kosten für Akupunkturbehandlung von 250,00 DM.

Belege reichte die Klägerin hierzu nicht ein, trotz entsprechender Aufforderung des Senats auch keine Belege über die angegebene Lebensversicherung ihres Ehemanns.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.01.1997 der Klägerin mit Bescheiden vom 23.09.1998 Arbeitslosenhilfe ab 30.05.1996 bewilligt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 10.04.1997 und des Bescheides vom 28.07.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.1998 zu verurteilen, ihr Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe ab 01.08.1995 zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung, soweit keine Abhilfe erfolgt war, zurückzuweisen.

Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen seien nicht berücksichtigungsfähig.

Der Senat hat die Gerichtsakten erster Instanz, die Akten der Beklagten und die Sozialhilfeakten der Stadt Landshut beigezogen. Die Beklagte hat dem Senat ihre Richtlinien zur Ermittlung der hypothetischen Arbeitslosenhilfe des Ehegatten nach § 138 Abs.1 Satz 2 AFG übermittelt, die AOK Bayern hat die Krankengeldzahlungen an den Ehemann der Klägerin vom 08.12.1994 bis 25.04.1996 aufgeschlüsselt. Wegen der Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 10.04.1997 ist zulässig, insbesondere statthaft und form- wie fristgerecht eingelegt. Sie ist auch nach dem Stand der letzten mündlichen Verhandlung zu einem, wenn auch geringen Teil begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, insoweit als die Beklagte zu Recht abgelehnt hat, der Klägerin ab 01.08.1995 Arbeitslosenhilfe zu leisten.

Maßgebend für die Beurteilung des Anspruchs der Klägerin sind die Bestimmungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG).

Bei unstreitiger Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosenhilfe hat die Beklagte die Leistung von Arbeitslosenhilfe an die Klägerin ab 01.08.1995 wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt.

Der aus dem vormaligen Verdienst der Klägerin hergeleitete Alhi-Leistungssatz der Klägerin betrug am 01.08.1995 wöchentlich 141,00 DM, ab 01.01.1996 144,00 DM.

Die Anrechnung von Einkommen ist im AFG in § 138 geregelt.

Die Klägerin selbst hat im streitigen Zeitraum kein Einkommen erzielt. Anzurechnen war nur Einkommen ihres Ehemanns.

Das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten ist nach § 138 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AFG zu berücksichtigen, soweit es den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist nach Satz 2 ein Betrag in Höhe der Arbeitslosenhilfe nach § 136 Abs.1, die dem Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten entspricht, mindestens aber in Höhe des Betrages, bis zu dem auf Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden keine Einkommensteuer festzusetzen wäre.

Demnach ist zunächst das Einkommen des Ehegatten zu ermitteln, sodann der gesetzlich vorgesehene Freibetrag. Das Einkommen des Ehegatten ist in der Höhe anzurechnen, in der es gegebenenfalls den Freibetrag übersteigt.

Einkommen sind nach § 138 Abs.2 Satz 1 AFG alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert einschließlich der Leistungen, die von Dritten beansprucht werden können.

Das Nettokrankengeld des Ehemanns der Klägerin betrug nach Auskunft der AOK Bayern: Vom 22.03.1995 bis 30.09.1995 kalendertäglich 68,78 DM, für 189 Kalendertage insgesamt 12.999,42 DM, vom 01.10.1995 bis 31.12.1995 kalendertäglich 68,96 DM, für 90 Kalendertage insgesamt 6.206,40 DM, vom 01.01.1996 bis 25.04.1996 kalendertäglich 68,73 DM, für 115 Kalendertage insgesamt 7.903,95 DM.

Dabei hat die AOK entsprechend § 47 Abs.1 Satz 4 SGB V den Kalendermonat jeweils mit 30 Tagen angesetzt.

