Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AL 965/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 236/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 29. Juni 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger bereits ab 01.01.1998 Arbeitslosengeld zu bewilligen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen Eintritts einer Sperrzeit und teilweiser Anrechnung einer Abfindung in der Zeit vom 01.01. bis 27.09.1998 streitig.
Der 1940 geborene Kläger hat eine Ausbildung als Chemotechniker abgeschlossen. Am 01.10.1969 trat er in die Firma der Beigeladenen, die als deutsche Gesellschaft in den in New York ansässigen Mutterkonzern eingegliedert ist, als Gruppenleiter im chemischen Kontrolllabor ein. Am 01.07.1977 wurde er zum Abteilungsleiter für Qualitätssicherung und Planung ernannt. Ab 01.05.1985 wurde ihm unter Ernennung zum Direktor der Verantwortungsbereich für Auftragsbearbeitung, Kundendienst und Werkstätten und kurz darauf der gesamte Manufacturing-Bereich übertragen. Zum 01.03.1988 wurde er zum Geschäftsführer bestellt; zu seinem Verantwortungsbereich gehörten die Abteilungen Einkauf, technischer Bereich, Transport, Verkaufsservice und Shipping. Im März 1995 wurde sein Verantwortungsbereich um den Bereich Personal- und Sozialwesen und die gesamte Datenverarbeitung erweitert und er zum Vertreter des Generaldirektors ernannt. Im Mai 1996 wurde ihm die Alleinvertretungsbefugnis übertragen.
Am 20.03.1997 schloss der Kläger mit der Beigeladenen eine Vereinbarung, wonach zur Vermeidung einer arbeitgeberseitigen Kündigung aus betrieblichen Gründen die Auflösung des Vertragsverhältnisses zum 31.12.1997 vereinbart und der Kläger ab sofort von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt werde. Aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger eine Abfindung von 750.000,- DM brutto.
Nachdem sich der Kläger am 13.11.1997 arbeitlos gemeldet und die Bewilligung von Alg beantragt hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 23.03.1998 den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.01. bis 25.03.1998 und die Verkürzung der Anspruchsdauer um 240 Tage mit der Begründung fest, der Kläger habe das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag gelöst. Mit weiterem Bescheid vom 23.03.1998 stellte die Beklagte das weitere Ruhen des Anspruches wegen teilweiser Anrechnung der Abfindung in der Zeit vom 26.03. bis 27.09.1998 und die Minderung der Anspruchsdauer um weitere 186 Kalendertage fest.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe als leitender Angestellter und später als Geschäftsführer jederzeit ohne Angabe von Gründen abberufen werden können und keine rechtliche Möglichkeit gehabt, sich gegen eine Beendigung des Dienstverhältnisses zu wehren. Das Ausscheiden sei auf Initiative des Arbeitgebers aufgrund eines Wechsels im Vorsitz der Geschäftsleitung sowie aufgrund sich daraus entwickelnder unterschiedlicher Auffassungen über seinen Geschäftsbereich erfolgt. Wenn unter diesen Umständen auf Geschäftsleiterebene Gespräche darüber geführt würden, sich ohne Streit und Publizität nach außen zu trennen, so liege ein wichtiger Grund für seine Mitwirkung daran vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit seiner zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, ihm sei 1995 von dem Generaldirektor und alleinvertretungsberechtigten Gechäftsführer B ... definitiv zugesagt worden, dass er seine Nachfolge als Generaldirektor der deutschen Tochtergesellschaft antreten könne. Jedoch sei die geschäftliche Entwicklung in den letzten Jahren für die Muttergesellschaft unbefriedigend verlaufen, die Umsätze seien rückläufig gewesen. 