L 10 AL 258/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 841/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 258/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.03.2001 - Az.: S 8 AL 841/97 - wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Zahlung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 30.10.1997 bis 15.11.1997.

Der Kläger nahm vom 21.10.1993 bis 20.10.1994 an einer Bildungsmaßnahme der Staatlichen Berufsfachschule für Masseure und medizinische Bademeister mit dem Maßnahmeziel "Staatlich geprüfter Masseur und medizinischer Bademeister" teil. In der Zeit vom 01.11.1994 bis 31.05.1996 leistete er ein Anerkennungspraktikum. Die staatliche Anerkennung seiner Berufsausbildung hat der Kläger nicht beantragt.

Seit dem 01.06.1996 bezog der Kläger Arbeitslosengeld (Alg). Nach Erschöpfung des Anspruches gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 05.11.1996 vom 16.11.1996 bis 15.11.1997 Alhi in Höhe von 182,40 DM wöchentlich.

Mit Bescheid vom 18.06.1997 stellte die Beklagte bestandskräftig den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen vom 28.05.1997 bis 19.08.1997 fest, da der Kläger das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses als Produktionshelfer bei der Firma P. vereitelt habe. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass der Leistungsanspruch erlösche, wenn der Arbeitslose in Zukunft erneut Anlass für den Eintritt einer 8 oder 12-wöchigen Sperrzeit gebe.

Mit Bescheid vom 24.06.1997 gewährte die Beklagte dem Kläger nach Ablauf der Sperrzeit ab 20.08.1997 erneut Alhi.

Am 13.10.1997 wurde dem Kläger ein Vermittlungsvorschlag für die GFZ M. GmbH ausgehändigt. Mit Schreiben vom 13.10.1997 - eingegangen bei der Beklagten am 16.10.1997 - verwahrte sich der Kläger gegen das Angebot als Produktionshelfer bei der GFZ M. GmbH, da die vorgeschlagene Arbeitsstelle in Zeitarbeit eine Rückkehr in seine frühere berufliche Tätigkeit ausschließe. Am 23.10.1997 teilte die GFZ GmbH der Beklagten mit, dass sich der Kläger dort nicht vorgestellt habe.

Nach dem dem Kläger übersandten Leistungsnachweis/der Entgeltbescheinigung vom 30.10.1997 wurde die Zahlung der Alhi an ihn mit Ablauf des 29.10.1997 eingestellt.

Dagegen hat der Kläger am 06.11.1997 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Die Zahlung von Alhi an ihn sei ab dem 30.10.1997 ohne Grund und ohne Bescheid eingestellt worden. Er beantrage, die ihm gemäß Bewilligungsbescheid vom 05.11.1996 (bis 15.11.1997 gewährte) Alhi weiter zu zahlen. Das SG hat die Klage unter dem Az: S 15 AL 841/97 erfasst.

Mit Bescheid vom 25.11.1997 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi an den Kläger ab 14.10.1997 auf. Durch die Ablehnung des Vermittlungsvorschlages vom 13.10.1997 bei der GFZ M. GmbH habe er Anlass für den Eintritt einer zweiten Sperrzeit von 12 Wochen, sodass sein Leistungsanspruch erloschen sei. Die dem Kläger vom 14.10.1997 bis 29.10.1997 gewährten Alhi-Leistungen iHv 420,- DM seien von ihm zu erstatten.

Die Beklagte wertete die Klageerhebung vom 06.11.1997 als Widerspruch gegen den Zahlungsnachweis vom 30.10.1997 und verwarf diesen mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.1998 als unzulässig.

Am 05.03.1998 hat der Kläger beantragt, den Widerspruchsbescheid vom 09.02.1998 für nichtig zu erklären, da er mit Schreiben vom 04.11.1997 keinen Widerspruch sondern Klage erhoben habe. Das SG hat die Klage unter dem Az: S 15 AL 225/98 erfasst.