Vervielfältigt man das jeweilige kalendertägliche Nettokrankengeld mit 30 und rechnet den sich so ergebenden Monatsbetrag auf die Woche um, so ergibt sich ab 01.08.1995 ein wöchentliches Nettokrankengeld des Ehemanns von 476,17 DM (68,78 DM x 30 = 2.063,40 DM, davon 3/13 = 476,17 DM), ab 01.10.1995 ein wöchentliches Nettokrankengeld von 477,42 DM (68,96 DM x 30 = 2.068,80 DM davon 3/13 = 477,42 DM), ab 01.01.1996 ein wöchentliches Nettokrankengeld von 475,82 DM (78,73 DM x 30 = 2.061,90 DM davon 3/13 = 475,82 DM).

Vom Einkommen abzuziehen sind nach § 138 Abs.2 Satz 2 AFG:

Nr.1 Die auf das Einkommen entfallenden Steuern, Nr.2 Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesanstalt sowie Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, Nr.3. die notwendigen Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, Nr.4. ein Betrag in angemessener Höhe von den Erwerbsbezügen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten.

Ein Abzug nach Nr.1 ergibt sich nicht, da vom Krankengeld des Ehemanns der Klägerin keine Steuern abgeführt wurden. Desgleichen ergibt sich kein Abzug nach Nr.4, da es sich beim Krankengeld des Ehemanns der Klägerin um keine Erwerbsbezüge handelt. Die in Nr.2 aufgeführten gesetzlichen Sozialabgaben sind, soweit solche beim Krankengeld anfallen, bereits dadurch berücksichtigt, dass als Einkommen des Ehemanns der Klägerin nur das Nettokrankengeld berücksichtigt wurde.

Die Beklagte hat darüber hinaus wöchentlich 40,41 DM für freiwillige Vorsorgeaufwendungen im Sinne von § 138 Abs.2 Satz 2 Nr.2 AFG berücksichtigt, die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren belegt wurden (Rechtsschutz, Unfall, Haftpflicht, Hausrat).

Erörterungsfähig ist allenfalls noch die Berücksichtigung der Beiträge zur Tierhalter-Haftpflichtversicherung (so Ebsen in Gagel Rz.50 zu § 138 AFG), was einen zusätzlichen Betrag von wöchentlich 7,31 DM ergäbe, somit insgesamt einen Abzugsbetrag von 47,72 DM.

Belege für eine für den Ehemann abgeschlossene Lebensversicherung oder auch hierfür im streitigen Zeitraum entrichtete Beiträge hat die Klägerin trotz entsprechender Aufforderung nicht beigebracht, so dass dahingestellt bleiben kann, ob und in welchem Umfang gegebenenfalls auch nach Eintritt des Leistungsfalls abgeschlossene Lebensversicherungsverträge im Rahmen des § 138 Abs.2 Satz 2 Nr.2 AFG berücksichtigt werden können.

Bei den Ausgaben für Miete mit Nebenkosten wie Strom und Heizung, Lebensmittel, Zeitung, Zuwendungen an die Schwiegermutter, Telefon, Hundehaltung handelt es sich um Ausgaben der allgemeinen Lebenshaltung, die nicht unter § 138 Abs.2 Satz 2 Nr.2 oder Nr.3 AFG fallen und daher nicht berücksichtigt werden können.

Ebenso verhält es sich mit den Aufwendungen, die dem Ehemann der Klägerin im streitigen Zeitraum durch seine Krankenbehandlung entstanden sind einschließlich der geltend gemachten Kfz-Unkosten wegen der notwendigen Fahrten zum Arzt. Es handelt sich insoweit steuerrechtlich um außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 Einkommensteuergesetz, nicht aber um Werbungskosten im Sinne von § 9 Einkommensteuergesetz und damit auch nicht um nach § 138 Abs.2 Satz 2 Nr.3 AFG berücksichtigungsfähige Aufwendungen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den Leiden des Ehemanns der Klägerin - Abnutzungserscheinungen der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschäden sowie eine coronare Herzerkrankung mit Bluthochdruck und Übergewicht - um eine Berufskrankheit oder die Folgen eines Arbeitsunfalls handeln könnte (vgl. Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz Rz.520 zu § 4, Rz.25 zu § 12, Rz.35 zu § 33), ergeben sich weder aus den Schriftsätzen der Klägerin, noch insbesondere aus den beigezogenen Akten des Sozialamts einschließlich der darin enthaltenen Auszüge aus den Akten der LVA Niederbayern-Oberpfalz.

