Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 853/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 278/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.06.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rückforderung eines Eingliederungszuschusses (EZ) für den Arbeitnehmer D. vom 01.09.1998 bis 31.12.1998 in Höhe von 5.820,- DM.
Die Klägerin beantragte am 25.08.1998 bei der Beklagten die Gewährung eines EZ für den Arbeitnehmer D. , der ab 01.09.1998 als Alleinberechtigter bei der Klägerin eine Inkassotätigkeit ausüben sollte. Bei der Klägerin waren zum damaligen Zeitpunkt in diesem Bereich 8 Arbeitnehmer beschäftigt. Herr D. war nach Ablegung des ersten juristischen Staatsexamens ca 1 Jahr bei der Beklagten arbeitslos gemeldet gewesen. Der Leistungsantrag wurde mit seiner schwierigen Persönlichkeitsstruktur und der Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit begründet.
Mit Bewilligungsbescheid vom 26.10.1998 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Dauer vom 01.09.1998 bis 28.02.1999 einen EZ in Höhe von monatlich 1.455,- DM für den Arbeitnehmer D ... Durch einen Hinweis auf der Vorderseite des Bescheides war ua auf die gesetzliche Regelung zur Rückforderung des EZ besonders hingewiesen worden. Außerdem wurde auf Seite 2 unter Nr 4 die gesetzliche Regelung über die Voraussetzungen der Rückzahlungspflicht wiedergegeben.
Die Berechtigung zur Ausübung der Inkassotätigkeit des Arbeitnehmers D. erfolgte durch Ernennung seitens des Präsidenten des Amtsgerichtes zum 21.11.1998.
Bereits ab 15.10.1998 war Herr D. arbeitsunfähig erkrankt. Nach Mitteilung der AOK Bayern wurde für ihn ab dem 26.11.1998 durchgehend Krankengeld gewährt und das letzte Gehalt im November 1998 gezahlt.
Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Herrn D. mit Schreiben vom 11.01.1999 fristlos, da dieser sich seit dem 15.10.1998 nicht mehr gemeldet, seinen Wohnsitz gewechselt und diesen nicht angezeigt habe. Bei ihm sei ab dem 21.12.1998 wieder Arbeitsfähigkeit eingetreten. Da der Arbeitnehmer danach weder Kontakt zur Arbeitgeberin aufgenommen noch eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt habe, sei eine fristlose Kündigung ausgesprochen worden. Mit Schreiben vom 25.01.1999 wurde das Arbeitsverhältnis vom Bevollmächtigten der Klägerin fristgerecht zum 28.02.1999 gekündigt.
Gegen die Kündigung wandte sich der Arbeitnehmer D. mit einer am 16.01.1999 zum Arbeitsgericht Nürnberg erhobenen Kündigungsschutzklage (Az 16 Ca 445/99). Er führte ua aus, in der Zeit vom 26.11.1998 bis 07.01.1999 Krankengeld bezogen zu haben. Die Beteiligten schlossen vor dem Arbeitsgericht am 09.02.1999 daraufhin einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis von Herrn D. durch ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung vom 07.01.1999 zum 15.02.1999 aufgelöst wurde.
Mit Bescheid vom 24.03.1999 forderte die Beklagte den für die Zeit vom 01.09.1998 bis 31.12.1998 gewährten EZ in Höhe von 5.820,- DM von der Klägerin zurück. Das Beschäftigungsverhältnis sei während des Förderungszeitraumes beendet worden, ohne dass die Arbeitgeberin berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden.
Dagegen hat die Klägerin am 26.04.1999 Widerspruch eingelegt. Der Arbeitnehmer D. sei vom 14.09. bis 18.09.1998 und 15.10.1998 bis 24.12.1998 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Es sei zwar zunächst eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 24.12.1998 vorgelegt, der Arbeitsnehmer jedoch ab dem 21.12.1998 von der AOK arbeitsfähig geschrieben worden. Aufgrund des unentschuldigten Fernbleibens ab dem 21.12.1998 habe man ihm fristlos gekündigt, wobei der vor dem Arbeitsgericht geschlossene Vergleich für die Beurteilung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers im laufenden Verfahren keine Bindungswirkung entfalte.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.1999 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 22.09.1999 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben.