Ein am 07.09.1999 vom Kläger gegen den Vorsitzenden der 15. Kammer gestelltes Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit hat das Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) im Beschluss vom 03.02.2000 für unbegründet gehalten. Mit Schreiben vom 25.04.2000, 21.06.2000 und 28.08.2000 hat der Kläger dagegen Verfassungsbeschwerde erhoben.

Mit Schreiben vom 30.06.2000 hat der Kläger gegen den Vorsitzenden der 15. Kammer Strafanzeige erstattet und Strafantrag gestellt. Mit Verfügung vom 04.07.2000 hat sich der Vorsitzende der 15. Kammer daraufhin selbst abgelehnt.

Gegen die erste Vertreterin des Vorsitzenden der 15. Kammer, die Vorsitzende der 13. Kammer, hat der Kläger am 08.11.2000 Strafanzeige erstattet, Strafantrag gestellt und sie am 09.11.2000 ebenfalls wegen Befangenheit abgelehnt. Mit Verfügung vom 13.11.2000 hat sich die Vorsitzende der 13. Kammer daraufhin für befangen erklärt und die Akten dem zweiten Vertreter der 15. Kammer, dem Vorsitzenden der 8. Kammer, zugeleitet.

Mit Schreiben vom 26.01.2000 hat der Kläger auch gegen den Vorsitzenden der 8. Kammer Strafanzeige erstattet und Strafantrag gestellt, ihn am 29.01.2001 ebenfalls als befangen abgelehnt und mit Schreiben vom 08.02.2001 erneut Verfassungsbeschwerde erhoben.

Im Beschluss vom 14.02.2001 hielt das BayLSG das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden der 8. Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit für unbegründet.

Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 15.03.2001 Verfassungsbeschwerde erhoben.

Das SG hat die Streitsachen S 8 AL 841/97 und S 8 AL 225/98 mit Beschluss vom 30.03.2001 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Klagen mit Urteil vom gleichen Tag abgewiesen.

Es sei bereits zweifelhaft, ob der Zahlungsnachweis/die Entgeltbescheinigung vom 30.10.1997 einen Verwaltungsakt oder eine sonstige hoheitliche Maßnahme darstelle. Bereits ab dem 14.10.1997 hätte der Kläger nach Feststellung einer zweiten Sperrzeit wegen Ablehnung des Vermittlungsvorschlages bei der GFZ M. GmbH keinen Anspruch auf Alhi mehr gehabt. Einen Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit des Widerspruchsbescheides vom 09.02.1998 sei nicht ersichtlich.

Gegen das ihm am 31.05.2001 gestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 02.07.2001 (einem Montag, der 30.06.2001 war ein Samstag) beim SG Nürnberg eingelegten Berufung.

Die 8. Kammer des SG Nürnberg sei ein unstatthaftes Ausnahmegericht, das für seinen Rechtsstreit nicht zuständig sei. Sein Rechtsstreit sei unter dem Az: S 15 AL 841/97 bzw S 15 AL 225/98 anhängig geworden. Die Zustellung des Urteils vom 30.03.2001 erst am 31.05.2001 verstoße gegen § 135 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Einstellung der Alhi an ihn ab dem 30.10.1997 sei ohne Bescheid erfolgt.

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden des 10. Senates des BayLSG vom 28.12.2001 hat der Senat - ohne Beteiligung des abgelehnten Richters - im Beschluss vom 10.01.2002 für unbegründet gehalten.

In der mündlichen Verhandlung, zu der der Kläger nicht erschienen ist, hat der Senat darauf hingewiesen, dass Streitgegenstand die Zahlung von Alhi für die Zeit vom 30.10.1977 bis 15.11.1997 sei, die im Wege einer echten Leistungsklage geltend gemacht werde, außerdem die Feststellung der Nichtigkeit des Widerspruchsbescheides vom 09.02.1998. Da dem Kläger von der Beklagten Alhi in Höhe von 182,40 DM wöchentlich bewilligt worden sei, dürfte der Beschwerdewert des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr1 SGG von 1.000,- DM nicht erreicht werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die den Formerfordernissen des § 151 SGG entsprechende Berufung des Klägers gegen das ihm am 31.05.2001 zugestellte Urteil des SG Nürnberg wurde zwar fristgerecht eingelegt (§§ 151 Abs 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), da der 30.06.2001 ein Samstag war, sodass sich der Ablauf der Berufungsfrist auf den nächstfolgenden Werktag, Montag den 02.07.2001 verschob (§ 64 Abs 3 SGG). Sie ist jedoch unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,- DM nicht erreicht (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG).

