L 8 AL 312/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 Al 142/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 312/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19. August 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bemessung des Arbeitslosengeldes (Alg) und der Arbeitslosenhilfe (Alhi) streitig.

Die 1939 geborene Klägerin bezog von der Beklagten ab 14.07.1992 Alg nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 840,00 DM bzw. ab 26.09.1992 von 890,00 DM. Nach Erschöpfung des Anspruches bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 22.11.1993 ab 11.09.1993 Alhi nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 750,00 DM, ab 12.09.1994 von 770,00 DM. Den wegen der Herabbemessung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.1994 zurück. Die hiergegen erhobene Klage S 8 Al 153/94 wies das Sozialgericht Regensburg (SG) mit Urteil vom 19.01.1995 ab. Während des anschließenden Berufungsverfahrens L 9 Al 40/95 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 14.08.1995 ab 10.07.1995 Unterhaltsgeld (Uhg), ebenfalls nach einem Bemessungsentgelt von 770,00 DM, mit Bescheid vom 12.09.1995 wegen Dynamisierung angehoben auf 790,00 DM. Das Bay LSG wies mit Urteil vom 22.10.1996 die Berufung zurück und die Klage gegen die Bescheide vom 14.08. und 12.09.1995 ab. Die Bemessung der Alhi sei zutreffend erfolgt. Die Bemessung des Uhg sei gemäß § 44 Abs.2 Satz 1, Abs.3 Satz 1 Nr.1 AFG ebenfalls rechtmäßig. Das Urteil wurde rechtskräftig, nachdem die zum BSG erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (7 BAr 70/97) mit Beschluss vom 23.05.1997 als unzulässig verworfen worden war.

Die Klägerin bezog bis 05.06.1996 Uhg und vom 06.06. bis 01.09.1996 Krankengeld (Krg). Die Beklagte bewilligte ihr auf Antrag hin mit Bescheiden vom 05.11.1996 ab 02.09.1996 Alg für die Dauer von 156 Tagen nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 790,00 DM und ab 11.09.1996 nach einem solchen von 820,00 DM. Die Klägerin bezog die Leistung bis zur Erschöpfung des Anspruches am 01.03.1997 und erhielt anschließend bis 26.05.1997 Krg. Mit Bescheid vom 11.07.1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 27.05.1997 bis 02.03.1998 Alhi nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 820,00 DM.

Die Klägerin hatte bereits gegen die Bescheide vom 05.11.1996 wegen der Bemessung des Alg ab 02.09.1996 und 11.09.1996 Widerspruch eingelegt und geltend gemacht, nach einem ärztlichen Gutachten vom 25.01.1996 sei sie als Altenpflegerin einssatzfähig, weshalb sie bei der Bemessung höher einzustufen sei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.1997 als unbegründet zurück. Bei der Bemessung des Alg sei das Arbeitsentgelt maßgebend, nach dem das Uhg bemessen worden sei.

Mit ihrer zum SG erhobenen Klage hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, bei der Bemessung des Alg sei von dem Einkommen auszugehen, das eine Altenpflegerin erzielen könne. Ein von ihr gestellter Reha-Antrag sei mit Bescheid vom 12.03.1996 mit der Begründung abgelehnt worden, sie könne wieder in ihrem Beruf als Altenpflegerin arbeiten.

Mit Urteil vom 19.08.1997 hat das SG die Klage abgewiesen. Selbst wenn die Bemessung nicht nach § 112 Abs.5 Nr.8 AFG vorzunehmen gewesen wäre, hätte die Klägerin kein für sie günstigeres Ergebnis erzielen können.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin weiterhin geltend, als Bemessungsgrundlage für das Alg sei die Tätigkeit einer Altenpflegerin zugrunde zu legen.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19.08.1997 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 05.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides verurteilen, ihr höheres Arbeitslosengeld bzw. höhere Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Alg sei gemäß § 112 Abs.5 Nr.8 AFG entsprechend der bestandskräftigen Bewilligung des Uhg zu bemessen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltugnsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 SGG) liegt nicht vor. Hierbei kann dahinstehen, ob der Beschwerdewert von wenigstens 1.000,00 DM gemäß § 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG erreicht wird. Denn die Berufung betrifft laufende Leistungen für mehr als ein Jahr, weshalb sie gemäß § 144 Abs.1 Satz 2 SGG unabhängig vom Beschwerdewert zulässig ist. Gegenstand des Verfahrens ist nämlich nicht nur die Bemessung des Alg für die Zeit vom 02.09.1996 bis 01.03.1997. Entsprechend § 96 SGG ist der die Alhi ab 02.05.1997 bis 03.03.1998 bewilligende Bescheid vom 11.07.1997 Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Denn der Anspruch auf Anschluss-Alhi ist sowohl dem Grunde wie der Höhe nach - was darzustellen sein wird - von dem Anspruch auf Alg abhängig, so dass ein Bedürfnis für eine gemeinsame Entscheidung besteht, der durch entsprechende Anwendung des § 96 SGG Rechnung zu tragen ist (vgl. BSG SozR 4100 § 134 Nr.11).