Der am 15.06.2000 vor dem SG als Zeuge vernommene Arbeitnehmer D. hat erklärt, dass er sich in den ersten Wochen seiner Beschäftigung bei der Klägerin in die rechtlichen Grundlagen der Zwangsvollstreckung eingearbeitet und Daten von Schuldnern einprogrammiert sowie Unterlagen einsortiert habe. Von seinem Hausarzt sei er bis zum 24.12.1998 krankgeschrieben worden. Die AOK habe jedoch seine Gesundschreibung zum 21.12.1998 verfügt. Dagegen habe er nach Rücksprache mit seinem Hausarzt Einspruch eingelegt. Bei der amtsärztlichen Untersuchung am 07.01.1999 habe sich herausgestellt, dass die Beurteilung seines Hausarztes richtig gewesen sei. Zwar sei er zum 31.12.1998 aus seiner Wohnung ausgezogen und in die zwischenzeitlich leerstehende Wohnung seiner Mutter umgezogen. Er habe jedoch einen Nachbarn gebeten, ihn über unter seiner alten Postanschrift eingehenden Poststücke zu verständigen. Im Anschluss an die Gesundschreibung durch die Krankenkasse vom 21.12.1998 hätte er zunächst keine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen können.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 15.06.2000 abgewiesen. Nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) entfalle eine Verpflichtung zur Rückzahlung eines gewährten EZ nur dann, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor. Eine fristlose Kündigung könne nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgesprochen werden. Ein wichtiger Grund sei gemäß § 626 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur gegeben, wenn Tatsachen vorlägen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar machten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) folge aus dem "Ultima-ratio"-Prinzip, dass der außerordentlichen Kündigung regelmäßig eine Abmahnung vorauszugehen habe. An einer solchen fehle es jedoch hier. Darüber hinaus rechtfertige eine langandauernde oder häufige Erkrankung auch keine außerordentliche Kündigung, denn nach der Rechtsprechung des BAG sei dabei ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Eine fristlose Kündigung könne in diesen Zusammenhang nur ausgesprochen werden, wenn der Arbeitnehmer zuvor seinen fehlenden Arbeitswillen eindeutig zum Ausdruck gebracht und sich dann anschließend krank gemeldet habe oder er einer unangenehmen Arbeit, einer Versetzung oder ein Urlaubsbegehren damit erzwingen wolle. Eine fristlose Kündigung könne auch darauf gestützt werden, dass der Arbeitnehmer nach der Krankschreibung häufig in Restaurants, Kinos, Bars, Sportstätten, bei anderweitiger Arbeit und dergleichen angetroffen werde. Derartige Sachverhaltsgestaltungen seien hier jedoch nicht gegeben. Nach der amtsärztlichen Untersuchung vom 07.01.1999 habe beim Arbeitnehmer D. eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit bestanden. Die Kündigung hätte deshalb nicht auf den Vorwurf gestützt werden können, er habe manipulativ eine zunächst bis zum 24.12.1998 ausgestellte AU-Bescheinigung vorgelegt, obwohl der Zustand der AU bereits zum 21.12.1998 geendet habe. Nach seiner Zeugenaussage sei er auch bis zum 31.12.1998 unter seiner alten Anschrift erreichbar gewesen, sodass ihm eine Abmahnung hätte zugestellt werden können. Ferner habe eine außerordentliche Kündigung nicht unter dem Gesichtspunkt ausgesprochen werden können, dass der Arbeitnehmer eine leitende, besonders verantwortungsvolle Tätigkeit bekleidet habe. Er habe sich zwar im Betrieb der Klägerin nach seinem eigenen Bekunden in die Grundlagen des Zwangsvollstreckungsrechts vor Ort eingearbeitet, seine Tätigkeit wegen der fehlenden amtlichen Genehmigung zunächst jedoch nicht ausüben können. Eine leitende Inkassotätigkeit habe er in der Folgezeit auch nicht aufgenommen, weil die Erlaubniserteilung in die Zeit nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden gefallen sei. Im Übrigen spreche die Höhe des dem Arbeitnehmer D. gewährten Gehaltes gegen eine besonders leitende Vertrauensstellung.