Eine Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,- DM nicht übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG).

Der Kläger begehrt mit seiner Klage vom 06.11.1997 die weitere Zahlung von Alhi vom 30.10.1997 bis 15.11.1997, wie sie mit Bescheid vom 05.11.1996 bewilligt worden ist. Es handelt sich demnach um ein echte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs 5 SGG. Die Alhi-Bewilligung an ihn war zunächst ohne Bescheid ab 30.10.1997 eingestellt worden. Mit Bescheid vom 25.11.1997 hob die Beklagte jedoch die Alhi-Gewährung an den Kläger ab dem 14.10.1997 wegen Eintritts einer zweiten Sperrzeit von 12 Wochen auf. Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist die Zahlung von Alhi an den Kläger für die Zeit vom 30.10.1997 bis 15.11.1997, also für einen Zeitraum von 16 Tagen. Da die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 05.11.1996 Alhi bis 15.11.1997 in Höhe von 182,40 DM wöchentlich gewährt hatte, erreicht der Streitwert dieses Berufungsverfahrens nicht den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstandes von 1.000,- DM.

Die Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG unterliegt ebenfalls der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 SGG, wonach der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 1.000,- DM betragen muss. Dem Sinn und Zweck des § 144 SGG entsprechend, die zweite Tatsacheninstanz in Bagatellfällen mit nur geringfügiger Beschwer auszuschließen (BSGE 42, 212, 215) würde es widersprechen, Leistungsklagen, mit denen die Zahlung einer Geldleistung angestrebt wird, von der Berufungsbeschränkung des § 144 SGG auszunehmen (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage, § 144 RdNr 13).

Auch unter Berücksichtigung der weiteren Klage vom 05.03.1998 - Az: S 8 AL 225/98 - ist der Beschwerdewert des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG nicht erreicht. Denn insoweit handelt es sich um eine Feststellungsklage (Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG), die denselben Streitgegenstand betrifft und damit denselben Streitwert. Selbst wenn man die Streitwerte der beiden Klagen (echte Leistungsklage und Feststellungsklage) nach § 5 ZPO zusammenrechnet, ergibt die Addition keinen Betrag, der 1.000,- DM übersteigt.

Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 30.03.2000 gemäß § 144 Abs 2 SGG zugelassen. Die bloße Beifügung einer auf die Möglichkeit der Berufung hinweisenden Rechtsmittelbelehrung reicht dafür nicht aus (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage, § 144 RdNr 40 mwN aus der obergerichtlichen Rechtsprechung). Nach ständiger Rechtsprechung ersetzt eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung nicht die positive Entscheidung des Sozialgerichts über die Zulassung (vgl BSG Urteil vom 19.11.1996 - Az.: 1 RK 18/95 = NZS 1997 S. 388 (390) mwN).

Die Rechtsfolge einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung, die hier gegeben ist, erschöpft sich gemäß § 66 Abs 2 SGG in der Verlängerung der Einlegungsfrist für die Nichtzulassungsbeschwerde, dh, diese konnte nun statt innerhalb eines Monats (§ 145 SGG) innerhalb eines Jahres eingelegt werden (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage, § 144 RdNr 45).

Die Berufung war auch nicht im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde zuzulassen. Denn eine Nichtzulassungsbeschwerde wurde nicht eingelegt. Eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht möglich, da ausdrücklich Berufung eingelegt wurde (Meyer-Ladewig aaO).

Demzufolge war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 30.03.2001 - Az: S 8 AL 841/97 - als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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