1995 habe das Unternehmen einen erheblichen Jahresfehlbetrag hinnehmen müssen, auch das Ergebnis des Jahres 1996 habe bei weitem nicht den Erwartungen entsprochen. Dadurch sei das gesamte deutsche Management unter erheblichen Druck geraten. Im Mai 1996 sei der kaufmännische Geschäftsführer wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Generaldirektor ausgeschieden. Es sei zu erheblichen Umorganisationen gekommen, die zu Spannungen zwischen Herrn B ... und dem Kläger geführt hätten. Anfang März 1997 habe der Kläger dann von letzterem erfahren, dass er nicht Nachfolger als Generaldirektor werden solle, sondern die bisherige Verkaufsdirektorin, die bisher noch nicht Geschäftsführerin war. Am 14.03.1997 sei der Kläger damit konfrontiert worden, dass ihm der Verantwortungsbereich für das Personalwesen und den Sozialbereich entzogen werde und er nicht an der von ihm vorbereiteten Konferenz in Nizza am 17.03.1997 teilzunehmen habe. Den Beteiligten sei klar gewesen, dass er damit als Geschäftsführer demontiert worden sei, die Firma auf seine Tätigkeit keinen Wert mehr lege und seinen Tätigkeitsbereich weiter einzuschränken drohe. Dem Kläger habe die kurzfristige Beendigung des Dienstverhältnisses gedroht. Da er keine Möglichkeit gehabt habe, sich gegen eine drohende Kündigung mit rechtlichen Mitteln zu wehren, habe er das Angebot zum Abschluss seines Aufhebungsvertrages angenommen. Bei Nichtabschluss dieses Aufhebungsvertrages hätte der Arbeitgeber das Dienstverhältnis gekündigt. Die einverständliche Aufhebung habe die ohnehin nicht sehr guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt entscheidend verbessert. Mit ihm sei kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.06.1999 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Dem Kläger sei es aufgrund der ihm unstreitig drohenden rechtmäßigen Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund nicht zumutbar gewesen, den Ausspruch der Kündigung, die ihm erhebliche Nachteile im Hinblick auf sein eventuelles berufliches Fortkommen gebracht hätte, abzuwarten.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, das SG hätte eigene Ermittlungen anstellen müssen, ob das Arbeitsverhältnis ohne den Auflösungsvertrag durch Arbeitgeberkündigung zum 31.12.1997 geendet hätte. Auch sei nicht überzeugend, dass die Initiative zur Beendigung vom Arbeigeber ausgegangen sei. Die Enttäuschung des Klägers über die Zurücknahme vormals übertragener zusätzlicher Aufgabenbereiche könne keine Berücksichtigung finden. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei im Wesentlichen auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen, der die definitive Nachfolgeregelung für Herrn B ... nicht habe akzeptieren wollen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 29.06.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass ihm ab 01.01.1998 Arbeitslosengeld bewilligt wird.
Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass er auch ohne den Auflösungsvertrag das Unternehmen hätte verlassen müssen. Die Organe einer Kapitalgesellschaft genössen unter keinem rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtpunkt Kündigungsschutz. Es gehe nicht nur um Nachteile für das berufliche Fortkommen, sondern genauso gleichgewichtig seien wirtschaftliche Überlegungen gewesen. Die Arbeitgeberin sei zu einer Abfindung rechtlich nicht verpflichtet gewesen. Der nur mündlich abgeschlossene Geschäftsführervertrag habe entsprechende Regelungen nicht vorgesehen.
Der Kläger hat eine Bestätigung des für den europäischen Bereich der Muttergesellschaft zuständigen Direktors vom 19.06.2000 vorgelegt. Der Senat hat zusätzlich eine Stellungnahme der Beigeladenen vom 17.08.2000 eingeholt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Eine Sperrzeit ist nicht eingetreten, weshalb der Anspruch in dem streitbefangenen Zeitraum nicht geruht hat. Die Beklagte war deshalb entsprechend dem Antrag des Klägers zu verurteilen, ihm für diese Zeit Alg zu bewilligen, da Gegenstand des Rechtsstreits nicht lediglich eine Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs.1 Satz 1 erste Alternative SGG ist, sondern eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs.1 Satz 1, Abs.4 SGG.