Das Einkommen des Ehemanns der Klägerin betrug demnach mindestens ab 01.08.1995 wöchentlich 428,45 DM, ab 01.10.1995 wöchentlich 429,70 DM und ab 01.01.1996 wöchentlich 428,10 DM.

Dem gegenüber zu stellen ist die fiktive Arbeitslosenhilfe des Ehemanns der Klägerin als Freibetrag nach § 138 Abs.1 Satz 2 AFG.

Zu dieser Regelung hat der Gesetzgeber anläßlich der Neufassung durch das Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz vom 24.06.1996 (BGBl.I S.878) - klarstellend - ausgeführt: Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung sei bei der Arbeitslosenhilfe das Einkommen des vom Arbeitslosenhilfebezieher nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es den Freibetrag übersteige. Freibetrag sei ein Betrag in Höhe des Tabellensatzes der Arbeitslosenhilfe, der dem Einkommen des Ehegatten entspreche, mindestens in Höhe des steuerlichen Grundfreibetrages für Alleinstehende. Die Regelung berücksichtige, dass die Arbeitslosenhilfe als Lohnersatzleistung dem Arbeitslosen einen prozentualen Anteil seines bisherigen Lebensstandards erhalten solle und dass aus Gründen der Gleichbehandlung entsprechend dem Lebensstandardprinzip beim Ehegatten des Arbeitslosen der Einkommensbestandteil zu schonen sei, der diesem als Arbeitslosenhilfe zustünde. In Fällen, in denen sich der Lebensstandard des vom Arbeitslosenhilfebezieher nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten normativ nach einer Nettoleistung (z.B. einer Rente) richte, könne diese bei der Ermittlung der hypothetischen Arbeitslosenhilfe wie ein Nettoarbeitsentgelt behandelt werden. Richte sich der Lebensstandard normativ nach einer Bruttoleistung, so sei die ihr entsprechende hypothetische Arbeitslosenhilfe wie bei einem Bruttoarbeitsentgelt zu ermitteln.

Würde man demnach das Nettokrankengeld des Ehemanns der Klägerin wie eine Rente behandeln, so wäre die hypothetische Arbeitslosenhilfe nach § 138 Abs.1 Satz 2 AFG zu ermitteln, indem man die maßgebliche Nettolohnersatzquote mit dem jeweils maßgeblichen wöchentlichen Nettokrankengeld vervielfältigt. Dies würde ab 01.08.1995 einen Freibetrag von 252,38 DM (53/100 von 476,17 DM), ab 01.10.1995 einen Freibetrag von wöchentlich 253,03 DM (53/100 von 477,42 DM) und ab 01.01.1996 einen Freibetrag von 252,18 DM (53/100 von 475,82 DM) bedeuten.

Daraus ergäbe sich als Anrechnungsbetrag ab 01.08.1995 ein wöchentlicher Betrag von 176,07 DM (428,45 DM abzüglich 252,38 DM), ab 01.10.1995 ein Anrechnungsbetrag von wöchentlich 176,67 DM (429,70 DM abzüglich 253,03 DM) und ab 01.01.1996 von wöchentlich 175,92 DM (428,10 DM abzüglich 252,18 DM).

Die anzurechnenden Beträge aus dem Einkommen des Ehemanns liegen nach dieser Berechnungsmethode über den Leistungssätzen der Klägerin in Höhe von 141,00 DM wöchentlich ab 01.08.1995 bzw. 144,00 DM wöchentlich ab 01.01.1996.