Gegen das ihr am 19.07.2000 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 18.08.2000 beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung.
Der Arbeitnehmer D. sei aus Sicht der Klägerin nach dem 21.12.1998 ohne jeglichen Grund nicht mehr zur Arbeit erschienen. Dies habe die existenzgefährdende Situation der Klägerin, bei der er als Alleinberechtigter zur Ausübung der Inkassotätigkeit zum Einsatz kommen sollte, zusätzlich erschwert. Die Klägerin habe sich um eine entsprechende Kontaktaufnahme mit ihm bemüht, ihn jedoch nicht erreichen können, sodass eine Abmahnung in mündlicher oder schriftlicher Form wegen Unauffindbarkeit sinnlos gewesen wäre. Da der Arbeitnehmer D. als Alleinberechtigter des Inkassobereiches eine Vertrauensposition inne gehabt hätte, nach Einschätzung der Klägerin nach Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit am 21.12.1998 ohne jegliche Mitteilung nicht mehr seinen Dienst angetreten habe, sei diese aus ihrer Sicht davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 626 Abs 1 BGB vorgelegen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 15.06.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Weder die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers D. noch die unterlassene Anzeige ihrer Fortdauer hätten seine fristlose Kündigung rechtfertigen können. Das Vorbringen der Klägerin, eine Abmahnung sei aufgrund seiner Vertrauensposition nicht erforderlich gewesen, vermöge nicht zu überzeugen. Ob die Ausübung einer Inkassotätigkeit eine besonders leitende Position mit außergewöhnlicher Verantwortung darstelle, könne dahingestellt bleiben.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ) ist auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
In der Sache erweist sich die Berufung jedoch als unbegründet, denn das SG hat im angefochtenen Urteil vom 15.06.2000 zu Recht die Klage gegen die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 24.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.1999 abgewiesen, da ein Rechtsgrund für das Absehen von einer Rückforderung des gewährten Eingliederungszuschuss (EZ) nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III hier nicht vorliegt.
Rechtsgrundlage für den Rückforderungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger ist § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III. Danach ist der EZ zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspricht, längstens jedoch von zwölf Monaten, nach Ende des Förderungszeitraums beendet wird.
Nach § 223 Abs 2 Satz 2 SGB III entfällt die Rückforderung eines EZ nur dann, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen (Nr 1), die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgte, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hatte (Nr 2) oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hatte (Nr 3).
Keiner dieser genannten Gründe lag jedoch im Falle des Arbeitnehmers D. vor. Insbesondere war die Klägerin als Arbeitgeberin nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Der vor dem Arbeitsgericht Nürnberg am 16.01.1999 geschlossene Vergleich ist dabei für die hier zu beurteilende Rechtsfrage letztlich nicht bindend. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB sind jedoch auch im sozialgerichtlichen Verfahren die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG dazu entwickelten Grundsätzen anzuwenden.
Wie das SG im angefochtenen Urteil vom 15.06.2000 dazu bereits zutreffend festgestellt hat, rechtfertigt die langandauernde Erkrankung des Arbeitnehmers D. hier jedoch nicht seine außerordentliche Kündigung im Sinn des § 626 BGB. Nach dieser Vorschrift kann aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der (ordentlichen) Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers in der Regel nicht geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen (vgl BAG, Urteil vom 09.09.1992 - 2 AZR 190/92 in AP Nr 3 zu § 626; BAG, Urteil vom 12.07.1995 - 2 AZR 762/94 in AP Nr 7 zu § 626; BAG, Urteil vom 21.03.1996 - 2 AZR 543/95 in AP Nr 23 zu § 123 BGB; BAG, Urteil vom 06.11.1997 - 2 AZR 801/96 in AP Nr 142 zu § 626; BAG, Urteil vom 09.07.1998 - 2 AZR 201/98, EzA § 626 BGB Krankheit Nr 1; BAG, Urteil vom 16.09.1999 - 2 AZR 123/89 in AP Nr 159 zu § 626; BAG, Urteil vom 18.10.2000 - 2 AZR 627/99, BAGE 96, 65 - 71).