Durch seine Zustimmung zu der Auflösungsvereinbarung hat der Kläger das Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 144 Abs.1 Nr.1 SGB III gelöst; denn bei der Prüfung der Kausalität spielt der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis im Falle des Nichtzustandekommens der Auflösungsvereinbarung vom Arbeitgeber einseitig gekündigt worden wäre, keine Rolle (BSG, Urteil vom 12.04.1984, 7 RAr 28/83 DBLR Nr.2959 zu § 119 AFG; offen gelassen in BSG SozR 3-1500 § 144 Nr.12). Der Kläger war auch als Geschäftsführer Arbeitnehmer. Dafür, dass mit ihm mit der Bestellung zum Geschäftsführer ein freies Dienstverhältnis unter endgültiger Auflösung des zuvor bestandenen Arbeitsverhältnisses begründet wurde, liegen keine Anhaltspunkte vor. Für das Weiterbestehen der Arbeitnehmerstellung spricht, dass der Kläger zwar im Außenverhältnis allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer war, im Innenverhältnis jedoch dem Generaldirektor B ... unterstellt war und deshalb seine Geschäftsführertätigkeit nicht frei von Weisungen verrichten konnte (vgl. BAG, Urteil vom 13.05.1992, 5 AZR 344/91, ZIP 1992, 1496 bis 1498). Dem steht nicht entgegen, dass, wie bei Diensten höherer Art üblich, das Weisungsrecht wesentlich eingeschränkt war (vgl. BSG SozR 4600 § 56 Nr.1).
Der Kläger hatte einen wichtigen Grund, den Auflösungsvertrag abzuschließen. Denn insoweit ist die Tatsache erheblich, dass das Arbeitsverhältnis spätestens zu demselben Zeitpunkt durch eine Arbeitbeberkündigung aufgelöst worden wäre, und zwar aus einem dem Kläger nicht vorwerfbaren Grund, und der Kläger keine rechtliche Möglichkeit gehabt hätte, gegen diese Kündigung vorzugehen und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.1984 a.a.O.).
Dass dem Kläger ohne den Auflösungsvertrag spätestens zum 31.12.1997 gekündigt worden wäre, steht zur Überzeugung des Senats insbesondere aufgrund der vom Kläger vorgelegten Bestätigung vom 19.06.2000 und der Stellungnahme seiner Arbeitgeberin - der Beigeladenen - vom 17.08.2000 fest. Danach hatte man mit dem Entzug der Verantwortung für den Personalbereich und dessen Übertragung an eine frühere Mitarbeiterin dem Kläger klar gemacht, dass kein Vertrauen mehr zu ihm bestand und an eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr gedacht war. Grund hierfür waren die enttäuschenden Geschäftsergebnisse, die die Muttergesellschaft veranlassten, fast die komplette Geschäftsleitung der deutschen Tochtergesellschaft auszuwechseln. Gemäß § 622 Abs.2 Nr.7 BGB betrug die Kündigungsfrist 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats, so dass dem Kläger im März 1997 bereits zum 31.10.1997 gekündigt werden konnte, was nach der Auskunft vom 17.08.2000 auch der Fall gewesen wäre, wäre es nicht zur Auflösungsvereinbarung gekommen.
Grund für diese Kündigung wäre nicht ein dem Kläger vorwerfbares Verhalten gewesen. Dass ihm das schlechte Geschäftsergebnis als schuldhaftes Verhalten zurechenbar wäre, ist nicht ersichtlich und wird auch von seiner Arbeitgeberin nicht behauptet. Jedenfalls könnte hieraus kein vertragswidriges Verhalten hergeleitet werden. Letzters gilt auch für die bzgl. der Nachfolge von Herrn B ... aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten. Dass der Kläger Ansprüche auf diese Nachfolge erhob, war legitim, da ihm dies zugesagt worden war, und ihm als allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer in der betrieblichen Rangfolge diese Nachfolge zugestanden hätte. Diese Umstände allein wären vernünftigerweise für einen Arbeitgeber auch kein Anlass, das Arbeitsverhältnis gänzlich zu beenden. Letztlich war Ursache dieser Differenzen der Umstand, dass man kein Vertrauen mehr in den Kläger hatte, und deshalb eine Fortsetzung seiner Tätigkeit nicht mehr gewollt war. Jedenfalls rechtfertigten die vom Kläger erhobenen Ansprüche es nicht, ihm aus diesem Grunde die Verantwortung für den Personalbereich zu entziehen.