Allerdings handelt es sich beim Krankengeld um eine Sozialleistung, deren Bemessung sich anders als bei der Rente nach einem unmittelbar zuvor erzielten (Brutto-)Arbeitsentgelt richtet. Man könnte der Auffassung sein, dass der Passus in der amtlichen Begründung, wonach die entsprechende hypothetische Arbeitslosenhilfe wie bei einem Bruttoarbeitsentgelt zu ermitteln sei, wenn sich "der Lebensstandard normativ nach einer Bruttoleistung richtet" auf diese Fälle bezogen ist.

Dabei ergibt sich allerdings die Schwierigkeit, dass es für diese Fälle keine Leistungsverordnung mit eingearbeiteten standardisierten Abzügen gibt. Die Richtlinien der Beklagten sehen für diese Fälle vor, die fiktive Arbeitslosenhilfe des Ehegatten der Tabelle der jährlichen Leistungsverordnung zu entnehmen und als Bemessungsentgelt die Berechnungsgrundlage für die Lohnersatzleistung zugrunde zu legen. Dies wirkt sich jedenfalls bei Beziehern von Krankengeld zugunsten der Leistungsempfänger aus, da die in die Leistungstabelle eingearbeiteten standardisierten Abzüge vom Arbeitsentgelt deutlich niedriger sind als die Differenz zwischen dem Bruttoarbeitsentgelt und dem Nettokrankengeld. Daher wird auf diese Weise die Nettolohnersatzquote mit einem fiktiven überhöhten Nettoentgelt vervielfältigt.

Das BSG hat der Beklagten diese Praxis bei Empfängern kurzfristiger Lohnersatzleistungen als zulässige Begünstigung eingeräumt (BSG SozR 3-4100 § 138 Nr.12 und Nr.14).

Die Beklagte ist auf diese Weise zu dem die Klägerin begünstigenden Anrechnungsbetrag von 159,65 DM wöchentlich gekommen. Zöge man noch zusätzlich einen Betrag von 7,31 DM für Tierhaltehaftpflicht ab, ergäbe dies einen Anrechnungsbetrag von 152,34 DM. Dieser Betrag wäre im Übrigen auch nach dem Berechnungsmodus der Beklagten noch etwas höher anzusetzen, da die Beklagte zusätzlich auf der Einkommensseite von geringfügig überhöhten Abzügen vom Krankengeld des Ehemanns der Klägerin ausgegangen ist. Jedenfalls läge der Anrechnungsbetrag noch über dem Leistungssatz der Klägerin von 141,00 DM wöchentlich bzw. ab 01.01.1996 144,00 DM wöchentlich. Somit konnte auch die Beklagte keinen Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe errechnen.

Der Ehemann der Klägerin bezog nur bis zum 25.04.1996 Krankengeld, ab 30.05.1996 Hilfe zum Lebensunterhalt vom Sozialamt. Die Beklagte hat dem dadurch Rechnung getragen, dass sie der Klägerin auf deren Antrag vom 30.05.1996 hin während des Berufungsverfahrens mit Bescheid vom 23.09.1998 ab 30.05.1996 Arbeitslosenhilfe in Höhe des gesetzlichen Leistungssatzes bewilligt hat. Dies war insofern zu berichtigen, als der Klägerin Arbeitslosenhilfe bereits seit dem Ablauf des Krankengeldbezuges ihres Ehemanns zusteht, also seit 26.04.1996. Eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung über den Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe vom 26.04.1996 bis 29.05.1996 lag nicht vor. Vielmehr liegt dieser Zeitraum innerhalb des Alhi-Bewilligungsabschnitts vom 01.08.1995 bis 31.07.1996 und es war damit der Alhi-Anspruch der Klägerin für diesen Zeitraum Gegenstand der Versagungsgegenklage gegen den Bescheid vom 28.07.1995/Widerspruchsbescheid vom 09.11.1995 und den streitgegenständlich gewordenen Bescheid vom 29.01.1997.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht. Die Rechtssache hat keine grudnsätzliche Bedeutung. Das Urteil weicht nicht ab von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht auf dieser Abweichung.
Rechtskraft
Aus
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