Die vom BAG davon gemachten Ausnahmen, wonach eine krankheitsbedingte Beeinträchtigung dann einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darstellen kann, wenn diese von einem solchen Gewicht ist, dass sie einer andauernden Arbeitsunfähigkeit gleichsteht (BAG vom 09.07.1998 - 2 AZR 201/98, EzA § 626 BGB Krankheit Nr 1) oder tariflich oder vertraglich ausgeschlossen ist (BAGE 96, 65 - 71) liegen hier nicht vor.
Unstreitig fehlt es im vorliegenden Fall auch an einer vorherigen Abmahnung durch die Klägerin, die grundsätzlich nach der Rechtsprechung des BAG erforderlich ist, wenn wegen eines nicht vertragsgerechten Verhaltens gekündigt werden soll und die Störungen im sogenannten Leistungsbereich liegen, wobei dies für jede Kündigung gilt, die wegen eines Verhaltens des Arbeitnehmers oder aus einem Grund in seiner Person ausgesprochen werden soll, wenn also eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden konnte (vgl die st.Rspr. des BAG zB BAGE 76, 35; BAG, Urteil vom 18.05.1994 in AP Nr 108 zu § 108 Bundespersonalvertretungsgesetz; BAGE 86, 95 - 105; BAGE 91, 30 - 40; BAGE 95, 78 - 97). Eine Abmahnung ist bei einer Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen nach der Rechtsprechung des BAG nur dann entbehrlich, wenn es um schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl die st.Rspr. des BAG, zuletzt BAGE 91, 30 - 40; BAGE 95, 78 - 97 für den Fall eines vorsätzlichen Tötungsdeliktes). Der Klägerin war eine Abmahnung des Arbeitnehmers D. möglich, denn dieser war zumindestens bis zum 31.12.1998 unter seiner - der Klägerin bekannten - Adresse erreichbar. Eine Abmahnung war hier auch nicht verzichtbar. Entgegen der Auffassung der Klägerin war eine Abmahnung des Arbeitnehmers D. nicht deshalb entbehrlich, weil dieser angesichts seiner verantwortungsvollen Tätigkeit als Alleinberechtigter des Inkassobereiches bei der Klägerin eine Vertrauensposition inne hatte. Nach den insoweit unstreitigen Feststellungen im sozialgerichtlichen Verfahren erfolgte die Ernennung von Herrn D. zur Ausübung seiner Inkassotätigkeit erst am 21./22.11.1998 durch den Präsidenten des Amtsgerichtes. Zu diesem Zeitpunkt war der Arbeitnehmer jedoch bereits ab dem 15.10.1998 arbeitsunfähig erkrankt, sodass er eine entsprechende Inkassotätigkeit bei der Klägerin verantwortlich für 8 weitere Arbeitnehmer nicht ausüben konnte.
Da somit die Voraussetzungen für eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nicht vorlagen, greift der Befreiungstatbestand des § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III hier nicht ein. Gründe für das Vorliegen der Befreiungstatbestände nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nrn 2 und 3 SGB III sind für den Senat aus dem gesamten Akteninhalt weder ersichtlich, noch wurden sie im Verfahren vorgetragen.
Der von der Beklagten rechnerisch richtig festgestellte Rückforderungsbetrag in Höhe von 5.820,- DM ist von der Beklagten zutreffend ermittelt worden.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 15.06.2000 war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rückforderung eines Eingliederungszuschusses (EZ) für den Arbeitnehmer D. vom 01.09.1998 bis 31.12.1998 in Höhe von 5.820,- DM.