Der Kläger hätte keine Möglichkeit gehabt, gegen einer Arbeitgeberkündigung mit rechtlichen Mitteln vorzugehen und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen. Die Bestellung als Geschäftsführer war gemäß § 38 Abs.1 GmbH zu jeder Zeit widerruflich, eine Beschränkung dieses Widerrufsrechts im Sinne des § 38 Abs.2 GmbH ist im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen. Auch soweit die Kündigung das der Geschäftsführerbestellung zugrunde liegende Arbeitsverhältnis betraf, wäre für den Kläger eine Fortsetzung dieses Arbeitsverhältnisses nicht zu erreichen gewesen. Denn gemäß § 14 Abs.1 Nr.2 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) gelten die Vorschriften dieses Gesetzes nicht für die Mitglieder des Organs einer juristischen Person, die zu ihrer gesetzlichen Vertretung berufen sind; der Kläger war als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer gesetzlicher Vertreter der Beigeladenen. Das KSchG und damit die Prüfung der Sozialwidrigkeit ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Geschäftsführerbestellung ein Arbeitsverhältnis zugrunde liegt (vgl. Rost in KR, Gemeinschaftskommentar zum KSchG und sonstigen kündigungsrechtlichen Vorschriften, 4. Auflage, Rn.6 zu § 14 KschG).
Somit war die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 29.06.1999 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte zu verpflichten war, dem Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 27.09.1998 Alg zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen Eintritts einer Sperrzeit und teilweiser Anrechnung einer Abfindung in der Zeit vom 01.01. bis 27.09.1998 streitig.
Der 1940 geborene Kläger hat eine Ausbildung als Chemotechniker abgeschlossen. Am 01.10.1969 trat er in die Firma der Beigeladenen, die als deutsche Gesellschaft in den in New York ansässigen Mutterkonzern eingegliedert ist, als Gruppenleiter im chemischen Kontrolllabor ein. Am 01.07.1977 wurde er zum Abteilungsleiter für Qualitätssicherung und Planung ernannt. Ab 01.05.1985 wurde ihm unter Ernennung zum Direktor der Verantwortungsbereich für Auftragsbearbeitung, Kundendienst und Werkstätten und kurz darauf der gesamte Manufacturing-Bereich übertragen. Zum 01.03.1988 wurde er zum Geschäftsführer bestellt; zu seinem Verantwortungsbereich gehörten die Abteilungen Einkauf, technischer Bereich, Transport, Verkaufsservice und Shipping. Im März 1995 wurde sein Verantwortungsbereich um den Bereich Personal- und Sozialwesen und die gesamte Datenverarbeitung erweitert und er zum Vertreter des Generaldirektors ernannt. Im Mai 1996 wurde ihm die Alleinvertretungsbefugnis übertragen.
Am 20.03.1997 schloss der Kläger mit der Beigeladenen eine Vereinbarung, wonach zur Vermeidung einer arbeitgeberseitigen Kündigung aus betrieblichen Gründen die Auflösung des Vertragsverhältnisses zum 31.12.1997 vereinbart und der Kläger ab sofort von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt werde. Aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger eine Abfindung von 750.000,- DM brutto.