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da die Bemessung des Alg und der Alhi durch die Beklagte nicht zu beanstanden ist.

Gemäß § 112 Abs.1 Satz 1 AFG ist das für die Bemessung des Alg maßgebende Arbeitsentgelt dasjenige, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt hat. Gemäß § 112 Abs.2 Satz 1 AFG in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.1993 (BGBl.I S.2353) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten sechs Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor der Entstehung des Anspruches, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt hat. Die Klägerin hat im Bemessungszeitraum kein Arbeitsentgelt erzielt, sondern bis 05.06.1996 Uhg und bis 01.09.1996 Krg bezogen; durch den Bezug dieser Leistungen hat sie gemäß § 107 Satz 1 Nr.5 a und d in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.1985 (BGBl.I S.2484) einen Anspruch auf Alg erworben. Gemäß § 112 Abs.5 Nr.8 AFG ist in einem solchen Fall das Arbeitsentgelt maßgebend, nach dem bei Teilnahme an einer Maßnahme mit ganztägigem Unterricht das Uhg zuletzt bemessen worden ist. Das Uhg der Klägerin ist bis zum Ende des Leistungsbezuges am 05.06.1996 nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 790,00 DM bemessen worden, weshalb die Beklagte auch das Alg zu Recht ab 02.09. 1996 nach einem wöchentlichen Entgelt von 790,00 DM und ab 11.09.1996 nach dem dynamisierten Entgelt von 820,00 DM bewilligt hat.

Die Heranziehung eines fiktiven Entgelts entsprechend dem Entgelt, das bei Ausübung einer Beschäftigung als Altenpflegerin erzielbar wäre, kommt demgegenüber nicht in Betracht. Gemäß § 112 Abs.7 AFG ist von dem am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung von dem ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufes und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt, wenn es mit Rücksicht auf die von dem Arbeitslosen in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart wäre, von dem Arbeitsentgelt laut den Abs.1 bis 6 auszugehen oder wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraumes bei Entstehung des Anspruches länger als drei Jahre zurückliegt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Klägerin hat innerhalb der letzten drei Jahre vor der Arbeitslosmeldung am 02.09.1996 keine berufliche Tätigkeit ausgeübt, sondern Leistungen der Beklagten und Krg bezogen. Auch liegt der letzte Tag des Bemessungszeitraumes, hier der Uhg-Bezug, nicht länger als drei Jahre zurück.

Das somit nach § 112 Abs.5 Nr.8 AFG maßgebliche Entgelt von 790,00 DM ist auch deshalb heranzuziehen, weil die das Uhg bewilligenden Bescheide vom 14.08. und 12.09.1995 bestandskräftig und damit auch für die Alg-Bemessung bindend sind (vgl. BSG SozR 3-4100 § 112 Nr.29). Zutreffend hat deshalb die Beklagte der Klägerin ab 02.09.1996 Alg in Höhe von wöchentlich 294,60 DM und ab 11.09.1996 von wöchentlich 303,00 DM bzw. ab 01.01.1997 von wöchentlich 297,60 DM bewilligt. Der Leistungssatz richtet sich gemäß § 111 Abs.2 Satz 2 Nr.1 a BFG nach Leistungsgruppe A, da auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin die Lohnsteuerklasse I eingetragen war. Maßgebend ist für die ledige Klägerin der allgemeine Leistungssatz nach § 111 Abs.1 Nr.2 AFG, da sie kein Kind im Sinne des § 32 Abs.1, 4 und 5 Einkommensteuergesetz hat.

Nach Ende des Krg-Bezuges hatte die Klägerin gemäß § 134 Abs.1 Satz 1 Nr.4 a AFG ab 27.05.1997 Anspruch auf Alhi. Das für die Bemessung dieser Leistung maßgebende Arbeitsentgelt ist gemäß § 136 Abs.2 Satz 1 Nr.1 AFG dasjenige, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat, weshalb die Beklagte zu Recht das Bemessungsentgelt von 820,00 DM herangezogen hat.

Somit war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19.08.1997 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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