Die Klägerin beantragte am 25.08.1998 bei der Beklagten die Gewährung eines EZ für den Arbeitnehmer D. , der ab 01.09.1998 als Alleinberechtigter bei der Klägerin eine Inkassotätigkeit ausüben sollte. Bei der Klägerin waren zum damaligen Zeitpunkt in diesem Bereich 8 Arbeitnehmer beschäftigt. Herr D. war nach Ablegung des ersten juristischen Staatsexamens ca 1 Jahr bei der Beklagten arbeitslos gemeldet gewesen. Der Leistungsantrag wurde mit seiner schwierigen Persönlichkeitsstruktur und der Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit begründet.
Mit Bewilligungsbescheid vom 26.10.1998 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Dauer vom 01.09.1998 bis 28.02.1999 einen EZ in Höhe von monatlich 1.455,- DM für den Arbeitnehmer D ... Durch einen Hinweis auf der Vorderseite des Bescheides war ua auf die gesetzliche Regelung zur Rückforderung des EZ besonders hingewiesen worden. Außerdem wurde auf Seite 2 unter Nr 4 die gesetzliche Regelung über die Voraussetzungen der Rückzahlungspflicht wiedergegeben.
Die Berechtigung zur Ausübung der Inkassotätigkeit des Arbeitnehmers D. erfolgte durch Ernennung seitens des Präsidenten des Amtsgerichtes zum 21.11.1998.
Bereits ab 15.10.1998 war Herr D. arbeitsunfähig erkrankt. Nach Mitteilung der AOK Bayern wurde für ihn ab dem 26.11.1998 durchgehend Krankengeld gewährt und das letzte Gehalt im November 1998 gezahlt.
Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Herrn D. mit Schreiben vom 11.01.1999 fristlos, da dieser sich seit dem 15.10.1998 nicht mehr gemeldet, seinen Wohnsitz gewechselt und diesen nicht angezeigt habe. Bei ihm sei ab dem 21.12.1998 wieder Arbeitsfähigkeit eingetreten. Da der Arbeitnehmer danach weder Kontakt zur Arbeitgeberin aufgenommen noch eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt habe, sei eine fristlose Kündigung ausgesprochen worden. Mit Schreiben vom 25.01.1999 wurde das Arbeitsverhältnis vom Bevollmächtigten der Klägerin fristgerecht zum 28.02.1999 gekündigt.
Gegen die Kündigung wandte sich der Arbeitnehmer D. mit einer am 16.01.1999 zum Arbeitsgericht Nürnberg erhobenen Kündigungsschutzklage (Az 16 Ca 445/99). Er führte ua aus, in der Zeit vom 26.11.1998 bis 07.01.1999 Krankengeld bezogen zu haben. Die Beteiligten schlossen vor dem Arbeitsgericht am 09.02.1999 daraufhin einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis von Herrn D. durch ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung vom 07.01.1999 zum 15.02.1999 aufgelöst wurde.
Mit Bescheid vom 24.03.1999 forderte die Beklagte den für die Zeit vom 01.09.1998 bis 31.12.1998 gewährten EZ in Höhe von 5.820,- DM von der Klägerin zurück. Das Beschäftigungsverhältnis sei während des Förderungszeitraumes beendet worden, ohne dass die Arbeitgeberin berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden.
Dagegen hat die Klägerin am 26.04.1999 Widerspruch eingelegt. Der Arbeitnehmer D. sei vom 14.09. bis 18.09.1998 und 15.10.1998 bis 24.12.1998 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Es sei zwar zunächst eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 24.12.1998 vorgelegt, der Arbeitsnehmer jedoch ab dem 21.12.1998 von der AOK arbeitsfähig geschrieben worden. Aufgrund des unentschuldigten Fernbleibens ab dem 21.12.1998 habe man ihm fristlos gekündigt, wobei der vor dem Arbeitsgericht geschlossene Vergleich für die Beurteilung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers im laufenden Verfahren keine Bindungswirkung entfalte.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.1999 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 22.09.1999 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben.
Der am 15.06.2000 vor dem SG als Zeuge vernommene Arbeitnehmer D. hat erklärt, dass er sich in den ersten Wochen seiner Beschäftigung bei der Klägerin in die rechtlichen Grundlagen der Zwangsvollstreckung eingearbeitet und Daten von Schuldnern einprogrammiert sowie Unterlagen einsortiert habe. Von seinem Hausarzt sei er bis zum 24.12.1998 krankgeschrieben worden. Die AOK habe jedoch seine Gesundschreibung zum 21.12.1998 verfügt. Dagegen habe er nach Rücksprache mit seinem Hausarzt Einspruch eingelegt. Bei der amtsärztlichen Untersuchung am 07.01.1999 habe sich herausgestellt, dass die Beurteilung seines Hausarztes richtig gewesen sei. Zwar sei er zum 31.12.1998 aus seiner Wohnung ausgezogen und in die zwischenzeitlich leerstehende Wohnung seiner Mutter umgezogen. Er habe jedoch einen Nachbarn gebeten, ihn über unter seiner alten Postanschrift eingehenden Poststücke zu verständigen. Im Anschluss an die Gesundschreibung durch die Krankenkasse vom 21.12.1998 hätte er zunächst keine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen können.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 15.06.2000 abgewiesen. Nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) entfalle eine Verpflichtung zur Rückzahlung eines gewährten EZ nur dann, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor. Eine fristlose Kündigung könne nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgesprochen werden. Ein wichtiger Grund sei gemäß § 626 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur gegeben, wenn Tatsachen vorlägen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar machten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) folge aus dem "Ultima-ratio"-Prinzip, dass der außerordentlichen Kündigung regelmäßig eine Abmahnung vorauszugehen habe. An einer solchen fehle es jedoch hier. Darüber hinaus rechtfertige eine langandauernde oder häufige Erkrankung auch keine außerordentliche Kündigung, denn nach der Rechtsprechung des BAG sei dabei ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Eine fristlose Kündigung könne in diesen Zusammenhang nur ausgesprochen werden, wenn der Arbeitnehmer zuvor seinen fehlenden Arbeitswillen eindeutig zum Ausdruck gebracht und sich dann anschließend krank gemeldet habe oder er einer unangenehmen Arbeit, einer Versetzung oder ein Urlaubsbegehren damit erzwingen wolle. Eine fristlose Kündigung könne auch darauf gestützt werden, dass der Arbeitnehmer nach der Krankschreibung häufig in Restaurants, Kinos, Bars, Sportstätten, bei anderweitiger Arbeit und dergleichen angetroffen werde. Derartige Sachverhaltsgestaltungen seien hier jedoch nicht gegeben. Nach der amtsärztlichen Untersuchung vom 07.01.1999 habe beim Arbeitnehmer D. eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit bestanden. Die Kündigung hätte deshalb nicht auf den Vorwurf gestützt werden können, er habe manipulativ eine zunächst bis zum 24.12.1998 ausgestellte AU-Bescheinigung vorgelegt, obwohl der Zustand der AU bereits zum 21.12.1998 geendet habe. Nach seiner Zeugenaussage sei er auch bis zum 31.12.1998 unter seiner alten Anschrift erreichbar gewesen, sodass ihm eine Abmahnung hätte zugestellt werden können. Ferner habe eine außerordentliche Kündigung nicht unter dem Gesichtspunkt ausgesprochen werden können, dass der Arbeitnehmer eine leitende, besonders verantwortungsvolle Tätigkeit bekleidet habe. Er habe sich zwar im Betrieb der Klägerin nach seinem eigenen Bekunden in die Grundlagen des Zwangsvollstreckungsrechts vor Ort eingearbeitet, seine Tätigkeit wegen der fehlenden amtlichen Genehmigung zunächst jedoch nicht ausüben können. Eine leitende Inkassotätigkeit habe er in der Folgezeit auch nicht aufgenommen, weil die Erlaubniserteilung in die Zeit nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden gefallen sei. Im Übrigen spreche die Höhe des dem Arbeitnehmer D. gewährten Gehaltes gegen eine besonders leitende Vertrauensstellung.
Gegen das ihr am 19.07.2000 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 18.08.2000 beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung.
Der Arbeitnehmer D. sei aus Sicht der Klägerin nach dem 21.12.1998 ohne jeglichen Grund nicht mehr zur Arbeit erschienen. Dies habe die existenzgefährdende Situation der Klägerin, bei der er als Alleinberechtigter zur Ausübung der Inkassotätigkeit zum Einsatz kommen sollte, zusätzlich erschwert. Die Klägerin habe sich um eine entsprechende Kontaktaufnahme mit ihm bemüht, ihn jedoch nicht erreichen können, sodass eine Abmahnung in mündlicher oder schriftlicher Form wegen Unauffindbarkeit sinnlos gewesen wäre. Da der Arbeitnehmer D. als Alleinberechtigter des Inkassobereiches eine Vertrauensposition inne gehabt hätte, nach Einschätzung der Klägerin nach Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit am 21.12.1998 ohne jegliche Mitteilung nicht mehr seinen Dienst angetreten habe, sei diese aus ihrer Sicht davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 626 Abs 1 BGB vorgelegen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 15.06.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Weder die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers D. noch die unterlassene Anzeige ihrer Fortdauer hätten seine fristlose Kündigung rechtfertigen können. Das Vorbringen der Klägerin, eine Abmahnung sei aufgrund seiner Vertrauensposition nicht erforderlich gewesen, vermöge nicht zu überzeugen. Ob die Ausübung einer Inkassotätigkeit eine besonders leitende Position mit außergewöhnlicher Verantwortung darstelle, könne dahingestellt bleiben.
Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ) ist auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
In der Sache erweist sich die Berufung jedoch als unbegründet, denn das SG hat im angefochtenen Urteil vom 15.06.2000 zu Recht die Klage gegen die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 24.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.1999 abgewiesen, da ein Rechtsgrund für das Absehen von einer Rückforderung des gewährten Eingliederungszuschuss (EZ) nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III hier nicht vorliegt.
Rechtsgrundlage für den Rückforderungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger ist § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III. Danach ist der EZ zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspricht, längstens jedoch von zwölf Monaten, nach Ende des Förderungszeitraums beendet wird.
Nach § 223 Abs 2 Satz 2 SGB III entfällt die Rückforderung eines EZ nur dann, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen (Nr 1), die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgte, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hatte (Nr 2) oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hatte (Nr 3).
Keiner dieser genannten Gründe lag jedoch im Falle des Arbeitnehmers D. vor. Insbesondere war die Klägerin als Arbeitgeberin nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Der vor dem Arbeitsgericht Nürnberg am 16.01.1999 geschlossene Vergleich ist dabei für die hier zu beurteilende Rechtsfrage letztlich nicht bindend. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB sind jedoch auch im sozialgerichtlichen Verfahren die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG dazu entwickelten Grundsätzen anzuwenden.
Wie das SG im angefochtenen Urteil vom 15.06.2000 dazu bereits zutreffend festgestellt hat, rechtfertigt die langandauernde Erkrankung des Arbeitnehmers D. hier jedoch nicht seine außerordentliche Kündigung im Sinn des § 626 BGB. Nach dieser Vorschrift kann aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der (ordentlichen) Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers in der Regel nicht geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen (vgl BAG, Urteil vom 09.09.1992 - 2 AZR 190/92 in AP Nr 3 zu § 626; BAG, Urteil vom 12.07.1995 - 2 AZR 762/94 in AP Nr 7 zu § 626; BAG, Urteil vom 21.03.1996 - 2 AZR 543/95 in AP Nr 23 zu § 123 BGB; BAG, Urteil vom 06.11.1997 - 2 AZR 801/96 in AP Nr 142 zu § 626; BAG, Urteil vom 09.07.1998 - 2 AZR 201/98, EzA § 626 BGB Krankheit Nr 1; BAG, Urteil vom 16.09.1999 - 2 AZR 123/89 in AP Nr 159 zu § 626; BAG, Urteil vom 18.10.2000 - 2 AZR 627/99, BAGE 96, 65 - 71).
Die vom BAG davon gemachten Ausnahmen, wonach eine krankheitsbedingte Beeinträchtigung dann einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darstellen kann, wenn diese von einem solchen Gewicht ist, dass sie einer andauernden Arbeitsunfähigkeit gleichsteht (BAG vom 09.07.1998 - 2 AZR 201/98, EzA § 626 BGB Krankheit Nr 1) oder tariflich oder vertraglich ausgeschlossen ist (BAGE 96, 65 - 71) liegen hier nicht vor.
Unstreitig fehlt es im vorliegenden Fall auch an einer vorherigen Abmahnung durch die Klägerin, die grundsätzlich nach der Rechtsprechung des BAG erforderlich ist, wenn wegen eines nicht vertragsgerechten Verhaltens gekündigt werden soll und die Störungen im sogenannten Leistungsbereich liegen, wobei dies für jede Kündigung gilt, die wegen eines Verhaltens des Arbeitnehmers oder aus einem Grund in seiner Person ausgesprochen werden soll, wenn also eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden konnte (vgl die st.Rspr. des BAG zB BAGE 76, 35; BAG, Urteil vom 18.05.1994 in AP Nr 108 zu § 108 Bundespersonalvertretungsgesetz; BAGE 86, 95 - 105; BAGE 91, 30 - 40; BAGE 95, 78 - 97). Eine Abmahnung ist bei einer Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen nach der Rechtsprechung des BAG nur dann entbehrlich, wenn es um schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl die st.Rspr. des BAG, zuletzt BAGE 91, 30 - 40; BAGE 95, 78 - 97 für den Fall eines vorsätzlichen Tötungsdeliktes). Der Klägerin war eine Abmahnung des Arbeitnehmers D. möglich, denn dieser war zumindestens bis zum 31.12.1998 unter seiner - der Klägerin bekannten - Adresse erreichbar. Eine Abmahnung war hier auch nicht verzichtbar. Entgegen der Auffassung der Klägerin war eine Abmahnung des Arbeitnehmers D. nicht deshalb entbehrlich, weil dieser angesichts seiner verantwortungsvollen Tätigkeit als Alleinberechtigter des Inkassobereiches bei der Klägerin eine Vertrauensposition inne hatte. Nach den insoweit unstreitigen Feststellungen im sozialgerichtlichen Verfahren erfolgte die Ernennung von Herrn D. zur Ausübung seiner Inkassotätigkeit erst am 21./22.11.1998 durch den Präsidenten des Amtsgerichtes. Zu diesem Zeitpunkt war der Arbeitnehmer jedoch bereits ab dem 15.10.1998 arbeitsunfähig erkrankt, sodass er eine entsprechende Inkassotätigkeit bei der Klägerin verantwortlich für 8 weitere Arbeitnehmer nicht ausüben konnte.
Da somit die Voraussetzungen für eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nicht vorlagen, greift der Befreiungstatbestand des § 223 Abs 2 Satz 2 Nr 1 SGB III hier nicht ein. Gründe für das Vorliegen der Befreiungstatbestände nach § 223 Abs 2 Satz 2 Nrn 2 und 3 SGB III sind für den Senat aus dem gesamten Akteninhalt weder ersichtlich, noch wurden sie im Verfahren vorgetragen.
Der von der Beklagten rechnerisch richtig festgestellte Rückforderungsbetrag in Höhe von 5.820,- DM ist von der Beklagten zutreffend ermittelt worden.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 15.06.2000 war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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