Nachdem sich der Kläger am 13.11.1997 arbeitlos gemeldet und die Bewilligung von Alg beantragt hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 23.03.1998 den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.01. bis 25.03.1998 und die Verkürzung der Anspruchsdauer um 240 Tage mit der Begründung fest, der Kläger habe das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag gelöst. Mit weiterem Bescheid vom 23.03.1998 stellte die Beklagte das weitere Ruhen des Anspruches wegen teilweiser Anrechnung der Abfindung in der Zeit vom 26.03. bis 27.09.1998 und die Minderung der Anspruchsdauer um weitere 186 Kalendertage fest.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe als leitender Angestellter und später als Geschäftsführer jederzeit ohne Angabe von Gründen abberufen werden können und keine rechtliche Möglichkeit gehabt, sich gegen eine Beendigung des Dienstverhältnisses zu wehren. Das Ausscheiden sei auf Initiative des Arbeitgebers aufgrund eines Wechsels im Vorsitz der Geschäftsleitung sowie aufgrund sich daraus entwickelnder unterschiedlicher Auffassungen über seinen Geschäftsbereich erfolgt. Wenn unter diesen Umständen auf Geschäftsleiterebene Gespräche darüber geführt würden, sich ohne Streit und Publizität nach außen zu trennen, so liege ein wichtiger Grund für seine Mitwirkung daran vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit seiner zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, ihm sei 1995 von dem Generaldirektor und alleinvertretungsberechtigten Gechäftsführer B ... definitiv zugesagt worden, dass er seine Nachfolge als Generaldirektor der deutschen Tochtergesellschaft antreten könne. Jedoch sei die geschäftliche Entwicklung in den letzten Jahren für die Muttergesellschaft unbefriedigend verlaufen, die Umsätze seien rückläufig gewesen. 1995 habe das Unternehmen einen erheblichen Jahresfehlbetrag hinnehmen müssen, auch das Ergebnis des Jahres 1996 habe bei weitem nicht den Erwartungen entsprochen. Dadurch sei das gesamte deutsche Management unter erheblichen Druck geraten. Im Mai 1996 sei der kaufmännische Geschäftsführer wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Generaldirektor ausgeschieden. Es sei zu erheblichen Umorganisationen gekommen, die zu Spannungen zwischen Herrn B ... und dem Kläger geführt hätten. Anfang März 1997 habe der Kläger dann von letzterem erfahren, dass er nicht Nachfolger als Generaldirektor werden solle, sondern die bisherige Verkaufsdirektorin, die bisher noch nicht Geschäftsführerin war. Am 14.03.1997 sei der Kläger damit konfrontiert worden, dass ihm der Verantwortungsbereich für das Personalwesen und den Sozialbereich entzogen werde und er nicht an der von ihm vorbereiteten Konferenz in Nizza am 17.03.1997 teilzunehmen habe. Den Beteiligten sei klar gewesen, dass er damit als Geschäftsführer demontiert worden sei, die Firma auf seine Tätigkeit keinen Wert mehr lege und seinen Tätigkeitsbereich weiter einzuschränken drohe. Dem Kläger habe die kurzfristige Beendigung des Dienstverhältnisses gedroht. Da er keine Möglichkeit gehabt habe, sich gegen eine drohende Kündigung mit rechtlichen Mitteln zu wehren, habe er das Angebot zum Abschluss seines Aufhebungsvertrages angenommen. Bei Nichtabschluss dieses Aufhebungsvertrages hätte der Arbeitgeber das Dienstverhältnis gekündigt. Die einverständliche Aufhebung habe die ohnehin nicht sehr guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt entscheidend verbessert. Mit ihm sei kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.06.1999 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Dem Kläger sei es aufgrund der ihm unstreitig drohenden rechtmäßigen Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund nicht zumutbar gewesen, den Ausspruch der Kündigung, die ihm erhebliche Nachteile im Hinblick auf sein eventuelles berufliches Fortkommen gebracht hätte, abzuwarten.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, das SG hätte eigene Ermittlungen anstellen müssen, ob das Arbeitsverhältnis ohne den Auflösungsvertrag durch Arbeitgeberkündigung zum 31.12.1997 geendet hätte. Auch sei nicht überzeugend, dass die Initiative zur Beendigung vom Arbeigeber ausgegangen sei. Die Enttäuschung des Klägers über die Zurücknahme vormals übertragener zusätzlicher Aufgabenbereiche könne keine Berücksichtigung finden. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei im Wesentlichen auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen, der die definitive Nachfolgeregelung für Herrn B ... nicht habe akzeptieren wollen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 29.06.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass ihm ab 01.01.1998 Arbeitslosengeld bewilligt wird.
Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass er auch ohne den Auflösungsvertrag das Unternehmen hätte verlassen müssen. Die Organe einer Kapitalgesellschaft genössen unter keinem rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtpunkt Kündigungsschutz. Es gehe nicht nur um Nachteile für das berufliche Fortkommen, sondern genauso gleichgewichtig seien wirtschaftliche Überlegungen gewesen. Die Arbeitgeberin sei zu einer Abfindung rechtlich nicht verpflichtet gewesen. Der nur mündlich abgeschlossene Geschäftsführervertrag habe entsprechende Regelungen nicht vorgesehen.
Der Kläger hat eine Bestätigung des für den europäischen Bereich der Muttergesellschaft zuständigen Direktors vom 19.06.2000 vorgelegt. Der Senat hat zusätzlich eine Stellungnahme der Beigeladenen vom 17.08.2000 eingeholt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Eine Sperrzeit ist nicht eingetreten, weshalb der Anspruch in dem streitbefangenen Zeitraum nicht geruht hat. Die Beklagte war deshalb entsprechend dem Antrag des Klägers zu verurteilen, ihm für diese Zeit Alg zu bewilligen, da Gegenstand des Rechtsstreits nicht lediglich eine Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs.1 Satz 1 erste Alternative SGG ist, sondern eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs.1 Satz 1, Abs.4 SGG.
Durch seine Zustimmung zu der Auflösungsvereinbarung hat der Kläger das Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 144 Abs.1 Nr.1 SGB III gelöst; denn bei der Prüfung der Kausalität spielt der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis im Falle des Nichtzustandekommens der Auflösungsvereinbarung vom Arbeitgeber einseitig gekündigt worden wäre, keine Rolle (BSG, Urteil vom 12.04.1984, 7 RAr 28/83 DBLR Nr.2959 zu § 119 AFG; offen gelassen in BSG SozR 3-1500 § 144 Nr.12). Der Kläger war auch als Geschäftsführer Arbeitnehmer. Dafür, dass mit ihm mit der Bestellung zum Geschäftsführer ein freies Dienstverhältnis unter endgültiger Auflösung des zuvor bestandenen Arbeitsverhältnisses begründet wurde, liegen keine Anhaltspunkte vor. Für das Weiterbestehen der Arbeitnehmerstellung spricht, dass der Kläger zwar im Außenverhältnis allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer war, im Innenverhältnis jedoch dem Generaldirektor B ... unterstellt war und deshalb seine Geschäftsführertätigkeit nicht frei von Weisungen verrichten konnte (vgl. BAG, Urteil vom 13.05.1992, 5 AZR 344/91, ZIP 1992, 1496 bis 1498). Dem steht nicht entgegen, dass, wie bei Diensten höherer Art üblich, das Weisungsrecht wesentlich eingeschränkt war (vgl. BSG SozR 4600 § 56 Nr.1).
Der Kläger hatte einen wichtigen Grund, den Auflösungsvertrag abzuschließen. Denn insoweit ist die Tatsache erheblich, dass das Arbeitsverhältnis spätestens zu demselben Zeitpunkt durch eine Arbeitbeberkündigung aufgelöst worden wäre, und zwar aus einem dem Kläger nicht vorwerfbaren Grund, und der Kläger keine rechtliche Möglichkeit gehabt hätte, gegen diese Kündigung vorzugehen und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.1984 a.a.O.).
Dass dem Kläger ohne den Auflösungsvertrag spätestens zum 31.12.1997 gekündigt worden wäre, steht zur Überzeugung des Senats insbesondere aufgrund der vom Kläger vorgelegten Bestätigung vom 19.06.2000 und der Stellungnahme seiner Arbeitgeberin - der Beigeladenen - vom 17.08.2000 fest. Danach hatte man mit dem Entzug der Verantwortung für den Personalbereich und dessen Übertragung an eine frühere Mitarbeiterin dem Kläger klar gemacht, dass kein Vertrauen mehr zu ihm bestand und an eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr gedacht war. Grund hierfür waren die enttäuschenden Geschäftsergebnisse, die die Muttergesellschaft veranlassten, fast die komplette Geschäftsleitung der deutschen Tochtergesellschaft auszuwechseln. Gemäß § 622 Abs.2 Nr.7 BGB betrug die Kündigungsfrist 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats, so dass dem Kläger im März 1997 bereits zum 31.10.1997 gekündigt werden konnte, was nach der Auskunft vom 17.08.2000 auch der Fall gewesen wäre, wäre es nicht zur Auflösungsvereinbarung gekommen.
Grund für diese Kündigung wäre nicht ein dem Kläger vorwerfbares Verhalten gewesen. Dass ihm das schlechte Geschäftsergebnis als schuldhaftes Verhalten zurechenbar wäre, ist nicht ersichtlich und wird auch von seiner Arbeitgeberin nicht behauptet. Jedenfalls könnte hieraus kein vertragswidriges Verhalten hergeleitet werden. Letzters gilt auch für die bzgl. der Nachfolge von Herrn B ... aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten. Dass der Kläger Ansprüche auf diese Nachfolge erhob, war legitim, da ihm dies zugesagt worden war, und ihm als allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer in der betrieblichen Rangfolge diese Nachfolge zugestanden hätte. Diese Umstände allein wären vernünftigerweise für einen Arbeitgeber auch kein Anlass, das Arbeitsverhältnis gänzlich zu beenden. Letztlich war Ursache dieser Differenzen der Umstand, dass man kein Vertrauen mehr in den Kläger hatte, und deshalb eine Fortsetzung seiner Tätigkeit nicht mehr gewollt war. Jedenfalls rechtfertigten die vom Kläger erhobenen Ansprüche es nicht, ihm aus diesem Grunde die Verantwortung für den Personalbereich zu entziehen.
Der Kläger hätte keine Möglichkeit gehabt, gegen einer Arbeitgeberkündigung mit rechtlichen Mitteln vorzugehen und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen. Die Bestellung als Geschäftsführer war gemäß § 38 Abs.1 GmbH zu jeder Zeit widerruflich, eine Beschränkung dieses Widerrufsrechts im Sinne des § 38 Abs.2 GmbH ist im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen. Auch soweit die Kündigung das der Geschäftsführerbestellung zugrunde liegende Arbeitsverhältnis betraf, wäre für den Kläger eine Fortsetzung dieses Arbeitsverhältnisses nicht zu erreichen gewesen. Denn gemäß § 14 Abs.1 Nr.2 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) gelten die Vorschriften dieses Gesetzes nicht für die Mitglieder des Organs einer juristischen Person, die zu ihrer gesetzlichen Vertretung berufen sind; der Kläger war als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer gesetzlicher Vertreter der Beigeladenen. Das KSchG und damit die Prüfung der Sozialwidrigkeit ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Geschäftsführerbestellung ein Arbeitsverhältnis zugrunde liegt (vgl. Rost in KR, Gemeinschaftskommentar zum KSchG und sonstigen kündigungsrechtlichen Vorschriften, 4. Auflage, Rn.6 zu § 14 KschG).
Somit war die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 29.06.1999 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte zu verpflichten war, dem Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 27.09.1998 Alg zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved